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N“ 57


Freitag, den 7, Mat

1852

Deutſchland.
Darmſtadt, 1. Mai. In der Sitzung
der zweiten Kammer vom 27, v., M.ſtellte
der Abgeordnete Prätorius wegen „Nege-
lung der Auswanderungsverhältniſſe! einen
Antrag, der nun im Druck erſchienen iſt.
Da er eine immer wichtiger werdende An
gelegenheit betrifft, ſo thelle ich ihn bei ſei-
ner Kürze ganz mit: „Es iſt eine bekannte
Sache, daß die Auswanderung bei uns ſo
erleichtert iſt, daß ſeit mehreren Jahren dem
Lande große Kapitalien auch noch dadurch
entzogen werden, daß Betrüger und Banke-
rotiirer, ohne ſich zu legitimiren, mit ihrem
geraubten Gut ohne Schwierigkeit ſich ent-
fernen können! Daher der Antrag, die
Staatsregierung zu erſuchen: 1) Allen Agen-
ten bei Strafe und Entziehung ihrer Con-
ceſſion aufzugeben, keinen Auswanderer zu
veraccordiren, reſp. zu befördern, der nicht
durch ſeine Behörde und den Bürgermeiſter
ſeines Orts genügend nachweiſt daß er ſeine
Gläubiger, in ſo weit ſeine Mittel gereicht,
befriedigt hatı 2) Bei den übrigen deut-
ſchen Staaten oder doch bei den Nachbar-
ſtaaten dahin zu wirken, daß von ihnen
gleiche Maͤßregeln ergriffen werden.“ Heute
hielt die zweite Kammer keine Sitzung.
Uebermorgen ſteht auf der Tagesordnung
ein in der erſten Kammer geſtellter Antrag
wegen Abänderung der Geſetze über Ver-
jährung perſönlicher Forderungsklagen.
Kaſſel, 1. Mai. Folgende Verordnung
zur Vollzichung des $ 50, Nr, 2, der Ver-
faſſungsurkunde vom 13. April 1852 iſt er-
ſchienen: Von Gottes Gnaden Wir Frie-
derich Wilhelm der Erſte, Kurfuͤrſt 26 26.
verordnen, um den Mitgliedern der durch
die $S 47 und 49 der Verfaſſungsurkunde
gebildeten Wabhlförperfchaften, welche durch
ihr Amt zum Eintritt in dieſelbe berufen
find, die durch S 50, Nr. 2 dex Berfaffungss
urfunde allgemein erforderte Eigenſchaft der
Waͤhlfahigeit zu ſichern — nach Anhörung
Unferes Gefammt- Staatgminifteriums, zur
Vollziehung des $ 50, Nr. 2, der Verfaſ-
fungsurfunde: $ 1, Ein Lebensalter von
30 SJahren wird erfordert: 1) für ſämmt-
liche Mitglieder der kädtiſchen Gemeinde-
behördben, 2) für die Ortsvorſtände und die
Aus ſchußvorſteher der Landgemeinden, 3) für
die Zunftmeiſter in den Städten. $ 2, Die
in den Vorerwähnten Aemtern ſtehenden
Perſonen, welche das erforderliche Lebens-
aͤlter noch nicht erreicht haben, ſind alsbald
durch andere geeignete zu erſegen. Urkund-
lich Unſerer Ällerhöchſteigenhändigen Unter-
ſchrift und des beigedrücten Siaatsſtesels
gegeben zu Kaſſel am 29. April 1852, —
Friedrich Wilheim. (St. S. vdt. Haſſen-
pflug. vdt. Volmar! vdt. Haynau. vdt.
Baumbach.
; — Hugo von Loßberg aus Keulos, bei
Fulda, etwa 30 Jahre alt, welcher als Sol-
dat des dritten kurfürſtlich heſſiſchen Linten-
infanterieregiments im Jahre 1849 von der
Faͤhne deſertirte und als Leutnant in den
Reihen der badenſchen Inſurgenten diente,
hat vorgeſtern von dem hieſigen vermanen-
ten Kriegsgerichte ſein Urtheil erhalten. Es
lautete auf den Tod, doch iſt er, wie WIr
hören, einſtimmig der Gnade Sr. königl.
Hoheit des Kurfürſten eipfohlen worden. —
Zwiſchen Kurheſſen und Hannover iſt in
Eiſenbahnangelegenheiten ein Vertrag dahin

