Nü 2L3. Krettag, 16. Oetober
Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebst Beilage „Heidelber-
aer Familienblätter" für das mit 1.
Ketober 1863 begonnene L. Quartal
werden fortwährend angenommen.
Die Expedition.
* Politische Umschau.
Der Senat von Frankfurt hat die Auffor-
derung des gesetzgebenden Körpers, daß eiuige
Mitglieder des gesctzgebeuden Körpers die Stadt
Frankfurt in Leipjig vertreten svllten, ableh-
nend^ beantwortet. *
Zn einer Versammlung des Nationalver-
eins, welche kürzlich in Bcrlin stattfand und
von ca. 1200 Personen besucht war, wurven
folgende Resolutionen ohne weiterc Discussion
vva der Versammlung angenommen:
,1) Dic »°n d-n deulschcn Füchcn und dcn Vertrcteiu
dcr srcjcn Städtc Deutschlunds auf dcm sog. Fürstentugc
in Franksurt tm August berathene Resormacte des
deutschen BundeS tst ntcht geetgnet, den Bedürsniffen der
deutschen Natton nach staatlicher Etntgung zu genügeo.
Dtese Resormacte vermehrt ntcht dte Macht und damtt dte
Sicherhek der Nation nach Außen, bedroht aber dte Frel-
hett und dte Geltendmachung versaffungSmäßtger Volks-
rechte tn den Einzelstaaten noch gefährltcher alS der Bun-
LeStag.
2) Der tn dem Bertcht deS preußtschen StaatSmtntste-
riums an den König in der deutschen Bundesreform an-
gedeutete Weg btetet eben so wentg dte Mögltchkeit für
eine angemeffene Reform der Gesammtverfaffung Deutsch-
landS. DaS darin für Oesterretch und Preußen geforderte
Veto in KriegS- und FrtedenSfragen würde zu der schltmm-
sten Form deS DualtSmuS führen und dte jetzt thatsächltch
bestehenden verderbltchen und anarchischen Ijustände des
deutschen BundeS, als zu Recht bestehend, für alle Zetten
feststcllen.
3) Gegenüber dtesen verwerflichen, die Unetntgkeit in
Deutschland nur vermehrenden Vorschlägen muß dte deutsche
Natton an threm Recht auf dte RetchSverfassung vom
28. Mat 1849 nebst Grundrechtcn festhalten.
4) Um das Recht der Nation auf dte Gesammtverfas-
sung zur Geltung zu bringen, muß daS Volk zunächst srtne
verfaffungSmäßtgen Rechte in den Einzelstaaten zu that-
sächlicher Anwendung gebracht haben. BesonderS ist eS dte
Pfiicht deS preußischen VolkeS, den gegenwärttgen Verfas-
sungSkampf tn der Wetse durchzuführcn, daß daS Ver-
trauen der deutschen Natton in den preußtschen Staat alS
Vorkämpfer der Einhett und Freihett wiederge-
Eine nahezu komische Jllustration erhielt die
?)tesolution übeo die preußische Vorkämpfer-
schaft durch die auf dieselbe folgende Discus-
siou. Wir drucken den Bericht der „Berl.
Ref." wörtlich ab:
„Ein Antrag wünschte häufigere Zusammenkünfle der
htefigen NattonalvereinSmttgliedkr — dte letzte hat im.
März vorigen JahreS stattgcfunden. Hr. Prof. Remak
unterstützte dtesen von Hrn. Zlliger gemachten Vorschlag,
die Herren v. Unruh und F. Duncker sprachen dagegen, der
Erstcre unter Bezug auf die Schwierigketten, welche daS
VeretnSgesetz in dieser Hinsicht den NattonalveretnSmit-
O Stadt-Thealcr in Heidelberg.
