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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Nr. 52-77 (2. - 31. März 1852)
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#0280
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Tagesordnung. Angenommen, — Beß in-
ger berichtet über die Petition mehrere lu-
heriſchen Bürger in Ihringen und Nußloch,
um kirchliche Eonceſſton! Der Antrag auf
Tagesordnung wird mit allen gegen zwei
Stimmen (Zell und Armbruſter) ange-
nommen. — An der Discuſſton nahmen
Theil: Slaatsrath Frhr. v. Marſchall,
die Abg. Gottfhalf, Zell, Platz von
welchen Zell für die Sache der Petenten,
die beiden Anderen für den Antrag der Eom-
miſfion ſprachen.

Deutſchland.
Karlsruhe, 19. März. Seine Großh.
Hobeit, der Prinz Wilhelm von Badem iſt
heute Mittag um 1 Ubhr, von Potsdam kom-
mend, zum Beſuch Hoͤchſtſeines durchlauch-
tigſten kranken Vaͤters dahier im Scloſſe
abgeftiegen. Karlsr. 3.)
Mannheim, 17. März. In der heute
zur Vexhandlung gekommenen Anklageſache
gegen den ledigen, 20 Jahre alten, Schiffs-
knecht Karl Segner von Wertheim wegen
Tödtung des Joh! Veter Selig von doͤrt,
waren 32 Zeugen von Wertheim geladen
und ſaͤmmtlich erſchienen! Der Angeklagte
iſt ein robuſter Mann von nicht unange-
nehmen Aeußern, auch verräth er in der
Art, wie er ſich benimmt und ausſpricht,
durchaus keine Rohheit, Die Zeugenaus-
ſagen geben folgendes Bild des Vorfalls:
Am Adend des 9. Aug. 1851 waren meh-
rere Schiffer von Wertheim, worunter der
ledige Johann Peter Selig und Karl Seg-
ner, bisher Kameraden — in dem, nahe
an der Tauber und der darüber führenden
Brücke liegenden, Bierhauſe des P. Seher
daſelbſt beifammen.. Selig, wie gewöhnlich
il — während Segner fidh der Fröhlich-
keit überließ, entfernte ſich nach kurzem Auf-
enthalte und fuͤhrte in ſeinem Nachen mit
feinem Bruder eine Geſellſchaft auf der
Tauber! Dies nahm Segner, unter die
Thüre tretend, wahr, mwobet er nach Aus-
ſage eines Zeugen geäußert haben ſoll:
Sie haben ſchon wieder eine Spazierfahrt!“
Ein anderer Zeuge will noch weitere Worte
des Unmuths vernommen haben. Als Se-
lig (welcher alg ein guimürhiger, friedfer-
tiger und arbeitſamer Menſch geſchidert
wird) nach 9 Uhr in das Seherſche Bier-
haus zurückkam, wurde er von Segner und
deſſen Gefährten geneckt und gehöhnt. Auf,
Segners Frage, ob er ſein Bier bezahlt
habe ? rief er im Begriff, wegzuͤgeben, die-
ſem zu: Lump! Coder Mausle!) bezahle
du dein Bier! worauf ihm Segner einen
Schlag verſetzte, deſſen Erwiederung durch
Dazwiſchenireten Anderer verhindert wurde.
Segner entfernte ſich nach Selig aus dem
Bierhauſe, wo er nach der Verſicherung
eines Zeugen noch gedroht haben ſoll,
wenn er den Eiſenbuͤhler (Selig) noch
bekomme, ſo erhalte dieſer ſeine Schläge.
Als er ihn dann auf der Straße zu Geſicht
bekam, ging er ſofort auf ihn los und griff
ihn wieder an; aber auch diesmal wurde
die Fortſetzung des Streits durch Einſchrei-
ten eines Bekannten verhindert, welcher den
Segner vermochte, den Heimweg anzuͤtreten.
Einige Zeit nachher, als eben Selig zu eini-
gen Bekannten, worunter Paul Mullers,
auf die Brücke getreten war, ſtürzte plötzlich
Segner, unbemerkt heranfommend, an Mül-
ler, dieſen heftig anftoßend, vorüber in ra-
ſchem Sprung auf Selig los und ergriff ihn
vorn an der Bruſt. Sie ſtürzten beide quer
uͤber die Brücke, ſo heftig waͤr der Anprall
geweſen, mit weithintönendem Schlage, ſo-
fort zu Boden. Segner's Freund Tbeeilte
ſich abermals, abzuwehren; allein als er
hinzukam, lag Selig bereits widerſtandsloe,
ohne Bewußtſein und ohne Bewegung; über

