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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-26 (2. Januar 1902 - 31. Januar 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0199
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besondere eine Erschwerung des Güterverkehrs im Gefolge
haben können; doch ift diesein Bedenken keine ausschlag-
gebende Bedeutung beigemessen.

Madischer Landtag.

L 6 Karlsruhe, 30. Jan. (30. Sitzuug der
Zweiten Kammer.) Am Regierungstisch: Präsideut des
Justizministerinms Freihr. v. D u s ch, Ministerialdirektor
Hübsch, Geh. Oberreg.-Rat Becherer, Ministeiialrat
Dr. Treszer, Oberamtsrichter Dr. Bleiche r, Miuisterial-
rat Dr. Diiringer.

Präsident Gönner eröffnet die Sitzuug um ^lO Uhr.
Eingegangen: eine Petition vou Postbeamteu um Erlassung
der Beiträge zur Bad. Witweukasse, eiue Eingabe der Ge-
meinde Bilfingeu um Errichtung eiuer Haltestelle, eiue
Petition von GeMeiudeu dcs Bezirks Adelsheim iim eiiien
Staatsbeitrag für die Jagstfeldbahn, endlich eiu Antrag
der ZentrumSsraktiou betr. anderweitige Umgrenznug der
Landtagswahlbezirke.

Zur Beratuug steht daS Budget des Justiz-
niinisteriu m s.

Abg. B i n z hcrt dcn (in der Hauprsache bcreits mitgeteilten)
Kommissionsbericht erstattet. Jn seiner Eigcnschaft als Al>-
geordneter ersucht der Berichterstatter die Justizvertvaltnng,
in die Kammern für Haudelssachen uicht nur „höhcre" Kauf-
leute, sondern auch Handtverker und Kleingcwerbetreibende zu
berufen; ebenso sollte bei der Änsivahl der Schöffcn und Ges
schworenen das kleinbürgerliche Element und der Arbeiterstaud
mehr berücksichtigt wcrden. Ferner sei zu beklagen, das; häufig
Leute durch Gerichisbeschlus; lcdiglich auf Augaben hin vor das
Schöffengericht oder die Strafkammern gestellt wcrden, ohne
dah auch uur die germgste Spur von Beweis vorlicgt. Zum
Schluß bemerkt Redncr, dah die schwierige Uebergangszcit des
ne.uen bürgerlicheu Rcchts dank dem Fleitz und dem Gerechtig-
keitssinn unserer Beamtcn keine Schwierigkciten bereitet hat.
Die Promptheit der badischen Justiz, die rasche und gutc Recht-
sprechung werde auch autzerhalb des Landes ancrkannt. Um
so mehr sei es Pflicht des Sraates, für die materielle Besser-
stellung der richterlichen Beamten zu sorgen. Dies sei schon
im Jnteresse dcr Rechtspflege sclbst geboten, da nur ein finan-
ziell unabhängiger Beamter die nötigen Garantien für eine
gute Rechtsprechung bietet. Er hoffe, dah die Justizverwaltung
auch in Zukünft ihrer hohen Aufgabe gerecht werde.

