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Heidelberger Journal (46) — 1852

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Beilage-Blätter Nr. 1-13; 15-18: 20-22; 24-60; 62-157
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https://doi.org/10.11588/diglit.66017#1505
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I

7


N 127 -

Sonntag, den 17. Oetober



Mannheim, 14, Oetober. (Mh. J9)
In der heutigen Schwurgexichtsſitzung wurde
die Vernehmung des Johann Chriſtoph
Stadelmann zu Ende geführt, ſodann mit
der Zeugenabhoͤr fortgefahren. Das heutige
Zeugenverhör hatte haupiſaͤchlich den Zwed,
den Sachverſtändigen und Geſchworenen


und des Johann Leonhard cAuguſt) Stas
delmann, ſo wie der Verftorbenen , dann
über. deren Geſundheitszuſtand in Rauen-
berg, Rohrbach und Handſchuhsheim, ſowie
über die ihr an dieſen Orten widerfahrene
Behandlung Aufſchluß zu verſchaffen. Unter
den abgegebenen Zeugniſſen zeichnete ſich
das der Wittwe des Schſenwirths Schick
von Kaͤferthal durch Einfachheit, Eindring-
lichkeit und Entſchiedenheit, das der Wittwe
des Hauptlehrers Riegel von Handſchuhs-
heim aber durch die Beſtimmtheit aus, mit
welcher ſie Einſtreuungen der Angeklagten
entgegentrat. Dagegen mußte die Unſicher-
heit der Zeugin Eliſabeth Kuhn von Haͤnd-
ſchuhsheim auffallen, welche mit ihren An-
gahen in der Vorunterſuchung in vielfachen


macht nahe, aus dem Saale entfernt wer-
den. Das weſentliche Ergebniß der Zeugen-
abhör wird nach dem Schluffe der Ver-
44 überſichtlich zuſammengeſtellt,
olgen.

Köln, 11. Oet. Aſfiſenverhandlun-
gen gegen Dr. Hermann Becker und Ge-
noſſen in Köln. VII. (P. 3.) (Forifetzung
der Vernehmung des Angeklagten Bürgers5
Präſident. Alſo Ihrer Aufſtellung nach be-
abſichtigte der Bund nur eine friedliche
Propagandaz nur Umſturz der beſtehenden
Klaffen, nicht der Regierungen, und ſtellte
eingteifende Thätigkeit nur in ferne Aus-
ſichl? Buͤrgers Es iſt dieſes nicht ge-
nau meine Angabe. Ich habe in Ueberein-
ſtimmung mit der Anſprache vom März
1850 geantwortet, daß gegen die Regierung
von Seilen des Bundes keine Unterneh-
mung beſchloſſen ſei. Wenn dagegen die
Revolution zu Stand gekommen jei, wollte
man alg poltiiſche Partei eingreifen. Der
Bund ſollte dann das Proletaͤriat vereini-
gen zur Geltendmachung ſeiner Rechte, bei
AWahlen, bei Verfammlungen; er follte
gegen einen Cenſus und auf allgemeines
Stimmrecht hinwirken u. ſ. w. Die Kölner
Centralbehörde wollte für die gegenwärti-
gen Verhältniſſe Pafſivität, während laut
der Anſprache das Spätere discutirt wer-
den ſollte. — Präfident, Ich will die An-
ſprachen und Statuten, die Sie nicht an-
erkennen auch vorerſt nicht hervorheben.
In der Anſprache vom Maͤrz 1850 heißt
eg: „Cin Emiſſaͤr ſei abgegangen, weit die
Revolution bevorfiehe”; ferner, „das Pro-
letariat geht mit den Kleinbürgern in Auem
zuſammen“/ „die Kleinbürger werden die
MNevolution raͤſch beenden wollen, wir müſ-
ſen ſie für permanent erflären”, „um mit
Entſchiedenheit eingreifen zu können, müſſe
das Proletariat bewaffnet ſein, weshalb ſo-
fort zur Bewaffnung zu ſchreiten ſei.“ Fer-
ner iſt die Nede von Sturz der neuen Re-
gierung, der beſtehenden Regierung. Alſo
der beſtehenden Regierung, nicht der Klaſ-
ſen. Die Kleinbürger/ heißt es/ wollten de-
centraliſiren, dann müßten die Proletarier
auf einer untheilbaren deutſchen Republik,
auf vollſtändiger Centraliſation beſtehen.
Eine Stelle lautet: „Die Bewegung, die
wir mit der keinbürgerlichen Demokratie

