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Zum Glück mußte unfer Boot, um aus dem
Hafen zu kommen eine Schwenkung gegen den
Thurm hin machen, ſonſt wären Meine zwei
Maler zu ſpät eingetroffen. In wenigen Mi-
nuten waren wir ihnen näher! Sie winkten
und zappelten vor Angſt und ſchwenkten ihre
Tücher! Als ich fie erkannte, bal ich den Ka-
pitän ein Weilchen inne zu halten. Er ges
währte meine Bitte und bald nachher ſtiegen
zwei traurige Geſichter die Boototreppe herauf
aufs Verdeck. Der Kapitän gab das Zeichen
wieder und unſer Dampfer ſchoß nun raſch
zum Golf hinaus auf die offene See, während
die untergehende Sonne mir zum Geſpräch mit
den Befreiten immer ſpärlicher leuchtete.
Das tragikomiſche Abenteuer hatte beide voll-
kommen nüchtern gemacht. Nachdem ich ihnen
meine mißglückten Ausföhnungsverſuche erzählt,
fragte ich: Und wie ſeid ihr endlich frei ge-
worden?
Ach! ſeufzte Karl.
O! jammerte Guſtav; die verwünſchten Ita-
liener! ſehen Sie nur auf unſere Bruſt und
auf unſere Hände!
Die goldenen Ringe und Ketten ſammt den
Uhren waren verſchwunden und die Beſatzung
des Thurms von Piſa hatte die zwei Maler für
auf unſerm Boot bereits das Signal zur Ab-
fahrt gegeben wurde. Eine ſpätere Anzeige
dieſer Pretlerei, die wir von Unteritalien aus
an die Behörden von Livorno abgehen ließen,
führte zu keinem Reſultat, da ohne unſre per-
ſoͤnliche Gegenwart die neun Soldaten ſich nicht
ermitteln ließen und unſre Rückreiſe mehr Geld
und Zeitverſäumniß gekoſtet hätte, als Uhren,
Ketten und Ringe werth waren. Sohin muß-
ten es die zwei Maler bei der theuern Zeche
für ihr erſtes Räuſchchen auf italieniſchem Bo-
den bewenden laſſen. Karl und Guſtav aber
ſagten naͤchher noch oft: das ſoll uns eine
Warnung fein, nie wieder zu tief ins Glas zu
ſchauen.
Beide ſind, wie ich, längſt ins liebe Vater-
laͤnd heimgekehrt, und wenn ihnen dieſe Zeilen
zu Geſicht kommen, ſo wünſche ich, ſie mögen
den Verluſt verſchmerzt und Wort gehalten haben!
Die Eroberung von Toulouſe.
(Fortſetzung)
Otho antwortete mit einem bittern Lächeln:
„Das Kind iſt herangewachſen, die Gazelle iſt
zur Loͤwin geworden. Woher vermuthet Ihr,
daß ich ehrgeizig bin?“
Ich weiß, wie Ihr in das Schloß gekom-
men ſeid/ ich habe Cuch in die Galerie treten,
ich habe geſehen, wie Ihr SGuy von Levis
zuhörtet, dieſe Baluſtrade überſprangt, dem
entgegen tratet, der Euch Cure Erbſchaft neh-
men wollte, wie Ihr Euch aller Gefahr bewußt
wart, ohne daß bei Eurem Eintritt in dieſes
Schloß irgend ein Gefühl in Euch rege gewor-
den wäre, ohne daß eine Thräne Euer Auge
netzte, ohne daß irgend ein Ereigniß während
der ganzen Dauer der Verfammlung Euch in
der Verfolgung Eures Zweckes geſtört hätte,
und als Ihr endlich allein waret und das edle
Haus, das wieder das Eure geworden war,
von Herzen grüßen konntet, hat Euch nichts
beſchaͤftigt, als der Gedanke, wie Ihr Euren
Plan am beſten ausführen könntet.“ ;
„Und was habt Ihr für einen, Signis?“
fragte Otho mit der Freundlichkeit eines Man-
nes, der gar nicht böfe iſt, daß er durchſchaut
werde. „Worin kann ich Euch beiſtehen?“
„Suy von Levis retten, und ich glaube nicht,
daß Ihr mir es abſchlagen werdei“
Ihn retten, das iſt keine leichte Saͤche.“
Der Beiſtand eines einzelnen Mannes reicht
hin ; ich ſuchte ihn hier in der Nähe der Galerle,
da hoͤrte ich, wie Ihr bei Eurem Vaͤter für
ihn batet. Von dieſem Augenblicke an habe
ich nicht weiter nach Hülfe gefucht und nur
auf Luch gewartet. Helft mir, ſeine Rettung
iſt nicht ſchwer.“ **
„Ich weiß e8,“ antmortete Otho, „auch iſt
es nicht ſeine Rettung, die mich beunruhigi,
ſondern ob er fie unter den Bedingungen an-
nehmen wird, die ich ihm vorſchlagen will.“
Ihr werdet wohl einig werden,“ entgegnete
Signis mit niedergeſchlagenen Augen und fanf-
tem Lächeln, „oder ich habe Euͤch falſch ver-
ſtanden und kenne Herrn Guy nicht.“
Es lag ein Spott in den Worten der Grä-
fin, der beſſer als jede Anklage ausſprach, was
ſte von der Loyalität der beiden Ritter hielt.
