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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0222
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210 Hermann Engesser

Bänden das gesamte verfügbare Wissen in ausführlichen Artikeln darzustel-
len suchte. Standardwerk der Aufklärung wurde das von D.Diderot und J.le
Rond d'Alembert herausgegebene Werk „Encyclopedie ou Dictionaire rai-
sonne des sciences, des arts et des metiers", das von 1751 bis 1780 in 35 Bänden
erschien. Etwa 60 000 durch ein Verweissystem vernetzte Stichwortbeiträge
spiegelten das „gebändigte" Wissen der damaligen Zeit wider. Diderot verfolg-
te mit seiner Enzyklopädie das Ziel der Aufklärung durch wissenschaftliche
Bildung. Der Bildungsprozess der bürgerlichen Gesellschaft sollte durch um-
fassende Unterrichtung gefördert werden.2 Ähnliche Bedeutung errangen die
von W. Smellie 1786 bis 1771 herausgegebene Encyclopaedia Britannica und das
von RA.Brockhaus ab 1805 verlegte Konversationslexikon, das vor allem da-
zu dienen sollte, diejenigen Kenntnisse zu vermitteln, die für eine gelungene
Konversation zwischen gebildeten Menschen hinreichend waren oder die eine
verständnisvolle Lektüre von Büchern ermöglichen sollten. Die 21. Auflage der
Brockhaus Enzyklopädie, deren erster Band im Herbst 2005 erscheinen soll,
wird nach Verlagsankündigung 300 000 Stichwörter in 30 Bänden enthalten.

Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden zahlreiche Verlage, die mit ihren
Buchprogrammen einen festen Platz in der Wissens- und Bildungslandschaft
einnahmen und ihre Publikationsprogramme über viele Jahrzehnte pflegten
und entwickelten. Durch Spezialisierung auf Wissensgebiete und manchmal
auch die Art der Wissensvermittlung entstanden unterschiedliche Verlags-
typen, etwa Wissenschaftsveriage wie der Springer-Verlag (gegründet 1842),
Vieweg (gegründet 1786), Teubner (gegründet 1811), Lexikonverlage wie etwa
F. A. Brockhaus (gegründet 1805) und das Bibliographische Institut (gegründet
1826) und andere mit einem jeweils eigenständigen Verlagsprofil. Dadurch
fanden neue Autoren leicht „ihren" Verlag. Auch die interessierte Leserschaft
konnte die entsprechenden Buchprogramme und Verlage leicht identifizieren.
Dazu kamen schon früh weitere Verlagsaktivitäten, die einschlägig für die je-
weilige Autorengruppe und Leserschaft waren. So verlegten Wissenschaftsver-
lage in Kooperation mit wissenschaftlichen Gesellschaften deren Zeitschrif-
ten und Buchreihen. Zur „reinen" Verlagsarbeit, also der Vervielfältigung, das
heißt dem Satz und Druck von Manuskripten in Buchform, und dem Vertrieb
der Bücher, kamen weitere Verlagstätigkeiten wie die Berufung von Heraus-
gebergremien und die Installation von Begutachtungsprozessen für Buchma-
nuskripte und Zeitschriftenbeiträge. In diesem Sinne gestalteten Verlage Wis-
sensorganisation mit und das Buch erlangte große Bedeutung für Wissen und
Bildung.

Umgekehrt wurde Bildung abhängig vom Buch und dem Umgang mit die-
sem Medium, dessen Inhalt in einer meist durch Kapitel gegliederten linearen
Struktur vom Anfang zum Ende führt. Die didaktischen Strategien von Lehr-
buchautoren basierten auf diesem linearen Aufbau und entsprachen dem sich

2 Mittelstraß 1980,557ff.
 
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