Entw. eines Strafgesetzbuchs für das Königr. Hannover. 669
gestellt würden: l) liat der Uebertreter überhaupt mit Unter-
scheidungskrast gehandelt ? 2) kann ihm eine volle gehörige
Unterscheiduugskraft (wobei insbesondere auf die Art der
Verbrechen zu sehen ist; vergleiche man z. B. Adünzverbre-
chen und Diebstahl) zugetraut werden ? Wird die erste Frage
verneinend entschieden, so bann gar Feine Strafe eintreten.
Noch mehr Zweifel entstehen dadurch, dass eine körperliche.
Züchtigung angewendet werden darf. Da oben bei dem Straf-
System mit Recht (Ausnahme im Art. 27.) die körperliche
Züchtigung als Strafart nicht mehr vorkommt, und hier als
Strafart genannt ist, so scheint ein Widerspruch da zu seyn,
aber auch abgesehen davon, möchte man sehr zweifeln, ob
die körperliche Züchtigung eine geeignete Strafart für den ju-
gendlichen Verbrecher ist. Die Abstumpsung des Ehrgefühls
möchte eine leicht eintretende Folge der Strafe seyn, deren
Beseitigung um so mehr zu wünschen ist, je mehr die Rich-
ter geneigt sind, körperliche Züchtigung anzuwenden, und
es noch immer nicht an Vertheidigern dieser Strafart fehlt
(s. z. B. Thoma Bemerkungen über den neuen baierischen
Entwurf, Sulzbach 182%. S. 50.). DerAIilderungsgrundder
langwierigen Haft (Art. 104. baier. Ges.) ist im Entwurf Art.
115- beibehalten, nur ist sehr zweckmässig der baier. Zusatz:
dass der Alilderungsgrund nur eintrete, wenn das Gefängniss
über ein halbes Jahr dauerte, weggelassen worden, wie auch
schon durch eine Novelle vom 11. Oct. 1821 in Oldenburg
dies ausgesprochen wurde. Der hannov. Entwurf nimmt aber
an, dass bei der Todesstrafe dieser Asinderungsgrund ganz
wegfalle, während das baier. Gesetz (Art. 105.) die Verwand-
lung der Todesstrafe in Ketten - oder Zuchthausstrafe annimmt,
wenn der ungebührlich erlittene Arrest zwei Jahre oder dar-
über betrug. Rec. glaubt, dass die baierische Vorschrift den
Vorzug verdiene, nur möchte die absolut bestimmte Zahl von
2 Jahren wegzulassen seyn. Zwar ist es richtig, dass der
Verbrecher durch Aufschiebung der Todesstrafe und Verlän-
gerung des Lebens scheinbar kein Uebel leidet, allein bei ge-
nauerer Erwägung dürfte doch der Gesetzgeber Gründe haben,
dem Verbrecher das höchste Hebel, die Todesstrafe zu erlas-
sen, wenn bereits ^unverschuldet andere Uebel zugefügt wa-
ren; nimmt maukeine Rücksicht, so leidet der Bestrafte ge-
doppeltes Uebel. — Bei derConcurrenz der Verbrechen schei-
det der Entwurf in der Rubrik die ideale und reale Concur-
renz (Art. 117. Ii9.). Diese Ausdrücke, die nur der Doktrin
angeboren, würden besser weggestrichen; bei der sogenann-
ten idealen Concurrenz wird die Strafe der schwersten Heber-
gestellt würden: l) liat der Uebertreter überhaupt mit Unter-
scheidungskrast gehandelt ? 2) kann ihm eine volle gehörige
Unterscheiduugskraft (wobei insbesondere auf die Art der
Verbrechen zu sehen ist; vergleiche man z. B. Adünzverbre-
chen und Diebstahl) zugetraut werden ? Wird die erste Frage
verneinend entschieden, so bann gar Feine Strafe eintreten.
Noch mehr Zweifel entstehen dadurch, dass eine körperliche.
Züchtigung angewendet werden darf. Da oben bei dem Straf-
System mit Recht (Ausnahme im Art. 27.) die körperliche
Züchtigung als Strafart nicht mehr vorkommt, und hier als
Strafart genannt ist, so scheint ein Widerspruch da zu seyn,
aber auch abgesehen davon, möchte man sehr zweifeln, ob
die körperliche Züchtigung eine geeignete Strafart für den ju-
gendlichen Verbrecher ist. Die Abstumpsung des Ehrgefühls
möchte eine leicht eintretende Folge der Strafe seyn, deren
Beseitigung um so mehr zu wünschen ist, je mehr die Rich-
ter geneigt sind, körperliche Züchtigung anzuwenden, und
es noch immer nicht an Vertheidigern dieser Strafart fehlt
(s. z. B. Thoma Bemerkungen über den neuen baierischen
Entwurf, Sulzbach 182%. S. 50.). DerAIilderungsgrundder
langwierigen Haft (Art. 104. baier. Ges.) ist im Entwurf Art.
115- beibehalten, nur ist sehr zweckmässig der baier. Zusatz:
dass der Alilderungsgrund nur eintrete, wenn das Gefängniss
über ein halbes Jahr dauerte, weggelassen worden, wie auch
schon durch eine Novelle vom 11. Oct. 1821 in Oldenburg
dies ausgesprochen wurde. Der hannov. Entwurf nimmt aber
an, dass bei der Todesstrafe dieser Asinderungsgrund ganz
wegfalle, während das baier. Gesetz (Art. 105.) die Verwand-
lung der Todesstrafe in Ketten - oder Zuchthausstrafe annimmt,
wenn der ungebührlich erlittene Arrest zwei Jahre oder dar-
über betrug. Rec. glaubt, dass die baierische Vorschrift den
Vorzug verdiene, nur möchte die absolut bestimmte Zahl von
2 Jahren wegzulassen seyn. Zwar ist es richtig, dass der
Verbrecher durch Aufschiebung der Todesstrafe und Verlän-
gerung des Lebens scheinbar kein Uebel leidet, allein bei ge-
nauerer Erwägung dürfte doch der Gesetzgeber Gründe haben,
dem Verbrecher das höchste Hebel, die Todesstrafe zu erlas-
sen, wenn bereits ^unverschuldet andere Uebel zugefügt wa-
ren; nimmt maukeine Rücksicht, so leidet der Bestrafte ge-
doppeltes Uebel. — Bei derConcurrenz der Verbrechen schei-
det der Entwurf in der Rubrik die ideale und reale Concur-
renz (Art. 117. Ii9.). Diese Ausdrücke, die nur der Doktrin
angeboren, würden besser weggestrichen; bei der sogenann-
ten idealen Concurrenz wird die Strafe der schwersten Heber-