Otho erwiederte jedoch: Es iſt kein Verrath,
lange von Niemanden etwas8, das ich felbſt unz
ter keiner Bedingung, und wenn ich mich von
den grauſamſten Martern dadurch loskaufen
koͤnnte, thun würde.“
Auch habe ich noch gar nicht ſagen wollen,
daß Ihr ihm Verroth zumuthen wuͤrdet, denn
deſſen iſt @ug nicht fähig, aber er ſieht wie
Andere in die Zukunft, und weiß wie Andere
ſeine Maßregeln darnach treffen.“
Otho ſah Signis mit einem kalten boshaften
Vlicke an, und ohne Anſtalt zu treffen, ſeine
Worte durch die That zu beſtaͤligen/ entgegnete
er: „So gehe ich zu ihm; nimmt er meine
Bedingungen an, ſo iſt ſein Leben gereitet. ı.
mit den Uebrigen mögen ſte machen, was ſte
wollen.“
Jetzt heftete Signis ihren Blick auf Otho
und ſagte mit ſtolzer Sicherheit! „Cr und die
Uebrigen ſind gerettet; worauf Dtho mit einem
Lächeln antwortete:
„Mein Wort?“ ſagte er, „wer will noch,
daß ich es einlöſe? Was Fümmert mich das?
Lat mich nicht der Beſchluß der provenhaͤlifchen
Ritter, gegen den ich proteſtirk habe, in Aller
Augen davon entbunden? Nicht mehr mein
Wort iſt es, an das man ſich wenden muß,
fondern mein Wille.“
„Und Dein Vortheil, nicht wahr, Otho?“
„Meiner und dann auch Deiner! Höre,
Signis/ ich kann noch Einen retten, wen willſt
Du gerettet ſehen?“
Signis war heftig erſchüttert und konnte
keine Antwort hervorbringen! Otho ließ ſie
einige Augenblicke in dieſer ſchrecklichen Ver-
legenheit und fuhr dann lächelnd fort:
„O über die Frauen, ſelbſt wenn ihre Ge-
fühle bekannt ſind, muß man ihnen voch das
Geſtändniß noch aug dem Herzen herausbohren.
Du ſiehſt/ Signis, ich bin gutmüthiger, als
Du es verdienſt/ ich rette Ouy und Michael.“
„Du retteſt alſo Michael?“
„Und was thuſt Du dafür?“
„Alles was Du willſt/ Otho.“
Diefer lächelte über den lebhaften Eifer, mit
dem die Gräfta dieſe Worte ſprach/ ihn bei
der Hand ergriff und ſich ihm faſt in die Arme
marf; einen Augenblick betrachtete er ſte, wäh-
rend ſie ihr feuriges Auge auf ihn heftete! Er
zog ſie an ſein Herz und ſagte:
Ich habe Dich geliebt, Signi8, da Du
noch ſchöner wareſt was glaubſt Du , was ich
für Michael's Reitung verlange 2 ;
„Nichts was ich zu fürchten brauchte, dem
wenn Du mich noch liebteſt, würdeſt Du Mi-
chael um keinen Preis retten;“ entgegnete Sig-
nis mit feinem ſpöttiſchen Lächeln.