Ministerpräsident Frcih. v. Dus ch dankt für die wohl
wollenden Ausführungcn des Berichterstatters und die freund-
liche Srellung der Kommission zn den Auforderungen im Bud-
get. Hilfsrichter werden so lange notwendig sein, als cs an
Richterstellen fehlt; das Gesetz verlange cben die Besetzung der
Landrichterstellen durch Richter. Die „heillosen" Uebelstände
im Karlsruher Amtsgericht werden iu kurzer Zeit gauz ver-
schwinden, sobald dcr Umzug des Oberlaudesgerichts und der
Umbau stattgefunden hat. Die Berwenduug auswärtigen
Steinmaterials zu Ncubauteu werde sich nie ganz vermeiden
lassen, da z. B. das Maulbronner ganz besondere Eigenschaften
hat. Die Vorschläge betreffend die Hermiziehung des Laien-
elemenrs zum Gerichtsdienst werden erwogen; doch möchte er
betonen, dah heute schon Elcmente aus allen Ständen heran-
gezogen werden. Die Klagen des Berichterstatters über die
grundlose Erhebung von Privatklagen gehören in dcn Reichs-
tag. Den Wünschen bezüglich der Besserstellung der Richter,
insbesondere der Amtsgerichtsdirektoren könne sich die Regie-
rung nur anschliehen; im laufcndeu Budgetjahr köune von der
Erftillung natürlich nicht niehr die Rede sein. Was das Grund-
Luchwcsen betrifft, so müsse man weitere Erfahrungen abwar-
ten, ehe man Aenderungen vornimmt. Auf alle Fälle müssc die
Ilmschreibung, die noch erwa 8 bis 10 Jähre dauert, erlrdigt
werden, bevor an irgend welche Aenderung zu denken ist. Datz,
trotz der grotzen Ausgaben, auch jetzt noch llnzufriedenheit
herrscht, sei eine bedauerliche Thatsache. Die Regierung habe
selbstverständlich ein grotzes Jnteresse an einem zufriedenen
Ratschrciberstand; aber der Staat köune unmöglich die Rat-
schreiber vollständig erhalten; ebeuso wenig können die Rat-
schreiber die Gebühreu auf dic Dauer beziehen, wclche sie in
den fetten Jahren erhalten habeu. Das Hauptbedenken rich-
tete sich gegen die Thätigkcit der Notare, welche zur Zeir eiue
ungeheure Arbeitslast zu bewältigen/haben. Der Zustand,
dah die Rotarc das halbe Jähr hindurch auf Reisen sind, sei
auf die Dauer unerträglich. Die Regierung werde daher noch
diesem Landtag einen Gesetzentwurf vorlegen, welcher iu der
Zusammenfassung kleinerer Gemeinden zu einem Grundbuch-
amt einen grötzeren Spielraum gestattet. Auch die Organi-
sation des Notariais wcrde'einmal abgcändert yverden müssen;
vorerst sei aber nur eine Fixierung der Bezüge vorgesehen.
Bis zur Vorlage dicses Gesetzes könnten vielleicht dic Er-
örierungeu über das Notariat verschoben werden.

Präsident Gönner teilt mit, daß vom Abg. Dreesbach
und Genossen ein Abänderungsantrag zu dem Gesetzentwurf
betr. Aenderung des Gesetzes über den Elementarunterricht cin-
gegangen ist. Der Antrag befatzt sich mit der Gehaltsfragc der
Lehrer, eine bessere Regelung derselben anstrebend, so nament-
lich bezüglich des Anfangsgehaltes und der jeweiligen Zulagcn.
Nach Drucklegung dcs Äntrages soll er dcr Sonderkommission
überwiesen werden.

Abg. Dr. Wilckeus (nat.-lib.) macht den Vorschlag, den
Abg. Dreher wiederum der Budgetkommifsion züzuteilen.

Präsidenr Gönner stellt fest, datz ein gleicher Vorschlag
vom Präsidenten der Budgetkommissiou vorliegt.

Gegen die beiden Anträge werden Einwenduugen nicht er-
hoben, der Abg. Dreher ist damit zum Mitglied der Budget-
kommission gewählt.

Präsident Gönner: Die Budgetkommission ist bereit,
hier im Hause einige mündliche Berichte zu erstatten über einige
Titel, in denen Bauten in Vorschlag gebracht werden. Es
handelt sich um Stratzen-, Brücken- und Wasserbaüten, mir

der in Deutschland und auch übcr die Greuzen des engeren Vater-
landes hinaus sich eines wohlverdienten Rnfes als Orgelvirtuos
erfreut und auch dem Heidelberger Publikum als hervorragender
Künstler auf seinem Jnstrument von früheren Konzerten her
bekannt ist, wird am nächsten Sonntag, den 2. Februar, nach-
mittags 5 Uhr, anf der schönen neuen Orgel der Heiliggeistkirche
ein Konzert geben. Borzügliche hiesige Künstler werden Herrn
Schröder unterstiitzen. so datz das Konzert jedenfalls ein äuhersl
genußreiches sein wird. Herr Schröder wird eine loeeUa
nebst Fuge (in O-moU) von Bach, eine Sonate (in l?-inoU) von
Mendelssohn, die Fuge über den Namen Bach von Schilinann
und eine freie Fantasie über Weihnachtslieder spielen. Unsere
treffliche Sängerin, Frau Radig, wird die Arie von Stradella
(Herr, hab Erbarmen), sowie Lieder von Raff und Liszt singen.
Herr von Golubew, der einem großen Teil des Heidelberger
musikliebenden Publikums vou cineni zu Anfang des Winters ge-
gebenen Privatkonzert her als ganz ausgezeichneter Geiger bekannt
ist, wird eine Violin-Sonate von Händel spielen. Herr Musik-
direktor Radig, bekanntlich auch Meisier auf der Orgel, wird die
grotze Freundlichkeit haben, die Orgelbegleitung der Gesangs- und
Geigenstücke zu übernehmen. Eintrittskarten zn dem Konzert
sind bei den Herren Musikalienhändlern Pfeiffer und Hochstein,
bei Herrn Buchhändler Petters und an der Kasse zu haben.

denen dann bcgonnen werden könnte. Jch schlage vor, diesem
Aiürage stattzugeben.

