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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150-176 (01. Juli 1902 - 31. Juli 1902)
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zurück, die Wunde macht befriedigende Fortschritte. D er
König konnte gestern wegen des schlechten Wetters sich nicht
auf Deck aufhalten. Der nächste Krankenbericht wird am
Donnerstag veröffentlicht.

London, 21. Juli. Ein heute veröffentlichter
Nachtragsetat von 501 076 Pfund Sterling enthält
die Forderung von 25 000 Pfund für die Krönungs-
feier und eine solche von 250000 Pfund für Unter-
stützung der westindischen Zuckerindustrie bis zum Jnkraft-
treten der Brüsseler Konvention.

Rutzland.

Petersburg, 21. Jult. Samstag stattete Herzog
Paul Friedrich von Mecklenburg den Großfürsten
und den Großfürstinnen Besuche ab. Abends gab der
italienische Generalkonsul, Alfred Muser, dem Komman-
danten und den Offizieren der „Charlotte" ein Essen. Am
Sonntag Vormittag fand an Bord der „Charlotte" Gottes-
dienst statt, dem auch der deutsche Botschafter, Graf
v. Alvensleben, beiwohnte. Mittags empfingen der Kaiser
und die Kaiserin den Herzog Paul Friedrich in Peter-
hof. Der Herzog nahm am Frühstück teil, wobei der
Kaiser ihm zutrank. Abends gab Kommerzienrat Tillmann
auf seiner Besitzung Pargola ein Festmahl, an dem der
Herzog Paul Friedrich, der deutsche Botschafter, der Kom-
mandant, das Offizierkorps der „Charlotte" und andere
teilnahmen.

Jtalien.

Mailand, 21. Juli. Kaiser Wilhelm über-
sandte durch den deutschen Generalkonsul in Genua 1000
Lire für eine dort zu errichtende Altersversorgungs-
anstalt. Die Anstalt soll dem dauernden Gedächtnis an
den kürzlich verstorbenen Eczbischof Marchese di Raggio
dienen.

Aus Stadt und Land.

Heidelber g, 22. Juli.

* Von der Universität. Die „Badische Korrespondenz" meldet,
daß Geh. Hofrat Dietrich Schäfer einen Ruf nach Berlin
erhalten und angenommen habe. Demgegenüber hören wir, daß
Herr Schäfer selbst von einem Rufe nichts weiß.

** Ans der Studentenschaft. Unsere studierende Jngend
scheint in diesem Sommersemester zu allerhand Scherzen besonders
aufgelegt zu sein. Gestern Vormittag zog cin Studierender zn
Wagen, auf einem Bierfaß sitzend, nach dem Karzer; voraus die
Chargierten seiner Verbindung in einer Chaise, hinten drein die
leidtragenden Verbindungsbrüder im Traneranzug und mit Hand-
tücher aneinander gefesselt. Am Nachmittag gab es einen ähn-
lichen Aufzug. Voraus eine Musik, dann auf einem von Kühen
gezogenen Wagen der Kandidat für den Karzer, in einem hölzernen
Käfig sitzend, hintendrein ein wciterer Kühwagen mit den Leid-
tragenden. Vor dem Karzer sammelte sich eine gewaltige Menschen-
menge an, so daß es schwer war, den Weg für diese eigenartige
Prozession freizuhalten.