durchführen müſſen, um eine Poſition zu
erlangen“, eine andere beſagt, vom Aus-
lande ſei kein Bericht eingegangen, weshalb
kein Congreß ſtatt finden fönne. Yus allem
dem geht hervor, daß nicht blos von der
Zukunft und nicht bloß von Deutfchland
die Rede geweſen ſei. — Bürgers. Soll
ich nochmals darauf eingehen? — YPräliz
dent. Nicht in eine lange Vertheidigungs-
rede. — Bürgers. Ich habe mich bereitg
zweimal darüber erklärt! Sie reſumiren
meine Auslegung, die Sie irrig auffaſſen,
und unterſtellen mir Sätze, gegen die ich
mich verwahren muß. Wenn Sie daran
nicht feſthalten, dann verzichte ich darauf,
ſie nochmals zu widerlegen. — Präſideni.
Es bleibt Ihnen vorbehaiten, in der Ver-
theidigung darauf zurückzukommen, meine
Pflicht iſt es, Sie auf daͤs aufmerkſam zu
machen, was in der Klage gegen Sie vor-
liegt. — Bürgers. Ich erlaube mir nur
eine Bemerkung noch zu machen. Wie be-
reits geſagt, ſiand London, nicht wir, in
Lorreſpondenz mit dem Auslande. Es heißt
deshalb, ein Congreß könne darum nicht
ſtattfinden, „weil von London, deſfen Mei-
nung über das Ausland eniſcheidend iſt,
noch keine Nachricht angelangt iſt“; daraus
geht ja gerade hervor, daß wir mit dem
Auslande in keiner Verbindung ſtanden. —
Es werden dem Angeklagten Schriftſtücke
vorgehalten, welche bei ſeiner Verhaftung
in Dresden in ſeiner Mappe vorgefunden
wurden. Der Angeklaͤgte erkennt diefelben
als von ſeiner Hand gẽſchriebene Concepte
an, die aber rein perſönliche und keine
Bundespapiere ſeien. Er bemerkt nebenbei,
daß diefelben trotz ſeiner wiederholten Auf-
fordexung nie zu den Acten paraphirt wor-
den ſeien. Nur über Einzelnes habe man
ihn befragt, Nie habe man ihm eine allge-
meine Einſicht geſtaͤttet. An einem Blatte
ſei ein Stück abgeriſſen, welches vielleicht
zum richtigen Verſtaͤndniß nöthig fei! Er
bittet ſich Einſicht ſämmtlicher Paͤpiere fet-
ner Mappe aus, Präſtdent! Die ſolt


Hauſe caibt einem Gerichtsdiener Ordre.)
— Bürgers, Wenn man einzelne Stellen
der vorgelegten Manuferipte zur Anklage
benußen woüe, ſo müffe er auf Vorlefung
des Gaͤnzen im Zuſammenhang bitten, —
Oberprocurator v. Sedfendorf, Alnerdings
muß ich auf Verleſung einzelner Stellen
dringen, kann es deshalb dem Angeklagten
nicht verwehren, daß das Uebrige mitver-
leſen werde. — Prorurator v. Sandt. Ich
muß bemerken, daß die erſte Schrift nur
aus Stichworten beſteht. — Bürgers. Es


Arbeit. Oberprocurater von Seckendorf.
Ich lege darauf keinen Werth. — Die Ver-
leſung dexſelben unterbleibi. Der Auͤge-
klagte erbietet ſich die übrigen Schriftſtuͤcke
ſelbſt vorzuleſen, der Präſident verweiſt ſie
aber an den Gexichtsſchreiber. Unglücklicher-
weiſe iſt die erſte ziemlich ausgedehnte Ar-
beit dermaßen mit Fremdwörtern durch-
ſpickt, daß regelmäßig das dritte, vierte
Wort ein ſolches iſt. In Fremdwoͤrtern iſt
aber der fungirende Gerichtsſchreiber nicht
ſehr bewandert, bei jedem einzelnen macht
er eine Pauſe, um ieiſe zu buchſtabiren;
und dann lieſt er es falſch, oder doch falſch
betont, vor. (Geiterfeit.) An Schluſſe hat
niemand auch nur eine dunkle Ahnung vom
Inhalt. Die zweite Schrift wird deutlicher
vom Hilfsgerichtsſchreiber verleſen. Es i{f

