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Sonntag, den 5. Derember
1852
Oeſterreichiſche Monarchie.
Bergantd/ 22· Nos.· ¶A. 3.) Im lom-
bardiſch? venetianiſchen Königreich finden ge-
genwärtig faſt tagtäglich grohartige Manö-
ver und Eruppenexexeitien ſtatt. Mannz
ſchaft und Offtziere ſind gieich ſehr in An-
ſpruch genommen ja letztere noch mehr,
was in den neueſtens angeordneten umfaſ-
ſenden Reglementoͤanderungen ſeine Erkla-
rung findei. Auf Werhoͤchſten Befehl wurde,
wie befannt, in Bruck an der Leitha eine
eigene Lehtdiviſion für die Infanterie er-
richtet welche an die Stelle manches Ver-
alteten und Unzweckmäßigen im Reglement
Neues und Beſſeres ſetzie. Dieſe Lehrdi-
viſion wurde vor Kurzem aufgelöst und in
ſaͤmmtliche Regimenter und Bataillone ver-
theilt. Offtziere und Mannſchaft müſſen
nun von den geweſenen Zöglingen dieſer
Lehreompagnie im neuen Keglement einge-
übt werden. Da giebt es denn piele Ar-
beit, So weiß ich/ daß viele Offiziere des
hier ſtatienirten 4, Baͤtaillons Kaͤiſerjager
beinahe täglich von 8 Uhr früh dis 4 Uhr
Nachiniltags im Dienſte ſtehen! Offtziero-
verſammluͤngen zufolge der neuen Einrich-
tungen/ Chargen: und Mannſchaftoſchulen,
Erereiren und Abrichtung im Slied und
Zuge, daun Compagnie *, Diviſions⸗ und
Baͤlgillonoͤexereiren löſen ſich gegenſeitig ab.
Doch Alles geſchieht mit dem freudigen
Gedanken/ daß durch ſolche ununterbrochẽne
Thaätigkeit unfere ſieggekrönte Armee zu ei-
ner uͤnüberwindlichen Macht herangebildet
—— A
Eraukreich
Paris, 2 Dec CFr P.) Geſtern Abend
um 7 Uhr haben ſich der geſetzgebende Koͤr—
per und der Senat, beide in Corpore und in
großer Uniforin, nach Saint; Eloud begeben,
” und.dem, Prinzen. Cudwig Napoleon feierz.
lichſt die Declaration überbracht, daß das
fraͤnzöſiſche Volk ihm die erbliche Kaiſer-
kroͤne übertragen wiſſen wolle, wie ſolches
das Senatsconfultum vom 7, Nov. D, Iı
im Namen des geſetzgebenden Körpers ge-
haltene Anſprache und die vom Vleepraͤſt-
denten Mesnard im Namen des Senats
und Frankreichs dargebrachten Gluͤckwünſche
erwiederte der Kaiſer;t „Ich nehme
von heute mit der Krone den Na-
men Napoleon IM an,. weil mir das
richtige Gefühl (la logique) des Volks in
ſeinen Acelaniationen denſelben ſchon gege-
ben, weil der Senat ihn in legaler Weiſe
Yorgefchlagen, weil die ganze Nation ihn
beſtaͤtigt (ratife) hat. Napoleon I, ſchloß
ſeine Anſprache: Helfen Sie mir eine
ſtabile Regierung begründen, welche Reli-
giön, Gerechtigkeit, Rechtſchaffenheit und
die Liebe der leidenden Klaffen zu Grund!
lagen hat. Empfaͤngen Sie hier meinen Eid,
daß ich es mir alles werde koſten laſſen,
die Wohlfahrt des Vaterlandes zu ſichern
und daß ich den Frieden aufrecht erhalten,
aber durchaus nichts nachgeben Werde, was
die Ehre und Würde Fraͤnkreichs berührt.“
' Der Moniteur / meldet heute die Er-
nennung der Generale Saint Arnaud, Mag-
nan und Caſtellane zu Maͤrſchaͤllen voͤn
Franlreich und.viele @nadenacte und.Straf:
erlaſſe. Die fuͤr Preßvergehen den Zour-
nalen gewordenen Verwarnungen ſind zu-
rüdgenommen‘, und 290 Deportkirte ſind
theils vollſtaͤndig begnadigt theils find ihre
Strafen gemildert.
