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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Editor]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

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Heft 1
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Zangemeister, Karl: Zur germanischen Mythologie
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https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0061
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Zur germanischen Mythologie

51

jetzt allgemein angenommen. Was ihre Reihenfolge betrifft, so steht
auf vierzehn1) Denkmälern Mars 13 mal an erster und Mercur ebenso
oft an letzter Stelle, Hercules 8 mal an zweiter, einmal an dritter und
einmal an erster Stelle, während er auf n. 5—8 ganz weggelassen ist.
Die Rangordnung ist also keine ganz konstante, dem Mars aber wird
jedenfalls bis auf eine einzige Ausnahme der Vorzug zugewiesen; auch
ist auf den Nebenseiten des Steines n. 22 ausser Juppiter nur noch Mars
dargestellt. Ob dies lediglich auf den Umstand zurückzuführen ist, dass
die Denkmäler von Soldaten in ihrem Lager geweiht sind, mag dahin-
gestellt bleiben. Es darf aber darauf hingewiesen werden, dass Tiu ur-
sprünglich der höchste Gott der Germanen gewesen ist und Tacitus
Hist. 4, 64 im Jahre 70 einen Gesandten der Tencteri den Mars als
ihren „praecipuus Deorum“ bezeichnen lässt. Dass er als Zio-Irmin von
den Herminonen (speziell auch den Hermunduren, vgl. Tacitus, Ann. 13,
57) als Hauptgott verehrt wurde, ist bekannt. Der „regnator omnium
deus“ bei den Semnonen (Tacitus Germ. 39) wird ebenfalls auf Tiu be-
zogen. Doch muss ich die Erörterung dieser Frage den Germanisten
überlassen. — Dem Mercurius wird übrigens in Nymwegen, also auf
Bataver-Gebiet, der Beiname „rex“ gegeben (Bramb. 70, vgl. 79 a).

Von besonderem Interesse ist weiterhin, dass jedem Gotte der ger-
manischen Trias eine Göttin beigesellt ist, nämlich

Hercules mit Fortuna,

Mars mit Victoria,

Mercurius mit Felicitas

verbunden erscheint. Mit welchen germanischen Göttinnen diese ge-
glichen sind, muss den Germanisten anheimgestellt werden zu ermitteln.
Ich beschränke mich darauf, diesen Zusammenhang nachzuweisen, der
bis jetzt noch nicht bemerkt worden war2).

Die nachfolgenden Gottheiten sind hiernach auch als germanische
oder ev. gallisch-germanische zu betrachten; natürlich mit Ausnahme 1) des
speziellen Schutzgeistes dieser Truppe, des Genius singularium Augusti,
der regelmässig am Ende aufgeführt ist, 2) des ihm in n. 22 und 23
vorhergehenden Genius des regierenden Kaisers3) und 3) der in n. 23 ein-

1) Auf n. 4—10. 12. 13. 16. 20—23. Auf dem defekten Steine n. IG kann
Mercur, da auf Juppiter und Juno wahrscheinlich Minerva folgte, nur hinter Mars
und Hercules genannt gewesen sein.

2) Über die Felicitas vgl. unten S. 57 Anm. 1.

3) n. 22: „Genio imp. Hadriani Aug.“ (auf beiden Seiten), n. 23: „Genio imp.“
 
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