zu Stande gekommen, daß Hannover ſich
verbindlich macht, die hannoveriſche Süd-


Koſten fortzuſetzen, und dabei auf Errich-


Sotha zu verzichten! Naͤheres iſt hierüber
noch nicht befannt geworden, da der Ver-
trag zur Zeit noch nicht ratificirt iſt.
Gotha, 30. April. Unſer Landtag hat
in feiner geſtrigen Sitzung mit einer für
unſer Land ſehr wichtigen Angelegenheit ſich
beſchäftigt, indem er darüher berieth, ob
bezüglich der in das neue Staatsgrundge-
ſetz aus der alten Verfaſſung herüberge-
nommenen Beſtimmungen über die zu Staais-
gut erklärlen Kammer- und Domänengü-
ter dem Prinzen Albert, welcher als Ag-
nat Proteſt dagegen eingelegt hatte (Der
mehrfach beſprochene agnaliſche Proteſt) eine
Verſtändigung angeboten werden ſolle! Es
erſchien dies letztere der Verſammlung um
{9 nothwendiger, da für den daueknden
Beſtand des neuen Staatsgrundgeſetzes die
Zuſtimmung des Prinzen Albert, als des
präſumtiven Thronerben, zu demſelben ein-
geholt werden muß. Der Staatsminiſter v.


legenheit der vorigen Verſammlung, doͤch
ohne günſtigen Erfolg vorgelegt hatte, ſprach
ſich für eine ſolche Verſtändigung aus, da
nach ſeiner Anſicht dieſe über die Kammer-
und Domänengüter feſtgeſtellten Beſtim⸗—
mungen ohne alle rechtiiche Baſis ſeien,
indem der Herzog wohl für ſeine Perſon,
nicht aber auch für die Agnaten des Rech-
tes auf dieſe Güter ſich haͤbe begeben kön-
nen, dem Lande aber an dieſen letztereu
wohl Nutzungs aber keine Eigenthums-
rechte zuſtaͤnden! Der Landtag beſchloß, dem
Prinzen Albert gegenüber ſeine Geneigtheit
zu einer Verſtändigung auszuſprechen.
(5. %J

Berlin, 30 April. Nach der Wefer-
zeitung“ hätte die mecklenburgiſche Regie-
rung den Wunſch geäußert, an der Zoll-
conferenz Theil zu nehmen. — Der Prinz
und die Frau Prinzeſſtn Friederich der Nie-
derlande werden ebenfalls im nächſten Mo-
nat zum Beſuch hier erwartet. — Der aus
Tübingen zum vierten Hofprediger herbe-
rufene Ephorus Hoffmann ſoll am Himmel-
fahrtstage in ſein geiſtliches Amt feierlich


Berlin, 1, Mai. Ueber die in der Sitzung
der Zolleonferenz am 26. bayeriſcherſeits ge-
machten Vorlagen erfährt Die „N. 3,“ neuer-
dings, daß ſte fih genau dem Juhalte des
erſten Darmftädter Protocolls, wie ſolches
in die Oeffentlichkeit gelangte, anſchloffen.
Herr Meixner legte die in Wien ausgear-
beiteten Entwürfe 1) Über einen Handels-
vertrag und 2) über- Ddie ſpaͤtere Zolleini-
gung vor, mit dem Bemerken, daß Bayern
eine Unterhandlung mit Oeſterreich hier-
über für nothwendig halte, und ſodann mit
dem Antrage, daß die öſterreichiſche Regie-
rung zu dieſen Untexhandlungen baldmög-
lichſt eingeladen werde. Was die Darmi-
ſtädter Protocolle auherdem enthalten, ſind
nur eventuelle Punkte, welche erſt in Aus-
führung kommen follen, wenn die vorge-
dachten Anträge geſcheitert ſind, natürlich
vorausgeſetzt, daß nicht geheime Klauſeln
ein Anderes beſtimmen und die Coalitiong:
regierungen in dem Augenblicke der Ent-
ſcheidung eine Wendung machen. Die Zu-
ſtimmung Sachſens, Würtembergs, Naſſaus
und der beiden Heſſen zu den bayeriſchen
Anträgen war eine nothwendige Folge der
Darmſtädter Uebereinkunft. P5

