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Hager, Werner
Die Ehrenstatuen der Päpste — Römische Forschungen der Bibliotheca Hertziana, Band 7: Leipzig: Bibliotheca Hertziana, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.48325#0021
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erregt hatte, wiederholte sich bei Julius, allerdings nur mit örtlich begrenztem
Echo. Offenbar geriet der profane Wesenszug bei beiden infolge seiner ehrgeizigen
Überbetonung in unerträgliche Spannung zu dem von der Allgemeinheit als un-
antastbar empfundenen geistlichen Inhalte der Darstellung. Die Anklagen gegen
Bonifaz und die Argumente, welche beim Sturze der Juliusstatue vorgebracht
wurden, laufen im Grunde auf dasselbe hinaus, obwohl die Anschauungen der
Zeit doch viel freiere geworden waren.
Das scharfe historische Licht, in dem die Bonifazstatuen stehen, begünstigt un-
sere Untersuchung ihrer Ursprünge. Sie sind das Erzeugnis einer höchst merk-
würdigen Überschneidung zweier Zeitalter. Im Charakter des Papstes erhoben
sich ja Mittelalter und Neuzeit als ungeheure Mächte widereinander und riefen
maßlose Ereignisse hervor, in denen sie auseinanderwichen und sich verschmol-
zen. Bonifaz entwuchs in seiner Gesinnung schon der hergebrachten Bindung,
die eine autonome Darstellung des Menschen nicht zugelassen hatte, und doch
war seine Politik, die sich der Statuen bediente, ganz auf mittelalterliche Gedanken
aufgebaut. Er nahm den Geist Julius’ II. voraus und wollte doch bleiben, was
Innocenz III. gewesen war, er war ein ebenso zu früh wie zu spät Gekommener.
In diesem spannungsreichen historischen Moment und als Produkt eben dieser
Spannungen treten die ersten Ehrenstatuen der Päpste auf.
Wenn auch das Thronen, wie gesagt, für den Papst bezeichnend und in natura-
listischer Weise auch in Malerei üblich ist, so stellt doch das isolierte Thronbild
mit den Schlüsseln Petri einen dogmatisch besonders betonten repräsentativen
Typus dar, dessen Bedeutung und Entstehung näher erläutert werden muß.
Eigentliche Vorbilder waren für Statuen dieser Art zur Zeit Bonifaz’VIII. nicht
vorhanden, es ist also notwendig, die Faktoren zu bestimmen, die zu ihrer Ent-
stehung zusammenwirkten. Diese setzen sich zusammen aus Elementen der Tra-
dition und solchen des Fortschritts. Erstere betreffen das Formale, nämlich
eine Tradition des antiken und mittelalterlichen thronenden Herrscherbildes
und eine Tradition der Ikonographie Petri und Christi, letztere hingegen poli-
tische Gründe, welche das thronende Herrscherbild zu adoptieren geboten,
und eine Wandlung des Geistes, verbunden mit einer Entwicklung des Kön-
nens, welche diese ikonographischen Vorbilder in Werke der Plastik umzusetzen
erlaubten.
Zunächst erhebt sich die Frage, warum die thronende Erscheinung in der re-
präsentativen Darstellung der Kaiser und Päpste eine so entschieden vorwiegende
Bedeutung hatte.
Das ruhige erhöhte Sitzen ist seit den ältesten Zeiten diejenige Haltung, in der
sich die Menschheit ihre Gottheiten mit Vorliebe vorgestellt hat, es ist der Aus-
druck der über alles irdische Tun erhabenen göttlichen Ruhe und als solcher

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