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Hainhofer, Philipp; Doering, Oskar [Hrsg.]
Des Augsburger Patriciers Philipp Hainhofer Reisen nach Innsbruck und Dresden — Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Neuzeit, Band 10: Wien: Verlag von Carl Graeser & Co., 1901

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https://doi.org/10.11588/diglit.58994#0300
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II.

[Foi. 578 /.] Beschreibung
aines zierlichen vnnd gar artig eingerüsteten trüchleins B-
Dises trüchlein ist von lindenem holtz sauber zusamen
gesetzet, von aussen alle gesüms vnnd geflambte keelstöß mit
planiertem guettem blettlen gold, vnnd in den fillungen mit
messinen gestämpften vnnd im fewr vergulten blechen, auch mit 8
in Frankhreich zu Limoye2) auf kupfer geschmelzten figuren,
gemahlten Vriesen, gezieret, auf die blech sein in circa 200 auß
!) Diese Beschreibung stammt aus dem Codex Aug. 11. 22. Fol. der
Wolfenbütteler Bibliothek. Der mit dem bescheidenen Titel »trüchlein« bezeich-
nete kostbare Kunstschrank wurde von Herzog August dem Jüngeren von Braun-
schweig auf Hainhofers Anerbieten 1636 bestellt als ein Geschenk für des Herzogs
3. Gemahlin Sophie Elisabeth von Mecklenburg (vgl. Anm. 2 auf S. 295), welche da-
mals ihre erste Niederkunft erwartete. Die wegen der Sache geführte Correspondenz
befindet sich in derselben Bibliothek im Codex 96. Novor. Sie beginnt am
10. April 1636, wo der Kunstschrank bereits in Arbeit war. Seine Vollendung
zog sich in die Länge, weil es Hainhofer an Geld fehlte, die Handwerker zu
befriedigen. Auch hatte unter denjenigen, welche einst am pommerschen Kunst-
schranke mitgearbeitet hatten, der Tod bereits stark aufgeräumt. Von denen,
welche noch lebten, waren die katholischen mit Arbeit überhäuft und hatten
daher wenig Zeit, die evangelischen aber suchten ihren in der Bedrängnis
der Zeit entstandenen Ausfall an Verdienst durch Hochschrauben der Preise ein-
zubringen, so dass man auf ihre Mitwirkung größtentheils verzichten musste. —
Dass das »trüchlein« ursprünglich nicht für die Herzogin, als Gemahlin Augusts,
bestimmt war, geht daraus hervor, dass sein Wappen erst damals zu dem ihrigen
hinzugefügt wurde. Diese Änderung verursachte weiteren Aufenthalt und erst am
3. Juli 1636 kam der Schrank zur 'Versendung; acht Tage später folgte die oben
abgedruckte Beschreibung, welche von Hainhofer selbst verfasst ist. Der Preis
des Stückes, der mehrere tausend Gulden betragen haben muss, lässt sich nicht
feststellen. Der Herzog erledigte seine durch vielerlei Ankäufe bei Hainhofer
entstandenen Geldverpflichtungen ratenweise; eine Berechnung Hainhofer’s über
diesen einzelnen Schrank ist nicht erhalten.
2) Limoges, altberühmte Herstellungsstätte emaillierter Kunstwerke, vgl.
Bucher, Geschichte der technischen Künste, I, 27 ff.
 
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