Wer weiß ,“ entgegnete Otho mit demfelben
Spotte: „Du biſt {hön, und wenn mich auch
andere Entwürfe beſchäftigen ſo kann doch
auch der ernſteſte Mann einmal auf einen Ein-
fall Fommen.“
Und mwenn es auch ſo wäre, wenn Du auch
auf einen Einfall gekomiien wäreſt, Signis
würde doch nicht naͤchgeben, das ſchwöre ich
Dlr
Ich bin Div alfo wohl recht verhaßt,‘‘ ent-
gegnete Otho.
„Nein, antwortete Signis und zeigte Otho
ihr bezauberndſtes Lächeln; . „nein , aber wenn
ich Dir gewährte, was Du verlangteft, würdeſt
Du Michael nicht mehr vetten wollen. Gch-
und ſuch! Gug von Levis auf.“ ©O A
„Shörin, Thörin,“ entgegnete Otho Tächelnd,
„ich liebe Dich, weil Du ein echtes Weib bift,
Du liebſt und biſt voffen. Du biſt nicht wie
die kalten traurigen Englaͤnderinnen, die in
der Liebe nur dumme Statuen, oder kluge
Coquetten ſind und Pläne wie Männer ſchuiie-
den. Ich rette Deinen Michael und will Dir
ſagen, um welchen Preis! Komm.“
Fortſetzung folgt.)
Literariſche und Kunft: Notizen.
Friedrich Gerfäcder, der vor Kurzem von
feiner Relſe um die Welt nach Europa zurückehrte,
hat ſich mit feiner damilie in dem bet Leipzig
gelegenen Dorfe Plagwig niedergelaffen, um doͤrt
da auf feiner Weltfahrt gefanmelte reichhe Mate-
xtal auszuarbeiten. Da Gerſtaͤcker deffen getfireiche
Feder aug feinen frühern über Nordamerika gefchrie-
benen Büchern, und aus ven während feiner Ieß-
ten Reife, von der A. Alg. 3. veröffentlihten
Berichten dem Publicum wohl bekannt if, die
amerifanifchen, auſtraliſchen und einen Theil Dder
aſiatiſchen Länder vorzuͤglich zur Auffuchung der für
die deutſcben Auswandeker paͤſſendfter Anftedlungs-
pläße bereiße, ſo ſind von ihmi In dieſer Beziehung
höchſt lehrreiche und bedeutungsvolle Auffchlüffe zU
erwarten. Gerſtäcker befißt eine ſcharfe Beobach-
tungsgabe/ durchdringenden Verſtand und praktifchen
Sinnz er ſcheute keine Mühe und Gefahren einer
dreifährigen, zum Theil durch Urwaldungen und
wilde Bölferfämme hindurchführenden Retfe, und
darf fuͤglich ZJeden, vder Über die culturfuflichen
merfantilen, Landwirthfehaftlichen oder politifchen
Zuſtände überſeeiſcher Ländereien ein auf eigen?
UAnfchauung und Erfahrung geſtuͤtztes Urtheil hoͤren
will, alg ein zuverläſſiger Wegwetfer empfohlen
werden. Daher halten wir es für Pflicht, Aus-
wanderungsluftige und Alle/ die fich um Auswen
derungsangelegenheiten intereffiren, auf ein dem»s
nächft über dies Thema Friheinendes Werk des
muthvsollen Touriſten aufmerffam zu machen. —
VBVoneudwigSchmwanthbalers Werken cheraus-
gegeben von Xav. Schwanthaler, mit ertäu-
terndem Tert ven Fr. Bech nach den Originals
zeichnungen in Stein gravirt von $r. Wolf), if
ſo eben die dritte Abtheilung erfchienen. Sie entz
Hält die „Eheogonie oder der @ötter und
Söttinnen Gefchlecht.“ Die LUthographien
find nach des Verftorbenen Meiſtels Driginalent»
würfen in ſcharfer und beſtimmier Zeichnung genau
copfrt. Wer die mothologifchen Basreliefs in der
Gloytothek zu München fennt, und diefe Copien
Ddamit vergleicht, wird unſerm Urtheil beilimmen.
