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Heidelbergische Jahrbücher der Literatur — 1.1808 (Abtheilung 5: Philologie, Historie, schöne Literatur und Kunst)

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Creuzer, Friedrich: Philologie und Mythologie in ihrem Stufengang und gegenseitigen Verhalten
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https://doi.org/10.11588/diglit.30036#0024
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16. Philologie und Mythologie

der in Italien die Erklaͤrung des Homeros veranlaßte, und
auch er ſtellte in ſeiner Genealogia Deorum dem chriſtlichen
Europa mit großer Beleſenheit die Mythologie des Heiden—
thums hin. Ficino aber beruͤhrte in ſeinen achtzehn Buͤchern
Platoniſcher Theologie, zugleich mit dem Mittelpunkt
alter Philofophie, auch die myffifchen Sagen. So Ließ demnach die
aͤlteſte Schule wiederhergeſtellter Philologie partheylos und un—
ſchuldig jeder Gattung des Mythos ihr Recht widerfahren.
Mit umfaſſenderer Gelehrtheit und mit durchgreifenderem For—
ſchen gingen die nachfolgenden Polyhiſtoren in der Literatur
aller. Voͤlker den Quellen ihrer Mythen nach. Hier iſt vor
allen das inhaltsreiche Werk von Gerhard Voſſius de
theologia Gentili zu nennen. Die an ſich richtige Idee, daß
die hellenifche Zerfplitterung des göttlichen Urelements der Re—
ligion als ein ſpaͤterer Verfall zu betrachten fey, wurde Hier
einfeitig fo gewendet, daß man fich Diefje mythiſche Vielheit
als einen Abfall aus hebraͤiſchem Monotheismus dachte. Die
Gründlichkeit, womit dieſer Polyhiſtor ſeine Sache gefuͤhrt
“hatte, gewann dieſem Syſtem an Huet und Anderen
ſogleich viele Anhaͤnger, und noch in unſern Tagen iſt es die—
ſes Syſtem, wodurch der Graf Friedrich Leopold
von Stollberg ſeine fruͤhere Liebe zum claſſiſchen Heiden⸗
chume mit ſeinen ſpaͤteren chriſtlichen Ueberzeugungen in Ein—
ſtimmung zu bringen ſucht. Auch hatte es unleugbar im Vor—
trag des Urhebers preißwuͤrdige Eigenſchaften: vorerſt die tuͤch⸗
tige, und nach dem damaligen Standpunct der Kritik bewun—
dernswerthe Gelehrtheit, ſodann das ehrwuͤrdige Beſtreben
nach der Einheit eines haltbaren Principium.

Dieſes ſyſtematiſche Beſtreben blieb nun bis in das vorige
Jahrhundert herrſchende Richtung. Ein jeder, δὲν ſich archi—
tektoniſche Talente zutraute (und wer hatte dieſes Selbſt—
vertrauen nicht?) fand fich zu neuen MBauverfuchen um [0
urehr aufgelegt, da ja der Fleiß eines Vofſius, Bochart
und anderer Polyhiſtoren die Materialien (ſo waͤhnte man)
voliſtaͤndig zur Stelle geſchafft habe, Seit Franz Baco
 
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