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städtisches Wesen mit großer Vergangenheit stand ihm vor
den Augen. Er hatte keinen König und, seiner Zeit, auch
keinen Kaiser über sich. Er stammte aus einer patrizisch und
christlich gesinnten Familie. Er wuchs in Tagen auf, die,
äußerlich still, ein ungemein bewegtes inneres Leben in
Deutschland nährten, beinahe ausschließlich auf dem Denken
und Trachten der Gelehrten, der gebildeten Beamten und
der höheren besitzenden Klasse beruhend. Ohne die leiseste
Vorahnung des heutigen Parteilebens übten diese oberen nicht
Zehn-, sondern Hunderttausend ein mit unangetasteter Auto-
rität ausgestattetes, protestantisches Regiment in Deutschland
aus, dessen höchste Anschauungen in der Verherrlichung des
griechischen, römischen und dann erst auch des deutschen Alter-
thums volle Befriedigung fanden. Jacob Grimm wurde da-
mals nur geduldet. Es hat lange gedauert, ehe man den
germanistischen Studien den Rang einer vollen akademischen
Fachwissenschaft zugestand. Erst die Beschäftigung mit
den griechischen Dingen verlieh den höchsten Adel. Getragen
von dieser Empfindung ergab Curtius sich dem Studium der
antiken Welt. Ein Gefühl von Vornehmheit erfüllte ihn und
seine Lehrer, das keine andere Wissenschaft ihren Jüngern
verlieh, und fein Schicksal ist dann gewesen, daß günstige
Lebensfügungen ihn diesen Zustand als den eigentlich herr-
schenden bis zu seinem Tode ansehen ließen. Was inneres
Verdienst und äußere Glückszufälle einen: Gelehrten gewähren
können, ward ihm zu Theil und hielt bis zu seinem Tode
Stand. Als Lehrer des Kronprinzen hat er, auch als dieser
nicht mehr lebte, sich und seinen Mitarbeitern stets glänzende
Protection verschafft, und als Gelehrter hat er alle Ehren
empfangen, die er erwarten durfte. Menschen aber bringen
städtisches Wesen mit großer Vergangenheit stand ihm vor
den Augen. Er hatte keinen König und, seiner Zeit, auch
keinen Kaiser über sich. Er stammte aus einer patrizisch und
christlich gesinnten Familie. Er wuchs in Tagen auf, die,
äußerlich still, ein ungemein bewegtes inneres Leben in
Deutschland nährten, beinahe ausschließlich auf dem Denken
und Trachten der Gelehrten, der gebildeten Beamten und
der höheren besitzenden Klasse beruhend. Ohne die leiseste
Vorahnung des heutigen Parteilebens übten diese oberen nicht
Zehn-, sondern Hunderttausend ein mit unangetasteter Auto-
rität ausgestattetes, protestantisches Regiment in Deutschland
aus, dessen höchste Anschauungen in der Verherrlichung des
griechischen, römischen und dann erst auch des deutschen Alter-
thums volle Befriedigung fanden. Jacob Grimm wurde da-
mals nur geduldet. Es hat lange gedauert, ehe man den
germanistischen Studien den Rang einer vollen akademischen
Fachwissenschaft zugestand. Erst die Beschäftigung mit
den griechischen Dingen verlieh den höchsten Adel. Getragen
von dieser Empfindung ergab Curtius sich dem Studium der
antiken Welt. Ein Gefühl von Vornehmheit erfüllte ihn und
seine Lehrer, das keine andere Wissenschaft ihren Jüngern
verlieh, und fein Schicksal ist dann gewesen, daß günstige
Lebensfügungen ihn diesen Zustand als den eigentlich herr-
schenden bis zu seinem Tode ansehen ließen. Was inneres
Verdienst und äußere Glückszufälle einen: Gelehrten gewähren
können, ward ihm zu Theil und hielt bis zu seinem Tode
Stand. Als Lehrer des Kronprinzen hat er, auch als dieser
nicht mehr lebte, sich und seinen Mitarbeitern stets glänzende
Protection verschafft, und als Gelehrter hat er alle Ehren
empfangen, die er erwarten durfte. Menschen aber bringen