Michelangelos Rückkehr nach Florenz
Er bat bei dieser Gelegenheit um Feststellung des Gesamtpreises, und man einigte sich über
vierhundert Goldgulden.
Während Michelangelo, der nicht, wie es heute geschieht, den Stein bis auf die letzte Über-
arbeitung fremden Händen überließ, sondern vom ersten Anfang an bis zur letzten Vollendung
alles allein tat, so in seine Arbeit versenkt war, wurde im Jahre 1502 von den Medici ein neuer
Versuch gemacht, sich der Stadt zu bemächtigen. Diesmal kamen sie weiter, sie hatten bessere
Verbündete und größere Mittel. Die Petrucci, die in Siena herrschende Familie, die Baglioni
von Perugia, die Vitelli und Orsini standen ihnen zur Seite. Arezzo und Cortona, zwei floren-
tinische Städte, hatten sie bereits eingenommen, und der Papst mit Cesare Borgia schien ihren
Fortschritten kein Hindernis in den Weg zu legen. In dieser Not wandte sich die Republik an
Frankreich, und ihre Vorstellungen von der Wichtigkeit der eigenen unabhängigen Existenz
für den König wirkten so schlagend, daß sie auf seine drohenden Befehle hin die verlorenen
Städte zurückerhielt. Michelangelo aber trug diese neue Schuld der Dankbarkeit gegen
Frankreich eine neue Arbeit ein.
Zu den Mitteln nämlich, mit denen man am Hofe des Königs operierte, gehörten nicht bloß
verlockende Geldsummen, sondern auch Werke der Kunst, die zu Geschenken verwandt
wurden. Schon im Jahre 1501 hatten die florentinischen Gesandten am Hofe des Königs aus
Lyon geschrieben, der Herzog von Nemours wünsche lebhaft eine Bronzekopie des von Dona-
tello gearbeiteten und im Hofe des Regierungspalastes stehenden Davids zu besitzen; zwar
wolle der Herr die Kosten wiedererstatten, scheine aber nicht abgeneigt, das Werk als «ein
Geschenk anzunehmen.
Die Signorie antwortete auf dieses vom 22. Juni datierte Schreiben am 2. Juli, es sei augen-
blicklich Mangel an guten Meistern in der Stadt, die einen solchen Guß auszuführen imstande
wären, doch werde man die Sache jedenfalls im Auge behalten. Dabei blieb es. Als jetzt aber
im Sommer 1502 die Not mit den Medici einbrach und es mehr als jemals auf den guten Willen
Frankreichs ankam, fand sich auch alsbald ein guter Meister für diesen Guß. Michelangelo
übernahm ihn am 2. August des Jahres, gerade als die Franzosen zugunsten der Florentiner in
Arezzo einrückten.
Die Statue sollte dritthalb Ellen hoch sein und in sechs Monaten fertig abgeliefert werden.
Das Metall gibt die Regierung. Fünfzig Gulden werden angezahlt, der endgültige Preis wie
gewöhnlich erst nach Vollendung des Ganzen bestimmt. In der Folge indessen wurde auch
durch diesen Kontrakt die Sehnsucht des Herzogs von Nemours nach seinem David nicht er-
füllt. Die Gesandten erinnern, die Signorie entschuldigt sich; endlich wird die Statue bestimmt
zu Johanni 1503 in Aussicht gestellt, vorausgesetzt, daß der Meister Michelangelo sein Ver-
sprechen halte. Dieser Vorbehalt erwies sich als begründet. Der Herzog erhielt nichts, er fiel
beim Könige in Ungnade, und als Jahre später die Arbeit endlich vollendet worden war, wurde
sie einem anderen hohen Herrn am französischen Hofe dargebracht. Heute weiß man nichts
mehr von ihr. Ebensowenig von einer zweiten Bronzearbeit, die Michelangelo damals für
Piero Soderini, den Gonfalonier der Stadt, vollendet und die gleichfalls nach Frankreich ging.
Dagegen müssen in diese Jahre zwei andere Arbeiten gesetzt werden, die Statue und ein
Gemälde, welche beide wohlerhalten dastehen und von denen die erstere zu Michelangelos
schönsten Werken gehört. Pierre Moscron, ein flandrischer Kaufmann, kaufte sie ihm ab, und
Michelangelo sandte das Werk nach Brügge, wo die Madonna heute noch steht, rein und Die Madonna
unberührt, als wäre sie eben aus seinen Händen gekommen. Pierre Moscron ließ sie dort im ^1^,260
Dome aufstellen, nachdem die Kapelle, deren Altar sie schmücken sollte, auf eigene Kosten
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Er bat bei dieser Gelegenheit um Feststellung des Gesamtpreises, und man einigte sich über
vierhundert Goldgulden.