Mittwoch, den 14. October: Gmilta Ta-
lotti. Vor Allem unsern Dank an Herrn Wid-
mann, daß rr daS treffliche Trauerspiel Lcsfing's
uns vorführte, wclchcS wenigstenS scit Erbauung
des jetzigcn Thcaters in Heidelberg selten gesehcn
«urde; dann aber unsern doppeltcn Dank allen
Mitwirkenden, welche die Aufführung zu ciner so
gclungencn machten. Die Darstcllung eines klaf-
fischcn StückcS hat nirgendS größere Schwterigkciten
alS in einer Nnivcrfitätsstadt, wo ein größeker
Bruchthcil der Zufchaucr als anderSwo genau mit
dem Wortlaute bcr ctnzelncn..Stcllen bekannt zu
sein Pflcgt, wo cin wicderholtes L-srn auch bei
Solchen, wclchc noch nie Gelcgenheit hattcn, daS
Stück zu schrn, fie mit dem Geiste jeder Rolle ver-
traut mackit, und um so aufmerksamcre, abcr auch
um so strengerc Benrthctter bildet. Wenn trotzdem
cine Aufführung den Erfolg crzielt, «clcher der
Emilia Galotti zu Theil wurde, so tst damit auch
em erhöhteS Lob der Schauspielrr verbunden, welche
ihn hervorbringcn halfcn. Dic Krone deS Abends
gehkhrt Frau Sobierry. Die Gräfin Orsina ist
gliedrru eutgrgeustrlle, der Lrtzterr. tudrm er die Bersumm-
luugeu uud Beschlüffc d-S BeretuS jür lritische Zeiteu -us-
gespart zu s-hcu wüaschte und uuf die Thätigkeit der Fort-
schrittspurlrt uls Srsatz »erwiri. Hr. Schlllze. Drlitzsch
»ermttclte eudiich, indem er die Zusicherung gad, sctner-
srtis uach Krästru sür itz-rüilsichligung drs hter laut gr-
wordrnen llud »on der Bersammlung mit entschiedeucr Zu-
sttmmuug aufgenommcuen WnnscheS wtrken zn wollen."
So lange vie Zustänbe in Preußen solche
sind, daß der Nationalverein zu Berlin auS
Scheu vor der Polizei sich nicht öfter ver«
sammeln darf alö alle 1*/, Jahre; so lange
man dic VereinSthätigkeit selbst „für kritische
Zeiten" aufsparen will; so lange es einer
„Vermittlung" bedarf, um in kürzeren
Zciträumen zu wiederhvlcnde Versammlungen
möglich zu machen; — so lange, bemerkt die
N. F. Z., würde man beffer thun, dre poli»
tische Agitation auf näher liegende Ziele zu
weiiden, alS aus die Geltendmachung der von
dem übrigen Dcutschland so ost zurückgewle-
senen Ansprüche aus die prcußische Hegemonie.
Die Königin Auguste hat dem Berliner
Magistral für die Gralulation zu ihrem Ge»
burlsseste von Baden-Baden auS gedankt ünd
die Zuvcrstcht ausgesprochen, daß „Unserem
Vaterlande nie der göttliche Segen sehlen
wird, beffen cs zu seiner Wohlsahrt nach
Außen und Jnnen bebarf."
Nach den bisherlgen Mittheilungen auS den
Wahlkreiftn zu urtheilen, wlrd die Partei der
Altliberalen im nächsten preuß. Abgeordneten«
hauje fast gar nicht vertreten sein; von den
Führern dieser Partei haben bis jetzt nur der
Staatsminister a. D. Graf Schwerin unb der
Prästdeiit Simson bestimmte Aussichten aus
ihre Wiederwahl. An einem ganz überwie-
genden Siege der Fortschritispartci ist nicht
im mindesteii zu zweiseln. Doch wird wahr-
scheinlich sich die Zahi dcr Conservaliven im
Abgeordnetenhause etwaS verstärke».
Jn eiiier am 8. Octbr. abgehalteneii Ver-
sammlimg der Conservativen der Provinz
Sachsen unter dem Vorsttz deS Grafen Stol-
berg-Wernigerode wurbe der Antrag, eine
Avreffe an ben König zn richten und ihm zu
danken für den Widerstand gegen die Ueber-
griffe der Demokraten, und sür die Festigkeit
gegenüber den Versuchen, Preußens selbst«
ständige Macht in Dcutschland durch eine Un-
terordnung unter außerpreußlsche Stimmen-
mehrheiten zu schmälern, einstimmig angenom-
men und fand alsbald über 700 Unterschriften.
