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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Januar bis Juni)

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Nr. 51-74 (1. März 1902 - 29.März 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23860#0458
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^ -1cheii! r läglich, Sonntags ausgtnommen. — Preis mit Familienblättern monatlich 50 Pfg. in's Haus gebracht, bei der Expedition und den Zweigstellen abgeholt 40 Pfg. Durch die Post be-

y, ^ zogen vierteljährlich 1.35 Mk. ausschließlich Zustellgebühr.

^-cigenprcis: 20 Pfg. dic Ispaltige Petitzcile oder deren Ranm. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigen ermäßigt. — Für die Aufnahme von Anzeigen an bestimmt
^ vorgefchriebencn Tagen wird keine Vcrantwortltchkeit übernommcn. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelberger Zeitung und den Plakatsäulen. — Fernsprech-Anfchluß Nr. 82.

Momag, 10. März 1902.

Grstes Blatt.

44. ^aürgang — 58.

Urinz Keinrich in Amerika.

Cambridge, 8. März. Das vom Präsidenten
Cliot an den Kaiser gesandte Antworttelegramm lautet:
»Dic Havard-Universität dankl Ew. Majestät für ihr Be»
Leisterung erweckendes Telegramm an den Prinzen Heinrich
^ud fstr Jhre tzochherzigen Gabcn. Mögen die Hand-
^ugen Ew. Majestät die beiden verwandten Nationen
"nandcr immer näher bringen.

New-Aork, 8. März. Der Prinz hat den letzten
schweren Tag hinter sich, da außer dem Besuch von Phi-
wdelphja am Montag keine Ansprüche mehr an ihn ge-
«ellt werden. Der Prinz belegte im Waldorf-Astoria»
^otel 14 Zimmer. Zum Diner im University-Club
Wr der Prinz in geschlossener Kutsche zwciter Klasse.
^anche wollen in diesen Vorsichtsmaßrcgeln eine An-
^üung der Polizei sehen, die bei der Ankunft dcs Prinzen
"fu Hotel ein Jndividuum cntdeckt haben will, das sich
owenr Polizisten gegcnüber dahin aussprach, daß ein
^ttentat auf den Prinzen leicht gcmacht werden könne. Der
^ensch soll auch die Hand in die Tasche gesteckt haben,
Ujs er des Prinzen ansichtig ward, gleichsam als wolle er
we Waffe ziehen, doch wurde nichts bei ihm gefunden. Die
Poljzei ließ ihn ohne weiteres laufen. Vor dcm Hotel
wgerten Volksmassen, die den Prinzen lebhaft begrüßten.

Später nach dem Diner begab sich der Prinz zum
^ounners alter Studenten, Deutsche und Ameri-
j?uer, die in Dcutschland studierten, darunter hervorragende
*orsönlich!citen auf dem Gebiet der Wissenschaft. Diese
Ewpfingen den Prinzen mit lebhaften Demonstrationen.

Der große Kommcrs ehemaliger Studenten von der
Hochschule, worunter zwei Dritiel Deutsche und ciu Drittel
^uicrikaner sich befanden, wuide durch den zwar an-
Lekündigten, aber in Anbetracht dcr Verhältnisse kaum mehr
^oofften Besuch des Prinzen nebst Gefolge ausgezeichnet.
^er Vorschlag des Profcssor Learned-Philadelphia, eine
^otionale Vereinigung ehemaliger deutscher
^tudenten zum Zwccke derFörderung freundschaft-
^'cher Beziehungen beider Nationen zu gründen,
Wnd begeisterten Widerhall. Die Mitgliederliste
wurde mit mehreren hundert Unterschriften bedeckt Die
^timmung der Versammlung war brillant und verspricht
-'Uen dauernden Erfolg, nachdem der Boden für
erartjge Bestrebungen längst geebnet ist. Karl Beck führte
Kommers den Vorsitz und begiüßte den Prinzen bei
Ewem Eintreffen mit einer Ansprachc. Jn seiner Er-
werung führte der Prinz aus: „Sie sangen soeben
^eutschland über Alles, sie tragcn im Knopfloch das
I^warz weiß-rote und rot-weiß-blaue Band. Jch hoffe,
.^5 der deutsche Jdealismus, die deutsche Sprache, das
eutschx Lied, deutsche Sitten und deutsches Denken ein
^wdeglied zwischen dem teuren Vatsrlande und den Ver-
Wigten Staaten sein werden."