Der beigegebene Tert von Beck, kurz und fedent
Leſer verftändlich, hat zugleich wiffenfchaftlichen
Werthz und fo darf das Werk nicht blos das In
tereffe ausſchließlicher Alterthums-., Sculpfurs - und
SGemäldeliebhaber, fondern auch das des gebilde-
ten Publicums überhaupt und namentlich der höhern
Lehranſtalten beanfpruchen.
G. K.
Buutes.
Ein Geſchenk des Sultans für den Kaifer von
Oeſterreich befindet ſich eben auf dem Wege von
Lonſtantinovel nach Trieſt. Daffelbe befteht. in
einem ausgezeichnet, ſchönen arabiſchen Neitpferde
Mmit dem Ddazu gehörigen ortentalifchen NReltzeuge,
veih an Solbflickeret und Edvelfteinen, dann {n
einer yoͤchſt werthboll gefaßten und mit paffenden
Inſchrlften verſehenen Damascenerklinge und einem
prachtyolen Fußteppiche.
.. Uus Hannover wird der Hannover’chen
Zeitung vom 13, Jult gefhrieben: Wir erfahren
aug glanbwürdigen Duellen, daß in diefen Tagen
hierfelbft in der nahen Eilenriede der berüchtigte
Heerwurm gefehen worden if. Forfibeamte der
Eilenriede haben ihn. im Walddickicht zuerft ent?
dedtt, und andere Sachtfenner Haben ihn dafelbf
fpäter, jedoch nicht mehr in vollfommen erbaltenem
Zuflande, gefehen. Der Heerwurm befteht, nad
Seunis’ Synopfis, aus unzähligen zufammenge”
widfelten Zliegenmaden, wahrfcheinlich der Gattung
Ceratopogon angebörend, welche die Geftalt einer
20 Suß langen Schlange bilden. Er bedeutet nach
dem Volksglauben ein fruchtbares Jahr
Nedtgirk unter Berantwortktchkett von E Neidhard.
*
Oruck und Verlag von G. Re ich ard.
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Zum Glück mußte unfer Boot, um aus dem
Hafen zu kommen eine Schwenkung gegen den
Thurm hin machen, ſonſt wären Meine zwei
Maler zu ſpät eingetroffen. In wenigen Mi-
nuten waren wir ihnen näher! Sie winkten
und zappelten vor Angſt und ſchwenkten ihre
Tücher! Als ich fie erkannte, bal ich den Ka-
pitän ein Weilchen inne zu halten. Er ges
währte meine Bitte und bald nachher ſtiegen
zwei traurige Geſichter die Boototreppe herauf
aufs Verdeck. Der Kapitän gab das Zeichen
wieder und unſer Dampfer ſchoß nun raſch
zum Golf hinaus auf die offene See, während
die untergehende Sonne mir zum Geſpräch mit
den Befreiten immer ſpärlicher leuchtete.
Das tragikomiſche Abenteuer hatte beide voll-
kommen nüchtern gemacht. Nachdem ich ihnen
meine mißglückten Ausföhnungsverſuche erzählt,
fragte ich: Und wie ſeid ihr endlich frei ge-
worden?
Ach! ſeufzte Karl.
O! jammerte Guſtav; die verwünſchten Ita-
liener! ſehen Sie nur auf unſere Bruſt und
auf unſere Hände!
Die goldenen Ringe und Ketten ſammt den
Uhren waren verſchwunden und die Beſatzung
des Thurms von Piſa hatte die zwei Maler für
auf unſerm Boot bereits das Signal zur Ab-
fahrt gegeben wurde. Eine ſpätere Anzeige
dieſer Pretlerei, die wir von Unteritalien aus
an die Behörden von Livorno abgehen ließen,
führte zu keinem Reſultat, da ohne unſre per-
ſoͤnliche Gegenwart die neun Soldaten ſich nicht
ermitteln ließen und unſre Rückreiſe mehr Geld
und Zeitverſäumniß gekoſtet hätte, als Uhren,
Ketten und Ringe werth waren. Sohin muß-
ten es die zwei Maler bei der theuern Zeche
für ihr erſtes Räuſchchen auf italieniſchem Bo-
den bewenden laſſen. Karl und Guſtav aber
ſagten naͤchher noch oft: das ſoll uns eine
Warnung fein, nie wieder zu tief ins Glas zu
ſchauen.
