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Heidelberger Tagblatt — 1860 (Juli bis Dezember)

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November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2834#0516
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gen'chte durchfechteii solle! Der Pnvat-
iiiami kanii i'n Pieiißeii bckaiiiitli'ch heute
iioch kei'iie l'hm widerfahreiie gesehwidri'tjc
Vcrhaftung re. vor das Gericht bri'llgcii,
weiin dcr -staatsanwaltschaft von dcr
Negl'eruiig di'e Verfolgung verboteu wi'rd,
oder fle etwa selber »ii't ei'ncr verbrcche-
rischen Pollzei'gewalt „durch Di'ck und
Dünil" geht. Gegen die Poli'zei gibt es
derinalcn, das i'st jcPt ailtheuti'sch ei'ngc-
standen, für dcn preußi'schcu Staatsbürgcr
in'cht dcn geri'iigsteii Nechtsschutz, hat das
Gesetz ni'chr di'e ini'iideste Wl'rksaiiikei't, so-
bald'der zufälli'gc Hcrr Justiziiii'iil'stcr di'e
Gesetzesvcrletzuug unter sei'iien souveräncn
Schutz ui'iiiiiit. Mi'r dem offeneii Zugcständ-
iil'sse di'eser Sachlage l'st die Abhilfe hosjcnt-
li'ch nahc. Es ist jetzt Ehrensache der Re-
gl'erung selber, daß fle uiigesäumt crfolge!"

Berlin, 23. Nov. Dcr Kriiiii'iial-
scnat des Kammergcn'chts hat in der
llntersilchiingssachege.gen den Polizeidirek-
tor Stieber und dcu Kriminalkomiiiissarilis
Tichp hcute Mittag ein freisprcchcndes
Erkeuiitiiiß verkündet.

Wien, 22. Nov. Die Oesterr. Ztg.
macht aus Veranlassung der Ausgabe der
iielitii Münzscheiiie folgende Bemerkiiiigen:
„Wir gestehen, daß wir uns eines Ge-
fühls von Wchmuth beim Anblicke dieser
gräulichen Zettel nicht euthaltcii köiineu.
Also nach zehn Jahren so viclcr Mühcn,
so vicler Opfer stehcn wir wieder am
Anfangc dieses fchlerhaften Kreislaufcs.
Es erfaßt uus eiu Gefühl dcs Schmerzcs,
wenn wir i'n Betracht ziehen, daß vor
zwei Iahren um diesclbe Zeit dic Auf-
nahmc der Baarzahlungen bcgonneii hatte,
daß man sich damals den schöusteu Höff-
iinngen hingab, und daß wir heute vou
dicsem Ziele weit, weit ab li'egen. Wenige
Wocheu des Unglücks habcn uns dahin
gebracht, aber unö auch die Lehre eiiige-
prägt, wie wenig die Coucentration aller
Macht, wie wenig die Masse aller Hilfs-
mittcl fruchtct, wo ein Negieruiigsspstcm
nicht getragen wird vom Volksgeistc. Eben
der härteste Stahl ist am gcbrechlichsten.
Nicht i'n der Quantität der Kräfte, sou-
dern iii dem Geiste, der fle durchdringt,
liegt die Kraft. Eine Negierungsweise,
die flch mit dem Geiste'der Zeit in Wider-
spruch setzt, kraukt in flch, und dcr crste
Stoß wird die rieflgcn Glieder erschüttcru;
sie können vom Glücke sagen, wcnn sie
nicht znsammcnbrechrii. Die Unfälle der
letzten Jahre haben uns dicsc Lchrc kräftig
und eindri'iiglich gepredigi, dic Noth dcs
Tages ermähnt uns stündlich darau, weiiu
fle auch das Bcsscrmachcn uoch iiicht ge-
lehrt zu haben scheint. Iedcr dicser Zcttcl
muß die Mitgliedcr des hohen Miuister-
rathes daran crinnerii, daß nur mit dem
Volkc uiid durch das Volk Heil und Nct-
ning für Oesterreich sei. Eiiizelne Mäu-
nrr vermögeu vies uicht mehr, uiid wärcn
fle auch rieflge Gtister."

