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N‘ 118.


Mittwoch, 19. Mai

185%,



Vertchte werden gratts beigegeben.


+ Ein Heidelberger Correjpon:z
dent der Deutfchen Volkshalle.

Das oben genannte Organ der römiſchen
Partei briugt in ſeiner Rummex vom 12.
Mai einen Artifel aus Heidelberg über
den Conflict wegen des Trauergottesdien-
ſies, der ſich mehrfach grob gegen die Wahr-
heit verſaͤndigt, um ſo groͤber, als nicht
Unfunde, ſondern böſer Wille die Quelle
der Fälſchung iſt, deren ſich der r.-Corre-
ſpondent ſchuldig macht.

Was iſt der einfache Hergang der Sache?
Nach eingetretenem Todesfall that die Re-
gierung, was bei ähnlichen Fällen immer
zeſchehen iſt, ſie beſtimmt, höchſter Entſchlie-
fung gemäß, den Tag, an welchem die
kirchliche Trauerfeierlichkeit für den verewig-
ten Landesherrn abgehalten werden ſoll.
Daß ſie diesmal auf Hinderniſſe von Seiten
des Erzbiſchofs ſtoßen werde, konnte ſie
ſicher um ſo weniger Dermuthen, als Hr. v.
Bicari im Jahr 1830 noch ſelbſt ein
feiertiches Dontificalamt für Den
yerfiorbenen Großherzog Ludwig bekannter-
maßen. abgehalten hat, und feitDem im
Sreiburger, Münfter für den Proͤte-
fanten Merian ein Zodienamt abgehalten
worden war, und vielfach im Laͤnde aller-
wärte aͤhnliche Begehungen einer Bean-
fiandung von Sellen der Kirche niemals
unterlegen hatten, auch nach der Zeit,
wo die päpßliche Bulle, die in Baden nie
officiell befannt geworden, ſolche Feier für
Richt⸗Katholiken unterſagt haben loll.

Die Regierung hat alfo offenbar nur Das
gethan, waͤs früher nie beanſtandet wor-
den war! Was war nun aber die Pflicht
des Ordinariats, wenn es Bedenken hatte?
Offenbar mußte es der Regierung die Gruͤnde
angeben, die einem Eingeben auf ihre An-
ordnungen im Wege ſtanden, und war dies
nicht blos der Achlung vor dem Regenten
ſchuldig, ſondern auch ſich ſelbſt, da der Hr.
Erzb iſchof als Generalviear ganz anders ge-
handelt haͤtte. Statt deſſen aber erläßt er
eine Weiſung, die, von der höchſten Anord-
nung gar feine Notiz nehmend, eine andere,
alg die nach kathealiſchen Begriffen üb-


waͤhre nicht gefeiert werden Fann, dieſelbe
nadträglich auf einen Sonmag Abends
verlegt.

Dieſes Verfahren des Erzbiſchofs, uner-
hoͤrt bisher in unferem Landẽ, mußte natuͤr—
lich ſofort die Erwägung der Staatsregie-
rung zur Folge haben; das Ergebniß der
Berathungen im S ta ats-⸗M in iſt er ium
war dann das Reſeript, welches durch das
Miniſterium des Innern, als zu deſſen Wir-
lungskreig gehörig, den beireffenden Behoͤr⸗
den zugeſtellt und vurch die Zeitung ver-
öffentlicht wurde.

