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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0077
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W 20.


Dienstag, 24. Zq,p,ar

»211 INN'I'»!I'lil!iSsTÄ IIl>!> U- >- " l'l

Nede des heiligen Daters Papst
Clemens XtV^, Gangan elli.

Gehalteii vor dcm Kai'd'liials-Cölleglum
' zu Rom.

I.n jetzl'ger Zei't diirfte es am Platze
selu, auf eiue N?dc aiifuicrksaiu zu suacheu)
welche dcr erleuchtete Papst/Cleiucus XIV.
bei sei'uer Crwähliiua au die Gläiibigeu
gehalteu hat. ClUlge Ei'nzelhelteu uiögeu
vorerst folgeu:

Gaugauelli', aus dem Orden dcr
Franzi'skaner, wurde ^om Papste Bene- . ...

dikt XI V. ziim Beisitzer des heiligen^Ge-> gefährdet, während. ihr auf ciucr audercu
richts crnaiiut, vom Papste Clcuicus XIII.! Seite uiiveruillthet eiu ueuer Zuwachs zu
in das Kardinals-Coüegiilm aufgeiionlttien > blühcn schcint; mehr als- je bedarf sie jetzt
und am 19. Mai 1769 trotz älldr'Kiiiffe^dcr klugen Leitliug, daß die Wirren stch
und Umtrirbe der jesuitischcn Pärtei ein-I zuui Segen für die Mcuschheit Ivsen mögen.
stimmig von ven 45' anwesenden'-Kär- ÖbgleichiIedcr wußte, diese Aiigelegrn-
dinälen zum Papst gewöhlt. — Die Fi'eüde! hciten sollteu in diescr Sitzuug berathen
dcs auf dein Petersplatze vcrsailiiueltÜil ^ wrrdeu, so wußte dvch Ni'emand nvch dic

—-,-S

1800

hcit; wie er stch bei nächstrhendcr Kar«
diual - Vie r s a mmlung offen und frei
ausgesprochen hat. Es war eiiie der wich-
tigsteu Sitzungen seit Iahrhunderteu, cnt«
schcideud für vie Kirche in jeder Hinstcht,
mag auch der Erfolg seiu, wie iuimer.
Aller Gkmiither warcu gespaunt auf die
Vvrträge, die angedcutct waren: Die
neuesten Ereignisse'iu Fraukreich, Spa-
nicu, EUgland uud Deutschland, beson»
ders.aber iu Rußläud, hatten einen tiefen
Eiudruck auf die Mcisten geniacht: die
römische Kirche ist auf mchrcren Seitrn

ängstlich harrenden Volkesivar uilbeschreib«
lich, als der Kardiiial Archidiakön verkün-
dcie: „Wir haben erwahlt ziiiii Papste
Franz Lorenz Gangauelli, dtr sich.neunt
Clcmens XtV. — Das rvttiische Volk
jauchzt. Gaüganelli schällt es freiidig
dnrch alle Straßcn der Stadt.. Diese
Wahl, so ganz uncrwärtet ihui selbst ünd
den Kardinälci,, die aü ihu gerade am
weui'gsttii dachteu, ist wahrhaft' das Wcrk
dcs-Himinclsr Gangaüelli war uach dem
Zeugniß des Kardinäls Albani eiu Maun
von untadelhaften Sittkii, keiner Partei
sklavisch ergeben, deu Wisseuschaften und
Künsten hold und bei dcm Volke belicbt.

Zu deu Seguiliigru seiiier Regierüng
und seines Oberhirtcnaüitcs gehöreu unter
Andcrcin das Verbot der Glücksspiele als
gistiger Nctzc für die uiierfähreüe Iugend
uud als Nähranstalten fur Tägdicbe, die
Aufhcbung dcr Asple für die Vei-brccher,
Verbot des Zweikampses, Förderüiig der
Küustc uud Wisseuschafteü, strengrechtlicke
^ustiz ohue Ansehcn dcr Persön, N.'iudc-
rung der Läsien, llnterstützung' der Armeil,
strenge Disc-iplin über Klöstcr, damit ste
nicht Nähranstalten dcr UepPigkeit'ivir-
den, Wiederherstelliing des altcii fcicrlickeu
Volksgesauges. tu Kirchen/Beschräukung
der Klöster, WaÜfahrten, Aiidachteleicil
und Fasttage u. dergl. mchr. Die Kronc
seincr Segnlingrii war die'Aufhebung
der Iesuitcn i,n Jahr 1773.

Sein Grundsatz war: Beseliguug der

Gesinnung dcs Papstes und Alle harrten
erwartungsvoll seincs Erschriucns. End-
lich trat der Papst eiu mit ciucr Nuhe
und Würde , mit riner Heiterkeit uud -Zu-
versicht, dre stch im Anklitziuud Gaug au-
küudete und.Allcu bcnierkbar war.