Berlin, 2, Vai. Der Miniſterpräſident
Or. v. Manteuffel, ſagt die „Cith, Coͤrr.“
wird bei den jetzigen brennenden Verhaͤnd-
lungen Berlin nicht verlaffen, alſo auch der
Empfang der Kaiſerin von Rußland an der
preußiſchen Landesgrenze durch eine andere
diſtinguirte Perſon erfolgen, Heute fand
ein Miniſterrath ſtatt. Der bisherige Ges
(häftsträger in Oldenburg, Braunſchweig,
Büceburg, Herr v. Arnim, iſt hier einges
troffen. General Graf Noftiz repräfentirt
Preußen jetzt auch an dieſen Höfen.

Bremwen, 30 April. Wie wir verneh-
mem, iſt in dem geſtrigen Kircheneonvente
von U, L. Frauen der Gemeinde foͤrmliche
Mittheilung von dem bekannten Senatsbe-
ſchluſſe vom 19, D, M., wodurch die Ent-
laſſung des Herrn Dulon von ſeinem Pre-
digtamte an dieſer Kirche ausgeſprochen
wurde, gemacht und von der Gemeinde
ohne weitere Discuſſion entgegengenommen. -

; 8 O
Italien. *

Turin, 28, Anril, Laut dem Riſorgi-
mento“ ſind duͤrch die Pulvererploſion 21
Perſonen getödtet, etwa 40 verwundet wor-
den. 23,900 Lire ſind bis jetzt für die Be-
ſchädigten geſammelt worden.

England.

London, den 36. April. Das Haus
der Gemeinen hat ſich am 29. April gegen
die Erhaltung des Kryſtallpalaſtes entfchie-
den; morgen ſchon wird der Anfang mit
dem Niederreißen gemacht. — In der heu-
tigen Sitzung des Unterhaufes erklärte
Disraeli, daß die vom Parlamente in den
letzten Jahren befolgte Politik nicht veran= .


wieder herzuſtellen; er ſchlaͤgt dagegen die
Einkommenſteuer für ein weiteres Jahr vor.
Dieſer Vorſchlag wird von Wood, Hume,
Baring/ Gladſtone Bright, Labouchere un-
terſtützt, von Sibthorp befämpft und ſchließ-
lich angenommen. — *

London, 1. Mai. Ueber den Finanz-
bericht des Schatzkanzlers ſprechen ſich die
Blätter, auch die meiſten nichttoriſtiſchen,
entſchieden günſtig aus; darunter befonders
die Times?, welche den Herrn Disraeli
dadurch von ſeinen Principien bekehrt glaubt,
daß man ihn zum Miniſter gemaͤcht habe,
— Stanhope, eines der einflußreichſten Mit-
glieder der Protectioniſtenpartei in Eng-
land, hat an „Morning Chronicle“ geſchrie-
ben, er ziehe ſich vom Nationalverein für
den Triumph der Protection und allen ana-
logen Geſellſchaften zurück, weil er nicht
länger der Genoſſe von Männern ſein wolle,
die der Fahne ihres ganzen Lebens entlau-
fen. Dies geht gegen die Miniſter und
der „Morning Herald“ hat deßwegen die
Inſertion des Briefes verweigert.

Einladung

r *
akademiſchen Trauerfeier.
Wegen des tiefbedauerten Ablebens Sei-
ner Königlichen Hoheit des Großherzogs
Leopold wird am Zreitag, den 7, d M,
um 11 Ubr, in der Aula, die akademifche
Trauerfeier durch eine Rede des Dekaͤns
der theologiſchen Facultät ſtattfinden, wozu
das Puͤblikum unſerer Univerſitätsſtädt hie-
mit ergebenſt eingeladen wird
Heidelberg, am 4, Mai 1852.
Akademiſches Directorium.
Hundeshagen, d. 3. Prorector.
 
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