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Graul, Richard
Einführung in die Kunstgeschichte: mit 1022 Abbildungen — Leipzig: Alfred Kröner Verlag, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.68502#0031
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z. Altorientalische Kunst.

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gadä und bei Persepolis nördlich von Schiraz erhalten. Die Ruinen von Persepolis geben
die beste Vorstellung von dem persischen Stil. In drei Absätzen bauen sich Terrassen auf;
hier haben Darius, cherxes uud Artaxerxes gebaut. Zu den Plattformen führen große
Treppenanlagen, deren Wangen mit Reliefs reich geschmückt sind: sie veranschaulichen lange
Reihen Tribut darbringeuder Abgeordneter und spcertragender Leibwächter oder stellen dar,
wie der Löwe das Einhorn würgt.
Von den Palastbauten selbst stehen nur wenige Reste aufrecht. Charakteristisch für
die Paläste sind die hohen Säulenhallen — am großartigsten im Palast Artaxerxes II.
(Abb. 62) mit 100 Säulen auf einem Viereck von 68 m Seiten-
länge —, zu denen offene Säulenvorhallen zwischen zinnen-
gekrönten Türmen führen. Den Kern der Mauern verhüllten
Ziegel, im Innern zu teppichartigen Mustern angeordet, oder
Steinplatten mit Reliefdarstellungen. In einem Palaste des Ar-
taxerxes Mnemon zu Susa hat man einen von einem früheren
Ban des Darius (um 500 v. Chr.) herrührenden reichen Wand-
fries aus bunt emaillierten Ziegeln mit der Darstellung medischer
Bogenschützen aufgefunden, in der aus Herodot bekannten Aus-
rüstung der Leibwache der achämenidischen Könige. Bei diesen
Relieffiguren ist die Innehaltung der reinen Profilanficht bis auf
die Zeichnung des Auges zu beobachten. Die mächtigen Tore in
Persepolis zeigen einen Abschluß, der aus Hohlkehle uud Platte
besteht, eine Form, der wir schon in Ägypten begegneten. An
der inneren Pfortenwandung ist häufig der König dargestellt:
bald wie er die Tiere des bösen Gottes (Ahriman), den Löwen,
den Stier oder phantastische Ungeheuer bezwingt, bald wie er auf
einem langen Stab gestützt, würdevoll unter dem Sonnenschirm
einherschreitet oder wie er, unter dem beschützenden Zeichen des
Ahuramazda, über langen Reihen bewaffneter Krieger thront.
Auch kolossale Stiergestalten kommen, wie in Assyrien, als Portal-
wächter vor.
Die schlank und hoch aufragenden marmornen Säulen, am
Schaft dicht gefurcht (kanneliert) und mit eigenartiger Basis- und
Kapitellbildung (Abb. 65 u. Textabb. 18), sind für die persische
Baukunst besonders bezeichnend. Die Basis besteht aus einer
Platte und einem viclblätterigen Blütenkelch in glockenförmiger
Umkehrung, darüber kommt ein Wulst, worauf dann der Schaft
in allmählicher Verjüngung aufstrebt. Das Kapitell besteht aus drei Teilen. Eine Perlen-
schnur verbindet einen umgekehrten Dlattkelch mit einem energisch aufstrebenden Kelch; dar-
auf folgen auf den vier Seiten in senkrechter Lage sich doppelt aufwindende Schnecken
(Voluten), und darüber endlich tragen die knienden Vorderleiber zweier rückwärts ver-
bundener Stiere — auch Löwenleiber kommen vor — das Endstück eines Querbalkens.
Dieser Art Säulen gibt es verschiedene, die aber von dem Grundtypus wenig abweichen.
Schon der Umstand, daß die Säulen weit voneinander abstehen, läßt darauf schließen, daß
sie nur leicht zu tragen hatten, daß mithin das flache Dachwerk von Holz war, das man
mit Metall- und farbigem Schmuck verkleidete.
Das Grab des cherxes (Abb. 63) hat eine dreiteilige, kreuzförmige Fassade, die hoch
über dem Boden in den Felsen eingehauen ist; der mittlere Teil zeigt in der Mitte der


18. Säule aus Persepolis.
 
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