Auch an den Ministerprästdenten v. Bismarck
wurde, als am Zahrestage seiner Eriiennung,
telegraphische Depesche abzuseiiden beschloffenl
Ji> Graz fand eine Versammlung steieri-
nicht bloß eine an sich schwicrige Rvllc, sic tzat auch
eine äußere Schwierigkeit zu überwindcn. Man er-
laube ein sehr trtvialcS BUd dasür. Wenn Zemand
in einen Kreis bercitS angeheiterter Gcsellen tritt,
so «ird es ihm schwerer, sogleich in den dort schon
herrschendcn Ton cinzusallen. Kamn anders ist es
für eine Schauspiclertn, deren Rolle fie erst im
4. Akte auf Lie Bühne ruft, nachdem alle Anderen
schon durch 3 Akte hindurch fich in ihre Personen
eingespielt haben, nachdem auch daS Publikum schon
für dicscn oder jenen Partei ergriffen hat und nun
doppelte Ansprüche macht. Frau Sobterry erfüllte
die Ansprüche, so hoch sie auch gtngen, und wenn
am Schluffc dcS AkteS ein vereinzeltcs Zischen dem
allgemeinen Betfall sich entgegenstemmen wollte, so
hoffen wir, daß Frau Sobicrry sich aus diescm
Monologe so wenig machen wird, als Andere auS
andercn. Dic Geschmäcke sind eben verschicdcn!
Hcrr Frey überraschte uns in sehr angenehmer
Weise durch ftinen Prinzen, ->b zu seineni eigenen
VortheU, wollen wir dahingestcllt sein laffcn; dcnn
nach dieftr wohlgelnngenen Rolle wird dic Kritik
künftig weit höherc Anfordernngen an ihn stellen,
als disher. Fräulein Widmann müßtr, wie nnS
z»s,rli»»«gebiitre» b«»lüge Prüi-
schcr LandtagS-Abgeordneten Statt zur Be-
sprechung über die deutsche Reformfrage. Es
wurde ein Programm aufgestellt und beschloffcn,
den nächsten deulschen Abgeordnetentag zahl-
reichst zu beschicken.
Nach dem „Temps" wird daS dänische Ca-
binet bie neue Constitution sür Dänemark und
Schleswig veröffentlichcn, wclche die anschei-
nendc Ordonnanz vvm 30. März bedingt und
dadurch die Bundesereculion wieder hinaus-
schiebt.
„PayS" meldet den Ausbruch neuer Unruhen
in Griechenland; in Nauplia sei kin bluliger
Zusammenstoß nur durch große Entfaltung von
Gewalt verhlndert worden; »uch in der Haupt-
stadt regten sich die Parteien und daure die
Ministerkrise fort.
Deutschland
Mannheim, 13. Oct. Wenn «nsere
hiesigen politischen Parleien stch nun zum Be-
hus der Wahlmäunerwahlen in der Art geelnigt
haben, daß das Collegium der Wähler aus
elner Mischung von halb und halb bestehen
wird, so stehen sich dagegen die zwei Brücken-
bau-Parteien noch gerade sv schroff und kampf-
lustig einander gegenüber, wie früher, und
verfechten einerseitS im Mannheimer Anzeiger,
andererseits in der Badischen LandeSzeitung
ihre Lieblingsprojecte so hitzig, alS ob vvn
dem Ausgang dleser Zeitungspolemik auch die
tharsächliche Entscheidung der Sache abhängig
sei. AUein von größerem Belang alS dlese
städtischen Parteianschauungen, die nach unserer
Meinung nur von untergcordneter Wichtigkeit
stnd, scheinen die Disferenzen zwischen den
badischen und baperischen Znlereffen zu sein,
an denen das ganze Brückenbau - Project zu
scheitern droht. Den von der badischen Re-
gierung vorgelegten Plänen gemäß svllen der
dieffeltlge Persoiienbahnhof und dle Verlade-
plätze an den Rhein (in die Gegend von der
Mühlau), ber Centralbahnhof dagegen an daS
Sübende der Stadt (ln der Nähe deS alten
BahnhvseS) verlegt werdcn; allein dlese Pläne
sind von der zu diesem Behuf zusammengesetz-
len bayerischen Commisston am 8. d. M. ver«
worfen worven. Die Gründe hierzu sollen
theilS von der vorgeschlagenen schrägen Rich-
tung über den Rheln, die durch die Einmün-
dung an den Rheinhafm bedingt ist, theilS von
der dadurch verhinderten späteren AuSdehnung
der Stadt Ludwigshasen hergenommen sein.
