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Plato’s Phädon von Bischoff.

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kann, als selbstbewusster Geist, also in dem Realwerden des Ein-
zelnen im Allgemeinen als Geist (S. 266). Nur dem Allgemeinen
kommt ein wahres Sein zu, das Einzelne als solches hat für das
Allgemeine keinen Werth und ist etwas blos vorübergehendes; aber
indem das einzelne Sein (die Seele) auf das Andere verzichtet und
für sich selbst zu sein sich entschliesst, d. h. indem es selbstbe-
wusster Geist wird, erhebt es sich zum Allgemeinen Sein, erhält
reale Existenz und gehört somit selbst der realen Welt der Ideen
an. Eine solche »Vergeistigung und Verselbstständigung der Seele
konnte nicht besser, nicht lebendiger dargestellt werden als durch
die Schilderung des dem Tod mit erhöhtem Lebensgefühl entgegen-
gehenden Philosophen« (S. 267).
Wir sind absichtlich etwas länger bei diesem Abschnitt ver-
weilt, in Betracht seiner Wichtigkeit für die Beurtheilung des
Phädon; wir haben die Ansicht des Verfassers meist wörtlich mit
dessen eigenen Worten hier mitgetheilt, um jedes Missverständniss
zu beseitigen, namentlich auch seine Polemik gegen Schmidt, der,
wie wir es ansehen, nicht den Vorwurf eines dualistischen Zweckes,
mit Hintansetzung der erforderlichen Einheit des Zweckes verdient,
indem der künstlerische Zweck, wie ihn Schmidt bezeichnet, doch
nur als ein Nebenzweck erscheint, der mit dem Hauptzweck in
Verbindung stehend zugleich mit demselben erreicht werden soll,
nicht aber als Hauptzweck und als Grundgedanken gelten kann,
welcher doch immer kaum in Etwas Anderem, als in der Begrün-
dung der Unsterblichkeitslehre aus dem Begriff der Seele zu suchen
ist, zumal im Gegensatz zu andern darüber aufgestellten und ver-
breiteten Ansichten, welche ihre Widerlegung finden sollen, so wie
in Verbindung mit der aus Allem sich ergebenden Lehre, wor-
nach das wahre Streben des Philosophen, als Zweck dieses irdi-
schen Daseins, in die Erkenntniss der Seele, und damit in das Frei-
sein von Allem Aeusseren und Materiellen, also in das Streben
nach dem Tod, der diese Befreiung uns bringt, zu setzen ist.
Abschnitt V, S. 268 fi. betrachtet die künstlerische Form, wo-
bei am Schlüsse auch der Gebrauch der Mythen erwähnt wird, in
deren Anwendung der Verf. keineswegs eine Lücke in der wissen-
schaftlichen Erkenntniss finden möchte, sondern in folgender Weise
sich ausspricht: »es ist das Wahre für Plato einerseits ein durch-
aus Unsinnliches, Jenseitiges, so dass es, um erkannt zu werden,
eine Entäusserung von aller sinnlichen Vorstellung erfordert, aber
andererseits doch vollkommen real und konkret, so dass ihm die
Abstraction nicht entspricht. Um nun beides darzustellen, dazu
diente die poetische Form des Mythus, in welcher eben so sehr
das Uebersinnliche wie das Konkrete der Idee zum Ausdruck kommt.«
Also der Verf. S. 281; in wie weit damit die Anwendung des
Mythus seine volle Erklärung erhält, möchte man doch bezweifeln.
Abschnitt VI, S. 282 ff. welcher über die wahrscheinliche Abfas-
sungszeit des Phädon und dessen Stellung in der Reihe der plato-
 
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