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Dr. Schultheis und Schulz Exegesen
machen uns überlassen ist, mag machen, wer dazu Urtheilskraft
und Sachkenntnisse hat. Aber (wer er auch sey !) er darf sie nicht
aufnöthigen, wie wenn er besser wüsste, auf welche bestimm-
tere Weise die Offenbarung sich hätte ausdrücken sollen.
Rührend ist es zu lesen, wie Luther mit Furcht und
.Zittern, mit der acht, gewissenhaften Scheu, nicht etwa
zu wenig zu glauben, an die damals allgemeine Transsub*
stantiations- (Wesenverwandlungs-) Lehre dachte. Aber eben
so gewissenhaft scheuete sich mit Recht der unscholastischer
und desto philologischer gebildete Zwingli vor dem andern
Extrem des Zuvielglaubens, d. h. zu glauben, was nicht os-
fenbar als Glaube an einen übernatürlichen Erfolg aufge-
Luther wusste geschichtlich, wie erst noch Papst Gre-
gor Vis. ungerne und nur um der Verketzerung auflauernder
Catdinäle zu entgehen, den Berengarius 1079 zu demBekennt-
uiis genöthigt hatte, dass Brod nnd Wein dem Wesen
pach verwandelt Werde (sHLtgHtLJüer coHuert:) in das ,,von
der Jungfrau geborene Fleisch und das aus der Seitenwunde
geflossene Blut Jesu*' (s. Hardnin, Concil. Samml. VI, I.
1585)* Luther wusste, dass erst Innocenz III. 1215 durch
das Concil. Lateran. IV. dieTranssubstantiation, als Kirchen-
lehre anerkannt, decretorisch promulgiert hatte. Ausserdem,
dass also diese Auslegung der Worte Jesu als sehr neuhekaunt
war (was an sich , weil Alenschen oft spät das Wahre finden,
nicht das Verwerfliche ist!) bemerkte Luther wohl, dass die
Auslegung, wie wenn von Brod und Wein nur die Schein-
gestalten blieben^ das Wesen aber aufhöre und das We-
sen des Leibs und Bluts Christi iu diese Gestalten
übergehe, allzusehr nach einer gelehrtscheinenden Schuler-
findung schmecke.
Aber die allerersteFrage hätte sodann diese seyn müssen:
ob Jesus denn würklich seinen Tischgenossen, vor denen er
noch im lebenden, unverklärtem Leibe da sass, irgend eine
bestimmte Veranlassung gegeben habe, zu denken, sein Sinn
sey, dass sie hei den Worten: Lies ist mein Leih! eine
ihnen sonst ttnerkennhare, geheimnissvoHc, von übersinnli-
cher Kraft bewirkte Umänderung des Brods, um wesentlich
Jesu Leih zu seyn — glauben sollten. Wenn ein weiser
^Lehrer nicht einen ungewöhnlichen Sinn seiner Worte an-
deutet, so ists sein Whle, dass man sie in irgend ernem ohne
Geheioideutung erkennbaren Sinn verstehe.
Wäre aber bestimmt von Jesus angedeutet, dass dqs Brod
d u; c h eine n Lee n a tü r 1 s c h e W ü t k u n g sein Leib sey,
Dr. Schultheis und Schulz Exegesen
machen uns überlassen ist, mag machen, wer dazu Urtheilskraft
und Sachkenntnisse hat. Aber (wer er auch sey !) er darf sie nicht
aufnöthigen, wie wenn er besser wüsste, auf welche bestimm-
tere Weise die Offenbarung sich hätte ausdrücken sollen.
Rührend ist es zu lesen, wie Luther mit Furcht und
.Zittern, mit der acht, gewissenhaften Scheu, nicht etwa
zu wenig zu glauben, an die damals allgemeine Transsub*
stantiations- (Wesenverwandlungs-) Lehre dachte. Aber eben
so gewissenhaft scheuete sich mit Recht der unscholastischer
und desto philologischer gebildete Zwingli vor dem andern
Extrem des Zuvielglaubens, d. h. zu glauben, was nicht os-
fenbar als Glaube an einen übernatürlichen Erfolg aufge-
Luther wusste geschichtlich, wie erst noch Papst Gre-
gor Vis. ungerne und nur um der Verketzerung auflauernder
Catdinäle zu entgehen, den Berengarius 1079 zu demBekennt-
uiis genöthigt hatte, dass Brod nnd Wein dem Wesen
pach verwandelt Werde (sHLtgHtLJüer coHuert:) in das ,,von
der Jungfrau geborene Fleisch und das aus der Seitenwunde
geflossene Blut Jesu*' (s. Hardnin, Concil. Samml. VI, I.
1585)* Luther wusste, dass erst Innocenz III. 1215 durch
das Concil. Lateran. IV. dieTranssubstantiation, als Kirchen-
lehre anerkannt, decretorisch promulgiert hatte. Ausserdem,
dass also diese Auslegung der Worte Jesu als sehr neuhekaunt
war (was an sich , weil Alenschen oft spät das Wahre finden,
nicht das Verwerfliche ist!) bemerkte Luther wohl, dass die
Auslegung, wie wenn von Brod und Wein nur die Schein-
gestalten blieben^ das Wesen aber aufhöre und das We-
sen des Leibs und Bluts Christi iu diese Gestalten
übergehe, allzusehr nach einer gelehrtscheinenden Schuler-
findung schmecke.
Aber die allerersteFrage hätte sodann diese seyn müssen:
ob Jesus denn würklich seinen Tischgenossen, vor denen er
noch im lebenden, unverklärtem Leibe da sass, irgend eine
bestimmte Veranlassung gegeben habe, zu denken, sein Sinn
sey, dass sie hei den Worten: Lies ist mein Leih! eine
ihnen sonst ttnerkennhare, geheimnissvoHc, von übersinnli-
cher Kraft bewirkte Umänderung des Brods, um wesentlich
Jesu Leih zu seyn — glauben sollten. Wenn ein weiser
^Lehrer nicht einen ungewöhnlichen Sinn seiner Worte an-
deutet, so ists sein Whle, dass man sie in irgend ernem ohne
Geheioideutung erkennbaren Sinn verstehe.
Wäre aber bestimmt von Jesus angedeutet, dass dqs Brod
d u; c h eine n Lee n a tü r 1 s c h e W ü t k u n g sein Leib sey,