2 Schwei
Bern, 30. November. Die ZJubelfeier,
welche Bern am 21. und 22 Juni 1853
zum Andenken ſeines vor 500 Jahren er-
folgten Eintritts in den Schweizerbund
feiern wird, verſpricht ein in jeder Bezie-
hung grohartiges Feſt xon echt nationalem
Chaͤratter zu werden. Der Regierungsrath
haͤt ſeinem Präſidenten, Herrn Blöſch, die
Leilung der Berathungen des Centralcomite
übertragen, welches aus den 13 bereits erı
nannten Präſidenten der verſchiedenen Spe-
ciafcomite’$ beſteht. Bloͤſch ſagt in dem
an die Mitglieder des Centralcomite‘ ges
richtelen Sundſchreiben, die frühere wie die
jeßige Stellung Berns in der Eidgenoſſen-
ſchaft foͤrdere eine Feier dieſes Tages, welche
diejenige der andern Kantone, die ihren Ein-
tritt in den Bund feſtlich begangen hätten,
an Bedeutung weit übertreffen müſſe. —
Das Auswanderungsdeeret/ welches der große
Rath jetzt zum zweitenmal fertig berathen
hat, ladet die Buͤndesverſammlung ein, für
Errichtung eines Centralbureaus und für
die Aufſtellung der noͤthigen Agenturen be-
foͤrderliche Schritte zu thun! Die Auswaͤn—
derung ſolcher Staatsbhürger, die zu arm
find, um, alle Reiſekoſten zu tragen, foll un-
ter Leitung und Aufſicht des Staats geſtellt
werden. Zu dieſem Zweck wird ein unter
der Direction des Innern ſtehender Aus-
wanderungscommiſſär ernannt! Die Un-
terſtützungen geſchehen aus Staats und
Gemeindebeiſchüſſen! Während 4 Jahren
kann der Staat laͤhrlich 100,000 Frk, auf
die Auswanderuns verwenden.
Italien.
Turiu, 26. Nov. Man ſpricht von einem
neuen Anleihen von 40 Millionen. Die
conſtitutionelle Partei iſt hierüber in Un-
ruhe; ſie fürchten um einen Volkswitz zu
gebrauchen, das Budget könne die Confti-
tution freſſen, nämlich, die Gegner des
Syſtems könnten auf deſſen Koſtſpieligkeit
hinweiſen, und nebendem das Volk gegen
die doch nur den Gewinn ziehenden fraͤn—
zöſiſchen Capitaliſten aufregen.
Aus Oberitalien ſchreibt man der
„Leipziger Zeitung“: Die Annäherung Pie-
monts zum Wiener Cabinet iſt nach dem
erfolgten Miniſterwechſel als voͤllendet an-
Uſehen, und die Reiſe der Königin naͤch
Mailand zum Beſuche ihres Bruders, des
Erzherzogs Sigismund, ſteht damit in wahr-
ſcheinlichem Zuſammenhang. Man glaubt
allgemein, daß die Eltern, Erzherzog Rainer
und deſſen Gemahlin, bereits diefen Winter
nach Turin gehen und damit der Familien-
ausſöhnung die Weihe geben werden. 4
Wir vernehmen, daß der ſardiniſche Mini-
ſter in Wien, Graͤf Revel, Infiructionen
erhalten ſoll, zu dem vorjährigen Handels-
vertrag mit Oeſterreich erweiternde Zuſätze
in Vorſchlag zu bringen. ;
Außtland und Polen.