^ Durch den Kapitän v. Müller gab Prinz Heinrich eine
rklä rung an die Zei tung en, inder erbemerkt, daß
Uie vergessen werde, mit welcher Gastfreund-
.?^t und Hcrzlichkeit ihn das amerikanische Volk auf der
^Ue bcgrüßt habe.

Kleiue Zeilnug.

q« Witteuberg, 4. März. (Eine Frau, die ihren
yUnn verschenken wtll.) Wegen Osliriuin tromsns
iu ^ Einigen Tagen der Arbeiter Th., wie schon öfter,
oie städtische Krankenanstalt aufgenommen werden, da er
e. eiiiem Anfall auch seine Frau mit cincr Tischgabel in den
hnc? gestochen, sie aber glücklicherweise nur lcicht verletzt
L "e. Am Sonntag kam die Frau zu dem Leiter der
-j unkenanstalt mit der Bitte, er möge ja ihren Mann, dcn
bEs'^rne verschenken wolle, in der Anstalt behalten. Sie
tz iurchtete, daß er später einmal ein nenes Attentat auf sie
uben werde. Gestern Vormittag ist Th. in dcr Anstalt
eines HerzschlagcS verstorben.

p ^ ^ Zweibrücken, 8. März. JmHoechener Mord-
pxj dmii es sich um die Tötung des Bergmanns
-raglöhners Sommer durch seine eigenen Angehörigen
^ welte, vernrteiltc das Schwnrgericht d e Taglöhner Som-
tz und Reger zu 15 Jahren Zuchthans und die Witwe
TyAuier wegen Beihilfe zu 5 Jahren Zuchthaus. Die
^chter Elise Sommer wurde freigesprochen. Reger ist der
..Utigam der Elise Sommer. Dcr Ermordete war ein

Schnapslunip: er vertrank den ganzcn Familien-
"oienst.

sich ^ ^onu, 7. März. Orient und Occident vermischen
dj^ '^uier seltsamer. Jn diescn Tagen ist ein hier stu-
tzxg . junger Japaner, der Sohn eineS hohen

Iprvn " Tokio, bei dem CorpS Guestphalia einge-
"vgen.

Berlin, 7. März. Der Mammuth - Kada ver

Der Prinz hat gcnau 4358 englische Mcilen durch-
sahren.

New-Aork, 8. März. Heute Mittag hörte Prinz
H einrich im Hotel ein interessantes Ncger-Konzert.
Der Sängerchor bestand aus Ncgern und Jndianern, und
zwar Männcrn und Frauen. Es wurden acht Lieder ge-
sungen, die alle verschiedenen Charakter besaßen, aber
sämtlich eindrucksvollst und mit höchster Vollendung vor-
getragen wurden. Als die Sänger sich nach ^stündigem
Aufenthalt verabschieden wollten, sagte der Prinz zu ihnen:
Jch wünsche, daß Sie Jhre eben so eindrucksvoll gezeigten
schönen Traditionen bewahren und die Schönheit der
nationalen Gesänge weiterpflegen möchten. Der Chor sang
zum Dank für die Worte „Die Wacht am Rhcin" im
englischen Text. Der Prinz drückte nochmals seine Freude aus.

London, 8. März. Dem „Morning Leader" wird
aus New-Aork gcmeldet, daß Prinz Hetnrich, als ihm
gestern in Albany der von Friedrich dem Großen
an Washington geschenkte Degen gezeigt wurde, denselben
sofort aus der Scheide gezogen habe. Die Um-
stehenden erbleichten, da sie wußten, daß Washington in
seinem Testament angeordnet hatte, diescr Degen solle nie
aus der Scheide gezogen wcrden, außer zur Verteidigung
des Landes. Als der Prinz dies später erfuhr, habe er
sein Bedauern ausgesprochen und gefragt, warum man ihn
nicht daran gehindert habe.

Hamburg, 8. März. Prinz Hcinrich, der mit
der „Deutschland" zurückgeht, wird am 18. März in
Cuxhaven erwartet.

Deutsches Reich.

— Ter Kaiscr hat bestimmt, daß die Uniform der
Feuerwerks-, Zeug« und Torpedeoffiziere zur
bessercn Unterscheidung von der der anderen Offiziere Be-
satz von brauncm Sammet erhält.

Baden.

L.O. Karlsruhe, 9. März. Am Schlusse des Jahres
1901 waren insgesamt 234 Anwälte bei den badischen
Gerichten thätig. Die größte Zahl weist das Landgericht
Karlsruhe mit 65 auf. Mannheim hat 61, Waldshut 4
Anwälte. Währcnd vor Kurzem die Amtsgerichtsanwälte
verschwunden waren, zeigt die Liste deren 2, je einen in
Radolfzell und Bühl.