Was thut der Heidelberger Correſpondent
der „Bolfshalle“? Erftens verfhmweigt
er, daß die Anordnung des Trauergoftes-
dienſies fuͤr beide Kirden von Sr, Kön,
Hoheit dem Regenten ausging; zwei-
ſens verichweigt er, daß das von. Frei-
herrn v. Marſchall gegengezeichnete Reſeript
die Folge leiner Berathung des Staats?




reis halbjährIth in Heidelberg: 2 fl. 6fr,
5 { 4 Die Landwirthſchaftlichen

miniſteriums war, wo, wie man hört,
alle Mitglieder über das zu Beſchließende
einig waren. Daß er nicht aus Unfunde
die Wahrheit umging, geht daraus hervor,
daß das angefochtene Reſeript mit den
Worten beginnt: Sämmtlichen großh. Aem-
tern wird in Folge höchſten Staats-
min iſterialerlaſſes vom Heutigen er-
öffnet: Nach Höchſter Entſchließung
ſollte der feierliche Trauergottesdienſt 2c. 2C.
Warum verſchweigt der Heidelberger Corre-
ſpondent dieſe Thatſachen? Die Gründe
ſind klar. Durch das Verſchweigen der einen
Thatſache, daß die katholiſche Feier wie die
proteſtantiſche durch Se, Kön. Hoheit
den Regenten angeordnet war, will er
von dem Hrn. Erzbiſchof den Vorwurf ab-
wälzen, die auf bisher unbeſtrittene Uebung
ſich gründende Anordnung des Regenten in
formloſer Weiſe als nicht ergangen betrachtet
und durch eine andere ihr widerſprechende
erſetzt zu haben! Ein ſolches Verfahren
verſtößt aber in auffallender Weiſe gegen
die dem Souverän gebührende Ehrfurcht.
Hatte der Hr. Erzbiſchof Bedenken gegen
die höchſte Anordnung, ſo mußte er ſie gel-
tend machen, ehe er weiter ging, und die
Sache in einen Weg zu leiten ſuchen,


werden konnte. Dies zu ihun hat er ver-
ſchmäht, und die Folgen ſind auf ihn zu-
ruͤckgefellen; die Katholiken ſind es, die
durch die Verweigerung des Traueramtes
ſich vorzugsweiſe verletzt fühlten , weil ſie,
den Sinn derſelben wohl erkennend, in ihr
das Berbot erblickten, für die ewige Se»
ligkeit deſſen, für deſſen zeitliches Wohl
das Meßopfer darzubringen ſelbſt nach dem
Herrn Erzbiſchof erlaubt iſt, das nach ihrer
Lehre wirkſame Gebet darzubringen. Hierin
liegt der Stein des Anſtoßes gerade fuͤr die
Kaͤtholiken; und in der That iſt es ſchwer-
lich eine mit dem Geiſte des Erlöſers ver-
einbare Lehre, daß man wohl für das zeit-
liche Wohl des Regenten das Meßopfer
darbringen dürfe, nicht aber für das ewige;
und der Gedanke, daß die Kirche dem ver-
ewigten Regenten, dem ſie ſelber ſo hohe
Lobfpruͤche ipendei, für alle Ewigkeit den
Ort der Qual, und nicht den der Seligkeit
anweiſe, dieſer Gedanke iſis, der die Ge-
müther vieler Tauſende, bekenntnißtreuer
Katholiken bis zur Entrüßung erregt hat.

Warum aber verſchweigt der Heidelber-
ger Correſpondent die zweite Thatſa che,
daß das Refeript vom 6, Mai aus dim
Beſchluſſe des hohen Staatsminiſte-
riums hervorging? Warum nennt er es
eine Ordonanz des Miniſteriums des
Inn ern? Ledialich deswegen, um dem
Haß gegen den Vorſtand deſſelben, der ihn
befeelt, Luft zu machen, und den der Ka-
tholiken dadurch zu entzünden, daß er
ihnen die alt Unwaͤhrheit, die Forderungen
det Kirche fänden ihren Hauptgegner in
dieſem einzelnen Manne, auch bei diefer
Gelegenhei aufzubinden verſucht. Schwerz
lich mit Erfolg, denn gerade die plumpen
Kuͤnſtgriffe, die der Heidelberger ſich er-
laubt um offenkundige Thatſaͤchen zu ent-
fellen, muͤſfen das gefunde Rechtogefühl

7—

ebenſo ſehr empören, als ſie vor dem ge-
ſunden Menſchenverſtande unrelibar
mit Lächerlichkeit geſchlagen ſind.

