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Grisebach, August
Deutsche Baukunst im XVII. Jahrhundert — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 15: Leipzig: Verlag von E.A. Seemann, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.55554#0010
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gelassener in der Aufwärtsbewegung der Front. Gibt
hier nur noch die Fassade über Holls Denkart Aus-
kunft, so hat sich in seinem reifsten Werk, dem Rat-
haus, auch das Innere wohlerhalten. Ein Bau, der
übrigens besonders eindrücklich darüber belehren kann,
wie wenig sich Architektur durch Abbildungen begreifen
läßt. Der Saalbau bildet den Mitteltrakt, in der Quer-
achse flankiert von stattlichen Treppen, in den vier
quadratischen Eckfeldern Amts- und Versammlungs-
räume. Von der Eingangshalle und ihren Nebengelassen
bis hinauf zum Festsaal und seinen Trabanten, den
Fürstenzimmern, steigert sich Volumen und Dekoration.
Das Verlangen, der Raumfolge und dem Äußeren eine
möglichst klare und zugleich als unslösliche Einheit
wirkende Fassung zu geben, hat sich gewiß an italieni-
scher Anschauung entzündet. Aber bei aller Bewußt-
heit, mit der dieser Organismus durchdacht ist, ver-
leugnet sich doch auch hier das nordische Geblüt und
das persönliche Empfinden des Architekten nicht. Dafür
spricht schon allein das Hochformat des mächtigen
Blocks mit dem durch die rhythmische Durchfenste-
rung gesteigerten Tempo des Aufstiegs, dem völlig un-
italienischen Ausklang im Giebel über dem Saalbau
und vollends in den Türmen, die in der Gliederung
der Treppenhäuser vorbereitet, nach alter nordischer
Überlieferung mit dem übrigen Körper fest verwachsen
sind. Im Innern bezeugt vor allem der Hochdrang des
„goldnen Saals“ das starke Grundgefühl des Elias Holl.
Das plastische Ornament spielt an den Hollschen
Fassaden wie an den Augsburger Putzbauten von jeher
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