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N‘ 213.

Freitag, 10. September


durch die Boft



Die LandwirthfHafilichen


Die badiſche Staatseiſenbahn.
Fortſetzung.)

Um die Fortſchritte im Eiſenbaͤhnweſen

gehörig zu erkennen, braucht man nux die
Entwickluͤng irgend einer groͤßeren Eiſen-
bahnunternehmung von ihtem Entſtehen bis
zu ihrer vollſtändigen Ausbildung zu ver-
folgen. Die badiſche Staatsbahn , welche,
wie ſchon angeführt, am 11. Septbr. 1840
in ber erften Strede von Mannbeim bis
Heidelberg eröffnet worden iſt, hat am 12.
Sepibr. 1840 bis zum Schluſſe des Jabres
1844 , alfo in 15’2 Monaten, für beförz
derte 333,740 Perſonen und deren Gepäck
u f. w. eingebracht 112,158 fl., wovon
die Auslage 81,259 fl, oder 727% Procent
betragen und der Reinertrag das Anlage-
kapital mit jährlich 1%o Procent verzinst
hat. Zweimal mußie während dieſer erſten
Betrieboperiode der Dienſt eingeſtellt wer-
den, einmal bald nach Eröffnung des Be-
triebs wegen vorzunehmender Reparaturen
an den Locomotiven, deren Anfangs nur
zwei vorhanden waren, und das anderemal
im Januar 1841 wegen Schneefahs. Die
Locomotiven waren natürlich aus England,
Locomolivführer und Maſchinenmeiſter Eng-
laͤnder. Für jede mit einem Zug zurückge-
legte Meile verbrauchten die Lacomotiven
193 Pfund Cofs im beiläufigen Werthe von
⁊ ſt. — m Betriebsjahr 1851, zehn Jaͤhre
ſpäter, ſind bei einer benutzten Bahntänge
von 39!/s Meil. befördert worden 2,005,164
Perſonen und 2,516,100 Zeniner Frachten.
Sie Brutto= Einnahme war 2,126,402 fl.,
der Betriebsaufmand S67,870 fl. oder 404/5
Procent der Einnahme und mit dem Rein-
ertrag von 1,258,532 fl. wurbe das An-
lagekapital zu nicht ganz 4 Procent verzinst,
die Summe der Zinſen aber, welche für die
zum Bau der Bahn aufgenommenen Anz
jehen zu zahlen waren, mehr als gedeckt.
Sn diefem Jahre verſahen 66 Locomotiven
den Dienſt auf der Bahn, von welchen I8
im Lande ſelbſt, in der Karlsruher Ma-
ſchinenfabrik, erbaut ſind. Sie haben zuſam-
men 153,980 Meilen zurückgelegt und für
die Meile Fahrt durchſchnutuch 112 Pfund
Cots im Werthe von 42 fr. verbraucht.
Die weiteren Trausportmittel beſtunden im
Jahr 1851 in 302 Perſonenwagen, wovon
284 vier- und 18 lechsräderig ſind, mit
zuſammen 13,000 Plätzen und in 1033
aͤndern Transportwagen, 965 vierz und 68
ſechsräderigen. Die regelmäßigen Züge ha-
ben in dem genannten Jahr 152840 Mei-
len durchlaufen, was für den Tas durch-
ſchninlich einer Anzahl von nicht ganz 11
Fahrten über die ganze Bahn entſpricht,
davon wurden 9 mit Perſonen⸗ und 2 mit
Oüterzügen vollbracht. Von den beförderten
2,005,164 verfonen hal jede im Mittel 4
Meilen zurückgelegt und für die Meile 8
Kreuzer eingebracht. Von fämmtlidhen Paſ-
ſagieren haden %/s Procent die erfte, 83Ya
Procent die zweite, 22?/s Procent die dritte
und 673 Procent die vierte (Steh=-) Wa-
genklaſſe benützt. Von den 2,516,200 Ztr.
Oütern ift jeder Zenmer durchſchnittlich
13'/3 Meilen weit befoͤrdert worden und
hat für die Meile 1% 29 kr. eingebracht.

