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Beſinnung Fommen. .. In „feinen Jahren iſt es
ganz verzeihlich, zu Meben und verliebtzu fein,
man muß nur nicht gleich bis an’8 Heirathen
_ Binaufgehen, Die Herzen ſind in dieſem Le-
— Gensalter wie weiches Wachs; jedes hübſche


Wochen lang glaubt man wohl, nicht leben


folche Wunden heilen ſchnell, neue Liebe blübt
auf, vergeſſen iſt vergeſſen, und die Zeit kommt
auch woler lachen wird, daß er fo närriſch
war wie heute.“
Ein heißer verzweiflungsvoller Zorn glühte
in Eberbard. Er fühlte die hinterliſtige Schlau-
heit in Grabew's Worten. Seine Liebe wollte
er verdächtigen, Elsbeth ſelbſt ſollte den Glau-
ben verlieren, es ſollte nichts fein, als ein
nettes kindiſches Spiel, das über ein anderes
vergeſſen würde! Er ergriff die Hand des
blaſſen Kanzelliſten, der ſchweigend neben ihm
ſtand, und drückte ſie mit Innigkeit an ſeine
Bruſt. — „Vetter,“ ſagte er „Sie waren
mir Wohlthäter und Vaͤter ja, Sie haben
mich immer geliebt, und Elsbeth iſt Ihr ein-
ziges „ liebes Kind; wollen Sie das dem alten


dem Wolfe hingeworfen wird?*

„Recht - fo,“” ſchrie Grabow dazwiſchen und
ſeine Augen funkelten auf den Kaͤnzelliſten.
„Der Burſche kann ein Voet werden. Werft
das Lamm dem Wolfe hin, damit er den Hir-
ten nicht zerreißt.“ }

„Sehen Sie ihn an, DVBetter,. fubhr Eber-
hard fort. Ach! er hat recht/ ich bin jung

und erm,. und meine heiße Liebe zu Elobeth
hat nur Hoffnungen, die in Gottes Hand lie-
gen, aber wir ſind beide jung, und braucht
es denn vieles Gutes um gluͤcklich und zufrie-
den zu ſein? Vaßt er denn etwa Deffer zu
Eloͤbeth? Soll ihr junges friſches Leben auf
ewis verderhen wollt Ihr das Herz Cures
Kindes brechen? — Bosheit und Rohheit lie-
gen in ſeinem Geſicht! Gott hat ihn vor vielen
gezeichnet; er rühmt ſich ſelbſt ſeiner ſchlechten
Streiche und hat gewißmanches begangen, was
der Himmel noch ſtrafen wird“ *—

„Schweig ſtill!ſchrie der Kanzelliſt mit
wilder Stimme, und heftig ſtieß ex Eherhard's
Hand zurück. „Fort! hinaus, ich will nichts
hören! Hinaus mit Oir, Du verdienſt meine
Liebe nicht !

Da war der Muth und der Zorn des Jüng-


ten an, der todtenbleich , ftieren Blickes vor


gen ganz mit Thränen; er ſtreckte Die Haͤnd
gegen Elsbeth aus und flüſterte ein leiſes
Lebewohl! — —

„So muß ein Vater thun, der ſein Kind
liebt,“. rief Grabow mit ſchlecht verhehltem
Spott. „Oeht, junger Menfh, ich vergebe
Cuch, was Ihr gegen mich fagtet. Es wäre


mich beleidigt fühlen; geht, vielleicht habt Ihr
Gelegenheit, bald vernuͤnftig zu werden. —

Elsbeth hatte ganz ruhig geſtanden! Es
war kein Schmerz in ihrem Geſicht, ihre Au-
gen leuchteten freundlich, ſte beobachtete Alles,
hald mit groͤßerer Lebendigkeit, bald mit fin-


follen, daß ſie die Zuſchauerin, eigentlich die
meiſt Betheiligte fei. — Erſt als Eberhard
die Hand gegen ſie ausſtreckte und Verzweiflung
aug allen ſeinen Zugen ſprach, verließ ſie die
flumme. Roͤlle. Sie faßte üit ihren beiden
Händen die ſeine und ſchaute ihn ſo troſtvoll
und liebend an,' daß eine wunderfame Freudig-
keit über ihn Fam, Die dunkelblauen Augen
ſtrahlten ein Feuer aus, das ihn ganz durch-
wärmte und ihre feine, klingende Stimme raufchte
durch Ohr und Herz muthbringend und zum
Kampfe - herausfordernd. — „Geh fort, mein
guter Cberhard,‘ ſagte fte, „wenn ſſte Dich
audy Alle verſtoßen, ich bleibe doch Deine liebſte

Freundin, fo lenge { leben Du kannſt
denke nur nicht, ich Fönnte Dich vergeffen.
Ich bin aber kein Lamm, das ſich ohne wei-
teres dem Woͤlfe vorwerfen Taßt, darin haſt
Du-Unrecht. Ich bin eine Soldatentochter ; eln
folgſames Kind, das gehorfam Gotte8 Gebote
ehrt, aber das Herz habe ich auf dem rechten
Fleck und ich zittre nicht. Jetzt geh Eberhard,
und gedenke mein, bis der Vater zu Dir ſchickt
und Du wieder kommen darfſt.“

