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Guhl, Ernst Karl [Editor]; Caspar, Josef [Editor]; Lübke, Wilhelm [Oth.]
Denkmäler der Kunst: zur Übersicht ihres Entwicklungs-Ganges von den ersten künstlerischen Versuchen bis zu den Standpunkten der Gegenwart (Band 2): Denkmäler der romantischen Kunst — Stuttgart, 1851

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https://doi.org/10.11588/diglit.66422#0071
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115

Ivi eran quei ehe für detti felici
Pontefici, regnanti e ’inperadori:
Or son ignudi, miseri e mendici.
U’son’ or le ricchezze? u’son gli onori,
E le gemme, e gli scettri, e le corone,
Le mitre con purpurei colori?
Wo sind die Schätze nun, die sie erwarben?
Die Steine, Zepter, Kronen reich geschmticket?
Die Hüte leuchtend in des Purpurs Farben ?
Der Purpur ist erblichen, der blühende Leib zerfallen, Speise ecklen Gewürmes geworden.
Miser chi speme in mortal cosa pone! Weh, wer sein Heil in Irdischem erblicket! so rufen die
Särge den entsetzten Personen zu. Dies die Mahnung des Todes. Er selbst aber naht sich
furchtbar und gewaltig den Glücklichen, die wir in ahnungsloser Heiterkeit befangen am Rande des
Verderbens scherzen sahen. Nicht Amoretten blos schweben über jener Gesellschaft, es naht in
wüthendem Fluge der Tod, wie ihn der unsterbliche Dichter, dessen Bild unsere Tafel ziert und der
ebenfalls Zeitgenosse Orgagna’s war, in seinem Triumph des Todes beschreibt:
Voran ein Weib im schwärzesten Gewände,
Mit einer Wuth, wie, glaub ich, nie erschrecket
In der Giganten Tagen Phlegra’s Lande,
Trat sie heran, und sprach: o Frau, was strecket
Sich stolz dein Haupt ob Reiz und Jugendminnen?
Und weist doch nicht, wie nah dein Ziel gestecket!
Ich bin es, die von rauhen, wilden Sinnen,
Und ungestüm und taub und blind ihr nennet,
Denen vor’m Abend wird die Nacht beginnen.
In Hellas’ tiefster Schmach ihr mich erkennet;
Troja hab ich und Rom zu Grund gerichtet,
Mit meinem Schwert, das schneidet und zertrennet,

Fremd’ und Barbaren-Völker mehr gelichtet
Und, kam ich da, wo Niemand mich vermuthet,
Der eitlen Träume Tausende zernichtet.
Zu euch, da noch das Leben süss gemuthet,
Bevor das Schicksal erst in eure Wonnen
Sein Herbes mischt, hab ich mich hergesputet.
(Petrarca, Uebers. v. K. Förster. Lpz. 1833. S. 341 f.)
Was so der Dichter sang, das hat hier in nicht minder ergreifender Weise ein anderer Dichter
in Farben gemalt. Der gewaltigen Todesgöttin aber stürzt das Heer der Teufel nach — gegen sie
schützt den Krieger nicht Rüstung, noch Schwert, die Nonne nicht Schleier, noch das Gewand der
Frömmigkeit — die Teufel holen sich ihre Seelen, um sie in den Pfuhl der Verdammniss zu stürzen.
Aber wie jedes wahre Gedicht, in dem uns der Kampf grosser und ernster Gegensätze vorgeführt
wird, auch die Lösung derselben in sich trägt, so auch unser Bild, das Kugler mit Recht ein
„gemaltes Gedicht“ nennt. Auf der einen Seite bilden diese Lösungen die frommen Einsiedler, die
dem falschen Schein der Welt, abgewendet, aber doch inmitten der schönen und ewigen Natur ein
stilles Dasein führen, und die, wie ihre Umgebung uns mit liebenswürdiger Naivetät gezeigt werden —-
auf der andern bilden sie die Engel, die den mit teuflischem Humor gebildeten Teufeln die Seelen
abkämpfen und sie mit weicher Liebe zur Seligkeit emportragen, ein Theil der Darstellung, der, wenn
man ihn aufmerksam betrachtet, unendlich reich an Motiven rührendster Anmuth, sowie vollendeter
künstlerischer Schönheit ist. —
Damit schliesse ich denn diese Bemerkungen, deren es wohl kaum bedurft hätte, um Jeden
den Reichthum poetischer und malerischer Schönheiten fühlen zu machen, der in diesem Werke
niedergelegt erscheint und dasselbe zu einem der tiefsten und ergreifendsten erheben, die jemals in
der Kunst geschaffen sind. Wir glauben daher auch mit nichts Passenderem unsere Uebersicht der
Kunst im romantischen Zeitalter beschliessen zu können, indem es uns einmal den ganzen Reichthum
der romantischen Weltanschauung verführt und zugleich den Hauch einer neuen Welt und Kunst-
anschauung uns fühlen lässt, auf deren Grenze es steht und in deren neue Gestalten und Formen
es uns würdig hinüber leiten kann. — Der Stich nach C. Las in io Le-Pitture a fresco del Campo Santo
di Pisa, Pisa 1812. tav. 4.
 
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