Ein Widerspruch wird hiergegen nicht erhoben.

Damit tritt um 121h Uhr Schlutz der Sitzung ein.

Aus der Karlsruher Zeitung.

— Seine Königliche hoheit der Grotzherzog haben d'e
auf den Professor Dr. Buhl gefallene Watst zum 'L-rorekior
der Univeisttät Heidelberg für das Studienjahr vou Ostern 1902
bis dahin 1603 bestätigt.

Karlsruhe, 34. Jan. Nach dem gestrigen Gastspicl
d.s Herru Coqaelin e.npfi.igen die höchste» Herrschaftei,
dense'ben ia dem Logenvorraum des Grotzh. Hoftheate s
und 'prachen chm chre große Befr esiguug über die outzm-
ordentlicheii Leistnugkn seiuer Künsilecgescll'ch nt au?. Heute
Vormittag von 11 Uhr b s halb 1 Uhr na!>m der Groß-
herzog den Vortrag dcs Prüstdenten des M uisteciums des
Jnnern Gcheimerats Dr. Schenkel, entgegen. Da nach
empsingeu der Großherzog uud d e Großherzogi i d>n H-rrn
Ccquelin in besonderer Audicuz. Heut: Nachmiltag von
halb 5 Uhr an hörte der Großhnzog die Vorträge dcs
General'euinants uud Generaladjutaiuen oon Müller, des
Gehcimen Legat oasrats Dr. Freitecrn vou Babo uao des
Legationsrats Dr. Seyb. Hicrauf besuchen die Großher-
zoglicheii Heirschaften mit dcr Kronprinzessin Victoria das
zweite Gapspiei des Herrn Cvqueiir.

Ansland.

Oesterreich-Ungarn.

Budape st, 29. Jan. Jin A b g e o r d n e t c n -
hause hatte heute zur Budgetdebatte der Sachse Gustav
Lindner das Wort ergriffen. Als Lindner sagte,
das Nationalitätengesech enthalte ein Minimum an Recht
und Freiheit, rief der unabhängige Pichler wütend
dazwischen, die Sachsen mögen nach Deutschland gehen,
wo die deutsche Politik Polen unteirdrückt. Der Vor -
sitzende rief Pichler znr Ordnnng. Als dann Lind-
ner darauf hinwies, datz in sächsischen Bezirken auch un-
garische Aristokraten gewählt seien, ries ein zweiter Un-
abhängiger, der Abgeordnete Barta: „Wir werden sol-
chen Ton nicht dulden, das ist Vaterlandsveirrat." Lind-
n e r entwickelte sodann das sächsische Volksprogramm;
als er aber die Aeußerung that, daß dre >sachsen eine
Snprematie der Nngarn nicht anerkennen, brach ein
Stnrm des ganzen Hauses aus, und der Vorsitzende er-
teilte dem Abgeordneten Lindner einen Ordnungsruf.
Lindner schlotz seine Rede mit der Erklärung, datz die
Sachsen wohl Gut und Blut fürs Vaterland zu opfern
bereit seien, aber auf ihre Nationalität nie perzichten
werden. Darauf sprach der Demokrat Vaszonyi, den ein
früherer Nedner beschuldigt hatte, er bewerfe den histo-
rischen Adel mit Kot. Vaszonyi wollte die Beschuldigung
zurückweisen, doch Volksparteiler sowie einiae Unab-
hängige störten ihn fortwährend dnrch Zwischenrufe, Als
dabei Rak'ovszky rief, Vaszonyi hätte nicht Mnt, die
Konsegnenzen der von ihm eingeleiteten Bewegnng der
Arbeitslosen zu tragen, sondern verstücke sich, brachen die
Klerikalen in einen Riesenlärm aus und die Ilnab-
hängigen schrien, Vaszonvi möge den Platz bei ihnen ver-
lassen. Vaszonyi begab sich in die Mitte des Saakes, wo
er erklärte, er weise die gegen ihn erhobenen Verleum
dungen zurück. Weiter kam er, nach dem Bericht des
„Berl. Lokalanz." nicht. Tobender Lärm verhinderte
ihn am Weitersprechen. „Hinaus" rnfen die Vvlks-
parteilcjr. Unter grötztem Tnmult wnffde dre
Sitzung snspendiert nnd sodann auf morgen
vertagt.