L 6. Karlsruhe, 9. März. Ter deutscheKron-
prinz traf heute Abend hier ein und wurde von Seiner
Königl. Hoheit dem Großherzog am Bahnhof empfangen.

— Zwischen der badischen und der hessischen
Regierung schweben zur Zeit Verhandlungen, welche dahin
führen sollen, die Kondominatgemeinde Kürnbach in
badischen Besttz überzuführen. Die Einwohner sind zu zwei
Drittel hessische Unterthanen, während ein Drittel badische
StaatSangehörigkcit besitzen. Der Bürgermeister wird alle
diei Jahre in öffentlicher Wahl und bei mündlicher Ab-
sümmmig in abwechselnder Nationalität gewählt. Die
hefstscheu Bcwohner habcn sich nun iu einer Btttschrift an
den Großhcrzog gewandt und bitten um Belassung in ihrem

der in der Umgcgend 'von Ssredne-Kolymsk gefunden und
über den wiederholt berichtet wurde, ist den „Wed. Grad."
zusolge am 3. März in einem Warenzuge der Nikolai-
Bahn in Eiswagen aus Jrkutsk in Petersburg eingetroffcn.
Der Mammuth, der am Ufer dcs Flusses Berechowka ein-
gefroren lag, war gut erhalten. Es fehlen nur noch ein
Hauzahn und der Rüssel. Haut, Fleisch und innere Or-
gane waren fast unversehrt. Dcr Kopf war vom Rumpf
getrennt. Die Expedition, die 1'/, Monate brauchte, um
an den Fundort zu gelangen, arbeitete 2'/^ Monate an
der für den Transport notwendigen Zerstückelung des Ka-
davers, der, schließlich in 39 Teile zerlegt, in Renntierfelle
eingenäht und so zur Bahn gebracht wurde. Das Gesamt-
gewicht einschließlich der Verpackung betrug 400 Zentner.
Der Kadaver wurde dem zoologischen Museum der Akade-
mie der Wissenschaften in Petersburg übcrgeben.

— Bei Rudolf Virchow ist, wie die „Deutsche
Medizinische Wochenschrifl" mitteilt, der Knochenbruch jetzt
soweit als konsolidiert zu betrachten, daß täglich Gehversuche
unternommen werden können. Der greise Patient vermag
mit Hilfe einer „Gehbank" durch zwei Zimmcr zu gehen,
wobet das verletzte Bein gut aufgesetzt wird. Es steht zu
hoffen, daß er allmählich weitere Fortschritte machen wird.
Begreiflicherweise sind diese Ucbungen sehr crmüdend für
den Patienten, so daß in körperlicher wie in geistiger Be-
ziehung noch große Schonung nötig ist.

— Wien, 8. März. Aus dem Kreisgerichtsgefängnis
Kolomea entsprang der dort wegen Raubmordes zum
Tode verurteilte Johann Lckky in Sträflingskleidern und
mit Ketten. — Der aus Preßburg entsprungene Mörder

hessischen Unterthanenverband, dem sie mehr als 100 Jahre
angehören.

Madischer Landtag.

L.6. Karlsruhe, 9. März. Nach Art. 7 des
Biersteuergesetzes vom 30. Juni 1896 beträgt die
Steuer für je 100 Kg. nngebrochenen oder gebrochenen
Malzes, die bei einem Brauereigeschäfte in einem Kalender»
jahr steuerbar wurden, bei einem jährlichen Gesamt-
malzverbrauch 1. bis zu 1500 Doppelzentnern für die
ersten 250 Dz. 8 Mk>, für die dieser Menge folgenden

1250 Dz. 10 Mk., 2. von mehr als 1500 Dz. bis zu

5000 Dz. 11 Mk., 3. von mehr als 5000 Dz. 12 Mk.

Hiernach ist schon bei einem Malzverbrauch von 1501 Dz.
sofort die ganze Menge mit je 11 Mk. vom Dz. zu ver-
steuern, was einer Steuerlast von 2000 Mk. mehr gleich-
kommt. Eine Anzahl (23) von Brauereien aus allen
Landesgegenden haben nun an die 2. Kammer die Bitte
gerichtet, das Malzsteuergesetz dahin abzuändern, daß