Allein nicht nur auf die erörterten zwei
Punkte beſchränkt ſich die Unwahrhaftigkeit
des Artikels in der Volkshalle, auch den
Inhalt des Reſeripts giebt er in
voͤlliger Entſtellung wieder. Das
Reſeript beſagt nichis weiteres, als daß
das höchſte Staatsminifterium : „die von
dem erzbiſchöflichen Ordinartat angeordne-
ten kirchlichen Handlungen nicht als$ die
feierlichen Trauergottesdienſte anzuerkennen
vermöge/ welche nach der höchſten Entſchlie-
ßung Sr. k. Hoheit des Regenten vom 27.
Aprit hätten abgehalten werden ſollen, und
daß man ſie überall nicht als ſolche aner-
kannt und behandelt wiſſen wolle. Die
großh. Aemter aber wurden beauftragt, den
zegenwärtigen Erlaß den katholiſchen Pfarr⸗—
anitern und den Bürgermeiſterämtern mit-
zutheilen.“

Das iſt der Wortlaut des Reſeripts.
Was thut der Correſpondent der Volks-
halle? Er ſagt, nachdem er der pro-
teſtantiſchen Anordnung gedacht;Das
hochwuͤrdige erzbiſchöfliche Ordinariat hatte
mittelſt Exlaß gleichfalls vorgeſchrieben,
morgen/ Sonntaͤg den 9. Nachmittags ſolle
eine Trauerrede geſprochen und kirchliche
Lieder geſungen werden in den katholiſchen
Pfaͤrrkirchen! Eine heilige Meſſe kann na-
türlich zu dieſem Zweck nicht ſtattfinden
wie diefes auch ausdrücklich eine päpſtliche
Bulle für einen gleihen Fall, naͤmlich in
Betreff der Königin Karoline von Bayern
ausſpricht. Aber eine Ordonanz des Mi-
niſters des Innern, Fehrn von Mars
ſchall, vom 6. Mai, wendet ſich jetzt mit
Umgehung des hochwürdigſten Herrn Erz-
biſchofs durch die Bürgermeiſter Direct an
die einzelnen katholiſchen Pfarrer und ver-
langt von ihnen, da der Herr Erzbi-
ſchof der dringenden Aufforderung zu einem
derartigen Befehle nicht nachgekommen iſt,
unter beſtimmter Strafandrohung auf Monz
tag Morgen ein Traucramt nad) herge-
brachter Sitte, —

Von alle dem ſteht im Refeript nichts
Es erklärt lediglich die vom Ordinariat
angeordnete Feier nicht für die beanſpruchte,
nicht für die nach katholiſchem Ritus übliche,
allein es verbietet ſie nicht, und nur das
wird gefagt, daß einer Feier/ die den Eha-
rakter einer offteiellen nicht habe, von den
Dienern des Regenten auch nicht in offi-
eieller Weiſe angewohnt werden könne.
Dies den Pfarraͤmtern mitzutheilen, war
nothwendig, damit ſie die Anſicht der Re-
gierung über den Charakter der Feier
Ffannten ; den öffentlichen Dienern aber des-
wegen, damit ſie der Feier keinen offieiel-
len Charakter beilegten, und ſich nicht ın
Widerſpruch ſetzten mit der Anſicht der Res
gierung. Unwahr iſt, daß das Reſeript
durch die Bürgermeiſter den katholi-
ſchen Pfarrern mitgetheilt ſei; eS iſt klar
geſagt: die gr. Nemter werden beauftragt,
den gegenwärtigen Exlah den kaihol. Pfarräms
ternmunDd Bürgermeiftern mitzurhetlen, Nidht?
durd. die „ Bürgermeiferämter ! Auch, hier

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