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den bekannt? 6. Iſt der Bittſteller arbeits-
fähig? Womit ernährt er ſich und feine
Faͤmilie? Wie hoch ungefähr beläuft ſich
ſein jährlicher Arbeitoͤverdienſt? 7, Wie
groß iſt die Zahl der Familienangehörigen,
deren Ernährung dem DBittfteler gegen-
wärtig obliegt? Welches iſt ihr Alter und
Geſchlecht? Sind nicht auch Erwerbfähige
darunter? Wie hoch kann deren Arbeits-
verdienſt angeſchlagen werden? 8. Beſitzt
der Bittſteller noch in andern Gemeinden
Vermögen? In welchen? 9. Iſt nach
allen dieſen Verhältniſſen das Vermögen
und der Erwerb des Bittſtellers hinreichend
oder nicht, um, ohne Beſchränkung des
nothwendigen Lebensunterhalts für ihn und
ſeine Familie, die Koſten des fraͤglichen
Rechtsſtreits zu tragen? Wenn der Bitt-
ſteller verheirathet iſt, ſo ſind auch die Ver-
mögens⸗ und Erwerbsverhältniſſe ſeines
Ehegatten anzugeben. S 2. Im Faile die
achte Frage bejaht wird, iſt auch von den
Gemeinderäthen der bezeichneten weiteren


niſſe des Bittſtellers zu erheben. S 3. Er-
geben ſich Zweifel in die Richtigkeit oder
Vollſtändigkeit der Angaben eines Gemein-
deraths, ſo kann das Gericht auch den be-
treffenden Ortsſteuererheber zum Bericht
ziehen oder genauere Nachweiſung durch
Vorlage bereits vorhandener Vermögens-
verzeichniſſe fordern. Eine beſondere Ver-
mögensunterſuchung ſoll für dieſen Zweck
nicht verlangt werden. Gegen Gemeinde-
räthe, welchẽ wider beſſeres Wiſſen oder
aus offenbarem Leichtſinn unrichtige Ver-
moͤgenszeugniſſe ausſtellen, iſt mit angemef-
ſenen Strafen einzuſchreiten. $ 4: Auslän-
der/ welche die Zulaſſung zum Armenrecht
nachſuchen wollen, haben außer einem den
Vorſchriften des $ 1 entſprechenden Zeug-
niſſe ihrer Obrigfeit zugleich eine Befchet-
nigung der zuſtändigen Behörde Ddarüber
beizubringen, daß der Staat, welchem ſie
angehören, den Angehörigen des Großher-
zogthums gleichfalls die Vergünſtigung des
Armenrechts zu Theil werden läßt! Dieſe
Beſcheinigung fällt weg, wenn mit dem be-
treffenden Staate eine Uebereinkunft wegen
gegenſeitiger Gewährung jener Vergünſti-
gung beſteht. S 5, Nach Einkunft der
Berichte oder Nachweiſungen eniſcheidet das
Gericht über die Bitte um Zulaſſung zum
Armenrecht Eine vorgängige Vernehmung
ver Gegenpartei findet nicht Statt, eben ſo
wenig ſteht ihr ein Einſprachsrecht zu. Dem
Ermeſſen des Gerichts iſt es überlaſſen, auf
ihre Bemerkungen gebührende Rückſicht zu
nehmen. Die Zulaſſung zum Armenrecht
kann jederzeit zurückgenommen werden, wenn
ſich ergibt, daß die Partei in der Lage iſt,
die Prozeßkoſten beſtreiten zu können. S 6,
Die Zulaſſung zum Armenrecht iſt nur fuͤr
den anhängigen Rechtszug wirkſam. Soll
die Sache in einen weitern Rechtszug ge-
bracht werden oder iſt dieß durch den Gẽg-
ner geſchehen, ſo iſt die Bitte um Zulaf-
ſung zum Armenrecht an das betreffende
höhere Gexicht zu ſtellen, welches darüber
auf den Grund der früheren oder etwa
neu anzuordnenden Erhebungen entſcheidet.
Die Bitte iſt ſchriftlich oder mündlich bei
dem Untergericht vorzutragen, welches dar-
über unverweilte Vorlage an das Oberge-
richt zu machen hat. Hatte der Bittſteler
nicht in der vordern Inſtanz ſchon um das
Armenrecht nachgeſucht, ſo hat das Unter-
gericht die oben vorgeſchriebenen Berichte
zu erheben und gleichfaͤlls vorzulegen. Wenn
die Appellation vor dem Unterrichter ver-
handelt wird (S 1185 Prozeßordnung), fo
behält die frühere Bewilligung des Armens
rechts vorlaͤufig ihre Wirkung auch für diefe
Verhandlung, vorbehaltlich der Euifcheidung