Dic Sitzung b'cgann, cr hvrte mit Nuhe
die Vortrqge über pie vc.rschiedeneu Länder
und dauii agch die vcrschicdcuen Meinun-
gen. (Hidlich bcgaun er ruhig uud milde,
uüd Aljer Augeu waren auf i'hii gerichtct:

„Ich fiiide uach lauger uud rcifer Ucber-
lcgung aus allcn diescn Wirp.eu nur
cin en Ausweg, nur ein Heil uud. nur
einc Nettuizg.durch die Em aucipa t i o u
— Freihcit aller christlichcn Kirchcn von
dcr bishcrigen Obervormundschaft Noms.
Dje christlichcn> Kirchcg iur Nordcn und
S'üdwcstcn vou Eürgpa unddrübcu über
dem atlaistischen MkcrcVstnd die.Töckter
dcr röniischku, scit Jahrhunderten, ja scit
mchr ..als eiiicüi Iahrtausciid ihr,, trcu er-
gebrn ; abcr, s stc stnp' jctzt crwqchseu und
fvrderü seit, l a ii g e'r.Zeit' jhr .uatürlichcs
Necht, stch selbst zu leitcn; ste sind uicht
nichr u u in ü nd i g e Kiichcr, dic fich jedcn
Schritt uub'Tritt/ vorzxichüen / jedc Bc-
wegung in ci'guer Ltbeusfülle tadcln lässeu;
eiue läüacre Vorniundschaft ist u ii g e r e ch t
uud gefäh r l i ch. Wie soll ein Dauin
gtdci'hcn und 'cüch mi't cdl'eu.Früchtcn dan-
keu, wcnii ihr ihm Licht uud Soniic
entzirht uud sein Wachsthuui auf jcde
Wcise hciuült, daß er vcrkriippclt? —

Völkcr durch Licht, Liebe üüd Hddi-> Schon uichrere Mal ward ver wichtige

Aug.enblick, dcitz Gott. von Zeit zu Zeitz.
scn'dct, nbersthcu ,. dex göttliche Wiuk
inißvcrstqndeu ö.der verachtct, uud g.e -
waltsa m trenntsn. sich,die Töchtcrkirchkii,
und das Baüd, wclchxs fromnie, Töchter-.
fört, und fort au die PlUtt.er kettet, wurde.
zcrrissen., Jetzt ergeht wieder. vom Hini-
Mtl die Dtahnuug au Rom, Uttd ich wc-
nigstrns.witt sic «icht überhören uud
rathe uud bittc: Laßtdie.Völkrr frei!-7v-
Laßt jcdcm Vol?c scine christliche. Kirche
si.ch'selbst in L.iebe iiud.Vcrtrauen.
grüu.den, gcbt ihncn. Christi Erbtheil frei
uiid vcrwaltet ep, liicht längcr wie hab-
süchtige Vorlnünder,bloß,ztl.eux.km. Besten !
Laßt allcs Verkctzern und, Verdammen!
Wel'che, Harinoni.e, welchx.Kraft wsrd das..
Chi istcnthum, äl^d.apm zur Bxftll'gung^r.
Volker cntsälten, statt.daß sie.sich gcgcn-..
sch'tig I'eftr'nden iiiid > sch.wäcken. Was ihr
immcF bind.eu. wcrdkt auf Erdeii, das . sei,
gkbuiideu, uud was ihr iunncr löscn wcr-
dct, das sei gelhset! Löset dar.um, die
Dölkcr eiuuiäl von dcu>,Bä»ii, dcr ange--
maßteu .Herrschgft; diescs^ Gängeln wird
doch cipuial cnden, ,Vol.k,r>m,,.Vol.k.stvjrd-.
abfallcii , die Soune der. Wahxheit. uud
Erkcüiiluiß wird -ihnen .äufgehen-und.dik:
Fiustcruiß zerstreuen und die Dänime brc-
chcu, wclche gegeu Gottes Licht aufgeführt
si'ud; danu wird die christliche Kirche in
jeder Nation sich frei emporrichtcn, und
die Gkistcr mit sich geu Himuicl tragen.
Das wird nnd muß geschchcir, wenn ihr
die Kirche fr e i gebt. Volk um Volk wird
stch in geistigcr Kraft erhkben, Künste und
WisscnschaftciEwerden mit dci National-
kirche eiucn Sckwesterbund schließen und
allc- Kräfte im Wetteifer.zur Beglückuug
dcr Völkcr allfrcgt'i. Hierzu ist jctzt dcr
Aiigr.ublick Zckommr.ii., Schaut uach.En'g-
Iciud ! Scht ihr m'cht, .wie.die bi'Sher!ge-
drückte Kirche stch erhebt- Tauseude um
sich saniiiiklt, wic dagegcii dcr hcrrschen-
deu,. ini. Ucl'eruiuth. -gebiatendcu Aftcrkirche,.
Tauftiidc untreu wcrden, da sie-die srom-
uieu Deruiächtuissc der AlMn. und den
Schwciß dcr. Armcu, ,aii wcijige, Ädelig'e
vcrgeudet, dagegcn ihrx Kin.der init Kleien-,
füttertZ.Helft der bisher gedrücktenKircke,
laßt ste frei sich cntfaltcn und stcmpelt^
sic nicht witdcr zur röuiisch.katholi'schcn.
Wariini, wird, die katholiscke Kirchc -un;
England vcrfolgt? Wcil man ihre Herr-
schaft fürchtet uud glaubt, die Stärke dcS
Mittelalters. und d.er rö>»ifchc Eiufiuß,wcr-
 
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