/

ſein Geſicht ſtroͤmle Blut, ſeine Glieder hin-
gen ſchlaff herunter, röchelndes Athmen deu-
tete auf Entſchwinden des Lebens! Nach
vergeblichen Verſuchen ihn zu erweden, tru-
gen ihn die Umſtehenden ın das Haus ſei-
neg Baters. Ein herbeigerufener Arzt be-
ſtätigte den Eintriti des Todes. Nun erſt
wurde bemerkt, daß die baumwollene Hals-
binde des Selig deſſen angeſchwollenen
Hals ſo feſt umſpannte, daß es kaͤum mög-
lich war, zwiſchen Binde und Hals einen
Finger zu bringen. Der in eine Schleife
geſchürzte Knoten des etwas verſchobenen
Halstuches war ſo ſtark zuſammengezogen,
daß wegen der Schwierigkeit der Auylöjung
das Tuch entzwei geſchnitten wurde. Seg-
ner, welcher nach der That noch die iyın
entfallene Mütze verlangt und ſich dann
heimbegeben haͤtte, beſchräukte im Welent-
lichen ſeine Vertheidigung auf die Verſiche-
rung, daß er von dem Angriff auf Selig
in Folge von Trunkenheit nichts mehr wiſſe,
dabei erinnert er ſich aber einzelner, jenem
Angriff vorausgegangenen Thatſachen, mit
ausnapme des Streites mit Selig in dem
Wirthshauſe der auf der Straße gegen ihn
begonnenen Thätichkeit und der gegen den-
elben auegeſtoßenen Drehungen. Die Aus-
jagen der Zeugen über den Geiſteszuſtand
des Segner ſtimmen jedoch darin überein, daß
er zwar eiwas angetrunfen, jedoch nicht voll-
ſtändig berauſcht geweſen ſet! (Schl. folgt.)
Kruchfal/ 17. März. Die erſte Schwur-
gerichteverhandlung heute war gegen den
zljährigen verhetraͤtheten Joh. Neß. Keiter
von Steinbach (Vater von 2 Kindern) ge-
richtet. Die Anklage lautet auf gefährlichen
Diebſtahl. In der Nacht nämlich vom 1.
auf den 2. Noobr! v. Sı hatte der Ange-
flagte, wie er ſelbſt zuͤgeſteht, durch Einſlei-
gen in die Muͤhle des Müllers Eckerle un-
gefähr 5 Seſter Mehl und Welſchkorngries,
ſowie 2 Laibe Brod, zuſammen im Werth
von 7 fl. 20 fr. entwendet. Der Staats-
anwalt Ottendörfer ſuchte in ſeiner Rede
als erwieſen darzuſtellen, daß der Dieb durch
ein geſchloſſenes, 10 Schuh vom Boden ent-
ferntes Fenſter eingeſtiegen, während der
Vertheidiger, Oberherichisadvokat Strauß,
zeigt, daß derſelbe durch den niedergelegenen
Laden in die Spreukammer und von da in
die Mühle gelangt ſei.! Die Geſchworenen
pflichteten durch ihren Ausſpruch dem Letz-
tern bei und der Gerichtshof verurtheilte
den Angeklagten, in Berückſichtigung ſeines
hisherigen gusgezeichnet guten Leumuͤnds zu
1jähriger Arbeitshausfirafe. Nachmittags
ſtand Zoh. Muͤll III. von Bodersweier vor
Gericht. Derſelbe iſt verheirathet, Vater
von Kindern, ſehr ſchlecht beleumundet,
und ſchon mehrmals, theils wegen Jagd-
revels, theils wegen Diebſtahls beſtraͤft.
Die heutige Anflage legt ihm zuͤr Laft, daß


in den Viehſtall des Lazaxus Levi einge-
ſtiegen und die darin befindliche Kuh ge-
molken habe! Die entwendete Milch wird
auf 25 fl gewerthet. Der Angeklagte will
zwax nur 4 mal die Milch geholt haben,
allein der Staatsanwalt führt fehr gut aus,
wie grade in dem oͤftern Einſteizen die Ge!
fährlichkeit des Biebſtahls erſcheine Uund es
konnte dem Vertheidiger, Orn. Obergerichts-
advokat Gutmann nicht gelingen, den Ge-
ſchworenen eine andere Ueberzeugung bei-
zubringen, denn ſie beantwortelen die ſihnen
vorgelegte Frage; ob der Angeklagte ſchul-
dig ſei, in der Weiſe eingeſttegen zu fein,
daß er nicht leicht hälte entfliehen können,
mit „SJa” und der Gerichtshof ſprach in Er?
wägung der obwaltenden Milderungsgründe
eine Ltijährige Arbeitshausſtrafe aus, (B.L.)

