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Terrassenbauten in den römischen Villen

4. KAP.

114

Der große Unterschied zu den Terrassenbauten der Renaissance liegt auch hier
wieder in dem Mangel eines einheitlich architektonischen Gedankens, der sich im
symmetrischen Aufbau und in gemeinsamer Achsenrichtung des Ganzen ausspräche.
Meist lag ja das Haupthaus unten und die übrigen Gebäude zogen sich am Berg empor.
Doch war dies keine allgemein beobachtete Regel. Statius113 schildert uns die Villa
des Pollius Felix auf der Punta della Calcarella, die das ganze Gelände zwischen
Marina di Popolo und Sorrent einnimmt. Unten, unmittelbar am Meeresufer, war
ein warmes Bad mit zwei Kuppeln errichtet, ein Tempel des Neptun und einer des
Herakles. Eine Portikus, wahrscheinlich im Zickzack angelegt, führte den felsigen
Berghang hinauf, auf dessen Höhe ein Plateau die Villa aufnahm. Mächtige Erd-
arbeiten mußten nach des Statius Schilderung aufgeführt werden, und die „aufwärts-
kriechende“ Portikus wird gewiß einen bedeutenden und zu gleicher Zeit malerischen

Eindruck gemacht haben. Ein kleines,
leider schlecht erhaltenes Bildchen aus
Pompeji zeigt eine solche aufwärts krie-
chende Portikus. Plinius114 schildert noch
einmal zwei Villentypen am Comersee,
die eine am Strande liegend, entsprechend
seinem Laurentinum, ganz eben. Um eine
sanfte Bucht legt sich ein sehr großer
Xystus vor diese Villa, die alle ihre An-
nehmlichkeiten vom See empfängt. Die
andere, auf der Höhe des Bergrückens,
genießt eine herrliche Aussicht, besonders
von einer geradlinigen Allee, die sich den
Rücken des Berges entlang zieht. Ernennt
diese, in seinem antithetisch zugespitzten
Stil, Tragödia, weil sie auf einem Kothurn
läge, im Gegensatz zu der Komödia am Strande, die auf niederem Soccus schreite,
beide repräsentieren ihm zwei Typen von Villen, wie sie in Bajä, dem großen modischen
Badeort des schwelgerischen Rom, erbaut werden115.

In allen diesen Villenschilderungen aber fehlt ein Element, das für das archi-
tektonische Villenbild der Renaissance von größter Wichtigkeit werden sollte: die
Treppe. Natürlich haben Treppen im Freien nicht gefehlt. Plinius erwähnt sie auch in
den Tusci, doch sind sie hier wie meistens nur ein Mittel, zu einem höher gelegenen Teil
der Villa zu gelangen. Werden sie architektonisch behandelt, so sind sie doch ganz iso-
liert, wie die schöne überdeckte Wendeltreppe im hellenistischen Pergamon. Erst der
italienischen Renaissance war es Vorbehalten, den Reichtum der Gliederung auszu-
nutzen, die die Rampentreppe als Rippe in der Futtermauer der Terrasse bietet. Hier-
nach müssen wir mit berechtigtem Mißtrauen an die Zeichnungen des Renaissancebau-
meisters Ligorio von den Treppenaufgängen zu antiken Villen herangehen. Eine dieser
Zeichnungen (Abb. 73), die nur zu starken Glauben erweckt hat116, gibt sich als den Auf-
gang vom Marsfelde zur heutigen Villa Medici und Monte Trinita, wo einst die Gärten
der Acilier lagen mit dem schon früher erwähnten Rundtempel und den Resten des
mächtigen Hemizykliums. Fast scheint es, daß dieses Hemizyklium der Kernpunkt ge-
 
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