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Kempter, Klaus [Hrsg.]; Boenicke, Rose [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Bildung und Wissensgesellschaft — Berlin, Heidelberg [u.a.], 49.2005 (2006)

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https://doi.org/10.11588/diglit.2246#0375
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Aktuelle Probleme der Wissensgesellschaft:
Bildung, Arbeit und Wirtschaft*

NICO STEHR

In der wissenschaftlichen und in der öffentlichen Diskussion hat sich der Be-
griff der Wissensgesellschaft als Charakterisierung der emergenten moder-
nen Gesellschaft in den vergangenen Jahren insbesondere gegenüber kon-
kurrierenden Bezeichnungen wie der der postindustriellen Gesellschaft oder
der Risiko- und Informationsgesellschaft durchsetzen können. Welche Gründe
dafür sprechen, ist nicht leicht auszumachen.'

Der Begriff der Wissensgesellschaft trifft schon deshalb auf eine große Re-
sonanz, weil er ungewöhnlich viele interessante Fragen über Zustände und
Entwicklungslinien moderner Gesellschaften eröffnet. Man kann den Begriff
der Wissensgesellschaft zum Beispiel nicht nur auf die Besonderheiten der
Gesamtgesellschaft, sondern auch auf die Probleme aller großen modernen
gesellschaftlichen Institutionen wie Staat, Wirtschaft, Kirche, Familie und Wis-
senschaft anwenden. Die methodische Tugend der Beschreibung der sich ent-
wickelnden modernen Gesellschaft und ihrer Institutionen als Wissensgesell-
schaft erlaubt außerdem das bewusste, begriffliche Herausgreifen emergenter
Aspekte komplexer sozialer Phänomene, um sie für den Zweck der Erkennt-
nisgewinnung neu zu gruppieren.2

Ich möchte diese Vielfalt der Anregungen der Theorie der Wissensgesell-
schaft in diesem Kontext auf eine Art magisches Dreieck einschränken und
nach den reziproken Beziehungen von Bildung, Arbeit und Wirtschaft fragen.
Insbesondere geht es mir um die Frage, ob man in Wissensgesellschaften wie
noch in Industriegesellschaften die Welt der Arbeit als beherrschenden Motor
gesellschaftlicher Veränderungen ansehen muss.

Ich werde meine Überlegungen in einer Reihe von Gedankenschritten vor-
anbringen, wobei ich betonen möchte, dass diese Überlegungen sich nicht auf

Ich beziehe mich in diesem Aufsatz auf eine frühere Veröffentlichung (Stehr 2001) zum Thema

der wissensbasierten Ökonomie. Ich danke Hermann Strasser und Bernd Weiler für ihre

konstruktiven Hinweise.

Auf jeden Fall haben griffige Bezeichnungen von gesellschaftlichen Aggregatzuständen gerade

in Wissensgesellschaften keine lange Lebenserwartung.

Siehe auch Schon [1963] 1967; Bell 1973.
 
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