des Obergerichts nach Einkunft der Aeten.
Ferner Bekanntmachung des großherzl.
Miniſteriums des Innern, wornach die Vor-
nahme der Lehrantecandidatenprüfung auf
Mittwoch, den 6. Oet. d. M, Morgens 8
Uhr, und die folgenden Tage beſtimmt iſt.
Diejenigen Caͤndidaten, weiche ſich dieſer
Prüfung unterziehen wollen, werden aufge-
fordert, untex Vorlage ihrer Stadien- und
Sittenzeugniſſe und eines lateiniſch abge-
faßten curriculum vitae nebſt pfarramtlichem
Geburtsſcheine bei dem großh. Oberſtudien-
raͤthe ſich zu melden. — Ferner Staatsge-
nehmigung der von der von Berſtett'ſchen
Grundherrſchaft zu Buchheim erfolgten Prä-
ſentation des Prieſters und derzeitigen Aſſi-
ſtenten bei dem katholiſchen Oberkirchen-
rath, Heinrich Hoch, auf die kathol. Pfaͤrrei
Wittnau Landamts Freiburg, von dem
großh. Miniſterium des Innern unter dem
30. v. M. ertheilt. Endlich Dienſterledt-
gungen! Die katholiſche Pfarrei Schries-
heim, Amts Ladenburg, mit einem beiläu-
igen Einkommen von 600 fl., und die ka-
tholiſche Pfarrei Stupferich, Oberamts Dur-
lach, mit einem beiläufigen Jahreseinkom-
men von 1400 fl

Deutſchland.

* Heidelberg, 28. Aug. Se. Königl.
Hoheit der Regent überraſchten
vorgeſtern die Stadt Mannheim
mit einem Beſuch. Geſtern waren
Höchſtdemſelben zu Ehren die Stra-
Ben auf's feſtlichſte geſchmückt. Bei
dieſer freudigen Gelegenheit erhielt Mann-
heim, wie das dortige Journal berichtet,
ein wahrhaft fuͤrſtliches Geſchenk, indem Se.
Königl. Hoheit auf den Wunſch der Ge-
meindebehörden den Neubau des Theaters
genehmigt hat — Aus Cincinnatt traf die
Nachricht ein, daß daſelbſt Dr. Steinmetz
von Durlach, Mitglied der ſogenannten
conſtituirenden Verſammlung von 1849, ge-
ſtorben iſt. — In Lahr hielt am 25. Aug.
der bad. Hauptverein der Guſtav-
Adolf · Stiftung ſeine Jahresverſamm-
lung, wobei Stadipfarrer Koch aus Mann-
heim die Feſtrede hielt, Stadtpfarrer Zittel
aus Heidelberg gruͤndlichen Jahresbericht
erſtattete, und Profeffor Scheniel aus Hei-
delberg nebn Dekan Bürk aus Handſchuhs-
heim zu Abgeordneten der Centralverfamm-
iung in Wiesbaden gewählt wurden. Wir
hoffen, einen ausführlichen Bexicht nächſtens
nachtragen zu können, und bemerken nur
noch, daß dem Verein nicht weniger als
1550 Untertügungsgefuche vorliegen, —
— M, hielt der badifhe
Forfiverein in Lenzbach feine Jahresver-
fammlung. — Ueber die Zellconferen-
zen in Berlin bringen die Zeitungen heute
nichts Neues. Nach der Köln. Ztg. Würde
Preußen den Darmftädter Verbündeten erſt
nach einer Verſtändigung mit Hannover
eine Entſcheidung zufommen laſſen und
deßhalb der Aukunft des Hannoverſchen
Miniſters Hrn. v. Scheele entgegen geſehen.

Seidelberg, 27. Aug. Zur richti-
gen Würdigung der zwei in Nr. 199
und 202 unſeres Journals ‚mitgetheilten
Berichte über das Schickſal der aus Reu-
kirch und Stein nach Amerika Ausge-
wanderten theilen wir gus dem uns ſo
eben zukomnienden /fünften Jahreshericht
der deuiſchen Geſellſchaft in Neworleans“
folgende Stelle wörtlich mit: „Mit Betrüb-
niß bemerkten wir im vergangenen Monat
(Mai) die Ankunft von mehreren hundert
Armen, welche auf Koften von zwei Ge-
meinden, Neukirch und Stein in Baden,