Jeder Perfonenzug war im Mittel 8
ſchine und Tender mitgerechnet) 1360 3tr.,
jeder @üterzug 4880 Zir. ſchwer, waͤhrend
die durchſchuiuliche Ladung eines Perſonen-
zugs nur 132 Zir. ausmacht. Es ſtellte ſich
ſonach das Verhältniß der Nettolaſt zur
Bruttolaſt bei den Perſonenzügen wie 1:
10’/s, bei den Güterzügen wie 1: 3'/2.
— Die Perfonentaren detragen für eine
badiſche Wegſtunde (3 geograph. Meile)
in den vier Wagenklaſſen beziehungsweiſe
11, 7'/2, 5n und 3'/2 fr., Lie Gepäd-
tare mir Ausnahme des bis zu 10 Prund
freien Handgepäds iſt 3 fr. für 100 Pfd.
und die bab. Stunde. Traglaſten ſind aur
den Stehwagen die zu 60 Pfd. frei. Die
3 Klaſſen von Equipaͤgen zahlen per Weg-
ſiunde deziehungsweiſe 1 fl. 48 fr. und 36
tr. ©üter der niederfien Cerften) Klaſſe
zahlen landabwärts %o fr. per Zir. und
Wegſtunde; die anderen vier Klaffen, be-
ziehungsweiſe */s, 1, 1’2 und 2 fr. per
Stundẽ/ Eilgüter je 50 Procent mehr. Hie-
bei wird der Berechnung der Gebühren
ſteis die direcke Entfernung vom Aufgabe-
bis zum Beſtimmungsort zu Grunde ge-
legt. (Schluß folgt.)

Deutſchland.

Sinsheim. (K. 3.) Am letzten Sam-
ſtag 304 Nachmittags eine Karawane von
165 Yuswanderern aug der benachbarten
Gemeinde Kirchardt auf 11 Wagen durch
die Amisſtadt. Sie nahınen ihren Weg nach
Mannheim, wo ſie ſich am Montag früh
eingeſchifft haben, um durch den Agenten
D, Wirſching von Maͤnnheim über Rotz
terdam nach Baltimore befördert werden.
Die Gemeinde hat zu dieſem Zwecke ein
Capital von 10,000 fl. aufgenommen, und
es haben die Bürgergenußberechtigten auf
ſo lange auf die Bürgergabe verzichtet bis
durch den Erlös der letziern das Kapiral
ſammt Zinſen zurückbezahlt ſein wird. Die
Gemeinde Kirchardt gehört zu den wohl-
habendſten des Amtsbezirks, und zahlt ſchon
ſeit Jahren keine Umlage. Sie hat ſich
durch dieſe Auswaͤnderung faſt des ganzen
Proletariats entledigt. Lebrigens iſt ür
die Nuswanderer, von denen viele bereitg
Verwandte antreffen, von Seiten des Gemein-
deraths möglichſt gejorgt worden, und wenn,
woran nicht zu zweifeln, der Agent ſeinen
Vexbindlichkeiten nachkommt, ſo hoffen wir
päier die beſten Nachrichten über das Schick-
jal der Auswanderer bringen zu können.
Sechs bis ſieben Familien konnten nicht
init auswandern, weil die Familienväter in
dieſem Monat wegen Berübung gefährlicher
Diebſtaͤhle vor die Geſchwornen in Mann-
heim geſtellt werden, und das gr. Juſtiz-
miniſtekium natürlicherweiſe auf ein Be-
gnadigungsgeſuch nicht einging. — Leider
muͤſſen wir wieder von einer Brandſtiftung,
die in der Nacht vom Sonntag auf den
Montag an vier Orten, darunter auch im
Prarrhaufe in Ehrſtädt, verſucht wurde, be-
richten. Gluͤcklicher Weiſe wurde überall-
das Feuer von der Nachtwache entdeckt und

ſogleich im Entſtehen unterdrückt: abermals
ein Beweis, von welcher großen Wichtig-

keit eine gule Nachtwache iſt. Der muth-
maßliche Thäter iſt bereits verhaftet. Mit
der Brandſtiftung in Kirchardt ſteht dieſe
in keinem Zuſammenhang.! — Als Curio-
ſum verdient noch Folgendes erwähnt zu
werden: Kürzlich wurde in dem bekannten
Dorſe W. ein zu 45 fl. geſchätzter Acker
im Zwangswege verſteigert! Er wurde zu-
geſchlagen um — 5 Kreuzer, zahlbar in.3
Terminen mit Zinſen!!