Beide ſind, wie ich, längſt ins liebe Vater-
laͤnd heimgekehrt, und wenn ihnen dieſe Zeilen
zu Geſicht kommen, ſo wünſche ich, ſie mögen
den Verluſt verſchmerzt und Wort gehalten haben!
Die Eroberung von Toulouſe.
(Fortſetzung)
Otho antwortete mit einem bittern Lächeln:
„Das Kind iſt herangewachſen, die Gazelle iſt
zur Loͤwin geworden. Woher vermuthet Ihr,
daß ich ehrgeizig bin?“
Ich weiß, wie Ihr in das Schloß gekom-
men ſeid/ ich habe Cuch in die Galerie treten,
ich habe geſehen, wie Ihr SGuy von Levis
zuhörtet, dieſe Baluſtrade überſprangt, dem
entgegen tratet, der Euch Cure Erbſchaft neh-
men wollte, wie Ihr Euch aller Gefahr bewußt
wart, ohne daß bei Eurem Eintritt in dieſes
Schloß irgend ein Gefühl in Euch rege gewor-
den wäre, ohne daß eine Thräne Euer Auge
netzte, ohne daß irgend ein Ereigniß während
der ganzen Dauer der Verfammlung Euch in
der Verfolgung Eures Zweckes geſtört hätte,
und als Ihr endlich allein waret und das edle
Haus, das wieder das Eure geworden war,
von Herzen grüßen konntet, hat Euch nichts
beſchaͤftigt, als der Gedanke, wie Ihr Euren
Plan am beſten ausführen könntet.“ ;
„Und was habt Ihr für einen, Signis?“
fragte Otho mit der Freundlichkeit eines Man-
nes, der gar nicht böfe iſt, daß er durchſchaut
werde. „Worin kann ich Euch beiſtehen?“
„Suy von Levis retten, und ich glaube nicht,
daß Ihr mir es abſchlagen werdei“
Ihn retten, das iſt keine leichte Saͤche.“
Der Beiſtand eines einzelnen Mannes reicht
hin ; ich ſuchte ihn hier in der Nähe der Galerle,
da hoͤrte ich, wie Ihr bei Eurem Vaͤter für
ihn batet. Von dieſem Augenblicke an habe
ich nicht weiter nach Hülfe gefucht und nur
auf Luch gewartet. Helft mir, ſeine Rettung
iſt nicht ſchwer.“ **
„Ich weiß e8,“ antmortete Otho, „auch iſt
es nicht ſeine Rettung, die mich beunruhigi,
ſondern ob er fie unter den Bedingungen an-
nehmen wird, die ich ihm vorſchlagen will.“
Ihr werdet wohl einig werden,“ entgegnete
Signis mit niedergeſchlagenen Augen und fanf-
tem Lächeln, „oder ich habe Euͤch falſch ver-
ſtanden und kenne Herrn Guy nicht.“
Es lag ein Spott in den Worten der Grä-
fin, der beſſer als jede Anklage ausſprach, was
ſte von der Loyalität der beiden Ritter hielt.
Otho erwiederte jedoch: Es iſt kein Verrath,
lange von Niemanden etwas8, das ich felbſt unz
ter keiner Bedingung, und wenn ich mich von
den grauſamſten Martern dadurch loskaufen
koͤnnte, thun würde.“
Auch habe ich noch gar nicht ſagen wollen,
daß Ihr ihm Verroth zumuthen wuͤrdet, denn
deſſen iſt @ug nicht fähig, aber er ſieht wie
Andere in die Zukunft, und weiß wie Andere
ſeine Maßregeln darnach treffen.“
Otho ſah Signis mit einem kalten boshaften
Vlicke an, und ohne Anſtalt zu treffen, ſeine
Worte durch die That zu beſtaͤligen/ entgegnete
er: „So gehe ich zu ihm; nimmt er meine
Bedingungen an, ſo iſt ſein Leben gereitet. ı.
mit den Uebrigen mögen ſte machen, was ſte
wollen.“
Jetzt heftete Signis ihren Blick auf Otho
und ſagte mit ſtolzer Sicherheit! „Cr und die
Uebrigen ſind gerettet; worauf Dtho mit einem
Lächeln antwortete:
„Mein Wort?“ ſagte er, „wer will noch,
daß ich es einlöſe? Was Fümmert mich das?
