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Grueber, Bernhard
Vergleichende Sammlungen für christliche Baukunst (Band 1) — Augsburg, 1839

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https://doi.org/10.11588/diglit.3142#0004
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men gcnöthiget waren. Ja Manche gingen noch weiter, sie benannten die willkühr-
lichen oder örtlichen Abweichungen je nach den Volksstämmen, als: rein byzantinisch,
romanesk, longobardisch, alt-florentinisch, und dergleichen mehr, was natürlich nur
zu grosser Verwirrung, besonders für den ausübenden Künstler, Anlass geben musste.

Zwei Formen wurden vorzüglich wichtig für die ganze christliche Kunstge-
schichte: Die Form der Basilika, und die des griechischen Kreuzes. Die Basilika,
altern Ursprungs, theils ihrer Zweckmässigkeit wegen, theils aus Gewohnheit und
zur Erinnerung der ersten Vergünstigungen gegen die Christen beibehalten, gab das
Motiv zum dreifach getheilten Schiffe der Kirche; nach dem rein christlichen gleich-
armigen Kreuze hingegen wurden vorzüglich die Tauf- und Heiligen-Grab-Kapellen
konstruirt. Der Basilika wurde bald ein gegen Osten liegendes Sanctuarium, in
Form eines Halbkreises, von gleicher Breite mit dem mittlem Gange, zugetheilt; ja
oftmals wurde jeder Gang auf diese Weise geschlossen. Die Kreuzform hingegen
fand von selbst ihre Verbindung mit dem Achtck und Zirkel, so dass wir bald an
demselben Gebäude sämmtliche Formen entwickelt sehen; indem sich über der Vierung
des Kreuzes das Achtek erhebt, welches dann vom Kreise gekrönt wird; oder verkehrt
schliessen wieder Zirkel und Oktogon das Kreuz in sich <nn.

Unstreitig ist den nach diesen einfachen Planen errichteten Bauten das höchste
Alter einzuräumen, obwohl in spätem Zeiten diese Formen noch öfters gewählt
wurden; jedoch als sich aus Verschmelzung der beiden Hauptformen das lateinische
Kreuz ergab, fand dieses bald allgemeine Aufnahme. An die Basilika, als Langhaus,
(Schiff) wurde das griechische Kreuz als Chor gefügt, und dieser erst aus dem Halb-
kreise, dann aus dem Achteck oder andern Polygonen geschlossen.

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Gleiche Fortschritte mit dem Ganzen machten die einzelnen Theile: die Säulen,
früher häufig antiken Gebäuden entnommen, verwandelten sich bei zunehmender
Ausdehnung und Schwere der Gewölbe in vier-, sechs- und achteckige Pfeiler, die
man, ihren Ernst und ihre Nacktheit zu mildern, mit Säulchen und Gliedern verzierte.
Auch die Kreuzform wurde dem Pfeiler gegeben, und gleichfalls wieder mit Glieder-
werk versehen. Aber die wenigste Veränderung erfuhren im ganzen Laufe der Zeit
die Profilirungen, welche, später nur schärfer und tiefer ausgearbeitet, beinahe immer
die Abwechslung des attischen Säulenfusses bieten, als: Platte, Rundstab oder Wulst,
Plättchen, Hohlkehle, Plättchen, Rundstab u. s.w. Reichere Profilirungen bringen
gewöhnlich blos öftere Wiederholungen, nur stehen dann häutig die Rundsstäbe als
freie Säulen, oder nur wenig in die Mauer eingelassen. Überall zeigen diese
Gliederungen dasselbe Streben, die in die Höhe gezogenen grossen Felder zu bre-
chen; ja die Glieder ersetzen lange Zeit hindurch die Stelle eigentlicher Ornamente.

Die rechtwinkligen Thür- und Fensteröffnungen wurden schreg abgeplattet, und
der so gewonnene Raum mit vorhin beschriebenen Profilen eingefasst. Erst spät(1200)



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