X Rudersport. Der Heidelberger Ruder-Klub ver-
fügte dieses Jähr übcr besonders gute Juniorcn. Aber die
Ntannschaft wurde nicht sehr vom Glücke begünstigt. Jn Mann-
lheim unterlag fic nach schwerem Kampf gegen die Heilbroimer
Schwaben. Bis zur Heilbronner Regatta hatte sich die Vierer-
Mannschaft wciter cntwickelt, so daß sie ihren Mannheimer
Bezwingern überlegen tvar, trafen aber in den Frankenthalern
rioch starkere Gegner, tvelche sie im schärfsten Endkampf um
nicht ganz eine Bootslänge schlug. Mit den besten Aussichtcn
sollte die Mannschaft am vorigcn Sonntage auf der Mainzer
Regatta starten. Doch erkrankte der Schlagmann auf der
Reise nach Mainz so sehr, daß er sofort zu Bett gebracht wer-
den mußte. Mit größtem Pflichteifer rafftL er sich auf, um
abends däs unter diesen Umständen aussichtslose Rennen
zu fahren. Cs war schon einc sehr anerkennenswcrte Leistung,
daß die Heidelberger das Rennen ehrenvoll durchführten, indem
sie hinter Mainz und Kastell als drittes Boot ankamen, den
Coblenzer Ruderklub hinter sich lassend. Die Mannschaft
fft jetzt leider genötigt, infolge Krankheit des Schlagmanns,
§re Uebungen für dieses Jahr einzustellen und muß somit ihre
Meldung für nächsten Sonntag in Gießen zurückziehen.

* Von der Eisenbahn. (Berichtigung.) Es wird uns mit-
geteilt, daß die gestrige Angabe, am Karlsthor habe ein Eisenbahn-
unfall gedroht, nicht richtig sei, es sei vielmehr lediglich ein
Manöver zum Abstellen eines Bierwagens ausgeführt worden.
Wir freuen uns, daß hiernach cin Grnnd zur Befürchtung nicht
vorlag. Unsere Gewährsmänner, die sich im Zuge befanden,
waren so fest von dem Vorhandensein einer Gefahr überzeugt,
daß sie die Beine in die Höhe hoben für den Fall, daß eine
Katastrophe eintrete. Das Unglück vom Oktober 1900 liegt eben
dem Publikum noch stark auf den Nerven.

Der bckannte Billardmeister Johann Trebar, welcher
seinerzeit in der Berliner Sportausstcllung Kerkau geschlagen
und mit der großen goldenen Medaille prämiiert wurdc, wird
am Donnerstag, den 24. Juli, abends 9 Uhr hier im Cafe
Jmperial seine Kunstfertigkeit zeigen. Trebar ist im Serien-
spiel stark und hat Serien von 3000 bis 4000 Points gemacht;
um jcdoch däs Publikum durch lange Serien nicht zu ermüden,
tvird er eine gemischtc Partie spiclen und zwar 800 Points
Cadre- (Hindernis-) Partie, 60 Points indirekte Partie, 15
Points drei Banden-Partic, dann die jetzt in Paris neu anf-

gekommene Partie „par la ronge" auf 30 Points. Zum
Schlusse wird der Meister nocki eine Serie von Kunstsrößen
aiisführen, darunter solche, die in Deurschland noch nicht ge-
zeigt wurden.

bä Schöffengetichtsfitznng vom 21. Juli. Vorsitzender: Herr
Referendär Dr. Haas. 1) Die Verhandlung gegen Fr. Aug.
Grun hier wegen Vergehens gegen die Gew.-Ordg. wurde ver-
tagt. 2) Heinrich Klingmann vou Kirchheim erhielt wegen Dieb-
stahls 5 Mark Geldstrafe event. 1 Tag Gefängnis. 3, Georg
Wipfler hier erhielt weaen Widerstands und Sachbeschädigung
eme Geld- bezw. eine Haftstrafe, 4) Friedrich Johann Augustin
und Gen. in Handschuhsheim erhielten wegen Körperverletznng je
2Wochen Gefüngnis. 5) Die Verhandlung gegen Joseph Banst
hier wegen Diebstahls wurdc vertagt, ebenso 6) diejenige gegen
Jakob Fr. Gremmelmaier von Gießen wegen Diebstahls. 7) Jo-
hann Schmitt hier erhielt wegen Diebstahls eine Woche Gefängnis,

8) Franz Zepfel. hier in Haft, wegen Unterschlagung eine Woche
Gefängnis, 9) Max Rosenthal, hicr in Haft, wegen Unterschlagung
10 Tage Gefängnis.