England.

— Jn London zirkulieren unkontrollierbare Gerüchte,
datz die V e r e i n i g t e n S t a a t e n von Nordamvrika
entschlossen seien, stch der Philippinen w i e d e r
zu entledigen, um diese anf dem Kompensations-
wqge oder dnrch Verkaus in den Besitz einer anderen
Kolonialmacht übergehen zu lassen. Es ist aber doch sehr
die Frage, ob eine andere Macht sich bereit finden wird,
die PhiliPPinen zu übernehmen. Den Amerikanern geht
es dort fast noch schlimmer, als den Engländern in Süd-
afrika. Die Filippinos haben sich auf den Guerillakrieg
geworfen nnd die Amerikaner sind heiute noch ebenso
wenig im Besitze der Jnseln, wie vor drei Iahren, als
ste den-Krieg offiziell für beendet erklärten.

Rustland,

Peters b n r g, 80. Jan. Der Idurnalist A m -
fiteatroiv, der Jnhaber der beka-nnten liberalen Zei-
tung „Rossija", ist gestern Nacht verhafte t imd, wie
es heißt, anf fünf Jahre, nach anderer Version für immer,
nach Sibirien geschickt worden. Er hat in einöm
Pasqnill, das „Landleben" betitelt in der „Rossija" er-
schienen war, dre kaiserliche Familie lächerlich gemacht.
Die Redaktion der Zeitung wurde polizeilich durchsncht
nnd dann geschlossen. Der Vorfall erregt in allen Kreisen
das grötzte Aufsehen.

Amerika.

Washington, 29. Jnn. Jm Repräsen -
tanteinhause fragte der Demokrat Champ Clark
(Mo.) an, wer denn eigentlich die Kosten der nach Lon-
don zur Krönung König Edlvard's zu ent-
sendenden Spezialbotschaft tragen werde. Jn
recht sarkastischem Tone meinte Repräsentant Clark, dis
Vereinigten Staaten würden jedenfalls die Kosten der
„antzerordentlich talentierten Hsrren Whitelaw Rcsid,
Kapitän Clark, General Wilson, des jungen Pierpont
Morgan nnd Jnng- Wetmoress" tragen, die nach Lon-
don gehen, nm „seine geheiligte Majestät König Edward
krönen zn sehen". — „Wir zahlen die KostM des Be-
snches des Prinzen Hein r i ch", fuhr Repräsentant
Ckark fort, „und ich bin h e r z l i ch f r o h darüber, datz
wir zu Ehren des Prinzen solche Festlichkeiten veranstal-
ten, denn dadurch wird die Verlogenheit jener Briten-
frennde, welche uns in eine Allianz mit England
gegen Deintschland hineindrängen wollen, einmal
in das hellste Licht gestellt. Aber was dem ernen
recht ist, ist dem andern billig. Wenn wir die aus dem
Besuche des Prinzen Heinrich erwachsenden Ausgaben
aus Onkel Sam's Säckel bestreiten, sollte England
logischerweise die Ausgaben unserer Krönnngs-
Spezial-Botschaft decken." Die. Debatte war dadnrch
veranlatzt worden, datz man den Vorsitzenden Cannon

