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Schack: Poesie der Araber.

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Dass Lebid, der ein sehr hohes Alter erreicht hat — er starb nach
Einigen erst unter dem Chalifate Muawia’s — sich schliess-
lich zum Islam bekehrt habe, unterliegt keinem Zweifel, dass diess
aber noch zu Mohammed’s Lebzeit und in der von Sujuti und Andern
erzählten Weise geschehen sei, bezweifelt jetzt Ref., obgleich er
selbst vor zwanzig Jahren, als er seine »poetische Literatur der
Araber« schrieb, diese Sage als historische Thatsache angesehen
hat. Der Verf. geht dann zum Einfluss des Islams auf die Dicht-
kunst und auf die Begeisterung über, welche der Koran bei den
Arabern hervorrufen musste, den er zuerst »Religionsbuch« dann
aber »eine Sammlung lyrischer Ergüsse« nennt. Dass der Koran
unter Anderm auch lyrische Ergüsse enthält, zu welchen die Schil-
derung der Allmacht Gottes, der Wunder der Schöpfung, der Schre-
cken des jüngsten Gerichts, der Freuden der Frommen im Paradiese
und der Qualen der Sünder in der Hölle gehören, ist wahr, das
ganze Buch aber so zu nennen, ist mehr als eine poetische Licenz.
Sind etwa die Geschichten und Sagen von frühem Völkern und
ihren Propheten, welche einen grossen Raum im Koran einnehmen,
so wie die ganze Dogmatik, Sittenlehre, die praktische Theologie
und die zahlreichen Gesetze und Vorschriften über alle Theile des
Rechts auch lyrische Ergüsse? Der Verfasser wendet sich
hierauf zur weiteren Entwicklung und allmähligen Umgestaltung
der arabischen Poesie am Hofe der Omejjaden, und bemerkt, wie
zur Zeit als der Hof begann sich die Dichtkunst dienstbar zu
machen, die Gattin Muawias, welche auch Dichterin war, sich nach
ihrer Heimath in die Wüste zurücksehnte. Ihr Lied wird dann
auch angeführt, aber theils verstümmelt, theils mit allen Fehlern,
welche sich bei Abulfeda im Texte wie in der lateinischen Ueber-
setzung finden. So wird z. B. eine zahme Katze in eine gel-
lende Pauke verwandelt. Ein Vers, welcher sich besonders auf
Muawia bezieht, der bekanntlich wohlbeleibt war, und den man in
Prosa folgenderweise übersetzen würde: »Lieber ist mir ein edler
Mann aus meinem Stamme, als der Dickleibige mit duftendem
Barte« lautet bei Herrn von Schack:
»Ein Hirt von meinem Stamme gilt mir mehr
Als all die üpp’gen Fremden um mich her.«
Das Richtige, so wie auch noch einige bei Abulfeda fehlende
Verse hätte der Verf. im ersten Bande der Geschichte der Chalifen
von Ref. finden können.
Ueber die im vorliegenden Werke mitgetheilten Uebersetzungen
äussert sich der Verf. in seinem Vorworte folgendermassen: »In
den mitgetheilten Gedichtproben werden die Kenner ein sorgfältiges
Studium der oft äusserst schwierigen Originale nicht vermissen.
Bei der Behandlung der Texte haben mich dieselben Grundsätze
geleitet, die ich schon bei frühem ähnlichen Arbeiten befolgte.
Eine metrische Nachbildung kann nicht den Zweck haben, als Hülfs-
mittel zum Verständniss des Originals zu dienen, vielmehr muss
 
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