Während Michelangelo, der nicht, wie es heute geschieht, den Stein bis auf die letzte Über-
arbeitung fremden Händen überließ, sondern vom ersten Anfang an bis zur letzten Vollendung
alles allein tat, so in seine Arbeit versenkt war, wurde im Jahre 1502 von den Medici ein neuer
Versuch gemacht, sich der Stadt zu bemächtigen. Diesmal kamen sie weiter, sie hatten bessere
Verbündete und größere Mittel. Die Petrucci, die in Siena herrschende Familie, die Baglioni
von Perugia, die Vitelli und Orsini standen ihnen zur Seite. Arezzo und Cortona, zwei floren-
tinische Städte, hatten sie bereits eingenommen, und der Papst mit Cesare Borgia schien ihren
Fortschritten kein Hindernis in den Weg zu legen. In dieser Not wandte sich die Republik an
Frankreich, und ihre Vorstellungen von der Wichtigkeit der eigenen unabhängigen Existenz
für den König wirkten so schlagend, daß sie auf seine drohenden Befehle hin die verlorenen
Städte zurückerhielt. Michelangelo aber trug diese neue Schuld der Dankbarkeit gegen
Frankreich eine neue Arbeit ein.
Zu den Mitteln nämlich, mit denen man am Hofe des Königs operierte, gehörten nicht bloß
verlockende Geldsummen, sondern auch Werke der Kunst, die zu Geschenken verwandt
wurden. Schon im Jahre 1501 hatten die florentinischen Gesandten am Hofe des Königs aus
Lyon geschrieben, der Herzog von Nemours wünsche lebhaft eine Bronzekopie des von Dona-
tello gearbeiteten und im Hofe des Regierungspalastes stehenden Davids zu besitzen; zwar
wolle der Herr die Kosten wiedererstatten, scheine aber nicht abgeneigt, das Werk als «ein
Geschenk anzunehmen.
Die Signorie antwortete auf dieses vom 22. Juni datierte Schreiben am 2. Juli, es sei augen-
blicklich Mangel an guten Meistern in der Stadt, die einen solchen Guß auszuführen imstande
wären, doch werde man die Sache jedenfalls im Auge behalten. Dabei blieb es. Als jetzt aber
im Sommer 1502 die Not mit den Medici einbrach und es mehr als jemals auf den guten Willen
Frankreichs ankam, fand sich auch alsbald ein guter Meister für diesen Guß. Michelangelo
übernahm ihn am 2. August des Jahres, gerade als die Franzosen zugunsten der Florentiner in
Arezzo einrückten.
Die Statue sollte dritthalb Ellen hoch sein und in sechs Monaten fertig abgeliefert werden.
Das Metall gibt die Regierung. Fünfzig Gulden werden angezahlt, der endgültige Preis wie
gewöhnlich erst nach Vollendung des Ganzen bestimmt. In der Folge indessen wurde auch
durch diesen Kontrakt die Sehnsucht des Herzogs von Nemours nach seinem David nicht er-
füllt. Die Gesandten erinnern, die Signorie entschuldigt sich; endlich wird die Statue bestimmt
zu Johanni 1503 in Aussicht gestellt, vorausgesetzt, daß der Meister Michelangelo sein Ver-
sprechen halte. Dieser Vorbehalt erwies sich als begründet. Der Herzog erhielt nichts, er fiel
beim Könige in Ungnade, und als Jahre später die Arbeit endlich vollendet worden war, wurde
sie einem anderen hohen Herrn am französischen Hofe dargebracht. Heute weiß man nichts
mehr von ihr. Ebensowenig von einer zweiten Bronzearbeit, die Michelangelo damals für
Piero Soderini, den Gonfalonier der Stadt, vollendet und die gleichfalls nach Frankreich ging.
Dagegen müssen in diese Jahre zwei andere Arbeiten gesetzt werden, die Statue und ein
Gemälde, welche beide wohlerhalten dastehen und von denen die erstere zu Michelangelos
schönsten Werken gehört. Pierre Moscron, ein flandrischer Kaufmann, kaufte sie ihm ab, und
Michelangelo sandte das Werk nach Brügge, wo die Madonna heute noch steht, rein und Die Madonna
unberührt, als wäre sie eben aus seinen Händen gekommen. Pierre Moscron ließ sie dort im ^1^,260
Dome aufstellen, nachdem die Kapelle, deren Altar sie schmücken sollte, auf eigene Kosten
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