vom Bewillignngs-Kvmitee befragte, welchen 3>^
denn eigentlich die Bewilligung von Doll. 40 000 -3",!
außerordentliche Ausgaben des Staats°Departe<men>'.
habe. Cannon gab schlietzlich zu, daß der Posten S>,
Decknng dsr Ausgaben für den Empfang des Prin^
Heinrich beftimmt sei. „Wie ich die Loache verstehe", s^E
Herr Cannon, „hat der Kaissr von Deutschtand
den Präsidenten der Vereinigten Staaten einen Brief ^
sandt, mit der Jnforniation, daß svin Brnder Heii>»I
demnächst die Vereinigten Staaten besuchen werde >»>'
speziell damit beanftragt sei, dem Volke der Vereinisi^
Staaten eine Botschaft des Friedens und der Freu"'
schaft zu ubermitteln. DerPräsident hat es da"»!
als Oberhaupt einer grotzen Nation, für seine Pf>.>»,
gehalte/n, den Reprüsentanten einer andern grosis,
Nation würdig zn einpfangen nnd zu bewirten. H,
Präzedenzfall ist in dem Besnch der Prinzrw»
Eulalia im Jal^e 1893 geschaffen worden. Von jr'd^
Stnndpnnkt aus betrachtet, halte ich es für angebrao»
und angeinessen, für die würdige Nufnahme eines
Präsentanten eines grotzen Vplkes jenseits des Ozean? s»
sorgen, eines V o l k e s, wekches nns so star"
Knv ch en, das b e ste M a r k nnd Gehirn ä»;
Ii e f e r t h a t." Lanter Applans von allen Seiten
Hauses erschallte bei dieser Erklärnng Eannon's nnd
Denwkrat Livingston (Ga.) erklärte, man solle die v">"
lwgende Bill nicht kritisieren.

Dcr Wanbmörder Kerberger vor dem
Schwurgericht.

8. L. K cr r l s r u h e, 30. Jan. Hente wnrden zunaöE
einige Zeugcn darüber vernommen, ob Herberger währc"
der Voruntersuchung sich in einer Weise geäutzert hat, ans
hcrvörgehen mutzte, datz der Angeklagte mir Ueberlegung "s)
handelt. Referendar Renner sagte aus, datz Herbergcr-
er ihn über die Tötnng des Steiner verhörte, erklärt hat, --'s»
habe einen günstigen Mvment abgepatzt, um den Stei!"'.
niederzuschlagen". Kriminalschuhmann Kammerer hatte lvc'.j
rend der Voruntersuchung den Angeklagten zeitweise zu
wachen. Eines Tages frug ihn dcr Angeklagte: „Wie irnrd d'
Sache ansgehen?" Auf die Antwort: „Da mutz man den M
lanf der Untersuchung abwarren", sagte Herberger: „Jch kc>"
nichts mehr thun, als mich auf mein Ende vorznbereiten. <
habe die Sache angegeben, wie sie war, es läht sich nichts »st».
ändern. Die Sache kam daher, daß ich bei der Fremdcnlcg»'!,
gedient habe. Jch bin frühcr nicht so kaltblütig gewefen ""
hätte früher nie einen Menschen umbringen können. 2L/»-
wir in Tongkrng inr Lager waren, wurden während des Esst'"
die Gesangenen hingerichtet. Man legte sie auf einen
stamm, einer packte sie an den Fützen, einer am Zopf und si,
dritter schlng ihnen den Kopf ab. Während wir ahcn, sprst'i,
das Blut herum; wir machten uns nichrs darans." U»»'„
snchungsrichter Landgcrichtsrat Forster bestätigte die Angg"^
des Zcugen Renner und fügie bei, datz ihm der Angeklagte
den Fall Steiner gesagt hat: „Von dem Augenblick an, in
ich den Entschluh fatzte, Stciner niederzuschlagen, bis zu
Angenblick, in dem ich die That ansführte, vergingen et"

2 Minuten." Spätcr vcrbesscrte der Angeklagre sich daUs^
datz er sagte „höchstens 2 Minnten". An die Einvernahme d>>,
ser Zeugen schlotz sich die Erstattnng der Gutachten derGcricU»''
ärzte nnd des Pshchiatcrs. ,,