-i- Polizcibcricht. Ein Taglöhner wurde wegen Bettelns
und cin DienMLdcheit wcgen Hausfricdeusbruchs und Dieb-
stahls verhaftet. Wegen Unfugs kamen 7 Personen zur An-
zeige.

sj Leimen, 22. Juli. (Betriebsunterbrechung.) Jn-
folge Versagens der Stromlieferung seitens des Elektrizitütswerkes
Wiesloch fand heute eine 4stünoige Betriebsstörung auf der
elektrischen Bahn von '/-6 bis 0-10 Uhr statt.

8 L. Mannheim, 21. Juli. (F a h/r k a r t e n s ch w i n -
del auf der Pfalzbahn.) Ein ungewöhnlich starkes
Gendarmericansgeüot erregte heute früh die Aufmerksamkeit
der iiiit dem ersten Zuge von Schifferstadt in Ludwigshafen
cintrcffenden Rcisenden. Schon unterwegs hatte ein autzer-
gewöhnliches Aufgebot von Kontrollbeamten, die während der
Fahrr cine äußerst strenge Revision, namentlich der Arbeiter-
Fährkarten vornahmen, stattgefnnden. Auf dem Ludwigs-
hafener Bähnhofe, dessen Ausgänge mit Schutzleuten und Gen-
darmen besetzt waren, ivurden die Arbeiter-Fahrkartcn aber-
mals einer Äontrolke unterzogen. Das Ergebnis war die Si-
stierung einer grohen Anzahl von Arbeitern, welche sich in dem
Besitze gefälschter Fahrkarten befanden. Die Ar-
beiter wurden laut „Volksstimme" sofort einem Verhör unter-
zogen. Direktionsrat Lieberich leircte die Untersuchung. Ver-
schiedene Verhaftungen haben bereits stattgefunden. Auch die
übrigen von Neustadt-Schifferstadt eintreffenden Züge, in denen
Ärbeiter niit Wochenkarten fahren, sind im Laufe des Morgens
dcrselben Kontrolle unterzogen worden, wie der erste Zug. Dem
Treiben war man schon längere Zeit auf der Spur.

f Mannheim, 21. Juli. (S ch i f f s u n f a l l.) Gestern
fcüh ereignete sich auf dem Rheine zwischen hier und Worms
cin Zusammenstoß von zwei Schiffen. Der um 1 Uhr nachts
von Mainz zu Berg fährende Güter- und Personcndampfer
„Rotterdam" von der Niederländischen Dampfschiffährtsgesell-
schafr begegnete oberhalb Worms dem Schleppkahn Knipschcr
XV, der vier Schjffe im Anhang halte unh.,zu Thal fuhr. Fn-
folge des starken Nebels bemerkten die beiden Schiffe einander
erst, als sie schon dicht beisammen ivaren. Es wurden zwar
sofort älle möglichen Vorkehrungen getroffen, jedoch war eine
Kollision nicht mehr zu vermeiden. Beide Schiffe erhielten
bedeutende Beschädigungen. Auf dem „Rotterdam" befanden
sich 40 Passagiere, die jedoch mit dem Schrecken davonkamen.

Mannheim, 21. Auli. (V o n der S t r a ß e n h n-
linie M a n n h c i m - K ä f e r t h a l.) Wie es heißt, soll
die neue Linie der elektrischen Bahn Maimhcim-Käferthal bis
zu den Kasernen alsbald in Angriff genommen nnd so geför-
dert werden, daß bis znm Regimentsjubiläum — Mitte Okto-
ber — die Strecke befahren werden kann. Wenn die Linie
erst einmal soweit ist, hoffen die Käferthaler anf b'aldige Fertig-
stellnng.