Wen» Bapern hierin nicht nachgibt und Baden
nicht lieber den Brückenbau ganz aufgeben
scheint, auf ihre erste Scene noch einigeS Studtum
verwenden. Die Art deS Hcreinstürzens inSbesonder«
verrieth ntcht hft Verwirrmig, in der sie fich bc-
findet. Vtelletcht störte unS auch daS Kostüm eini-
germaßen den Erndruck. Die rothen Verzterungen
waren gar zu auffallend. Zn den letzten Aktcn
dagegen, namentlich tn den Schlußscenen, bewieS
uns Fräulein Widmann, daß Emilia Galotti noch
eine ihrer besten Rollen werden kann, und deShalb
erlauben wir uns dicft AuSsteUung. Herr Podcsta
«ird mit Böftwichtern nie vicl Glück machen. Sein
behäbigeS Aeuhere, so wic ftine gutmüthige Stimme
verweiftn ihn mehr aus freundltche, ftlbst komischc
Charakterrollen. NtchtS desto weniger ist ftin Ma-
rinelli unter dieftn pcrsönlichen Beschränkungen als
eine sehr »erdicnstliche Letstung zu bezeichnen. Eine
Bemcrkung erlaube er unS als Regiffeur. Es fieht
nicht schön auS, wcnn in der Scene zwischen Ma-
rtnellt und Appianl beide an cntgegengefttzten En-
den der Bühne sitzen. Offenbar geschah es mit Ab-
ficht, aber wte wir glauben, brauchen beide gar
nicht zu sitzen, «enn man die Stühle nun rinmal
nicht näher stellcn kann oder will. Herr Giegvld
und Fräul. Heuberger spielten betde recht «acker.
Bestellungen auf die „Heidelberger
Zeitung" nebst Beilage „Heidelber-
aer Familienblätter" für das mit 1.
Ketober 1863 begonnene L. Quartal
werden fortwährend angenommen.
Die Expedition.
* Politische Umschau.
Der Senat von Frankfurt hat die Auffor-
derung des gesetzgebenden Körpers, daß eiuige
Mitglieder des gesctzgebeuden Körpers die Stadt
Frankfurt in Leipjig vertreten svllten, ableh-
nend^ beantwortet. *
Zn einer Versammlung des Nationalver-
eins, welche kürzlich in Bcrlin stattfand und
von ca. 1200 Personen besucht war, wurven
folgende Resolutionen ohne weiterc Discussion
vva der Versammlung angenommen:
,1) Dic »°n d-n deulschcn Füchcn und dcn Vertrcteiu
dcr srcjcn Städtc Deutschlunds auf dcm sog. Fürstentugc
in Franksurt tm August berathene Resormacte des
deutschen BundeS tst ntcht geetgnet, den Bedürsniffen der
deutschen Natton nach staatlicher Etntgung zu genügeo.
Dtese Resormacte vermehrt ntcht dte Macht und damtt dte
Sicherhek der Nation nach Außen, bedroht aber dte Frel-
hett und dte Geltendmachung versaffungSmäßtger Volks-
rechte tn den Einzelstaaten noch gefährltcher alS der Bun-
LeStag.
2) Der tn dem Bertcht deS preußtschen StaatSmtntste-
riums an den König in der deutschen Bundesreform an-
gedeutete Weg btetet eben so wentg dte Mögltchkeit für
eine angemeffene Reform der Gesammtverfaffung Deutsch-
landS. DaS darin für Oesterretch und Preußen geforderte
Veto in KriegS- und FrtedenSfragen würde zu der schltmm-
sten Form deS DualtSmuS führen und dte jetzt thatsächltch
bestehenden verderbltchen und anarchischen Ijustände des
deutschen BundeS, als zu Recht bestehend, für alle Zetten
feststcllen.