Sie öffnete die Thür und ſchob ihn fanft
hinaus, indem ſie {fm zulächelte! Als ſie dann
das Schloß zugedrückt hatte, ging fie unbefan-
gen auf ihre Mutter zu, Füßte ihre Hand und
fagte! „Sei nicht böfe, liebſte Mutter , ich
habe ja nichts gethan, wa8 Unrecht wäre. Und
Sie,“ fühe ſie dann fort, und Gbetrachtete la-
chend den Lientenant, „Ste haben wirklich die
Abſicht, mich zu Ihrer Frau zu nehmen?“

Das iſt ein närrifches MaädhHen ,/ ermwie-
derte Grabomw, Halb zu {hr, Halbzu der Mutter
gewendet; „fagt ſte das nidht in einem Tone,
als mäte e8 ihr fo gleichgültig, al8 dem Kai-
ſer von Fetz und Marocco / — :

Es ift mir auch gleichgnltig 1 rief Elsbeth
{uftig;- „tch . wundere mich nur,. wie Sie ſo
viel Muth befigen können,. werther Hert. —
Sehen Sie mich doch nur an, und dann. fagen
Sie, wie es werden foll mit uns in Zukuͤnft?
— 39 bin eine Art ‚Koboly, lieber Herr, mit
dem „e& nicht gut thut, wenn ſich ein ehrbarer,
achtbarer Mann damit einlaſſen will, ihn zu
fangen. Habt Ihr die Hiſtorie gehört vom
MWährwolf-, wie er Nacht8. fein Menſchenkleid

bann. mit feinen weißen Zähnen und langen

Krallen Alles zerreißt? Sebht, fo ein Währwolf

bin ih, und feht Cuch Krullen und Zähne

wohl an mein würdiger Herr, ! — 9

ä „ BSortfegung folgt.) }
Neue Anubauungs-Pläne.

Eine Geſellſchaft Engländer hat den Entfchluß
gefaßt, eintge der fruchtbarſten, feit der Vertrei-
bung der Mauren aber brach liegende, dem Staate
gehörende Laͤnderſtrecken in den Provinzen Sez
villa,. Suelva, Kordova und Kadir mit trlaͤn—
diſchen Katholiken zu Folonijfiren, Das Project
wird von der engliſchen Negierung unterftüßt,
der überhaupt die große Auswanderung der Ire
länder nach den Vereinigten Staaten von. Nord⸗—
amerlka ſehr unlieb {ft; die ſpaniſche Negierung
erzeigt der Geſellſchaft allen möglichen Borz
ſchub. Sehr einflußreihe Männer des englifchen
Parkament8 gehören zu diefer ©efellfHaft, _Doie
‚ Gereit8 einen Fond ‚von 800,000 Bfo. St. be:
ſitzt! Die von, der Gefellſchaft der fpanifihen
Regierung gemachten Anerbietungen find fol-
!genbe 5 Dörfer. zu errichten an Stellen, Dderen
‚Umgebung zur Befreibung des Ackerbaues ſich
eignet; Kandle ziehen zu laffen, um die in Arz
beit zu nehmenden Felder bewäſſern zu koͤnnen,
wie folches in Spanien, wo_e8 ſehr felten reg:
net unbedingt nöthig if; Waldungen von Bau-
holz anpflanzen zu laſſen; Hornvich der beſten
‚ Raffen für die Anſtedler anzufhaffen, und end-
lich mehrere Mufterwirthfchaften zu ervichten,
nach deren Vorbilde die neue Bevölferung ſich
zu richten habe, da der ſpaniſche Ackerbau ganz
aͤnders betrieben werden muß, alg die Anfiedler
ihn in Irland ausüben. Die fpanijhe Regie-
rung ihrerfeits gibt die Ländereien unentgeldllh
her, und überwacht die Ausführung des Ver-
ſprechens der SGefellfchaft, die als Santion eine
Summe von 2 Mil. Realen oder 133,333 Thlr.
10 Sgr, zu Ddeponiren hat, In Beziehung. auf
die Ginwanderer rechnet man, daß jede Familie
ein Capitalvermbgen von 25 — 3000 Realen
mit ſich führe. Diefes Kolonifationsproject. er
freut ſich in Spanien eines allgemeinen Bei:
falls; jeder einſichtsvolle Mann findet e8 niht
weniger als billig, daß die Anfiedler gleich. bei
ihrer Ankunft das ſpaniſche Bürgerrecht erhalten,




und zwanzig Zahre von allen Abgaben befrelt
bleiben! Auth dewGerzog von Medinaceli, dem
die ſpaniſche Bodencuitur fo viel zu verdanken
haͤt, beabſichtigt ein Gleiches zu thuͤn mit ſeinen
am Ufer des Guadalquivir brach liegenden auss -
gedehnten Beſitzungen! Er zieht aber deutſche
Anfiedler Irländern : vor, und wird dieſerhalb