(?) Reckarbischofsheim, 21. Juli. Zum Direktor der
Heidelberger Herrenmühle (vorm. Gentz) wurde vom
Äufsichtsrat Herr Moritz Oppenheimer, hier, ernannt. Der-
selbe wird seine Funktionen am 1. August antreten. Herr
Oppenheimer dürfte die geeignete Persönlichkeit für diescn ver-
antwortungsvollen und schwierigen Posten sein. Sein Abgang
von hier wird allgemein bedauert. Herr Moritz Oppenhcimer
ist Mitinhaber der seit viclen Jähren hier bestehenden Getreide-
firma Gebrüdcr Oppenheim/r.

Karlsruhe, 20. Juli. (Zur Bahnhofsverlegnng.)
Von den 8 Millionen, die der Landtag zn Güterankänfen für
den neuen Karlsrnher Bahnhof bewilligt hat, dürfte das
sogen. Stefanienbad in Beiertheim einen erheblichen Teil ver-
schlingen. Das Anwesen besteht aus einem großen Wirtschafts-'
gebäude 'mit Saal, einem schönen Garten mit alten Banm-
gruppen, zwei Schwimmbädern für Damen und Herren, einem
Wannenbad, einer großen Dampfwaschanstalt. Von alledem wird
nur das zuerst genannte Gebäude verschont, das ohne den Garten
und die Bäder nur geminderten Wert hat. Merkwürdig ist nun,
daß dem Besitzer unterm 10. Juli d. I. die polizeiliche Erlaubnis
zur Vergrößerung der Dampfwaschanstalt durch ein neues
2Vrstöckiges Fabrikgebäude mit Dampfmangen nnd Zentri-
fugen erteilt wurde; die Baupolizeibehörde hatte wahrscheinlich
keinen Rechtsgrund, die Erlaubnis zu versagen, aber die Ge-
schichte hat doch ihr Mißliches, denn der Staat muß schließlich
auch den Neubau und die neuen Maschinen bezahlen. Ließe sich
da nicht noch ein befferer Weg sinden?

X St. Blasien, 20. Juli. (Spinnfest.) Während des
Aufenthaltes der/Großh. Herrschasten, der leider ein viel zu
knrzer Ivar, fand hier ein Spinnfest statt, zu welchem sich über
70 Spinnerinnen und die Deputation der Frauenvereine des
Bezirks, die Arbeits- und Jndnstrielehrerinnen' eingefunden
hatten. Jm festlich geschmückten großen Ratszimmer begrüßte
Oberamtmann v. Preen die Frau Großherzogin, worauf die
Vorstellung der verschiedenen Deputationen der Frauenvereine,

stenographischen Bericht über die Verhandlungen der deutschen
konstituierendcn Nationalversammlung, S. 4486.) *)

Professor Mohl entgegnete darauf. Er bemerkt nnn in
'den obengenannten Lebcnserinnerungen:

„Das armselige Gerede des Abgeordneten Mittermaier
hätte ihm die Galle gereizt; derselbe hätte als Abgeordneter
von Baden-Baden seinen Wählern zuliebe, allein im offen-
barsten Widerspruche mit seiner ganzen sonstigen Sentimentali-
tät und Tugendhaftigkeit für Beibehaltung der Spielbanken
gesprochen. "

Prosessor Mohl hat sich ivohl gehütet, solche Worte Mitter-
maier gegenüber in der Versammln:g selbst auszusprechen,
denn sie hätten den Unwillen desselben hervorgerufen; es ist
aber nnerhört, hintenach in den Erinnerungen, welche für die
Veröffentlichung niedergeschrieben sind, einen hochgeachteten
Manii zu verdächtigen, indem behanptet wird, er habe die
Spielbanken verteidigt, nm sich mit den Wählern seines Wahl-
bezirkes gut zu stellen. Wer den unbeugsamen Charakter
Mittermaiers kannte, der fühlt sich entrüstet über eine solche
Werdächtigung. Mittermaier hat in seinem ganzen Lebcn nie
uach einer Wähl oder änßeren Ehrenbezeugungen gestrebt;
seine innere lleberzeugnng war die alleinige Triebfeder seiner

^) Die Aeußerung Mittermaiers im Frankfurter Parla-
ment hat sich nachträglich noch als unanfechtbarer herausge-
stellt, da Graf Msmarck die Spielbank-Affäre 1867 genau
so geregelt hat, wie Mittermaier es 1849 vorgeschlagen. Mit-
termaier proponierte 1849, die Spielbanken 1854 zu schließen
und auf Bismarcks Antrag wurde 1867 der Schluß der Spiel-
baukcn auf 1872 festgesetzt, also genau dieselbe Frist einge-
halten.