3) Gegenüber dtesen verwerflichen, die Unetntgkeit in
Deutschland nur vermehrenden Vorschlägen muß dte deutsche
Natton an threm Recht auf dte RetchSverfassung vom
28. Mat 1849 nebst Grundrechtcn festhalten.
4) Um das Recht der Nation auf dte Gesammtverfas-
sung zur Geltung zu bringen, muß daS Volk zunächst srtne
verfaffungSmäßtgen Rechte in den Einzelstaaten zu that-
sächlicher Anwendung gebracht haben. BesonderS ist eS dte
Pfiicht deS preußischen VolkeS, den gegenwärttgen Verfas-
sungSkampf tn der Wetse durchzuführcn, daß daS Ver-
trauen der deutschen Natton in den preußtschen Staat alS
Vorkämpfer der Einhett und Freihett wiederge-
Eine nahezu komische Jllustration erhielt die
?)tesolution übeo die preußische Vorkämpfer-
schaft durch die auf dieselbe folgende Discus-
siou. Wir drucken den Bericht der „Berl.
Ref." wörtlich ab:
„Ein Antrag wünschte häufigere Zusammenkünfle der
htefigen NattonalvereinSmttgliedkr — dte letzte hat im.
März vorigen JahreS stattgcfunden. Hr. Prof. Remak
unterstützte dtesen von Hrn. Zlliger gemachten Vorschlag,
die Herren v. Unruh und F. Duncker sprachen dagegen, der
Erstcre unter Bezug auf die Schwierigketten, welche daS
VeretnSgesetz in dieser Hinsicht den NattonalveretnSmit-
O Stadt-Thealcr in Heidelberg.
Mittwoch, den 14. October: Gmilta Ta-
lotti. Vor Allem unsern Dank an Herrn Wid-
mann, daß rr daS treffliche Trauerspiel Lcsfing's
uns vorführte, wclchcS wenigstenS scit Erbauung
des jetzigcn Thcaters in Heidelberg selten gesehcn
«urde; dann aber unsern doppeltcn Dank allen
Mitwirkenden, welche die Aufführung zu ciner so
gclungencn machten. Die Darstcllung eines klaf-
fischcn StückcS hat nirgendS größere Schwterigkciten
alS in einer Nnivcrfitätsstadt, wo ein größeker
Bruchthcil der Zufchaucr als anderSwo genau mit
dem Wortlaute bcr ctnzelncn..Stcllen bekannt zu
sein Pflcgt, wo cin wicderholtes L-srn auch bei
Solchen, wclchc noch nie Gelcgenheit hattcn, daS
Stück zu schrn, fie mit dem Geiste jeder Rolle ver-
traut mackit, und um so aufmerksamcre, abcr auch
um so strengerc Benrthctter bildet. Wenn trotzdem
cine Aufführung den Erfolg crzielt, «clcher der
Emilia Galotti zu Theil wurde, so tst damit auch
em erhöhteS Lob der Schauspielrr verbunden, welche
ihn hervorbringcn halfcn. Dic Krone deS Abends
gehkhrt Frau Sobierry. Die Gräfin Orsina ist
gliedrru eutgrgeustrlle, der Lrtzterr. tudrm er die Bersumm-
luugeu uud Beschlüffc d-S BeretuS jür lritische Zeiteu -us-
gespart zu s-hcu wüaschte und uuf die Thätigkeit der Fort-
schrittspurlrt uls Srsatz »erwiri. Hr. Schlllze. Drlitzsch
»ermttclte eudiich, indem er die Zusicherung gad, sctner-
srtis uach Krästru sür itz-rüilsichligung drs hter laut gr-
wordrnen llud »on der Bersammlung mit entschiedeucr Zu-
sttmmuug aufgenommcuen WnnscheS wtrken zn wollen."
So lange vie Zustänbe in Preußen solche
sind, daß der Nationalverein zu Berlin auS
Scheu vor der Polizei sich nicht öfter ver«
sammeln darf alö alle 1*/, Jahre; so lange
man dic VereinSthätigkeit selbst „für kritische
Zeiten" aufsparen will; so lange es einer
„Vermittlung" bedarf, um in kürzeren
Zciträumen zu wiederhvlcnde Versammlungen
möglich zu machen; — so lange, bemerkt die
N. F. Z., würde man beffer thun, dre poli»
tische Agitation auf näher liegende Ziele zu
weiiden, alS aus die Geltendmachung der von
dem übrigen Dcutschland so ost zurückgewle-
senen Ansprüche aus die prcußische Hegemonie.