Projeet zur Ausführung zu bringen, Er ſtellt
dieſelben Bedingungen, wie die engliſche Ge-
fellſchaft, mit dem Unterſchiede jedoch, daß er
die Ländereien nur auf 50 Jahre den Anſted-
lern gratis überläßt, nach welchem Zeitraume
dieſe dann entweder einen maͤßigen Paͤcht oder
eine gleich im Boraus zu beſtimmende Kaufs
ſumme zu entrichten hätten! Die deutſchen An-
ſiedler würden dieſelben Vorrechte genießen, wie
die Irländer, müßten aber auch katholiſcher Re-
ligion fein. ** d

Ein neuerlicher Ukas regelt die Steppeneolo-
nifatton in Rußland für Iſraeliten unter ſehr
günſtigen Bedingungen. Jeder Iſraelit, der ſich
dem Ackerbau widmen will, erhält von der Re-
gierung ein Baargeſchenk von 150 Silberrubeln,
mehrere Morgen unbebauten Landes und dien
unter dieſen Umfländen fehr wichtige Erlaubniß,
chriſtliche Dienftboten und Ackerkuechie Halteu zU
dürfen. Außerdem iſt ein ſolcher Ackerbauer auf
zwanzig Jaͤhre für ſich und ſeine Angehörigen
vom Militärdienfte befreit! Diefer Nkag duͤrfte
ſicherlich ſeine heilfame praktiſche Wirkang nicht
verfehlen.

*

Bun te s.

Eiln Schneeſturm in Rußland, fagt , Sterns-
berg, ift die allerfchlimmfte RNeifedecoratiom, Ddie
ſich denken läßt. Die ganze Nımofphare kehrt
gleichſam das Raube nach außen ; Milltonen künſt-
licher Infecten, Schneefryftallifationen, mit dem
{üarfen Stachet einer Wespe fallen über das arme
menfehliche Fleiſch her und bohren ihre Waffe tief
hinen, Die Luft verfinſtert ſich wie Det den Pla-
gen Yegyptens , ein Braufen und Sauſen enifteht
n den oberen Regionen und das Autlitz der Sonne
verlifcht. Dann wantt und weicht ſelbſt das ſicherſte
Geſpann dann wird die kleine Gondei bes Schlit-
tens auf uferloſem Meer, in trockenen Wellen hin-
und hergeworfen und flüchtige Schneelawinen Lom» -
men wie ungeheure Leichentücher dahergeroll, um
alles Lebende in ihre Umhülung zu reißen. Als-
dann zittert ſelbſt der Beherztez In dem Wireniß
und Schrecken der Natur vergißt felbft der Stand»” -
hafte, mo er Dülfe ſuche Mit Stiegerihritten geht
} Um MMorgen nach einem folchen
Sag findet der Waundrer wol ein zufammenge-
frünnytes Häuflein ſchwarz blutbefledt, aus dem
Schnee nur ſpaͤhrlich hervoͤrragend und. er entdeckt
dalin erfrorene Menſchen uns Thiere, . in einem
Entſetzen ervegenden Knäuel zufammengeballt , . da
im Zovesfampf eines bei vdem andern ein letztes
Fünkchen Wärme fuchte.

Ganz in derſelben Weife‘, wie man die Fal-
ken zahm madfe, wußte man ſoaſt die unbändig-
ſten Yferde gehorfam zn machen. Das Pferd wurde
in ſeinem S©tand verkehrt angeleat, mit dem Schweif
nach der Raufe zu und achtundVferztg Stunden
* hekam es weder Futter noch dürfte es ſich
egen.
ſeinem Kopf und weckten es, ſobald eg ſchlafen
zu wollen ſchien. Nach achınndvierzig Stunden
folcher Behandlung ließ _e3 alles mit ſich maden.
— Ein anderes Verfahren, das etwas wunderbares
hat ift einfacher und von den Indianern in den
großen Prairien entlehnt. Sobald dort ein Iu-


vor allen Dingen die Nugen mit den Händen zu
und athmet ihm in die Nüſtern! Von dieſem Aus
genblick an kann es für gezähmt angeſehen werden.
Dieſes Verfahren iſt durch den bekannten Reiſenden
Cailta (der ein großes-(hönes Werk uͤber die In-
dianer herausgegeben hat) bekannt gemacht und IN
England vielfach verſucht worden, ſtets mit dem
wunderbarſten (Erfolg. Kur wenn man dem Thier
in die Nüſtern bläst, bleibt das Verfahren wir-
fungslog ; man mnß hinein atımen. Es ſcheint
dies dem Pferd ein eigenthümlidhes Behagen zU
erregen, denn manche 8 behandelten Thiere Areden
nach - vem erften Verfuche verlangend felbft bie
Nüſtern empor. d

Berantworklicher Revacteur: &G. Neichard.

®

Druck und Verlag von G. Reichard.
 
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