Handlungen, unbekümmert darum, ob sie bei dieser oder
jener Partei ctwa Gefallen fände; sein nnabhängiges Urteil
sprach er unerschrocken gegen jedermann, wcr es auch war,
ans. Einen solchen Mann zu verunglimpfen, ist schmählich.
S^ntimentalität lag dem Wcsen Mttevmaiers wollständig
fern; jeden Schicksalsschlag, der ihn traf, trug eiOmit fester
Männlichkeit.

Jm ersten Bande werden von Professor Mohl, Seite 230
u. ff., seine Kollegen an der Heidelberger Universität einer
Kritik unterworfen. Nur nnglaubliche Selbstüberhebung führte
dabei seine Feder. Was er unter anderem über dic wissen-
schaftlichen Leistungen Mittermaiers urteilt, muß bei jedem
Sachverständigen nur große Bewnnderung hervorrufcn. Wenn
Professor Mohl jedoch behauptet, Mittermaier habe gesucht,
i» scinen unentgeltlichen Vorlesungen über pikmite Gegen-
stände die Lachlnst der Zuhörer nicht immer auf anständige
Weise zu kitzelm' so ist diss als eine Unwahrheit zu bezeichneu.
Mittermaier, eiuem Manne vou strengster Sittlichkeit, solches
anzudichten, ist ein Frevcl. Jch selbst habe diese öffcntlichen
Vorlesnngen des Vaters, worin besonders verwickelte inter-
essante Kriminalfälle zergliedert wnrden, besucht, aber nie-
mals fchmutzige, auf die Lachlust berechnete Ausdrücke aus sei-
nem Munde gehört. Niemals erirmere ich mich, vom Vater
iu dem lebhaften Familienleben und in dem Berkehr mit so
vielen Mäniiern auf den grotzen Reifen, anf denen ich ihn
begleitete, auch nur ein einziges anstößiges Wort vernommen
zn haben.

H^idelberg, 17. Juli 1902.

Dr. Karl Miitermaier,
Medizrnalrat.

der^ Trachtendeputation von Braiidenberg erfolgte, die zirkcr
2 stunden in Anspruch nahm. Eine besonders frendige Ueber-
raschung bereirere die Fran Großherzogin den Vorsränden der
einzelnen Vereine noch dadurch, daß sie jedem Verein eine
hochherzige Spende von 50 Mark überwies. Nach herzlicher
Äegrützung der Spimieriimen und nach ersolgtem Probespin-
nen erfolgte die Preisverteilung, die durch eine Ansprache des
Herrn Oüeramrmann von Preen eingeleitet wurde, in welchec
derselbe betonte, daß es für die Spiimerinncn der höchste
Stolz sei, die Preise aus der Hand der Landesfürstin entgegen-
nehmen zu bürsen. Für dicses hohe Glück spreckie cr im Na-
men der Teiknehmcr üen ehrsurchtsvollen Dank aus. Die
Spinnfeste, die auf dic Jnitiative der Landesfürstin zurückzu-
führen seicn, härten eine große Anhängerschaft, cine stattlicke
Zahl geschulter Mädchen sei hente versammelt, um alten, schönen
Branch nnd alte Sitten wieder einzuführen. Dank gebühre
auch jenen Damen, die im Srillen für die gnte Sache arbei-
tcten, besonders der Spinnkommission unter dem Vorsitz der
Frau Fävrikant Krafft. Es erfolgte hierauf die Vcrtcilung
der Preisc, welche wie in den Vorjahren in Spinnrädern,
Hauben und Schürzcn bestanden. Jn cincm Tankeswort end-
lich gab Herr Oberamtmann von Preen dem Wunsche Aus-
druck, daß auch im nächsten Jahre das Spinnfcst dnrch den
hohen Besnch der Landessürstin verschönt werden möge. Die
Frau Großherzogin gab zunächst dcr Freude Ausdruck, daß das
Spinnen im Bezirke in so großer Blüte stehe und das Fest
einen so schönen Verlauf genommen habe;; den Spinncrinnen
legte dic hohe Frau ans Herz, in dcm Eifer für das Spinnen
fortzufahren nnd auch die alten Trachtcn in 'Ehren zu halten.
Mit einem dreifachen Hoch anf die Fran Großherzogin scklotz
das schöne Fefi.