Die Königin Auguste hat dem Berliner
Magistral für die Gralulation zu ihrem Ge»
burlsseste von Baden-Baden auS gedankt ünd
die Zuvcrstcht ausgesprochen, daß „Unserem
Vaterlande nie der göttliche Segen sehlen
wird, beffen cs zu seiner Wohlsahrt nach
Außen und Jnnen bebarf."
Nach den bisherlgen Mittheilungen auS den
Wahlkreiftn zu urtheilen, wlrd die Partei der
Altliberalen im nächsten preuß. Abgeordneten«
hauje fast gar nicht vertreten sein; von den
Führern dieser Partei haben bis jetzt nur der
Staatsminister a. D. Graf Schwerin unb der
Prästdeiit Simson bestimmte Aussichten aus
ihre Wiederwahl. An einem ganz überwie-
genden Siege der Fortschritispartci ist nicht
im mindesteii zu zweiseln. Doch wird wahr-
scheinlich sich die Zahi dcr Conservaliven im
Abgeordnetenhause etwaS verstärke».
Jn eiiier am 8. Octbr. abgehalteneii Ver-
sammlimg der Conservativen der Provinz
Sachsen unter dem Vorsttz deS Grafen Stol-
berg-Wernigerode wurbe der Antrag, eine
Avreffe an ben König zn richten und ihm zu
danken für den Widerstand gegen die Ueber-
griffe der Demokraten, und sür die Festigkeit
gegenüber den Versuchen, Preußens selbst«
ständige Macht in Dcutschland durch eine Un-
terordnung unter außerpreußlsche Stimmen-
mehrheiten zu schmälern, einstimmig angenom-
men und fand alsbald über 700 Unterschriften.
Auch an den Ministerprästdenten v. Bismarck
wurde, als am Zahrestage seiner Eriiennung,
telegraphische Depesche abzuseiiden beschloffenl
Ji> Graz fand eine Versammlung steieri-
nicht bloß eine an sich schwicrige Rvllc, sic tzat auch
eine äußere Schwierigkeit zu überwindcn. Man er-
laube ein sehr trtvialcS BUd dasür. Wenn Zemand
in einen Kreis bercitS angeheiterter Gcsellen tritt,
so «ird es ihm schwerer, sogleich in den dort schon
herrschendcn Ton cinzusallen. Kamn anders ist es
für eine Schauspiclertn, deren Rolle fie erst im
4. Akte auf Lie Bühne ruft, nachdem alle Anderen
schon durch 3 Akte hindurch fich in ihre Personen
eingespielt haben, nachdem auch daS Publikum schon
für dicscn oder jenen Partei ergriffen hat und nun
doppelte Ansprüche macht. Frau Sobterry erfüllte
die Ansprüche, so hoch sie auch gtngen, und wenn
am Schluffc dcS AkteS ein vereinzeltcs Zischen dem
allgemeinen Betfall sich entgegenstemmen wollte, so
hoffen wir, daß Frau Sobicrry sich aus diescm
Monologe so wenig machen wird, als Andere auS
andercn. Dic Geschmäcke sind eben verschicdcn!
Hcrr Frey überraschte uns in sehr angenehmer
Weise durch ftinen Prinzen, ->b zu seineni eigenen
VortheU, wollen wir dahingestcllt sein laffcn; dcnn
nach dieftr wohlgelnngenen Rolle wird dic Kritik
künftig weit höherc Anfordernngen an ihn stellen,
als disher. Fräulein Widmann müßtr, wie nnS
z»s,rli»»«gebiitre» b«»lüge Prüi-
schcr LandtagS-Abgeordneten Statt zur Be-
sprechung über die deutsche Reformfrage. Es
wurde ein Programm aufgestellt und beschloffcn,
den nächsten deulschen Abgeordnetentag zahl-
reichst zu beschicken.