Lat mich nicht der Beſchluß der provenhaͤlifchen
Ritter, gegen den ich proteſtirk habe, in Aller
Augen davon entbunden? Nicht mehr mein
Wort iſt es, an das man ſich wenden muß,
fondern mein Wille.“
„Und Dein Vortheil, nicht wahr, Otho?“
„Meiner und dann auch Deiner! Höre,
Signis/ ich kann noch Einen retten, wen willſt
Du gerettet ſehen?“
Signis war heftig erſchüttert und konnte
keine Antwort hervorbringen! Otho ließ ſie
einige Augenblicke in dieſer ſchrecklichen Ver-
legenheit und fuhr dann lächelnd fort:
„O über die Frauen, ſelbſt wenn ihre Ge-
fühle bekannt ſind, muß man ihnen voch das
Geſtändniß noch aug dem Herzen herausbohren.
Du ſiehſt/ Signis, ich bin gutmüthiger, als
Du es verdienſt/ ich rette Ouy und Michael.“
„Du retteſt alſo Michael?“
„Und was thuſt Du dafür?“
„Alles was Du willſt/ Otho.“
Diefer lächelte über den lebhaften Eifer, mit
dem die Gräfta dieſe Worte ſprach/ ihn bei
der Hand ergriff und ſich ihm faſt in die Arme
marf; einen Augenblick betrachtete er ſte, wäh-
rend ſie ihr feuriges Auge auf ihn heftete! Er
zog ſie an ſein Herz und ſagte:
Ich habe Dich geliebt, Signi8, da Du
noch ſchöner wareſt was glaubſt Du , was ich
für Michael's Reitung verlange 2 ;
„Nichts was ich zu fürchten brauchte, dem
wenn Du mich noch liebteſt, würdeſt Du Mi-
chael um keinen Preis retten;“ entgegnete Sig-
nis mit feinem ſpöttiſchen Lächeln.
Wer weiß ,“ entgegnete Otho mit demfelben
Spotte: „Du biſt {hön, und wenn mich auch
andere Entwürfe beſchäftigen ſo kann doch
auch der ernſteſte Mann einmal auf einen Ein-
fall Fommen.“
Und mwenn es auch ſo wäre, wenn Du auch
auf einen Einfall gekomiien wäreſt, Signis
würde doch nicht naͤchgeben, das ſchwöre ich
Dlr
Ich bin Div alfo wohl recht verhaßt,‘‘ ent-
gegnete Otho.
„Nein, antwortete Signis und zeigte Otho
ihr bezauberndſtes Lächeln; . „nein , aber wenn
ich Dir gewährte, was Du verlangteft, würdeſt
Du Michael nicht mehr vetten wollen. Gch-
und ſuch! Gug von Levis auf.“ ©O A
„Shörin, Thörin,“ entgegnete Otho Tächelnd,
„ich liebe Dich, weil Du ein echtes Weib bift,
Du liebſt und biſt voffen. Du biſt nicht wie
die kalten traurigen Englaͤnderinnen, die in
der Liebe nur dumme Statuen, oder kluge
Coquetten ſind und Pläne wie Männer ſchuiie-
den. Ich rette Deinen Michael und will Dir
ſagen, um welchen Preis! Komm.“
Fortſetzung folgt.)
Literariſche und Kunft: Notizen.
