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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Januar bis Juni)

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April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2785#0322
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untcrll'cgt, daß dcr Aii.ieklagtc Müsier dcn
Ailwelsungeir sei'neS Vaters genau nach-
qekoinmcii i'st. Aber anch andere Bricfe
deuten darauf hin, daß dic beiden Miiller
geinciiischaftlichc Fälschungen von Wechscln
vcrübtc», wic denn naniciitlich wicderholtc
Weisungen an dcn Angcflagten Mnllcr
vvrkomnien, die Accept'e, oder dic AnS-
fiillulig der anögelaffeilen Zwischcn-Giro
m'cht zn vergessen, ohne daß.sich irgendwie
and dcn Bricfen dcs ältcren Mnller ent-
uchiiicn ließe, daß sich sein Sohn gcweigert
habc, auf die wicdcrholtc» Anfforderungen
zur Fcrtigniig.falschcr Wechscl ciiizngcheu.

Der Ängcklagte Miillcr behanptete da-
gcgeu, daß er dic Aiiweisungcn seines
Vaters, Wcchscl oder Giro'-s init singirten
Nauien auSzustelleil, iiniiiek znrnckgcwicsen
habe, und daß die Auffordcrnng, Zwischen-
Giro's.anszufilllcii, sich uicht anf dic Fer-
tigung dcr Nainensnntcrschriftcii, sondern
unr auf die Auökiillnng der Blaneo-)ii-
dossaiucnte bezogen habc. Es fanden sich
aber iu seinein Besit) wirklich Wcchsclfor-
inillare, die anf dcr Mitte der Nnckseite
init der Unterschrift stines Vaters o.der
wcill'gstens uil't ciucin, fnr Jndoffaincnte
bcstiniiuten Steiupel versehcu warcu, was
nur darin seinen Grund haben konutc,
den leercn Namn init inchrereii Giro's
auszufüllcn, zu welchen auch uoch dic Uu-
terschriften gefertigt werden innßtcn.

Hinsichtlich der Wechscl, welchc Schranz
voii deni 'Angeklagtc» Miillcr crhaltcu
hatte, bchauptetc dieser, daß Schranz die
Wcchsel nicht zur Diskontirung für Mnller,
sondern zu deui Zwcckc erhalten habe, da-
niit cr sich selbst Keld dainit verschaffeu
könnc und er deßhalb selbstverftändlich anch
für dic Einlösung dcr Wechscl habc sorgen
uiüssen. Ju dieser Bezichung berief sich
die Anklage cbeufalls anf die Briefe des
Hrn. Müllcr voin 1. uud 2. Dez. 1853,
nach welchcu dicser scinen Sohu bcstiiuuitc,
eine Zusaulttleuknnft init Schranz zn ver-
anstalten, dainit dicscr in ihrcin Jntercsse
die Hand bieten, uin längere Papicre zn
diskoiltl'ren und auf die Korrespondenz
zwischen Schranz nnd dcni Angcklagien
Mnller, wornach der Lelzterc wiedcrholt
unl Ueberscndnug von Geld bit'tet, dcr
Erstere aber benierkt, daß- es init deni
Geldinachcu uicht so schnell gehc, uiid
Mullcr sich m'cht allein auf deu Absatz der
Wechseb verlasseu uiöge.

Bczüglich dcr auf Gcrhardt gezogcnen,!
von Mnller nnd Kouip. ausgcstellten vier
Wcchsel wnrde zur Unterstüsznng dcs Gut-
achtcns der Erperten, woruäch die Accepte
voui Angeklagtcn Müllcr gcschrieben scin
sollen, auf zwei Briefe des Letztcreu ver-
wiesen. Jn Einciu derselben, voin 9. odcr
10. Dez. 1858. übersandte der Angeklagte
Müller dem Gastwirth Winther zum Eu-
ropäischen Hof in Frankfurt 13 Wechsel-
forninlare, mit deni Ersnchen, solche stcm-
pcln zu lasscu und init erstcr Post zurück-

zuseuden, ini't dein Beinerkcu, daß allc
diese Wechscl dnrch Herru Win. Gcrhardt
bci Winther doniicilirt wurdcn, worübcr'
gcnaniitcr Geschäftsfrcnnd persönlich init
Jciiein sprcchen odcr ihm schrel'bcn werdc.
Da dcr Augeklagtc Müllcr aui 12. Dez.
vier andcrc acceptirte Wechsel auf Ger-
hardt an Schranz übcrsandte, fand cs die
Auklage wahrscheinlich, daß die Accepte
vou.Müller selbst geschriebcn wordcn scicn,
wcil i'u dcr kurzen Zwischenzeit dic Wcchsel
nicht au deffen Vater nnd von diesciu an
einen Drittcn znin Accept vcrsendct und
wicder an de.n Angcklagten znrückgeschickt
wcrden konuten und anzunchinen sei, daß
dic gleichcn Accepte anf den an die näni-
lichc Pcrson abgegcbcnen Wechseln anch
von der näuilichcn Hand hcrrühron.