Bruchfal, 18, Maͤrz Heute war eg

abermals das Verbrechen der Brandſtiftung,

über das vor dem Schwurgericht ver-
handelt wurde. Der Angeklagte Martin
Rusweiler von Knielingen, 52 Jahre
alter verheiratheter Taglöhner, iſt befhuls
bigt, daß er in der Naͤcht vom 5 auf den
6. Nov. v. J. Feuer in das Haus des Chri-
ſtopt Herrmann gelegt habe, Der Ange-
Huldigte hatte daffelbe nämlich bis zum 5.
Nov. in Miethe bewohnt und mußte mit
Gewalt zum Ausziehen gezwungen werden.
Als nun am 6, Nov. Morgens der Eigen- .
thümer die verſchloſſene Woͤhnſtube Öffnete,
ſ(Olus ihm eine Flamme entgegen, die vom
Balkenkeller aus den Fußboden ergriffen
hatte, jedoch alsbald wieder geloͤſcht wurde.
Der angerichtete Schaden iſt zu 12 fl 9 fr.
berechnet. Der Angeſchuldigte, ſehr ſchlecht
beleumundet und ſchon wegen wiederholter
Diebſtähle mit Zucht⸗ und Arbeitshaus bee
ſtraft cer mußte zur heutigen Verbandlung
aus dem hieſigen Zuchthaus herbeigeholt
werden), hat eine freche Mundfertigkeit leug-
net harinaͤckig und wird mit vielein Geſchick
von Hry. Rechtsanwalt Guſtav Maier, der
hauptſächlich Trunkenheit im Augenblick der
That und geſtörtes Geiſtesvermoͤgen ſeines
Klienten überhaupt darzuthun bemüht war,
vertheidigt. Staatsanwalt war Hofgerichts-
rath Oitendorf. Als am Schluſſe der Ver-
handlung den Geſchworenen die Fragen vor-
gelegt wurden, ob der Angeklagte das Feuer
unabſichtlich angebrannt habe und ob
er in einem Zuſtande geweſen fet, in dem
ihm das Bewußtſein der Strafbarkeit feiner
Handlung abging, beantworteten ſie beide
mit „za”, und das Gericht ſprach den An-
geklagten ſofort fref. - —
Verantwortlicher Redacteur: G. Neichard.

(Rerichtisung) zu dem in geſtri-
ger Nr. d. J. enthaltenen „Ergebniſſe der
Sammlung für die benachb. Odenw.“ und
Fortſetzung des Verzeichniſfes der Gaben.
Zu 1. Von Fr. M ik eingegangen, ſtatt
%” Mäßchen, %2 Sſtr. Dürrobſt; von Fr.
V. nicht 1, fondern 2 Mäßchen Linſen. —
Zu 2, ſind bei Hrn. Seifenſ. Bauer noch
weiter abgegeben worden: von einem Un-
genannten, v Hrn. Prof, D, und Hrn. D,
3 Näcke. — Zu 3. desgleichen, bei Dekaͤn
S, von Fräul Y OD,: 2 {

Wahl zur Schutzmannſchaft beir.

Man erlaubt ſich vorzuſchlägen: Für
Lit A, alg .
L Leitmann Orn. Kaufm. Iſaae Kelter.
IL „Banquier Robert Fre-

merei.
Obmann Hrn. Maurermeiſter Jac. Meeſer.
Mitglied des Verwaltungsraths reſp Erſatz-
mann des Letzteren, Hen. Kaufmann Frie-

derich Landfried.

ur Cn BDala
I. Leitmann Hrn. Conditor M. &. Krall.
- * 7 Bäckerm. Jac. Bögety.
Obmann Hrn. Landwirth Ad. Ballmann,
Mitglied des Verwaltungsraths, reſp. Erſatz-
mann des Letzteren, Hrn. Gaſtwirth Hetuͤ⸗

rich Hur ſt.
Heidelberg, am 18. März 1852.

Tode sanzeige.
Die Unterzeichneten zeigen hiermit den
geſtern erfolgten Tod ihres theuern Freun-
des, des Hrn. Dr. Friedrich Wilhelm
Carove, an und bemerken zugleich, daß
deſſen Beerdigung Sonnabend, den 26.

Maͤrz, um 5 Uhr ſiattfinden wird.

Heidelberg, den 19. März 1852.

Auguſt u. Wilbelm Kilzer,

Theater in Heidelberg.
Sonntag, den 21. März.
Das Turnier zu
oder:

Die drei Wahrzeichen.
Ritter-Luſtſpiel in 5 Acten von F. v. Holbein.



Krouſtein.
 
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