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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 56,1.1863

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Nr. 9
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https://doi.org/10.11588/diglit.44902#0137
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Nr. 9, HEIDELBERGER 1883.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Oeuvres de Moliere.

(Schluss.)
Die Herrn Concurrcnten, welche nur zu sehr wussten, dass
sie Moliere anerkennen mussten, intriguirten gegen ihn, so dass
der Monarch, der Moliere’s Genie damals noch nicht recht zu wür-
digen wusste, ihm die peinture des moeurs erliess, und Intermezzo’s
zu verfassen auftrug. So kam es, dass von ihm ein Impromptu
de Versailles, eine Princesse d’Elide, und Le Mariage force zum
Ä'orschein kam. Aber Ludwig XIV hatte eine wirkliche Achtung
vor ihm, und wenn Moliere von diesen Intermedes alsbald wieder
abging, so bewies das, dass der König dies selbst nur zu gern hatte.
Mit welchem Bewusstsein um die Bedeutsamkeit seines Be-
rufs er sich der peinture des moeurs wieder zuwendete, dafür zeugt
sowohl die innere Vollendung und Reife seiner folgenden Arbeiten,
die richtige Erfindung und die zwanglose Schürzung und Lösung
des Knotens auf der einen Seite, wie dci· Inhalt der einschlägigen
Stücke auf der anderen. Mit der Annahme des Titels einer-Troupe du roi
1665 trat die Gesellschaft Moliere’s in ein neues Stadium, und für ihn
selbst begann damit die Glanzperiode seines Lebens. Achtzehn
Stücke sind die Frucht jener vierten Periode, während deren er
sich der Gunst des Monarchen unverändert (bis zu seinem Tode,
der 1673 erfolgte) zu erfreuen hatte. Die Titel derselben sind:
Don Juan ou le Festin de Pierre (1665), L’amour medecin (1665),
Le Misanthrope (1666), Le Medecin malgre lui (1666), Mälicerte
(1666), Lc Sicilien, ou l’Amour peintre (1667), Amphitryon (1668),
L’Avare (1668), George Dandin, ou le Mari confondu (1668), Le
Tartuffe ou'l’imposteur (1669), Monsieur de Pourceaugnac (1669),
Les Amants magnifiques (1670), Le Bourgeois genthilhomme (1670),
Les Fourberies de Scapin (1671), Psyche (1671), Les Femmes
savantes (1672), La Comtesse d’Escarbagnas (1672), Le Malade
imaginaire (1673). Wie viel Titel, soviel Ansprüche auf Bewun-
derung! Dio anziehendsten Formen liehen in diesen'Stücken den
Lehren des gesunden Menschenverstandes und der Vernunft ihr
Kleid, und die Geheimnisse der Sprache dienten dem Freunde so
vieler ausgezeichneten Persönlichkeiten seiner Zeit zum empfehlenden
Zeugnisse. Giebt es ein philosophisches Leben und Arbeiten, äusser
der Beschäftigung mit Abstraktionen oder der reinen Theorie, so
hat Moliere es geführt, und seiner Zurückgezogenheit in Auteuil
bei Paris, wo er ein Haus hatte, und in den Mussestunden, die
nicht seinen Freunden gewidmet waren, über Handel und Wandel
LVI.. Jahrg. 2. Helt. 9
 
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