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N: 19%. -

Sonntag, 22. Auguſt

1852.


durd die Boft
Berichte werden gratts betgegeben.
Ausfunft erthetlt, die Spaltzeile in Petitſchrift 4 Ir.

Zur Handels⸗ und Zollfrage.

&©n Heidelberg, 21. Auguſt, Da in
dieſen Tagen zu Berlin die Conferenzen
wieder eröffnet merden, welche die deutſche
Zollvereinsangelegenheit endlich zu einem
definitiven Abjebluß bringen lollen, ſo tritt
naͤtürlich die Handels- und Zollfrage wie-
der in den Vordergrund der Tagsgeſchichte.
Sieht die Reconſtruetion des Zollvereins
innerhalb ſeiner frühern Umgrenzung zu
erwarten? Wird der Septembervertrag maß-
gebend werden? Oder ſoll die neue Eini-
gung auch das Kaiſerthum Oeſterreich um-
faſſen? So hört man jetzt von vielen Sei-
fen fragen, uͤnd hat dafür immer noch die
widerſprechendſten Antworten in Bereitſchaft.
Wir unſers Theil glauben, daß diejenigen
Stimmen der Preſfe, welche in der noch
für wenige Tage auf den desfalls geäußer-
ten Wunſch einiger ſüddeutſchen Regierun-
gen von Preußen bereitwillig verſchobenen
Lonferenzen ein für die Erhaltung des Zoll-
dereins zünſtiges Zeichen ſahen, der. Wahr-
heit am nächften ſtehen dürften. In Dder
That hat Preußen ſo fehr, wie die ſüddeut-
ſchen Ftegirungen Grund, vor den Folgen
einer Sprengung des Zollvexeins zurückzu-
ſchrecker! Die materielten Nachtheile der-

felben ſind bereits ſo allſeitig beleuchtet wor-

Dden, daß wir hier füglich davon abſehen
fönnen, um nur die politiſche Seite der
Frage ins Auge zu faſſen.

Was wollte Preußen nach dem Ausſcheiz
den der fuͤddeuͤtſchen Staaten beginnen?
Auerdings könnte es alsdann für ſich einen
norddeuiſchen Zollverein gründen, würde
aber nicht hindern können, daß Süddeutſch-
Yand nothgedrungen ſich eng an Oeſterreich
anſchließen müßte und der politiſche Schwer-
punkt der deutſchen Angelegenheiten nach
Wien fiele. Daf damit die Bedeutung

Preußens als einer enropäiſchen Großmacht
den empfindlichſten Stoß erlitte, den der
zweifelhafte materielle Hewinn im Norden
ſchwerlich verſchmerzen leße, liegt auf der
Hand. Faſt dieſelben Gruͤnde aber müſſen
Preußen beſtimnen Wenigiltens vorläufig
noch gegen die Aufnahme des Kaiferfiaates

in den Zollverein zu fein. Auch bei dieſer

Concefiion an das öſterreichiſche Cabinet

müßte nicht nur dem Ausland das größere

Defterreich alg der eigentlich beſtimmende

und das tleinere Preußen als der beſtimmt
werdende Genoſſe erſcheinen, ſondern auch
die inländijhe Handelspolitit mit ihren

Hoffnungen und Befuͤrchungen hätte ſich

woͤhl voͤtzugsweiſe nach Wien zu richten,

Sohin fann über den Standpunkt auf

dem fih Pteußen im Verlauf, dex Confe-
renzen balten wird, kaum noch ein Zwei-
fel vbwaͤlten. Es liegt in ſeinem eigenen

Intereſſe, daß die Differenzen, welche ſich

in Folge des Sepiembervertrags, mit den
fuͤddeulſchen Staaien ergeben haben, eine
auch diefe befriedigende Schlichtung finde
und ein neuer Zollverein mit der laut je-
nes Verirags bezeichneten Gebietserweite-
ruͤng gegen Norden zu Stande fomme. Daß
von ſurdeutſcher Seite dem Entgegenkom-
men Preußens keine unüberwindlichen Hin-


Sournals 2 fl.

