Remling: Die Rheinpfalz in der Revolutionszeit,
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eine Brandschatzung von 400,000 Livres ausgeschrieben, welche
innerhalb drei Stunden von den reichen und begüterten Bürgern
erhoben werden sollte. Bis um 1 lühr in der Nacht war in baarem
Geld und in Assignaten die Summe von 120,000 Livres zusammen-
gebracht, die am folgenden Tage noch bis auf 152,000 stieg, mit
welchen Dumoulin, der vom Wohlfahrtsausschuss zu Paris in die
Pfalz zur Ausleerung abgeschickte Agent, nach Germersheim am
2. Februar ab reiste, von wo aber noch desselben Tages der Befehl
eintraf, militärische Zwangsmassregeln anzuwenden, wenn binnen
24 Stunden der Rest der aufgelegten Brandschatzung nicht abge-
liefert würde. Die bei der Unmöglichkeit, diess zu leisten, schrift-
lich und mündlich vorgetragenen Bitten hatten indess doch den
Erfolg, dass Dumoulin mit weiteren 12,000 Livres sich begnügte,
die durch eine neue Sammlung beigebracht und ihm zugesendet
wurden. »Um diese Zeit (wir lassen hier lieber den Ä^erfasser selbst
reden S, 446 ff.) begannen auch die zügellosen Freibeuter, von ein-
heimischen Helfershelfern begleitet und unterstützt, in die denk-
würdigen Hallen des Kaiserdomes einzudringen, um dieses altehr-
würdige Gotteshaus zu entheiligen, zu berauben und zu verwüsten.
Die verschiedenen Zierden und Heiligenbilder wurden von ihren
Standplätzen mit Spott herabgeworfen, verstümmelt und zertrüm-
mert. Die rohen Stürmer zerschlugen die Sitze der Stuhlbrüder
über den Gräbern der alten Kaiser, zerhieben die reich vergoldeten
Chorstühle in dem Stiftschore, warfen die Beichtstühle zusammen,
zerstörten den prächtigen Hochaltar und die schönen Nebenaltäre,
raubten die Orgelpfeifen und die auf dem Sängerchore vorfindlichen
musikalischen Instrumente, zerschlugen mit gewaltigen Hieben die
grösseren Glocken, und warfen die Stücke derselben nebst den aus-
gehobenen kleinen Glocken und das schöne Uhrwerk durch die Ge-
wölbeöffnungen der Vorhalle herab, wo sie das steinere Plattenbe-
lege des Haupteinganges zerrissen und zersplitterten. In der Sa-
kristei wurden die Schränke zerhauen, und allenthalben selbst mit-
telst Ausbruches einzelner Mauerstellen, nach dem reichen Dom-
schatze gesucht, der jedoch glücklich über den Rhein gerettet war.
Was an Gefässen und Gewändern aufgefunden wurde, sammt den
alten Choral- und Messbüchern, die schöne Bibliothek des Dom-
capitels, die violetsammtnen Stühle in der Capitelsstube, trug man
zusammen, lud es auf Wagen und verbrachte es nach der Festung
Landau. Was zum Wegfahren nicht werthvoll genug erschien,
wurde zerrisseu, zerstreut, und, mit Unrath besudelt, in und um
den Dom herumgeworfen. Auch von Aussen blieb das Heiligthum
nicht verschont. Die Grabdenkmäler im Kreuzgange wurden ver-
stümmelt und zerschlagen. Der Statue des heil. Papstes Stephan,
auf der Zinne der Vorhalle, rissen die Räuber das grosse, eiserne,
vergoldete Doppelkreuz aus der Hand. Dem auf der anderen Seite
dieser Zinne aufgestellten Bilde des heil. Bernhard, welches mit
dem einen Arm ein grosses Kreuz von der Dornenkrone bekränzt,
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eine Brandschatzung von 400,000 Livres ausgeschrieben, welche
innerhalb drei Stunden von den reichen und begüterten Bürgern
erhoben werden sollte. Bis um 1 lühr in der Nacht war in baarem
Geld und in Assignaten die Summe von 120,000 Livres zusammen-
gebracht, die am folgenden Tage noch bis auf 152,000 stieg, mit
welchen Dumoulin, der vom Wohlfahrtsausschuss zu Paris in die
Pfalz zur Ausleerung abgeschickte Agent, nach Germersheim am
2. Februar ab reiste, von wo aber noch desselben Tages der Befehl
eintraf, militärische Zwangsmassregeln anzuwenden, wenn binnen
24 Stunden der Rest der aufgelegten Brandschatzung nicht abge-
liefert würde. Die bei der Unmöglichkeit, diess zu leisten, schrift-
lich und mündlich vorgetragenen Bitten hatten indess doch den
Erfolg, dass Dumoulin mit weiteren 12,000 Livres sich begnügte,
die durch eine neue Sammlung beigebracht und ihm zugesendet
wurden. »Um diese Zeit (wir lassen hier lieber den Ä^erfasser selbst
reden S, 446 ff.) begannen auch die zügellosen Freibeuter, von ein-
heimischen Helfershelfern begleitet und unterstützt, in die denk-
würdigen Hallen des Kaiserdomes einzudringen, um dieses altehr-
würdige Gotteshaus zu entheiligen, zu berauben und zu verwüsten.
Die verschiedenen Zierden und Heiligenbilder wurden von ihren
Standplätzen mit Spott herabgeworfen, verstümmelt und zertrüm-
mert. Die rohen Stürmer zerschlugen die Sitze der Stuhlbrüder
über den Gräbern der alten Kaiser, zerhieben die reich vergoldeten
Chorstühle in dem Stiftschore, warfen die Beichtstühle zusammen,
zerstörten den prächtigen Hochaltar und die schönen Nebenaltäre,
raubten die Orgelpfeifen und die auf dem Sängerchore vorfindlichen
musikalischen Instrumente, zerschlugen mit gewaltigen Hieben die
grösseren Glocken, und warfen die Stücke derselben nebst den aus-
gehobenen kleinen Glocken und das schöne Uhrwerk durch die Ge-
wölbeöffnungen der Vorhalle herab, wo sie das steinere Plattenbe-
lege des Haupteinganges zerrissen und zersplitterten. In der Sa-
kristei wurden die Schränke zerhauen, und allenthalben selbst mit-
telst Ausbruches einzelner Mauerstellen, nach dem reichen Dom-
schatze gesucht, der jedoch glücklich über den Rhein gerettet war.
Was an Gefässen und Gewändern aufgefunden wurde, sammt den
alten Choral- und Messbüchern, die schöne Bibliothek des Dom-
capitels, die violetsammtnen Stühle in der Capitelsstube, trug man
zusammen, lud es auf Wagen und verbrachte es nach der Festung
Landau. Was zum Wegfahren nicht werthvoll genug erschien,
wurde zerrisseu, zerstreut, und, mit Unrath besudelt, in und um
den Dom herumgeworfen. Auch von Aussen blieb das Heiligthum
nicht verschont. Die Grabdenkmäler im Kreuzgange wurden ver-
stümmelt und zerschlagen. Der Statue des heil. Papstes Stephan,
auf der Zinne der Vorhalle, rissen die Räuber das grosse, eiserne,
vergoldete Doppelkreuz aus der Hand. Dem auf der anderen Seite
dieser Zinne aufgestellten Bilde des heil. Bernhard, welches mit
dem einen Arm ein grosses Kreuz von der Dornenkrone bekränzt,