Aus Baden. ffn Eberbach haben sich in allerletzter Zeit
sieben Schreiner selbstöndig etabliert. — Verhaftet wnrde in
Karlsrulie ein 72 Jahre alter verheirateter anS Wieblingen
gebürtiger Händler wegen Vergehens gegen Z 176 R.St.G.B.

— Während 'eines Gewitters schlng in Ottenan der Blitz in
die Wirtschaftshütte der dort beschäftigten Jtaliener. Die Wirt-
schafterin wurde am linken Fnß gelähmt nnd einem Ottenauer
Mann der rechte Fuß stark verbrannt.

Heidelb erg er Verein sang eleg enh eiten.

ck. Der Bayernverein Pforzheim stattete am vergangenen
Sonntag in einer größeren Zahl Teilnehmer unsercr Stadt
sowie dem hiesigen Verein bayerischer Staatsangehöriger einen
Besuch ab. Von Mitgliedern letzteren Vereins am Bcchnhos
bcwillkommi, machten die Pforzheimer nach einem Gabclfrüh-
stück eincn Besuch durch die Stadt aufs Schloß, wo man ihnen
die Sehensivürdigkeiten desselben zeigte, woraus das Mittag-
essen im Lokal zur „Reichskrone" eingenommen ivnrde. Ueber
Miche und Keller des Herrn H e ck herrschtc nur eine Stimme
des Lobes. Jm Verlauf des SNahles toastete Herr Dietrick,
der Vorstand des hiesigen Bayernvereins, auf die Gäste, Herr
S e i d e l - Pforzheim auf Heidelberg und dessen Bavernver-
ein, Herr M ü l l e r - Mmmheim sprach über die Ziele und
Bestrebungcn des Bundes der Bayernvereine, zum Beitritt
anffordernd. Seine Ausführungen gipfelten in emcm Hock
auf die Einigkeit unter den vielen Baiernvereinen Dcutsck-
lands. Komische Vorträge und Klavierpiecen wechsclten M
bunter Rcihenfolge ab, worauf ein Spaziergang nach dec
Stiftsmühlc erfolqte, bis man mit dem Lokalzng 6,14 Uhc
nach Alt-Heidelberg zurückfuhr. Jn dcm nnteren Saal dcv
Westendhalle entwickeltc sick alsbald ein fideles Leben unv
Treiben Vorträge von Konvlets, verschiedene Toastc, Lieder-
vorträge dcr Herrcn Ringler und Dietrich sowie eM
flottes Tanzchcn hiclt die zahlreiche Bayernschar lange bei-
sammcn, biS die Pforzheimcr nur ungern wegen fortgesckritte-
ner Zeit sich znr Heimreise erheücn mußtcn. Ueber die Schön-
heit Hcidclbergs, den ihncn zu Teil gewordenen hcrrlichen Em-
pfang waren st'e voll Lobes,

Wom Weustadter Schützeufest.