Wien, 2-t. Nov. In der heutigcu
Sitzung des Prozesseö Richter hatte die
Vcruchmiilig der Baroniii Epiiattcn, dcs
Kaiizleidieners Angcl und dcs Gcueral-
kriegskominiffärs Hrn. v. Ecker-Kraus
statt. Die Aussage der Barouin Epgat-
tcn ergibt, daß Gcucral Ei-natten fle da-
zu bestimmt hat, bei veu polizcilichcn
Vcrnehmungcii bie falsche Angabc zu
machcn, däß Direktor Richter' anf ihr
Vcrlangcil die 25 Stiick Nordbahn-Akticii
gckauft uud vou ihr bczahlt bckommen
habe; daß Nichtcr flch glcichfalls zur
Bcstätigung dicser Unrichti'gkcit hcrbci-
gclasscn, daß cr aber später, als es flch
um cine Wiedcrholung der Aussage ge-
handelt, Angeflchts des zu lcistendeii Eides
erklärt hat, iiun rückflchtslos der Wahr-
hcit die Ehre geben zu iiii"issen. Der Ge-
richtshof hat die Zeugi'n, hinflchtlich
dcrcn gleichzcitig bekanut wurde, daß flc
wcgen Betrugs vom Militärgcricht zu
dreimonatlichcrsodcrdreijähriger?) Strafe
vcrurthcilt und nach zweimoiiatlichcr Haft
begnadigt worden ist, nicht beeidigl, auf
ihre frühercn falschen Angaben uiid §.
132 Z der St.-P.-O. Bezug nehmend.
Dic Dame machte durch ihr Austrctcn
eiiieil peinlichen Eindruck. Sie trat uicht
uur mit großem Scibstbcwußtsein auf,
soudern sprach auch, obwohl überaus leise,
mit übcrraschender Unbefangenheit, dcm
Vcrtheidigcr gegenüber sogar mit herab-
lasseuder Vornehmheit, und vcrließ mit
fast triumphirender Micnc den Saal, den
Grund ihrcr Nichtbeeidigung ossenbar
mißverstehcnd. Herr v. Ecker erklärte,
daß Nichter bci dcn von ihm übcriioinmeiicn
Licferungen nicht bcgünstigt wordeu sei,
sondern nur der Konjunktur entsprechrnde
Verträge abgeschlossen hat; daß Nichter
flch nicht zu den Licferungeu gedrängt
hat, soiideru zur Uebernahme von der
Militärbehördc aufgefordert wordcn ist;
daß dic Vcrwenduiig dcr Kalikots statt
dcr Leinen flch bewährt hat; daß dic An-
schaffung von Zwillicheii aus dem Aus-
land eine Nothwendigkcit gewesen ist.
Außer der Vernehmung dieser Zeugcn
wurde die Sitzung dem Vcrhör Nichtcr's
über das Dcvisciigcschäft gewidmct. Sehr
Vielc aus dem kaiifmäliiiischen Piiblikiim,
die in allcu übrigcn Punkten der Anklage
für Richter keiue Gefahr schen, fassen
gcrade die Darstellung des Devisenge-
schäfts, bci welchcm nach der Anklage
eine Antedatirung stattgcfuiidc« habcn soll,
als eiiie für den Angeklagteu schr ge-
fährlichc auf, iind cs wird dahcr abzu-
warten sci'n, ob eö ihm geliiigcn wird,
dicsen Verdacht ci'ner Nückstcllung dcs
Datunis beim Einkauf von 20,000 Pfd.
London für das Aerar ganz zu entkräften.

F r a n k r e i ch.

Paris. Dcr Kaiser hat beschlossen,
daß vvn dcr Million, welche durch deu

Tod des Prinzcn Icrüme dtapoleon dis-
ponibcl wurde, 300,000 Fr. zur Dotativn
dcr Prinzcssin Mathilde gcschlagen, die
ubrigen 700,000 Fr. aber burch die
Zivilliste crhoben werden sollen, um an
dic Staatskasse aiiheimzufallen.

PariS, 23. Nov. Der „Monitenr"
veröflcntlicht einen Vcrtrag zur Regelung
von Fragen bezüglich d.cr Annerioii von
Savopen uud N i z z a. Frankreich
wird Sardiiiien 4^ Millioiieii sardinische
Rente uachlassen. Das Ausfuhrverbol für
Mincralicn und Eiscn ist aufgchoben. Die
Ausfuhr wird zollfrci sein.

Paris, 25. Nov. Dcr „Monitcur"
bringt folgendc kaiserliche EntschIie-
ßuiigcii: Jndem wir deu großen Staats-
körpcrn eine größere und directere Be-
theiligung an der allgemcineii Politik un-
serer Negierung und ein glänzeiides Zeug-
uiß unscres Vertrauens geben wollen, dc-
cretircn wir, wie foIgt:'Der Senat und
die Kammer werden, eine jede für sich,
eine Adrefle auf uusere Rede votiren. Die
Adresse wird in Gegcnwart von Regie-
rungscommissären discuiirt werden, welche
über die iunere und äußere Politik jede
Erläutcrung zu gcben haben. Un, dem
gesctzgebeuden Körper den Ausdruck seincr
Meiiiung zu erleichtern, sowohl bei Ab-
fassung von Gesctzen, als auch in der
Aiisübung seines Nechts zu Abänderuiigen,
wird die Geschäitsordnuiig (reAloment)
abgeändert. Maßregcln zu rascher Publi-
citäl flnd gctroffcn. Während dcr Session
werben die Mi'nistcr ohuc Portefeuille nebst
deiii Präfldcnteii und dcn Mitglicdern dcs
StaatSraths dic Gesctzeutwürfe vcrthei'-
di'gcn. — Das HaliSministerium des Kai-
scrs wird mil deu Attribulioncu des Groß-
marschallS des Palastes vereinigt. Das
Ministerium der Colonien und Algeri'ens
wird aufgehoben uud das der Coloiiieu
mit jenrm der Marine verbunden. Herr
v. Chasselonp-Laubat wird zuni Marine-
minister, Admiral Hamelin zuin Groß-
kauzler der Ehrenlcgion crnaniit. Der
Herzog von Malakog wird Generalgou-
verneur vou Algerieii. Dcm Miiiisterium
des öffentlichen Untcrrich-6 flnd enlzogen,
um dcm Staatsministcrinm zugewiescn zu
werden, allc jenc Dieiistobliegeiiheitcn,
welche flch nicht direct auf den öffenllicheu
Uuterricht odcr Spccialaiistalten und die
Univerfltät bezichen.

Cn g l a n d

London, 24. Nov. Offizicll Laut
Zeituugsbcrichteii voiu 1. Oct. ftehcn d.e
Alliirteu drohcnd vor peking. Die
Chincscu eröffnetcn zögerud Unteihand

'"London, 24. Nov. Das vorgestcru
hier allgemeiu verbrcitet gcwescuc Ge-
rücht von der Anknnft des Kaiscis .

polcou in Euglaud lwruhtc. w.e ftch

scitdem herausgestellt hat, ans dcr Uehn-
 
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