Brauereien bis zu einem Malzverbrauch von 2500 Dz.
für die crsten 250 Dz. 8 Mk., für die folgenden 1250 Dz.
10 Mk. und für die nächfolgenden 1000 Dz. 11 Mk.
pro 100 Kg. zu entrichten haben. Die Pctenten wollen den
unvermittelten Uebergang von der ersten auf die zweite
Steuerstufe verschieben; letztere soll ntcht schon bei einem
Malzverbrauch von 1501, sondern erst bei einem solchen
von 2501 Dz. eintreten; nach ihrem Vorschlage würde
eine neue Zwischenstufe gebildet für die Besteuerung der
auf die ersten 1500 folgenden 1000 Dz., die für sich mit
je 11 Mk. vom Dz. betroffen werden sollen. Die
Petitionskommission hat hauptsächlich die Frage
erörtert, ob nicht eine Abänderung des Gesetzes lediglich
in der in der Petition angestrebten Grenze stattfinden
könnte, also mit Beschränkung auf die Brauereien bis zu
eincin Malzverbrauch von 2500 Doppelzentner und ohne
Ueberwälzung des durch den Wegfall der Nachzahlung
entstehenden Ausfalls auf eine andere Steuerklasse. Seitens
des Regierungsvertreters wurde betont: Man wolle nicht
bloß die Verschiebung, sondern die Beseitigung der Sprünge
beim Verbrauch vou 1501 und 5001 Doppclzentnern
Malz. Der Tarif sei eben wegen der zu unvermittelten
Sprünge in seiner jetzigen Gestalt zu beanstanden und
wirke ungünstig. Wenn man ihn aber ändern und diese
Mißstände beseitigen wolle, könne dies nur durch eine,
wenn auch nicht erhebliche, Mehrbclastung der größten
Brauer geschehen. Man habe ursprüngltch die Absicht gehabt,
die Revision des Gesetzes in diesem Sinne noch auf dtesem
Landtage vornehmen zu lassen, sei aber von diesem Vorhaben
wieder abgekommen, weil die Verhältnisse z. Zt. noch
nicht hinreichend gcklärt seien und man im jetzigen Momente
mit Staatseinnahmen nicht experimentieren dürfe. Während
nämlich die Biersteuer bis 1899 erheblich gestiegen sei,
müsse man im Jahre 1900 einen Rückgang von 327 078 M:
und für 1901 nach vorläufigen Berechnungen einen solchen
von 400 000 Mk. verzeichnen. Die Regierung sei daher
nicht in der Lage, noch auf dem jetzigen Landtage eine
Aenderung des Biersteuergesetzes herbeizuführen, dagegen
werde ste auf dem nächsten Landtage die allgemeine Revision

Wendelin wurde in der Grenzstadt Tetschen auf der Flucht
nach Amerika verhaftet.

HheaLer- und Kunstnachrichten.

Heidelberg, 10. März. Die zweimal verschobene Aufführung
der Operette „Fatinitza" wird endlich Mittwoch, 12. d. M.,
vonstatten gehen mit F-räulein Koppenhöfer in der musiraltsch und
schauspielerisch gleich dankbaren Hauptrolle. Die Partic der
„Lydia" bat Fräulein Wurm neu nbernommen, die schon in der
„Geisha" Proben ihres liebcnswürdigen Talentes geliefert. Die
Damen Beyerle, Hetland, Jelly, Jungmann, Kull und Schaab
und die Herren Braudt, Großmann, Schnetder, Sorelli, Walter
sind hervorragend beschäftigt in dem lustigen und melodiösen
Werke, welches von Herrn Kapellmeister Klark einstudiert und
von Herrn Schncider insceniert wurde.

LitterarischeS.

—§ Ein Pre is au s s ch r e ib e n an alle deutschen Dichter
(nicht etwa nur an die Abonnenten l) zur Erlangung von guten
Texten zu komponier- und sangbaren Vortragsstücken für's
Ueberbreltl, erläßt dte Verlagsgesellschaft „Harmonie" in Verlin
in der ncuesten Nummer der Bunten T heater- n. Brettl-
Zettung „Das moderne Brettl" (U eberbrettl). Es
sind folgende Summen ausgesetzt: 1 erster Preis von Mk. 200,
1 zweiter Preis von Mk. 100, 2 dritte Preiss von Mk. 30.
Wettere Texte werden eventuell für je Mk. 20 angekauft. Zurn
Preisrichter-Kollkgium gehören die Herren Otto JultuS Bier-
baum, Ludwig Tboma und Theodor Etzel. Eine Probenummer
deS Blattes, in dem die genauen Bedtngungen des Preisaus-
schretbens enthalten sind, versendet der Verlag „Harmonie",
Berlin IV. 35, gratis und franko.
 
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