Der B a l l o nauf st i e g, welcher bereits am Freitag
vor sich gehcn sollte, fand am Samstag statt, Auch hier wurden
ber Schützengesellschafl sehr zu Unrecht Vorwürfe gemacht, DM
Herren des Vergnügungsausschusses haben alles gethan, den
Aufstieg prgrammmähig zu ermöglichen, aber die technisckcn
Vorkehruiigen, deren Einrichtnng sie naturgemaß Sachver-
digen überlassen mußten, genügten leider zur Füllung des
Ballons am Freitag nicht. Das war für dre Fremden, welche
zum Teil wcit her gekommen waren, natürlich ärgerlich, um
wenn diese ihrem Ünmut lebhaften Ausdruck gaben, so lE
fich das begreifen, aber diejenigen, welche in Rlr Lage gewesen
sind, sich über die Ursachen des Nichtaufsteigens des Ballon-'
genau zu informieren, werden das Mißgeschick wohl bedauerN'
aber sick eines absprechenden Urteils Lber die Arrangeure ge-
wiß enthalten. Knrz nach 6 Uhr am Samstag Abend stieg der
Ballon bei herlichstem Wetter vom Festplatz auf. Jn der
Gondel saß nur dcr Leiter des Ballons, während Miß Poml
mit dem Fallschirm auf dem Rand des Korbes Platz genoM-
men hatte. Langsam und majestätisch stieg die golden rm
Sonnenlicht glanzende Kugel senkrecht zum Himmel auf. Kern
Luftzug bewcgte sich. Höher nnd höher schwebte der Balwn
über dem Festplatz und weit unter ihm lag die Stadt uim
das Gebirge. Dann wandte er sich langsam gegen Südwesten-
Als er in schwindelnder Höhe über der Waldmannsburg MN0'
sprang Miß Polly ab. Wohl hundert Meter fiel sie in rawn-
dem Tempo, bis der Fallschirm Luft gefatzt hatte. Dann schwebte
die kühne Luftschifferin langsam, den Schirm durch schwrn-
gende Bewegnngen dirigierend, der Erde zu. Oberhalb
sogenannten Wurmburg landete Miß Polly glücklich und ern-
halbe Stnnde später fand sie sich auf dcm Festplatz ein. Dm
Ballon aber stteg indessen immer höher, wnrde in den oberen
Regionen in der Richtnng nach Norden getrieben und verschtvM^
unmittelbar Lber der Stadt in einer riesigen Wolke. Nack
wenigen Minuten tauchte er ans derselben sivieder auf, wurv
nun aber von einem Wirbelwind erfaßt, der ihn wie emen
Krcisel um sich selbst drehte nnd gegen Güdwesten trieb.
Leiter ließ jetzt Gas ausströmen und der Ballon fiel vet'
hältnismäßig rasch dicht hinter den Guilaumewerken. -ü
Nachricht, der Luftschiffer sei beim Landen geschleift und am
Kopf nnd an den Armen schwer verletzt worden, bewahroeiter
sich glücklicherweise nicht. Nnr der Ballon hatte einen klerne
Riß bekommen. Der Aufstieg, der Absturz und die Lan,
dung war ein spannendes und selten schönes Schauspiel u
es bleibt nur zu bedauern, daß die Tausende von Fremve '
Sie sich am Freitag dazu eingefunden hatten, ohne den Gen v
desselben wieder abreisen mußten. Sicher bedmiert das av
niemand mehr und anfrichtiger als der festgebende Verein '
der keine Arbeit nnd keine Kosten scheute, nm die bekannt 9 -
gebenen Veranstaltungen auch programmmäßig durchzufuyre -

Die Preisverteilung erfolgte Sonntag aberm^
5 llhr von der Veranda des Schützenhauses aus, wo die
vollen Gaben aufgestellt waren nnd allseitig bewundert /uuroe
Der 1. Schützenmeister des festgebenden Vereins, Herr ler '
sprach in den einleitenden Worten seine Freude aus uber. ^
guten Verlauf des Schühenfestes. Es schlietze mit einem Erf
ab, wie ihn noch selten ein Velbandsschietzen

Kleine Zeitung.

— Wiru, 20. Juli. Am 19. d. Bk. fand im F-st'
saale der Wiener Nniversität die Promotion des FN.
 
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