Todtnau, 5. Sept. Nach dem Stiftungs-
briefe hieſiger Pfarrei vom Jahre 1228
den 1, Sept. wurde, wie man der 3, L,
ſchreibt, Todtnau von der Pfarrei Schönau



hoben, und der Bürgerichaft von dem Abt
Heinrich in St. Blaſten die Erlaubnif er-
theilt, die bölzerne Kapelle in eine ſteinerne
zu verwandeln, die im Iahre 1689 ver-
brannte, und erft Anno 1692 wieder aqufz
gebaut wurde. Damit Todtnall einen eige-
nen Leutprieſter erhalte und daſelbſt auf
immer wohne, verſprach die Gemeinde 100
Mark gut klarlöihiges Silber Freiburget
Währung dem Kloſier St. Blafien, Im
Jahre 1794 den 30. Novbr. wurde Todt-
nauberg von der hieſigen Pfarrei getrennt
und zu einer eigenen Pfarrei beſtimmt! Am
17. Auguſt 1809, alg dem Tage, .an wel-
chem der Flecken Todtnau mit 1500 Ein-
wohnern zur Stadt erhoben, wurde Mor-
gens Früh S Uhr ein Amt in hieſiger Pfarr-
kirche abgehalten, bei welchem die zur
Vornahme dieſes Aktes ernannte Regies
rungscommiffion mit den Vorgeſetzten und
der Bürgerſchaft erſchienen find,

Fraukenthal, Sept! Wie ich ſoeben
vernehme, ſchreibt man der „Pfälz. Ztg.“,
hat die hieſige Unterſuchungsbehörde geſtern
Nachmittag ſchon wieder ein ziemlich wohl
beſtelltes Wucherneſt bei Iſaak Kuhn in
Biſſersheim ausgehoben. Das Ergebniß
der gepflogenen Nachſuchungen ſoll ungefähr
ein gleiches fein, wie bei dem eben vor
Gericht ſiehenden Jakob Wolf d. Jin
Duͤrkheim; es wurde nämlich auch hier
wieder eine ganz anſehnliche Parthie Acten
und Buͤcher in Beſchlag genommen, Wird
auf dieſe Weiſe mit den Ausbebungen fort-
gefahren, ſo werden unſere Wucherer bald
alle von der Vergeltung ereilt ſein, und,
was dabei die Haupifache, unſere Bauern
etwas freier athmen koͤnnen.

Wiesbaden, 6. Sept. Nach dem eben
erſchienenen Programme wird die 29. Ver-
ſammiung deutſcher Naturforſcher und Aexzte
vom 18, bis 24. Septbr. hier abgehalien
werden. Auständiſchen Gelehrten iſt die
Theilnahme an den Verſammlungen nicht
nur geflattet, ſondern wird deren Betheili-
gung ſogar gewünſcht.

Aus dem Juſtizamt Hochheim, 3.
Sept. (Nauff. A, 3.) Eine mehr alg ſchau-
derhafte That hat in dem Flecken Flörs-
heim ſtattgefunden. Der Vorfall, wie ſol-
cher erzählt wird, iſ folgender: Ein Auf-
ſeher der Taunuseiſenbahn, Namens Adam
Appel, Bürger in Flörsheim, welchem ſeine
zweite Ehefkau, mit welcher er erſt 4 Wo-
en getraut ift, fein Nachteffen geſtern Abend
an fein Wärterhäuschen brachte, hat dieſe,
 
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