Was endlich die un't dcin Accept Ph.
I. Hain vcrsehenen Wechscl bctrifft, so
wurden noch folgcnde Uinstände als Bc-
iveis dafür angeführt, daß der Angeklagtc
Müller selbst dicse Accepte gcschricbcn
habe. Eiiicr dicser Wechsel, wclchen
Schranz von deni Augeklagtcn Müller er-
halten hatte, vcrficl ani 1. Febr. 1859;
Schranz uiachtc beidt Müllcr iu zwci
Bricfcu voiu 28. Jan. 1859 darauf anf-
merksain und fügte bei, dicser Wechsel
dürfc uicht prötestirt wcrden, da cs soust
„cinc saubere Vcrlcgcnheit absetze". Ain 29.
schrieb dcßhalb Müller seu. au seiuen
Sohn, dicscr sollte sogleich wcgen Hain
an Gastwirth Pfeiffer znin Bergischen Hof
(T'httrninarkt 3 nnd 5) in Köln schrciben,
daß Hain dieser Tagc bort cintrcffe, da-
init Pfeiffcr uicht sage, er keune denselben
nicht. El'nige Tagc späier crhiclt Pfciffer
wirklich cinen Brief dieseö Jnhalts, datirt
„Schcfflenz den 30. Jan.", aber niit dcin
Poftzcicheu Hcidclbcrg versehen und Ph.!
I. Hain ilnterzcichnet, ohne daß irgend
Jeinand oder das Gelv zur Einlösnng dcs
Wcchscls iii Köln eintraf. Dieser Brief,
welcher zwar init vcrstcllter Handschrist
geschriebcii zu sein scheint, allein sowohl
bezüglich ves Tertes, wie auch der Unter-
schrifl init deu erwähnten Aceepten nnd
Schriftzügen des Angeklagien Müllcr die
größtc Achnlichkeit hat, kann nnr von
diescm selbst geschrieben sein, und liefert
dainit ben Beweis, daß anch bie fraglichcn
Aceepte von der Hand des Angeklagten
Müller gcschrieben sind. Ucbcrhaupt konnte
dicser weder über die angebliche Pcrson
dcs Gerhard, uoch über Hain ciue' glanb-
würdigc Ausknnft geben, gestand vielniehr
zu, daß er Nieinand dieseS Naniens kcnne
und auch keincr der Geschäftsfreunde dic-
sen Naincn führe.

Der Vertrelcr der Staatsbehördc snchtc
l'n ver nlündlichen Begrilndnng der An-
klage ansznführcn, daß dnrch die erhobe-
nen Bewcisc alle qcscylichen Vo'raus-
setzungcn der Wechselfälschnng und die
Beihilfe zu diesein Verbrechen festgestellt
seien. Er cnnvickelte zugleich den Be-

gn'ff einer falschen Urkunde aus dcn Er-
fordxrniffci( einer ächten und hdb hcrvor
daß vou emer ächteu Urkunde nicht die
Nedc sein könne, wenn der angchlichx-
Ausstcller gar nicht eristirc, odcr we„,i
über dic Unterschrift cincr wirklichen
Person ein uuwahrer Tert in der Weise
geschricbcii sei, daß die wahre Person
dcs Ausstcllcrs gar uicht crniittelt werden
könnc, uiid daß somit dic voin Angeklag-
teu Müllcr in Unilauf gesctzten Wechsel
als falsche und von ih,n gefälscht zu be-
trachten seicn, inöge ce nun die Unter-
schriften selbst gcfertigt odcr nnr die von
Andern geschricbcncn Untcrschriften be-
trügcrisch init uuwahrein Tert überschrie-
bcu haben. Ferner wurde gelteud ge-
inacht, daß der Angeklagte Müller die
Wechsel znr Verübung ciues Bctrngs in
gcwiiiiisüchtigcr Absicht gefertigt und' in
Uiulauf gebracht habc, indein er thcils
nniiiittelbare Geldvortheile bezweckt und
erlangt, thcils versucht habc, sich Crcdit
oder Zahlungsfristen zn vcrschaffcn. Be«
züglich dcs Angeklagten. Wcrle wnrde be-
inerkt, daß dieser geständig sei, cinzklne
Wcchsel uiit erdichteten Nainen unterschri'e-
ben. und deui Augeklagten Müllcr gegeben
zu haben, uud daß er wohl habe wiffen müs-
sen, welch.cn Gcbrauch dicser davon uiachcn.
werde.

Der Vertheidiger des Angeklagtcn
Müller, Hr. O.- G.-Adv. v. Engelberg
wolltc die gesetzlichen Bestiininungeu über
Fälschung dahin ausgelegt wisscn, daß
nur dic Nachahinung dcr Uuterschriftcn
eriftirender Pcrsouen strafbar sei, wobci
er auf cinige srcuidc Gesetzgebungen hin-
wics. Er uiachte fcrner geltend, daß der
Angeklagte Müller lediglich Wechsclreiterei
! gctriebcn habe, uni sich vorübergehend
Eredit zu verschaffen und daß darin eiiie
gewinnsüchtige . Absicht nicht gcfundcn
werdcn konnc, so wic cndlich, daß die
fraglicheu Wechsel nicht als solche von
Handelslenten zu betrachten seieu, weil
dic angeblichen Aussteller, Äccepcanten
und Giranten überhanpt nicht eristiren.

Der Vertheidiger des Angeklagten
Werle, Hr. OGAdv. Dr. Gentil, schloß
sich bl'csen rcchtlichen Auöführnngen an,
beantragte abcr die Frcisprechnng des
Werle hanptsächlich aus deni Grunde,
wcil derselbe darüber nicht unterrichtct
gewesen sci, zu welchein Zwecke Müllcr
dic von ihui unterzcichnetey Forniiilare
verwenden wollte.

Nachdem der Staatsanwalt seine Er«
-iiinerungcu gegeu diese Einwendnngen
vorgctragen und dic Vcrtheidiger, so wie
der Angcklagte Müller selbst nochmals
das Wort ergriffen hatten; wurden nach
deni Schlußvortrag des Präsidcnten die
von dcn Geschwornen zn beantwortenden
Fragen verlescn, worüber sich eine weitere
Discuffion entspann.

Nach Feststellnng ver Fragen zogen sich
 
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