eine Geſchichte und kritiſche Beleuchtung
der Bewegungen der letzten Jaͤhre und ihrer
Dämpfung, vom communiſtiſchen Stand-
punkt aus Es yeißt darin: Die Empoͤrung
ſei beſtehend, ſo lange kein allgemeines
Stimmrecht gelte; Geſchwornengeryte feien
ein beſchränlier Ab ſolutismus der abfoluten
Sewalt“ u. ſ. w. Das Gaͤnze hat in der
That des Anſeben eines Conceptes zu einer
Druckſchrift. Wir müſſen es der Anklage-
behörde überlaſſen, die gravirenden Stellen
zerauszuheben, was uhs bei einmaligem
Anhören nicht gelang. Der Angeklagte er-
klärte das erſte Schriftchen für ein Ayercu
über einen Proudhon'ſchen Satz. Es fei
kein Entwurf zu einer Anſprache, wie das
auch ſchen aus dem Inhalte hervorgehe,
der einer früberen Zeit angehöre, indem
man die Revolutign noch für nabe bevor-
ſtehend hielt. — Oberprocurator v, Seden:
dorf. Es laͤßt ſich der unterlegte Sinn ſehr
bezweifeln, waͤs ſich ſpaͤter bei deutlicher
Verleſung einzelner Stellen ergeben wird.
Das leßtere Actenſtuͤck deutet den Zweck
des Bundes an. — Der Präſtdent befragt
den Angeklagten uͤber den Artifel. des Sta-
tuts welcher die Losſagung von der Nez
ligion fordere. — Angetlagter. Ich bitte
mir zu ſagen, in welcher Beziehung diefes
mit dem ſchwebenden Proceſſe fteht. —
Praͤſident. In der genaueßen , weil der
Artikel die Mittel bezeichnet, deren Sie ſich
zum Zwecke bedienten! Sie wollten dem
Staate den ſittlichen Halt entziehen, indem
Sie der Moral das Fundament der Ne-
ligion zu nehmen ſuchten. Antwort. In ei-
ner Zeit, mo die Päpſte Fürſten enffetzten
wegen ihrer feßerifhen Anſichten, und die
Unterthanen des Eides entbanden, auch
päter vielleicht noch, als der Staat ſich an
ein gewiſſes Bekenntniß band, dürfte dieſe
Frage an der Stelle gewefen ſein. Die
Verfaſſung garantirt uns aber jetzt Gewiſ-
ſensfreiheii, und ſo proteſtire ich im Namen
gerade der Verfaſſung, gegen die ich gefehlt
haben ſoll, daß man mich wegen meines
Glaubensbekenntniſſes inquirire. Der Satz,
die Religion ſei das Fundament der Mo-
ral, iſt ein wiſſenſchaftlicher Satz, den ich
nicht anerkenne; will ſich die Aaklage auf
dieſe Frage einlaſſen, ſo will ich darauf
eingehen. Aber dann iſt bei der noch ſchwe-
benden Frage der anſpruchsvolle Ton nicht
an der Stelle, und wir machen die Ges
richtshalle zu einer Aula. — Praͤſident. Ich
prüfe Ihre Handlung, nicht Ihre Religion.
Meine Pflicht iſt, den Herren Geſchwornen
die Sache klar darzuſtellen. Sie haben kein
Recht zu fragen, ob ich zu einer Frage
berechtigt bin, ſondern einfach zu erklären,
ob Sie dieſen Artikel als Ihr Werk anerz
kennen. — Bürgers. Dazu bedurfte es kei-
ner Frage. Ich habe das Statut anerkannt,
verwahre mich aber gegen willkührliche Con?
ſequenzen. Präfident. Es bleibt den
Herren Geſchwornen überlaͤſſen, die Conſe-
quenz zu prüfen. Auf verſchiedene Fra-
gen erklärt der Angeklagte: Die Verſamm-
lungen waren nicht reßelmäßig, ſondern
nur wenn ſie angefagt waren. Den Stoff
boten eine Zeitlang die verſchiedenen Con-
fliete. Bei Simon fand keine flatt! Die
Emiſſäre hatten die Exiſtenz von Gemein-
den zu erforſchen und die Verbindungen
wieder anzuknüpfen. Es war nur ein ei-
gentlicher Emiſſär. Andere nahmen bei zu-
fälligen Reiſen Aufträge mit! Er u, Beder
ſeien nicht für den Buͤnd gereiſt, ſondern
 
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