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Haberditzl, Franz Martin [Editor]
Die Einblattdrucke des 15. Jahrhunderts in der Kupferstichsammlung der Hofbibliothek zu Wien (Band 1): Die Holzschnitte — Wien, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.20817#0010
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Beispiel dargelegt: Unser Holzschnitt mit dem heiligen Stephan wurde als lothringische Arbeit verzeichnet, weil
aus der alten, handschriftlichen Notiz am oberen Rande des Blattes ein Wort wie Nancy herausgelesen wurde.
Richtig zu lesen aber ist: Augustinus de Weichensteffen dedit. Der Holzschnitt war in einer Handschrift des
Benediktinerklosters Mondsee als Bildschmuck eingeklebt und der Vermerk stammt von dem Mondseer Kloster-
schreiber, der damit gewissenhaft notierte, das Bildchen mit der Darstellung des Namensheiligen des Benediktiner-
stiftes Weihenstephan von einem Confrater daselbst erhalten zu haben. Der Holzschnitt ist wohl eine Augsburger
Arbeit des ausgehenden 15. Jahrhunderts.

Diesem Beispiel gemäß war die Klärung des Tatsächlichen die wesentliche Aufgabe des beschreibenden
Verzeichnisses, Vorarbeit für die Lösung übergeordneter Fragen. An wichtigeren Feststellungen dieser Art ist
hervorzuheben: die Ermittlung der Herkunft etwa des vierten Teiles des gesamten Materials aus den Mondseer
Handschriften in der Hofbibliothek, womit eine fünfzig Jahre alte Sünde zum Teil wieder gutgemacht wurde,
da zu jener Zeit die als Bildschmuck in den Handschriften eingeklebten Holzschnitte und Schrotschnitte mit
erbarmungsloser Systematik für eine gesonderte Aufbewahrung in der Kupferstichsammlung entnommen wurden,
ohne die nun schwierig zu ermittelnde Herkunft zu vermerken; zur völligen Wiedergutmachung gehört noch die
Einklebung am alten Ort. Eine überraschende Feststellung gelang durch die Beachtung des Wasserzeichens
auf den beiden frühen Holzschnitten „Ruhe auf der Flucht" und „Hieronymus" und dem Codex, den sie
schmückten, zur Eruierung ihres Entstehungsortes. Unter den übrigen Holzschnitten ist eine Gruppierung gegen
die Mitte des Jahrhunderts zu datierender und wahrscheinlich in Salzburg entstandener Arbeiten hervorzuheben,
unter den Schrotschnitten die Zusammenstellung des umfangreichen Oeuvres des Georgsmeisters wichtig. Mit dem
Vorbehalt, dies in anderem Zusammenhang begründen zu dürfen, erfolgt die vorläufige Einreihung des unbekannten
Holzschnittes mit der Kreuztragung, den ich für den ältesten in der Gruppe der monumentalen frühesten Holz-
schnitte halte.

Meinem Nachfolger in der Leitung der Kupferstichsammlung, Professor Dr. Alfred Stix, habe ich besonders
für die freundschaftliche Bereitwilligkeit zu danken, mit der er die Bearbeitung der im zweiten Bande vereinigten
selbständigen Gruppe der Schrotschnitte übernommen und durchgeführt hat, da ich durch einen neuen Arbeits-
kreis daran gehindert wurde. Dem Sekretär der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, Kustos Dr. Arpad
Weixlgärtner, danke ich für die Überprüfung der Lichtdrucke und fürsorglichen Rat im Verlaufe der Arbeit.

F. M. Haberditzl.

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