Nach dem „Temps" wird daS dänische Ca-
binet bie neue Constitution sür Dänemark und
Schleswig veröffentlichcn, wclche die anschei-
nendc Ordonnanz vvm 30. März bedingt und
dadurch die Bundesereculion wieder hinaus-
schiebt.
„PayS" meldet den Ausbruch neuer Unruhen
in Griechenland; in Nauplia sei kin bluliger
Zusammenstoß nur durch große Entfaltung von
Gewalt verhlndert worden; »uch in der Haupt-
stadt regten sich die Parteien und daure die
Ministerkrise fort.
Deutschland
Mannheim, 13. Oct. Wenn «nsere
hiesigen politischen Parleien stch nun zum Be-
hus der Wahlmäunerwahlen in der Art geelnigt
haben, daß das Collegium der Wähler aus
elner Mischung von halb und halb bestehen
wird, so stehen sich dagegen die zwei Brücken-
bau-Parteien noch gerade sv schroff und kampf-
lustig einander gegenüber, wie früher, und
verfechten einerseitS im Mannheimer Anzeiger,
andererseits in der Badischen LandeSzeitung
ihre Lieblingsprojecte so hitzig, alS ob vvn
dem Ausgang dleser Zeitungspolemik auch die
tharsächliche Entscheidung der Sache abhängig
sei. AUein von größerem Belang alS dlese
städtischen Parteianschauungen, die nach unserer
Meinung nur von untergcordneter Wichtigkeit
stnd, scheinen die Disferenzen zwischen den
badischen und baperischen Znlereffen zu sein,
an denen das ganze Brückenbau - Project zu
scheitern droht. Den von der badischen Re-
gierung vorgelegten Plänen gemäß svllen der
dieffeltlge Persoiienbahnhof und dle Verlade-
plätze an den Rhein (in die Gegend von der
Mühlau), ber Centralbahnhof dagegen an daS
Sübende der Stadt (ln der Nähe deS alten
BahnhvseS) verlegt werdcn; allein dlese Pläne
sind von der zu diesem Behuf zusammengesetz-
len bayerischen Commisston am 8. d. M. ver«
worfen worven. Die Gründe hierzu sollen
theilS von der vorgeschlagenen schrägen Rich-
tung über den Rheln, die durch die Einmün-
dung an den Rheinhafm bedingt ist, theilS von
der dadurch verhinderten späteren AuSdehnung
der Stadt Ludwigshasen hergenommen sein.
Wen» Bapern hierin nicht nachgibt und Baden
nicht lieber den Brückenbau ganz aufgeben
scheint, auf ihre erste Scene noch einigeS Studtum
verwenden. Die Art deS Hcreinstürzens inSbesonder«
verrieth ntcht hft Verwirrmig, in der sie fich bc-
findet. Vtelletcht störte unS auch daS Kostüm eini-
germaßen den Erndruck. Die rothen Verzterungen
waren gar zu auffallend. Zn den letzten Aktcn
dagegen, namentlich tn den Schlußscenen, bewieS
uns Fräulein Widmann, daß Emilia Galotti noch
eine ihrer besten Rollen werden kann, und deShalb
erlauben wir uns dicft AuSsteUung. Herr Podcsta
«ird mit Böftwichtern nie vicl Glück machen. Sein
behäbigeS Aeuhere, so wic ftine gutmüthige Stimme
verweiftn ihn mehr aus freundltche, ftlbst komischc
Charakterrollen. NtchtS desto weniger ist ftin Ma-
rinelli unter dieftn pcrsönlichen Beschränkungen als
eine sehr »erdicnstliche Letstung zu bezeichnen. Eine
Bemcrkung erlaube er unS als Regiffeur. Es fieht
nicht schön auS, wcnn in der Scene zwischen Ma-
rtnellt und Appianl beide an cntgegengefttzten En-
den der Bühne sitzen. Offenbar geschah es mit Ab-
ficht, aber wte wir glauben, brauchen beide gar
nicht zu sitzen, «enn man die Stühle nun rinmal
nicht näher stellcn kann oder will. Herr Giegvld
und Fräul. Heuberger spielten betde recht «acker.