Der oͤſterreichiſche Lloyd berichtet: „Wenn
gegenwärtig die deutſche Preſſe die Staͤrke
des Bundesheeres beſprichi, fo dürfte den-
jenigen unſerer Leſer, welche Ruͤhlands
Veuͤrhaftigteit nur nach dem alten Syfteme
und nach dem alten Glauben kennen, wor-
nach Rußland ſeine Streitfräfte aus dem
entlegenen Oſten in langſamen Märſchen
herbeiziehen muͤßte, die feſtſtehende Nach-
richt nicht unintereſſant ſein, daß Rußland
gegenwärtig im Stande iſt/ im Verlaufe
mirte und verprovtantirte Armee von 240,000
Mann zur Abwartung bevorſtehender Even-
tualitäten. an die Grenze zu ſtellen. Es
würden dieß ſein die im Königreich Polen
und Litthauen und in den ehemaligen pol-
niſchen und litthauiſchen Provinzen ſtehen-
den 4 erfien Infanteriecorbs mit ihrer Ca-
vallerie und Artillerie unter den Corps:
chefs Siewers, Paniutine, Offenberg und
Oſten⸗ Sacken, mit dem Oberbefehloͤhaber
Paskiewitſch an der Spitze! Die beiden
anderen Infanteriecorps ſowie das Garde⸗—
gleicher Stärke wie die erwaͤhnten 4 Corps
zuſammen genommen wegen ihrer größern
Entfernung einige Zeit ſpäter nachfolgen,
und eine ſtarke Reſerve mit zahlreicher Ca-
vaͤllerie würde in Polen in nicht ferner Zeit
als Nachhut aufgeſtellt werden können! Es
iſt daher die Organiſation des ruͤſſtſchen
Heeres von der Art, daß auch die größten
Eventualitäten dieſe Maͤcht nicht unvorbe-
reitet finden würden.“
Türkei.
Moutenegros junger Fürſt Dantelolt
ſcheint nicht defriedigt durch ſeine von Ruß-
land und demnächſt auch wohl von Oeſter-
reich anerkannte Unabhängigkeit von der
Pforte. Neueſten Nachrichtẽn zufolge beab-
ſichtigt derſelbe ſeinen kleinen Stagt zu er-
weitern. An den Grenzen der Cernagora
leben lauter Chriſten Die Zuplianer haben
ſchon im Jahr 1817 den Schutz des Vladika
in Cettinje nachgeſucht. Nun haͤben ſich auch
Serüchte verbreitet, daß die Bewohner von
Bſinjani und Drohnija ſich vereinigten, die
Steuern ſammelten und dem Fürſten über-
ſandten der ſie auch unter feinen Schutz
nahm Der Senator Provie und der Bru-
der des Fürſten haben ſich zu den Drobni-
jaken begeben um dort und in Bajani Ord-
nung und Gexichte wie im uͤbrigen Land
einzuführen. Die Türken ſollen daher be-
abſichtigen jene Stämme militäriſch anzu-
greifen! Der Fürſt würde ſie jedoch nicht
ohne Schutz laſſen, ſoweit es nur irgend
möglich waͤre.
Feuilleton.
Eine Operngeſellſchaft in Afrika.
Gortſetzung und Schluß)
Die Männer, welche auf den Feldern arz
beiteten, trugen weite, blaue Bloufen und
große, breiträndrige grobe Strohhüte, die Frauen
hatten ihre Landestracht! die kuͤrzen duͤnket-
vothen, dicken elfaffer Nöcke, trotz des wärmeren
Klimas unverändert beibehalten. Eine Colo-
niftenfrau molk vor ihrer Thür eine fehr ſtait-
lihe Kuh. Da der Wagen gerade einen fieilen
Berg hinauf fuhr, {o war ich außgeftiegen, um
zu Fuß zu gehen; und fo auch meiner etwa8
gar zu unruhigen, unaufhörlich ſchwaͤtzenden
und zankenden Reiſegefellfchatft auf eine Weile
gw entrinnen, Ich machte mir gleich den Spaß,
fie ohne Weiteres deuifh anzureden, mworüber
fie ebenfo vermundert wie erfreut war, und
mir in aͤchtem guten Schwäbiſch! wie man e8
nur an den Ufern des Neckars hören kann,
antmortete, ,, Vor mehreren Jaͤhren mar diefe
Familie aus Eßlingen ausgewandert, hatte, wie
mir die Frau fagte, im Anfang mit ſehr vies
len Mühfeligkeiten zu kämpfen gehabt, war auch
ſchon einmal von den Kabylen ratzenkahl augs