Brtefe und

derniſſe ſich entgegenſtellen werden, dürfte
in Betracht der Eventualitäten, welche das
Aufgeben des Zollvereins auch hier erzeu-
gen müßten, ebenfalls außer Zweifel jein,
Demnach iſt das Schlußrefultat der Zoll-
conferenzen in Beziehung auf das ſeitherige
und das durch den Sepfembervertrag hiezu-
kommende Zoͤllgebiet ſchon jetzt unſchwer
zu errathen. Defto dunkler aber ſtehtees
noch um die Beantwortung der Fragze,
welche Wechſelbeziehung in Zukunft zwiſchen
dem reorganiſirten Zoliverein und den Kai-
ferftaaten ſtattfinden ſoll! Die offieiöſe
Preſſe der meiſten deutſchen Staaten ſcheint
für einen Handelsvertrag mit Oeſter-
reich zu ſein; dagegen weift die offieiöſe
Preſfe Oeſterreichs jeden Gedanken an ei-
nen Handelsvertrag, der nicht ſchen die
ausdrückliche Stipulation einer künftigen
Zolleinigung in ſich fhlöffe, zur Zeit
noch entfchieden zurüc, und antwortet mit
einem feſten: „Kichts oder Altes!“

Man hat wiederholt und mehrſeitig die
Behauptuͤng aufgeſtellt, nur die Ranges-
eiferſucht der zwei Großmächte habe dieſe
Zollkriſis erzeugt; uns ſcheint, ſehr mit
Unrecht. Die Frage, ob Preußen, ob Oeſter-
reich, ob beide vereint und ſich gegenſeitig
das Gleichgewicht haltend in Zufunit an
der Spige der deutſchen Angelegenheiten
ſtehen follen, iſt eine ins innere Mark un-
ſers Eniwicklungsganges eingreifende. Kein
Zweifel, wenn Defterreich ſich völlig ab-
ſchlöſſe und auf ſeinem „Nichts“ beharrte,
ſo ginge, von den materiellen Erwartungen
eines Handelsvertrags nach gänzlich abge-
ſehen, ein ſchönes Stück deutſch-lebensfähi-
zer Kraft für uns verloren: eben ſo wahr
aber iſt auch, daß, würde die im öſterrei-
chiſchen Ländercomplex jetzt noch unabweis-
bare Politik auch für das gefammte übrige
Deutſchland maßgebend und beſtimmend,
man nicht ganz grundloſe Beſorgniſſe um
die förderndẽ Weitẽrausbildung unſers ſtaat-
lichen Organismus hegen fönnte. Mit dem
Ausſpruch! „Nichts oder Alles“ wäre
demnach nur die Wahl zwiſchen zwei po-
laͤrifch aus einander laͤufenden Pfaden ge-
laffer, und man braucht an kein denaſtiſches
Jutereffe zu denken, um in der Mitte zwi-
ſchen beiden die allein foͤrdernde Ausglei-
hung zu erfennen. Wir fagen „die allein
jördernde , und haben dabei Oeſterxeich ſo
zut wie Preußen und das übrige Deuiſch-
land im Auge.

Zu dieſet Ueberzeugung drängen uns
weder religtöſe Beforgniffe, an welche beim
fraglichen Thema überbaupt nur Fanatiker
beider Confeſſionen denken können; noch
materielle Befürchtungen, die wir als ſchon
fatıfam eroͤrtert hier nicht in Erwägung
ziehen! ſondern einzig und allein der Blick
auf die dem Kaiſerkeich und Deutſchland
durch die Geſchichte deutlich vorgezeichnete
Bahn. Der zuerſt in Schwarzenbergs
Bruſt entſtandene und gegenwärlig im Ca-
binet zu Wien wohl nicht mehr ernſtlich


Viedererſtehung des hl. römifjch dentſchen
Reiches in feiner hiſtoriſchen Geſtalt war
groß, aber er kam um Jahrhunderte zu


