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Heidelberger Jahrbücher der Literatur — 62,2.1869

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Nr. 54
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https://doi.org/10.11588/diglit.51354#0383
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Peip: Zum Beweis des Glaubens,

859

allerdings die Gesetze der lebendigen Kraft und die mit diesem
verknüpften Tbatsachen der Wärmelehre wunderbarerweise über-
einstimmen: Vergl. Helmholtz die Wechselwirkung der Naturkräfte
und siehe bei Wnndtüber die Menschen- und Thierseele Th.II.p. 440 ff.).
So könnten wir doch nicht zu dem Schluss kommen, dass der Tod nur als
Hebel im Sonnensystem herrsche. Angenommen selbst unser Sonnensy-
stem befände sich in einem extremen und krankhaftbewegtenAusnahme-
zustand, der zu einem Gleichgewicht zwischenSpannkräften und leben-
digen Kräften hinstrebt, was wäre mit dieser vielleicht naturwissen-
schaftlich berechtigten Annahme für das Todesphänomen gewonnen ? Ist
der Tod für alle Wesen jederzeit nur eine wirklich vollkommene Meta-
morphose, ist derselbe in jedem Falle ein natürliches und am Ende
eines bestimmten Daseins berechtigtes Mittel den Weltgenuss der
Wesen und Elemente vollkommen zu erschöpfen, so kann es keine
logische Möglichkeit und keine Nothwendigkeit geben eben diese
Erscheinung einzig an die Beschaffenheit des Sonnensystems zu
bannen. Die freie Wahl der Elemente (die sich überall wahlver-
wandt binden, um sich nach gewisser Ermüdung einander vollkom-
men zu trennen) wird diese entschiedenste und wechselvollste aller
Wandlungen als solche vielmehr im ganzen Universum
aufgreifen, so dass allerwärts der Tod nach vollendetem Lebens-
abend eintritt, wenn es auch anderwärts unter vollkommeneren Ver-
hältnissen vielleicht keinen zu frühen und unzeitig eintretenden Tod ge-
ben mag. Der Tod ira Allgemeinen ist somit niemals dasUebel
dem Gemüthe, hiermit die Thatsacbe auf, dass im gesunden, gesetzmässigen
Getriebe des Makrokosmus temporär dasselbe vorgehen könne, was im Mi-
krokosmus der Organismen als Störung und Krankheit empfunden wird.
Vom exaet wissenschaftlichen Gesichtspunkt dürfen wir hierüber folgendes
hinzufügen: Wir haben vom physio-pathologischen Gesichtspunkt für die
Reihe der feinen ineinander übergehenden, molekularen Veränderungen im
Organismus in jedem Falle ein exactes Kriterium festzustellen, dureh wel-
ches ein für allemal anzugeben ist, wo in den Veränderungen im Organis-
mus Gesundheit aufhört und wo Krankheit anfängt. Nimmt man nun hier, wie
das oft geschieht, das Kriterium der relativen Gefahr (als Todesgefahr) für
diejenigen Veränderungen an, welche als krankhaft zu bezeichnen sind, so
ist dieses Characteristicum gewiss das schlechteste, da es eine grosse Reihe
von chronischen Veränderungen sehr böser, aber ganz ungefährlicher Natur
gibt, wrelche jedenfalls als gefahrlose Krankheiten anzusehen sind. Dass
Gesundheit und Krankheit wie Kälte, und Wärme relative ineinanderüber-
gehende Begriffe sind, liegt auf der Hand, wie aber nur das plötzliche
Zu-kalt und Zu-heiss allein zerstörend und krankhaft er-
scheinen, so auch hier, die organischen Einzelveränderungen, und die Be-
wegungen im Organismus geschehen sämmtlich gesetzlich und nothwendig,
aber das Auftreten von Extremen in ihnen nur unter Umständen und be-
dingungsweise, daher hat man richtig das Kriterium desExtrems
einer sich üb er all feststellenden normalen Durchschnitts-
bewegung als das Wesen der Krankheit bezeichnet, und man
könnte daher ganz richtig auch am Himmel zu einer mathematischen Be-
rechnung krankhafter und extremer Bewegungen kommen. Ob es möglich
ist durch eine höchst umfangreiche Beobachtung und Vergleichung der Welt-
körperbewegungen im Raume, auch für unser Sonnensystem eine solche
festzustellen, muss dahingestellt bleiben, obwohl kein Astronom diese Mög-
lichkeit a priori leugnen würde.
 
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