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Historisch-Philosophischer Verein <Heidelberg> [Hrsg.]
Neue Heidelberger Jahrbücher — 5.1895

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Zangemeister, Karl: Der obergermanisch-rätische Limes: Vortrag, gehalten zu Gunsten des Badischen Frauenvereins zu Heidelberg am 15. Januar 1895
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https://doi.org/10.11588/diglit.29062#0113
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Der obergermanisch-rätische Limes

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54: (S. 84). In der „Formula ducatus ßaetiarum“ bei Cassiodor,
var. Y1I 4 heisst es am Schlüsse: „Quapropter responde nostro iudicio,
fide nobis et industria placiturus, ut nec gentiles sine discussione sus-
cipias nec nostros ad gentes sub incnriositate transmittas. Ad necessi-
tatem siqnidem rarius venitur arraorum, uhi suscepta surreptio custodiri
posse sentitur“.

55 (S. 85). So wissen wir, dass gegen Ende des 3. Jahrhunderts
in Britannien nach Aufgabe des Piuswalles ein Vorland vor der Hadrians-
mauer von 24 m. p. noch zum römischen Besatzungsgebiete gehörte (bis
Blatum Bulgium) und in der Mitte zwischen dieser Endstation und der
Hadriansmauer ein Lager von Exploratores stand (Itin. p. 466, vgl.
oben Anm. 38). Das Vorhandensein des Vorlandes, das also stets unter
militärischer Kontrolle stand, erklärt auch m. E. die oben S. 70 er-
wähnte, an sich auffällige Tracierung des Grenzwalles. Unter dieser
Voraussetzung war die Führung des Walles auf dem Gebirgsrücken
weniger notwendig, und man konnte von ihr absehen, wenn dadurch
Vorteile für das Patrouillieren, Signalisieren u. s. w. gewonnen wurden.

56 (S. 85). Sehr belehrend ist eine Vergleichung der grossen Be-
deutung, welche die chinesischen Limesanlagen und zwar speziell die in
den ersten Jahrhunderten der römischen Kaiserzeit ausgeführten Erd-
und Steinwälle sowohl für China selbst und dessen ungestörte Konsoli-
dierung, wie andererseits für die centralasiatischen Völker und die Ge-
schichte Europas gehabt haben. Vgl. v. Richthofen, China I 435. 444 fg.
und Wegener, Vom Fels zum Meer XIV 208 fg. „Der Einbruch der
Hunnen (sagt Letzterer im Anschluss an v. Richthofen’s Ausführungen)
und ähnlicher innerasiatischer Gäste in den Occident ist in Wahrheit
nichts anderes als eine letzte Folge der Verschliessung Südostasiens
durch den chinesischen Wall“.

57 (S. 86). Es sei hier noch betont, dass in der späteren Zeit (vom
Ende des 3. Jahrhunderts an) „limes“ überhaupt die Reichsgrenze be-
deutet, ohne dass dabei noch eine künstliche Sperranlage notwendig an-
zunehmen ist. Die Besatzungen waren in jener Zeit meist nicht in eigenen
Kastellen (vgl. Veget. de re mil. 1, 21), sondern in ummauerten Ort-
schaften garnisoniert. Das Wort „civitas“ erhielt jetzt auch in Gallien
und Germanien die Bedeutung einer ummauerten Stadt, während ein so
befestigtes Dorf (vicus) damals „castrum“ hiess. In der Prosa der
klassischen Zeit ist dieser Singular ungebräuchlich und findet sich nur
bei einigen alten Ortsnamen, z. B. Castrum Novum und Castrum Truen-
tinum in Picenum (Corp. IX p. 491 sq.), womit sich auch die Verwen-
dung des Wortes in der vulgär angehauchten Sprache des Nepos (Alcib. 9)
erklärt. Unrichtig ist es daher, ein römisches Lager vordiocletianischer
Zeit „castrum“ zu nennen; ein solches heisst vielmehr, je nach der Grösse
 
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