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Greulich, Gerhard; Universität Heidelberg [Editor]
Das Religionsgespräch mit den Täufern zu Frankenthal 1571 — Heidelberg, 1953

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https://doi.org/10.11588/diglit.51677#0018
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Seit Einsetzen der Reformation im Reich zeigten sich auch
in der Kurpfalz ” Wiedertäufer ”, denen es mit ihren besonderen
Gebräuchen und Lehren gelänge, in der heiligen Schrift unerfah -
rene 1 enschen von der Kirche abzaziehen. Um diese letztgenannten
zu schützen, sei den Wiedertäufern bisher durch christliche Unter-
redungen und äussere Unterdrückung entgegengewirkt worden.Im Man-
dat heisst es weiter La kombt unß glaubwürdig für, daß sich et-
liche und sonderlich ihre Vorsteher beclagen,sie seyen nicht
gnugsam gehöret,bezeihen auch unsere kirchen allerlei Unordnung
und falscher lehr obwohl doch, wie Friedrich fortfährt, be-
reits des Pfeddersheimer Religionsgespräch unter Otto-Heinrich
im Jahre 1557 abgehalten worden sei,ferner die Veröffentlichung
des Heidelberger Katechismus und die Einführung der Kirchenord-
nung solche Klagen der Täufer nicht rechtfertigten.Man wolle
jedoch solches Verkennen schriftgemässer Lehre, sowie die icht-
achtung des guten Willens, die kirchliche Einheit herbeizuführen,
nicht als Mutwillen sondern als Verführung des Satans ansehen.
Um nun diese gefährdeten, schweben Untertanen durch rechte Beleh-
rung zu schützen, sowie den Einfältigen ,nicht der Verstockung
sondern dem Mißverstand erlegenen Täufern die Rückkehr in die
Kirche zu ermöglichen, habe sich Friedrich entschlossen, ein
freies , öffentliches , christliches Gespräch durchzuführen, das
am 28. Mai 1571 zu Frankenthal stattfinden sollte.
Zugesichert wurde Anm. 1 freies Geleit 14 Tage vor Beginn
und 14 Tage? nach Beendigung lies Gesprächs, sowie für die Dauer
des Kolloquiums freie Herberge und Verköstigung,-und zwar allen
Vorstehern, Vermahnern und Lehrern der Täufer, deren Anhang und
lehrverwandten Gruppen, Flüchtlingen und Ausgewiesenen inner-
halb und ausserhalb der Kurpfalz; unter der einen Bedingung,dass
die Teilnehmer am Gespräch während dessen und des Geleits Dauer
sich des Taufens und jeder Lehrtätigkeit enthielten. Jeder der
dem Mandat angefügten Artikel solle unter kurfürstlich beauf-
tragter Aufsicht und Leitung von beiden Parteien unzweideutig
bekannt werden, Unstimmigkeiten, die bei der Behandlung der
einzelnenArtikel zwischen beiden Parteien auftreten, sollten
nicht dazu führen, den strittigen Artikel zu verlassen, um auf
den nächsten überzugehen; vielmehr sollte die Diskussion jedes
Artikelskonsequent zu Ende geführt werden, jede mögliche Argu-
mentation auf der Basis heiliger Schrift ausschöpfend. Jede
Partei habe das Recht, nach Abhandlung der vorgeschriebenen Ar-
tikel auch weitere zur Diskussion zu stellen. Aus Gründen der
Sachlichkeit und zur Erleichterung der Diskussion sieht Friedrich
die möglichst umfangreiche Niederschrift von Rede und Gegenrede
vor, die beiden Parteien nach Beendigung des Gesprächs ausge -
händigt werden soll.

Anm. 1 : Die am 15. Juni 1562 unterzeichnete Kapitulations-
schrift des Augustiner Klosters Groß-Frankenthal zeigt an
erster Stelle den Namen des reformierten Predigers Petrus
Dathenus, der mit 60 wohlha enden niederländischen Familien im
Jahr zuvor Frankfurt/Nain verlassen mußte,worauf den Ausgewie-
senen von Friedrich als erste Zufluchtsstätte das ehemalige
Kloster zugewiesen wurde. Die niederländige Gemeinde war dem
kurpfälzischen Kirchenrat unterstellt,wurde entgegenkommend be-
handelt, und der nach der Einbeziehung des ehemaligen Nonnen-
klosters Klein-Frankenthal sich rasch vergrößernde Ort erhielt
bereits 1567 das Stadtrecht,
vg. Häusser Bd. 2 Seite 25 .
 
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