Prels halbahrlichin Getdelberg: 2 fl. 6 F,
i Die Landwirth{hafilihen

fr., bet Inferaten, worüber die Srpebitton

ſpät. Das beweiſen ſchon die Kämpfe
Karl's V, mit Moritz von Sachſen, und
mehr noch die fruchtloſen Beſtrebungen Fer-
dinands I, und IM,, anderer hier nicht zu
gedenken. Die Culiurentwicklung Deutſch-
lands iſt der Bevölkerung des Kaiſerreichs,
in ihrer Geſammtheit betrachtet, vorausge-
eilt, und wie eine völlige Grenzſperre zwi-
ſchen beiden, die durch eine hiſtoriſche Ver-
zaͤngenheit und durch die Anforderungen der
Gegenwart auf ein innigeres Band anges
wiefen ſind, Beiden zu großem Nachtheil
gereichen muͤßte, ſo Dürfte eine zu über-
eilte und zu eng geknüpfte Verbin-
dung leicht doͤrt hemmen, hier überſtürzen.
Die Bettachtung der exeeluſiv xoliti-
ſchen und culturhiſtoriſchen Seite der
Zoͤll⸗- und Handelsktiſis leitet alfo zu dem
Munfich: diefelbe möge, alles Weitere der
Zufunft überlaſſend, in der Reconſtruetion
des deutſchen Zollvereins nebſt einem
deutſch⸗öſtexreichiſchen Handelsver-
tras ihre vorläufige Erledigung finden. Das
iſt das Reſultat, zu welchem auch die mei-
ſten Handelspolttiker vom Fach durch
ihre merkantilen Forſchungen gelangt ſind.

Amitliche Nachrichten.
Karlsruhe, 17. Auguſt. Die vom Gr.
Miniſterium des Innerk über Handhabung
der Feldpolizei erlaſſene Verfügung Nr.
‚9995 von vom 12, v. M lautet:
In vielen Gemeinden des Landes wird
die Feldpolizei in ſehr mangelhafter Weiſe


daß haͤufige Entwendungen und Beſchaͤ—
digungen an Garten- und Feldfrüchten vers
übt werden. Hiedurch werden nicht nur
landwirthſchaftliche, ſondern auch die In-
ſereſſen für die öffentliche Rechtsordnung
gefaͤhrdet, und es iſt deßhalb die Aufgabe
der Staatsverwaltung, mit allem Ernſte
gegen die eingeriſſenen Mißſtände einzus
ſchreiten. Es kaͤnn dies auch mit Wirkſam-
feit geſchehen, wenn man die beſtehenden
Geſetze und Verordnungen in ſtrenge Anwen-
dung bringt, und die Bürgermeiſter welchen
die Handhaͤbung der Feldpoͤlizeiobliegt(Org.⸗
@. 1809, B, 7. a), von Seiten der Be-
zirksämter, wie dies in ihren Verpflichtun-
gen liegt (Gemeindeordaung $ 151), ge-
hörig üderwacht. Wir glauben, die Behoͤr—
den insbeſondere auf foͤlgende Punkte auf-
merkſam machen zu müffen: Eine gute
Feldpolizei kann nur dann geübt werden,
wenn I, Ddie Feldhut dem Bedürfniß ent-
ſprechend eingerichtet iſt. Zu dieſem Zweck
haben die Bezirksämter darauf zu achten:
daß in jeder Gemeinde als Feldhüter nur
tüchtige, unbeſcholtene Männer, in der er-
forderlichen Anzahl aufgeſtellt, gehörig in-
ſtruirt und verpflichtet werden; 2) daß jedem
dieſer Feldhüter ein angemeſſener Gehalt
ausgewoͤrfen wird; 3) daß die Entlaſſung
eines Feldhüters nur mit der ausdrücklichen
Genehmigung des Bezirksamtes geſchiehtz
welchẽ gegen den Willen des FeldhüterS ı
nur zu ertheilen iſt, wenn diefem eine PfidE-
verletzung oder ungenügende Dienfführung
zur Laſt fällt; 4) daß in den Gemeinden,
in welchen diẽ mit Gehalt angeftellten Feld-
 
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