Friedrich Gerfäcder, der vor Kurzem von
feiner Relſe um die Welt nach Europa zurückehrte,
hat ſich mit feiner damilie in dem bet Leipzig
gelegenen Dorfe Plagwig niedergelaffen, um doͤrt
da auf feiner Weltfahrt gefanmelte reichhe Mate-
xtal auszuarbeiten. Da Gerſtaͤcker deffen getfireiche
Feder aug feinen frühern über Nordamerika gefchrie-
benen Büchern, und aus ven während feiner Ieß-
ten Reife, von der A. Alg. 3. veröffentlihten
Berichten dem Publicum wohl bekannt if, die
amerifanifchen, auſtraliſchen und einen Theil Dder
aſiatiſchen Länder vorzuͤglich zur Auffuchung der für
die deutſcben Auswandeker paͤſſendfter Anftedlungs-
pläße bereiße, ſo ſind von ihmi In dieſer Beziehung
höchſt lehrreiche und bedeutungsvolle Auffchlüffe zU
erwarten. Gerſtäcker befißt eine ſcharfe Beobach-
tungsgabe/ durchdringenden Verſtand und praktifchen
Sinnz er ſcheute keine Mühe und Gefahren einer
dreifährigen, zum Theil durch Urwaldungen und
wilde Bölferfämme hindurchführenden Retfe, und
darf fuͤglich ZJeden, vder Über die culturfuflichen
merfantilen, Landwirthfehaftlichen oder politifchen
Zuſtände überſeeiſcher Ländereien ein auf eigen?
UAnfchauung und Erfahrung geſtuͤtztes Urtheil hoͤren
will, alg ein zuverläſſiger Wegwetfer empfohlen
werden. Daher halten wir es für Pflicht, Aus-
wanderungsluftige und Alle/ die fich um Auswen
derungsangelegenheiten intereffiren, auf ein dem»s
nächft über dies Thema Friheinendes Werk des
muthvsollen Touriſten aufmerffam zu machen. —
VBVoneudwigSchmwanthbalers Werken cheraus-
gegeben von Xav. Schwanthaler, mit ertäu-
terndem Tert ven Fr. Bech nach den Originals
zeichnungen in Stein gravirt von $r. Wolf), if
ſo eben die dritte Abtheilung erfchienen. Sie entz
Hält die „Eheogonie oder der @ötter und
Söttinnen Gefchlecht.“ Die LUthographien
find nach des Verftorbenen Meiſtels Driginalent»
würfen in ſcharfer und beſtimmier Zeichnung genau
copfrt. Wer die mothologifchen Basreliefs in der
Gloytothek zu München fennt, und diefe Copien
Ddamit vergleicht, wird unſerm Urtheil beilimmen.
Der beigegebene Tert von Beck, kurz und fedent
Leſer verftändlich, hat zugleich wiffenfchaftlichen
Werthz und fo darf das Werk nicht blos das In
tereffe ausſchließlicher Alterthums-., Sculpfurs - und
SGemäldeliebhaber, fondern auch das des gebilde-
ten Publicums überhaupt und namentlich der höhern
Lehranſtalten beanfpruchen.
G. K.
Buutes.
Ein Geſchenk des Sultans für den Kaifer von
Oeſterreich befindet ſich eben auf dem Wege von
Lonſtantinovel nach Trieſt. Daffelbe befteht. in
einem ausgezeichnet, ſchönen arabiſchen Neitpferde
Mmit dem Ddazu gehörigen ortentalifchen NReltzeuge,
veih an Solbflickeret und Edvelfteinen, dann {n
einer yoͤchſt werthboll gefaßten und mit paffenden
Inſchrlften verſehenen Damascenerklinge und einem
prachtyolen Fußteppiche.
.. Uus Hannover wird der Hannover’chen
Zeitung vom 13, Jult gefhrieben: Wir erfahren
aug glanbwürdigen Duellen, daß in diefen Tagen
hierfelbft in der nahen Eilenriede der berüchtigte
Heerwurm gefehen worden if. Forfibeamte der
Eilenriede haben ihn. im Walddickicht zuerft ent?
dedtt, und andere Sachtfenner Haben ihn dafelbf
fpäter, jedoch nicht mehr in vollfommen erbaltenem
Zuflande, gefehen. Der Heerwurm befteht, nad
Seunis’ Synopfis, aus unzähligen zufammenge”
widfelten Zliegenmaden, wahrfcheinlich der Gattung
Ceratopogon angebörend, welche die Geftalt einer
20 Suß langen Schlange bilden. Er bedeutet nach
dem Volksglauben ein fruchtbares Jahr
Nedtgirk unter Berantwortktchkett von E Neidhard.
*
Oruck und Verlag von G. Re ich ard.