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Zur griechischen Historiographie. I.

ten und Spezzioten im Augenblick der Krisis deutlich genug. Die
Insulaner hatten an sich wenig Grund sich gegen die bestehende
Ordnung zu erheben, und Alles Erworbene wieder auf’s Spiel zu
setzen. Eine Oligarchie von 24 Vorstehern, die aus der Mitte der
reichen Schiffsherrn, der οίκοκνραΐοι, gewählt wurden stand an der
Spitze von Hydra. Auch Spezzia hatte eine aristokratische Ver-
fassung , und in beiden Inseln lief das Interesse der herrschenden
Klasse auf die Erhaltung des Bestehenden, des Status quo unter
türkischer Herrschaft hinaus. Dennoch pflanzte Spezzia schon am
26. März 1821 die Fahne des Aufstands auf; Psara folgte trotz
seiner exponirten Lage nachdem einmal der Anstoss gegeben
war, und in Hydra brach um die Mitte April eine demokratische
Bewegung gegen die οίκοκυραΐοι aus und riss auch die Wider-
strebenden mit sich fort. Die Gemeinden der drei Inseln stellten
sofort ein kleines Geschwader auf; das unter Tombasis’ Leitung
nicht ohne Glück gegen die schwerfälligen türkischen Schiffe ope-
rirte. Die Brander, die man auf den Rath des Pargioten Pata-
tukos anfangs in roher Weise konstruirte, sollten bald vervoll-
kommnet werden, sich trefflich bewähren und Schrecken unter den
türkischen Seeleuten verbreiten. —- Durch die Mittheilungen von Kut-
sonikas fällt auf die Anfangsgeschichte des Aufstandes ein ganz
neues Licht. Die Initiative der Nationalbewegung gebührt den
Sulioten. Doch Kutsonikas ist weit entfernt davon das Verdienst
der übrigen Freiheitskämpfer schmälern zu wollen. Die Erhebung
von Morea im März des Jahres 1821 schildert er übereinstimmend
mit Trikupis als eine von geringfügigen Ursachen plötzlich zur
Lawine heranwachsende Bewegung. Ein Raubanfall, den einige
Kleften bei Kalawryta gegen eiuen vorüberziehenden laliotischen
Spahi unternahmen, wird allgemein als der erste Anstoss ange-
sehen ; ohne dass noch ein Angriff von Seiten der Griechen erfolgt
wäre, handelten die Türken, als ob sie von der Revolution über-
rascht seien, und flüchteten entweder nach der Küste oder nach
der Festung Tripolitza dem Nabel des Peloponneses. Ihre Kopf-
losigkeit trug zum Mindesten ebenso viel zum Gelingen der Be-
wegung bei, wie die Elasticität der Griechen. Am 22. März be-
gannen die Ottomanen von Patras, Weib, Kind und Habe nach
der Acropolis in Sicherheit zu bringen. Die Vorsteher der Griechen
traten zu einem Ausschuss zusammen, trafen militärische Vor-
kehrungen und bald begannen die Feindseligkeiten in den Strassen
und die Beschiessung des Kastells. Dem Pascha von Euböa Jussuf,
der rechtzeitig von Rhium herbeieilte, gelang es diese militärischen
Neulinge zu zersprengen und die Belagerung aufzuheben. Die
Akropolis blieb bis zur Ankunft des französischen Hülfscorps unter
Maison in den Händen der Türken. Auch gelang es Jussuf die
Lalioten, die auf ihrer Bergfeste den belagernden Griechen viel zu
schaffen machten, und durch Streifzüge lästig fielen, zu entsetzen.
Der Aufstand, dessen Wogen nun durch ganz Morea brandeten,
 
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