Bezirksarzt Medizinalrat Behrle-Mannheim hat die Le>>,^
des ersten Erschlagenen Eichelsperger obdnziert. Er sand Z"'',
leichte und zwci schwere Kopfverletzungen vor, von dencn >>'«
tere etwa handtellergrotz und, da dcr Schädcl zertrümmerr >v"'
unbedingt tötlich waren. Der Tod müsse alsbald eingetrete
sein. Da das blutübcrströmte Gesicht dcr Erde zngekehrt >"
der Kopf in die Erde cingedrückt war, nimmt der Sachversta^
dige an, daß der Angeklagte ivohl wutzte, einen Toten vor
zn haben und demgemätz bestrebt war, die Entdecknng der Le>K
möglichst hintanzuhalren. Bezirksarzt Klehe-Bruchsal
suchte die Leiche des zwciten Erschlagenen Steiner. Diese >»>',
ebenfalls vicr schreckliche, nahczu qnadratische Wnnden
8 zu 13 Zentim. auf, die nnbedingt tötlich waren. Der
sei, als er in den Salbach fiel, alsv nach dcm ersten Scksi»",,,
schon bewutztlos gewesen nnd die nachfolgenden Schläge ha»L
durch die Zertriimmernng des Schädels den Tod infolge
Gehirnlähmung herbeigeführt. Neber dic FamilienvcrhSlt»'"-
dcs Angeklagten beknndet der Sachverständige Dr. Blnm, dsi)
mit Ausnahme dcs Angeklagten fast alle Kinder der Herberg>" ,
schen Familie durch die Mutrcr, welche einer schivachsinmTz
Familie entstammt, erblich belastet waren. Ernige seien
vollkommen blödsinnig zn bezeichnen und^demgemätz in >
Heilanstalt Hub nntergebracht. Bei Herberger selbst sck>c>
eine Belastung nicht vorzuliegen. Die Frage des Verteidigc»^
ob Hcrberger nicht durch das s. Zt. von ihm an einem bjähE
Mädchen begangene Sittlichkeitsverbrechen eine anormale W,
anlagung dargethan habe, vcrneint der Sachverständige.
Psychiater Dr. Hegar, Leiter der Jrrenanstalt Jllenau, m-,
in scincm sehr eingehenden Gntachten zu dem Schlutz, >
Herberger trotz der in der Familie vorhandenen geistigen R"-,
ständigkeit und erblichcn Belastung als völlig zurechn»"".,
fähigcr und geistig intakter Mensch zu bezeichnen sei. Anck' e ,
Zeit der Begehung der beiden Strafthaten ser er vollko»»» j
im Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen. Es seien abfi':^
keine Anzeichen dafür vorhanden, daß der Angeklagte efiva ' „
geborener Verbrecher sei. Er sei wohl ein Mann der rascw
Entschlüsse, aber er habe nicht unüberlegt Khandclt. Jn To»^
king habe er an der Ruhr, der Malaria, am Sonnenstich ' ^
verschiedenen Wundfiebern gelittcn, ohne daß dies einen >3
flutz anf seinen Geisteszustand gehabt habe. Znr Zert der
zur Last gclegten Verbrechen habe er sich jedenfalls sowom
gutem körperlichcm, wie geistigem Zustande befunden. ^ t

Hieranf begannen die Plaidoyers. S r a a t s a n »'>' -,
Freih. v. R e ck suchte das Motiv zur That in der Habsncm-
dcm Herberger die Papiere seiner Opfer wertvoll erschc'» ^
lietz. Jede sittliche Scheu habe ihm gefehlt, jedck Werfickinv"
des menschlichen Lebens sei ihm fremd gewesen. Kaltl»»
habe er den Moment abgepatzt, wo er über seine Opfir
leichtesten herfallen konnte, kaltblüttg habe er das Opp'r ^
lange geschlagen, bis alles Leben entflohen war und kaltbu^
habe er nach der That jedesmal alle Spuren beseingt. dre > >^
nur anf den Thäter. sondern auch auf die Person semes vp> ,
schlietzen lassen konnten. Diese Kaltblütrgkeit habe stch ^
Angcklagte nach seiner Angabe während semes funfiat" U
Dienstes in der französischen Fremdenlegron erworben. dn- >> .,
nnwidersprochen gebliebenen Schilderrmgen als em
plah von Abenteurcrn aus aller Herren Länder zu betraw
sei und in deren Reihen sich mit Vorliebe Verbrecher emfcnu ^
dre ihre Spur verwischen und sich vor der Strafversolg L
schützen wollten. Es könne kcincm Zweisel unterliegen, "
der stmgang mit solchen Elementen keine guten Folgen "»7 §
könne, obgleich bei einem von Natur aus roh veraniniv^
Manne, wie es der Angeklagte sci. fraglich erschemen w "
ob ihm ein solcher Umgang überhaupt noch schaden ko>>>> ^
Wohl aber sei es möglich, datz ihn die Vorschrrft der Frenm^
legion, mit den Kriegsgefangenen kurzen Prozeß S.u »>-»» -,
abqestnmpft habe. H. sei vollkommen ubersuhrt. nrcht ^
mw je einen Totschlag, sondern in jedem emzelnen occrlle >>' ^
Mord in Verbindung mit Rarll' begangen zu haben »»»

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