abgeſchickt wurden, und denen in Havre

drei Gulden ausbezahlt worden war.
Dieſe wurden von Allem entbloͤst, ans
Ufer geſetzt. Es iſt hier nicht der Platz, ein
Bild des Jammers und Elends zu entwers
fen, deſſen wir bei Verſorgung und Beras
thung der Armen der oben gedachten zwei
Semeinden Zeugen wurden. Als Thatfachen
aber dürfen wir nicht verſchweigen, daß, in
o xeit zu unſrer Kenntuiß gelanzt, nidt
weniger als 17 derſelben innerhaͤlb 2 bis
3 Wochen nach ihrer Ankunft ‚ihren Toͤd
hiex fanden, mehrere davon Familienväter
und Mütter, eine {roft- und rathlofe Fas
milie ven theilweife unmündigen Kindern
hinterlgſend! Diefem authentilchen Bericht,
deſſen Wahrheit nicht zu bezweifeln iſi ei-
nen Commentar beizufuͤgen, wäre überflüfs
ſig, da er gerade durch ſeine Einfaͤchheit
deutlich genug ſpricht. Zugleich erklaͤren wir
hiermit die Bexichterſtattung über den trau-
rigen Vorfall für geſchloſſen, da wir obis
gem Actenſtück gegenüber nur ſolchen Eni-
gegnungen, die uns mit amtlicher Be-
glaubigung eingereicht würden, die Spalten
unſers Blattes zu öffnen gewillt ſind.
Bruchſal wurde am 28, Auguſt durch
einen Beſuch Sr. k. Hobeit des Regenten
aufs freudigſte überraſcht. Wie die K, Z
meldet, drängte ſich dabei Alles, den jugend-
lich blühenden, feeundlichen und ritterlichen
Landesherrn zu ſehen, und der frohe Ein-
druck des Tages wird unter den Einwoh-
nern ein nachhaltiger bleiben.

A Mannheim, 27. Aug. Leider ver-
lieren wir Fräul! Häuſſer, die Zierde
unſers Schauſpiels, da dieſelbe einem bril-
lanten Engagement nach Berlin folgt.

Frankfurt, 27. Auguſt Vorgeſtern
verhaftete unſere Polizet einen Fremden,
der falſches Papiergeld verfertigt hatte und
hier in Umlauf ſetzen wollte.

Stuttgart, 24. Aug. Der Tuchmarkt
iſt äußerſt belebt, eine größere Anzahl von
DBerkäufern hat ſich eingefunden als vori-
ges Jahr, ein Correſpondent der Freib. 3.
ſchätzt die Anzahl der dieſes Jahr mehr als
das letztemal zu Markt gebrachten Stüde
auf nahezu 7000. Erfreulich für die Ber»
käufer iſt auch auf der andern Seite, daß
ſich viele Kaufluſt zeigt; an fremden Käu-
fern bemerft man namentlich wieder meh-
rere Schweizer und Franzoſen. — Auf al-
len würtembergiſchen Fruchtmärkten ſind die
Fruchtpreiſe. namhaft gefallen und auch der
Preis der Kartoffeln ſtellt ſich allmälig nie-
driger, da, wie das Fr. J. berichtet, bedeu-
tende Zufuhr aus Baͤden und Rheinbayern
gekommen und weiter eonſtatirt ift, daß der
Schaden durch die Kartoffelfrankheit bei
Weitem geringer iſt, als man Anfangs nach
dem ſchnellen Abſterben und Schwaͤrzwer-
den des Krautes gefürchtet hatte.

Leipzig/ 23. Aug. Wie das Fr. Jour.
berichtet, haben mehrere hieſige Bürger eine
Petition an das Miniſterium aͤbgehen
laſſen, worin ſie dasſelbe bitten, eine hohe
Steuer auf Stubenvögel zu legen. — Das
Arbeiten an den Sonntagen iſt ſtreng ver-
boten und haben eifrige Nachſuchungen ſchon
viele gegen das Verbot Handelnde zur Strafe
gebracht. — Die ruſſiſche Diplomatie, ſagt
die „Lpz Ztg.“, iſt noch fortdauernd be-
müht, in der Zollfrage eine Ausgleichung
zwiſchen den beiden Großmächten, ſowie
zwiſchen Preußen und den Mitgliedern des
Zollvereins herbeizufuͤhren.

Trier, 23. Aug. Hoffmann von Fallers-
leben, der ſich einige Tage hier aufhielt,
um die Handſchriften der Stadtbibliothet
zu benutzen, iſt, nach der Aachn. 3Z., wegen
Mangel eines Paſſes von der Polizei aus-
gewieſen worden.

— unter Berankwortlicheit von ©. Keihard,
 
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