J_Jie Geschichte der Wiener Hofbibliothek mit Kaiser Friedrich III.
beginnen zu lassen, ist eine gewagte Annahme, die durch nichts be-
gründet werden kann. Die bisherigen Darstellungen begiengen den
Fehler, jedes Zeugnis für Besitz oder Vorhandensein von Büchern bei
einzelnen Mitgliedern des habsburgischen Stammes zugleich für die
Geschichte der Wiener Hofbibliothek in Anspruch zu nehmen. Wollte
und dürfte man diesen Weg betreten, dann würden sich Belege dar-
bieten, die das Vorhandensein von Büchern bei einzelnen Mitgliedern
des Hauses Habsburg schon zu einer Zeit bezeugen, die weit vor der
Friedrichs III. liegt, wenn auch die Zahl dieser Zeugnisse bis jetzt nicht
sehr gross ist.1)
In Gaming will Wolfgang Lazius zwei Bände der Österreichischen
Reimchronik gefunden haben, auf deren erster Seite nach seiner Be-
hauptung die Worte standen: iste liber est ROM. regis a.2) Die
Handschriften hätten danach König Albrecht I. gehört. Aber an der
Richtigkeit der ganzen Nachricht ist zu zweifeln.
In der Chronik des sög. Gregor Hagen heisst es von Königin Agnes,
Gemahlin des Königs Andreas III. von Ungarn, dass sie nach dessen
Tode in das Kloster zu Königsfelden trat. Dann: „Si hat ain wibel
dew was ze däwtsch gemachet, darinn las si mit fleiz und hat auch ain
ander puech an dem der heiligen leben ordenlich was geschriben.“3)
!) Von Urkunden ist natürlich völlig abgesehen. Ob sie nicht etwa mit litera-
rischen Werken zusammen aufbewahrt wurden, bleibt unsicher. Die '„hantvesten,
briefe und kleinod“ sind schon 1364 Gegenstand der Verhandlungen zwischen den
Herzogen Rudolf, Albrecht und Leopold von Oesterreich (Jahrbuch der kunsthist.
Samml. d. allerb. Kaiserh. Bd. 1. Reg. 11). 1411 entscheidet Kaiser Sigismund im
Vormundsehaftsstreite der Brüder Ernst und Friedrich IV. mit Albrecht V. über Aus-
lieferung der „brieve . . . die noch in dem sagrar zu Wienn verbetschat ungeteylct
ligen“ (Jahrb. a. a. 0. Reg. 29). 1439 erklärt Herzog Friedrich V. bei Uebernalime
der Vormundschaft über seinen Vetter Sigismund von Tirol, ein Exemplar des Inventars
über die ,brief, register1 Kleinode etc. an diesen abzugeben (Jahrb. a. a. 0. Reg. 54).
1439, nach dem Tode Albrechts II., beschliesst die österreichische Landschaft, dass
neben allen Kleinoden auch die ,brief‘ ungetheilt beisammen bleiben (Jahrb. a. a. 0.
Reg. 55) u. a. m.
2) Vergl. Commcnt. in geneal. Austr. 233 fg. und den Abdruck dieser Stelle bei
Seemüller in seiner Ausgabe der Reimchronik S. IX auch Michael Mayr, Wolfgang
Lazius als Geschichtschreiber Oesterreichs. Innsbruck 1894. S. 41. Anm.
8) Nach Codex No. 255 der Univers.-Bibl. zu Innsbruck, fol. 93 a.
Gottlieb, Ambraser Hss. 1
beginnen zu lassen, ist eine gewagte Annahme, die durch nichts be-
gründet werden kann. Die bisherigen Darstellungen begiengen den
Fehler, jedes Zeugnis für Besitz oder Vorhandensein von Büchern bei
einzelnen Mitgliedern des habsburgischen Stammes zugleich für die
Geschichte der Wiener Hofbibliothek in Anspruch zu nehmen. Wollte
und dürfte man diesen Weg betreten, dann würden sich Belege dar-
bieten, die das Vorhandensein von Büchern bei einzelnen Mitgliedern
des Hauses Habsburg schon zu einer Zeit bezeugen, die weit vor der
Friedrichs III. liegt, wenn auch die Zahl dieser Zeugnisse bis jetzt nicht
sehr gross ist.1)
In Gaming will Wolfgang Lazius zwei Bände der Österreichischen
Reimchronik gefunden haben, auf deren erster Seite nach seiner Be-
hauptung die Worte standen: iste liber est ROM. regis a.2) Die
Handschriften hätten danach König Albrecht I. gehört. Aber an der
Richtigkeit der ganzen Nachricht ist zu zweifeln.
In der Chronik des sög. Gregor Hagen heisst es von Königin Agnes,
Gemahlin des Königs Andreas III. von Ungarn, dass sie nach dessen
Tode in das Kloster zu Königsfelden trat. Dann: „Si hat ain wibel
dew was ze däwtsch gemachet, darinn las si mit fleiz und hat auch ain
ander puech an dem der heiligen leben ordenlich was geschriben.“3)
!) Von Urkunden ist natürlich völlig abgesehen. Ob sie nicht etwa mit litera-
rischen Werken zusammen aufbewahrt wurden, bleibt unsicher. Die '„hantvesten,
briefe und kleinod“ sind schon 1364 Gegenstand der Verhandlungen zwischen den
Herzogen Rudolf, Albrecht und Leopold von Oesterreich (Jahrbuch der kunsthist.
Samml. d. allerb. Kaiserh. Bd. 1. Reg. 11). 1411 entscheidet Kaiser Sigismund im
Vormundsehaftsstreite der Brüder Ernst und Friedrich IV. mit Albrecht V. über Aus-
lieferung der „brieve . . . die noch in dem sagrar zu Wienn verbetschat ungeteylct
ligen“ (Jahrb. a. a. 0. Reg. 29). 1439 erklärt Herzog Friedrich V. bei Uebernalime
der Vormundschaft über seinen Vetter Sigismund von Tirol, ein Exemplar des Inventars
über die ,brief, register1 Kleinode etc. an diesen abzugeben (Jahrb. a. a. 0. Reg. 54).
1439, nach dem Tode Albrechts II., beschliesst die österreichische Landschaft, dass
neben allen Kleinoden auch die ,brief‘ ungetheilt beisammen bleiben (Jahrb. a. a. 0.
Reg. 55) u. a. m.
2) Vergl. Commcnt. in geneal. Austr. 233 fg. und den Abdruck dieser Stelle bei
Seemüller in seiner Ausgabe der Reimchronik S. IX auch Michael Mayr, Wolfgang
Lazius als Geschichtschreiber Oesterreichs. Innsbruck 1894. S. 41. Anm.
8) Nach Codex No. 255 der Univers.-Bibl. zu Innsbruck, fol. 93 a.
Gottlieb, Ambraser Hss. 1