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Grosjean, Georges [Hrsg.]; Cavelti, Madlena [Hrsg.]
500 Jahre Schweizer Landkarten — Zürich, 1971

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https://doi.org/10.11588/diglit.10984#0011

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richtigen Ort. Aus Säckingen macht Stumpf ein römisches Sacconium,
und die beiden in der Ptolemäischcn Geographie in Hclveticn ver-
zeichneten und heute noch in ihrer Lokalisierung rätselhaften Städtc-
namen Forum Tiberii und Gannodurum identifiziert Stumpf mit Zur-
zach, das aber römisch Tenedo hieß, und dem Hclvctierkastell gegen-
über Stein am Rhein, dessen Name Tasgaetium heute bekannt ist. Den
im Jahre 107 v.Chr. mit den Hclveticrn nach Gallien ausgezogenen
germanischen Cimbern läßt Stumpf die Ehre angedeihen, Vorfahren
der kriegstüchtigen Schwyzer zu sein, und die Taurisher versetzt er
nach Uri, indem er den Namen (taurus = Stier) mit dem Urner
Wappen in Verbindung bringt. Völker dieses Namens saßen indessen
um Turin und in der Steiermark.

Die andere Variante der Schweizer Karte Stumpfs führt keine
Numerierung und enthält nur wenige historische Stammesnamen,
dafür mehr aktuelle Ortsnamen. In den verschiedenen Ausgaben der
Chronik und des Atlasses variieren die Titel und Textbeigaben. Sie
gehören nicht zu den von Heimich Vogtherr dem Altem geschnittenen
Holzdruckstöckcn, sondern wurden gesetzt. Als besonders glücklicher
Umstand ist zu verzeichnen, daß noch Originalzcichnungcn Stumpfs
in der Zcntralbibliothck Zürich und Korrespondenzen erhalten sind,
die uns in die Arbeitsweise der damaligen Zeit Einblick geben. Wir
sehen, daß Vadian, Tschudi und Bullinger Stumpf ihre Material-
sammlungen und Vorarbeiten selbstlos und freundschaftlich zur
Verfügung stellten. Stumpf, der Zusammenarbeit mit dem Form-
schneider nicht gewohnt, verwendete für seine Zeichnungen zu
dickes Papier, so daß Heinrich Vogtherr gezwungen war, die Blätter
in Öl zu tränken, damit er sie zur Übertragung auf den Druckstock
von der Rückseite seitenverkehrt betrachten konnte. In einem
Briefe an Stumpf teilt Froschaucr dies mit und wünscht, daß dün-
neres Papier verwendet werde (Lit. 37, S. 88). Ein Vergleich der Kar-
ten Stumpfs mit den Vorbildern Tschudis zeigt die unmittelbare
Abhängigkeit von diesen.

Aegidius Tschudi hat später unablässig an seiner kartographischen
Darstellung der Schweiz gearbeitet. Die Stiftsbibliothek St. Gallen
besitzt den handschriftlichen kartographischen Nachlaß Tschudis, der
60 Blätter fast aller damals bekannten Länder umfaßt. Die Blätter
finden sich überall zerstreut in verschiedenen Handschriftenbänden.
Leo Weisz hat zwei kleine Ausschnitte aus den Schweizer Blättern
veröffentlicht (Lit. 41,1. Aufl. S. 50/51,2. Aufl. S. 52/53). Walter Blumer
hat 1949 das ganze Material gesichtet und die meisten Blätter mit
moderner Schrift und etwas schematisierten Signaturen auf Pausen
nachgezeichnet, so daß uns der kartographische Nachlaß Tschudis
heute zu vergleichender Bearbeitung leichter zugänglich ist. Noch
harrt dieses Material gründlicher wissenschaftlicher Bearbeitung. So
viel ist freilich erkenntlich, daß die ausländischen Blätter Nachzcich-
nungenodcrKompilationcnbestchendcr Kartensind. Immerhin rückt
ihre Zahl und gewisse einheitliche Redaktion Tschudi in die Nähe der
großen Atlashcrausgcber der etwas jüngeren Generation, Ortclius
und Mercator, die sich auch nur darauf beschränkten, die vielen kur-
sierenden Karten zu sammeln und in einigermaßen einheitliche Form
zu bringen. Die vier Blätter in den St.Gallcr Codices 663, 664 und
640, welche schweizerische Teilgebiete betreffen, haben eigenen Auf-
nahmewert und dürften als Verbesserung der Karte von 1538/1560
nach Blumer zwischen 1560 und 1565 entstanden sein (Lit. 15 und 16).
Interessant ist, daß Tschudi nun für die Schweiz erstmals zur Nord-
orientierung übergeht. Wir bringen zwei Ausschnitte aus der Tschudi-
Münster-Kartc von 1538 und aus den spätem Handrissen in der Um-
zeichnung von W. Blumer in Originalgröße: Vierwaldstättersee und
Nordostschweiz. Der Vergleich zeigt, daß es sich bei den Hand-
zeichnungen praktisch um völlig unabhängige Neuentwürfe han-
delt. Insbesondere fällt die viel bessere Konfiguration des Vierwald-
stättersees auf.

Beim Vergleichen der Kartenproben fällt der unterschiedliche
Stil auf. In der Karte von 1538/1560 sind die Berge markant, mit
deutlicher Unterscheidung des Hochgebirges und der Mittellands-
hügcl. Die Räume sind durch die Gebirgskomplexe erfüllt. In den
Handzeichnungen erscheinen die Gebirge als Ansammlungen - bis-
weilen nur als dünne Ketten - von kleinen, wenig charakteristi-

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