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Hartlaub, Gustav Friedrich
Die neue deutsche Graphik — Berlin, 1920

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.19126#0084
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8o

Die graphischen Kräfte

sie mehr zur Entsagung, zur zeichnerischen
Vereinfachung zwang, in seiner Entwicklung
von hoher vorwärtstreibender Bedeutung ge-
wesen. Freilich sind auch die meisten früheren
Radierungen des Künstlers durchaus im
Sinne einer eindrucksgemäßen Bestandesauf-
nahme der Umwelt gehalten. Nicht einmal
etwas von Münchs Metapsychologie klingt
an, auch dringen die pathetisch biblischen
Stoffe der Bilder nicht in den Kreis dieser
Blätter. Nur zweierlei fällt in dieser schein-
bar so „objektiven" Graphik auf: einerseits,
stofflich betrachtet, die grausig-ernste, bei-
nahe tragische Sachlichkeit, mit der der Blick
des Künstlers auf Szenen des Lasters, Stätten
seelischer und leiblicher Verwesung ruht,
andererseits, formal angesehen, die unge-
wöhnliche Tiefe und Sammlung der Strich-
führung, die in den Bildnisradierungen ge-
legentlich schon zu einer gedrungenen und
feierlichen Größe sich erhebt. Beides war
doch nicht eigentlich „impressionistisch"
mehr! So wird gerade dem Beobachter der
 
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