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DRITTER ABSCHNITT.

DAS XV. JAHRHUNDERT VOR LIONARDO.

i. Masaccio (1401 —1428).


ie Grundsätze für die künstlerische Gestaltung der Anbetung
bei den Florentiner haben wir schon bei Giotto besprochen.
Er zuerst hat der Szene reelles Leben verschafft. Masaccio

geht einen Schritt weiter und versetzt sie in die aktuelle, ihn umge-
bende Wirklichkeit. Aus einer Kunst des Wesentlichen entsteht eine
Kunst des Verwirklichenden, welche auf die überzeugende Wieder-
gabe der Realität bedacht ist. Es genügt nicht mehr, dass wir die
Könige sehen, dass wir ihre Andacht teilen, sie sollen zu uns als
individuelle Menschen sprechen. Die Luft, welche sie umgibt, das
Licht, den Schatten, den Raum, ihre ganze Umgebung sollen wir mit-
empfinden.
Die erste Darstellung der Anbetung, der von diesem neuen,

künstlerischen Geiste beherrscht war, befindet sich auf einer kleinen
Tafel (Nr. 58 A) in der Gallerie in Berlin, und hier ringt sich jener
grosse Maler durch, der der florentinischen Kunst die Welt der Wirk-
lichkeit aufschloss, Masaccio!
Eigentümliche Befangenheit ist bei der Darstellung der Madonnen-
gruppe ersichtlich. Maria, eine hagere Gestalt mit einem langen, blauen
Mantel bedeckt, der den Körper kaum ahnen und nur Gesicht und
Hände frei lässt, sitzt in Profil-Ansicht auf einem jener Sessel, die
man noch heute als florentinisch bezeichnet. Das Kind ist in

übertriebener Grösse und mit unkindlichem Ausdruck dargestellt.
Der greise Joseph hat das Geschenk des ersten Königs in Empfang
 
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