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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 177-202 (01. August 1902 - 30. August 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0362
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von der Großh. Staatsregierung darauf eiue Sachverständigeu-
Konferenz auf den 17. April dieses Jahres einberufen, zu der a
auch dem Schlotzverein in dankensiverter Weise von der Grotz- v
herzoglichen Regierung gestattet tvurde, einen Sachverständigen v
abzuordneu. Herr Geh. Oberbaurat Eggert iu Berlin hat v
die grotze Güte gehabt, auf unsere Bitte als Beauftragter des
Schloßvercins an dieser Konferenz teilzunehmen. Unser Sach- r
verständiger hat bei dieser Beratung uähere Vorschläge für l
die Erhaltung der Ruine in ihrem jetzigen Zustande gemacht, L
deren gencniere Ausarbeitung er auf Anfordern der Groß- j
herzoglichen Staatsregierung vorgelegt hat. Auch über die 1
Vcrhandlungen dieser Konferenz wird auf Grund stenographi-
scher Aufzeichnungen ein ausführliches Protokoll aufgestellt (
wcrden. — Weiter druckt der Bericht die Anttvort ab, die s
der Großherzog auf eine Adresse ehemaliger Heidelberger :
Studierenden hinsichtlich der Schloßbaufrage erteilt hat. Aus
den weiteren Mitteilungen ist zu bemerken: Die Einnahmen des j
Vereins betrugell im vergangeuen Jahre nach dem in der letz- s
teil ordentlichen Hauptversammluug von dem Rechner vorgeleg- I
ten Bericht 3023 Mark 44 Pfennig, die Ausgaben 2786 Mark. s
Das Vereinsvermögcn bestand am Ende des Jahres 1901 j

aus 11 217 Mark 20 Pfennig. Die Zahl der Mitglieder mit s

Jahresbeiträgeil betrug 692, die der Mitglieder auf Lebens- s
zeit 37. Dio Jahresbeiträge, solvie Beitrittserklärungen bit- i
ten wir an den Sekretär unseres Vereins, Herrn Universitäts- j
bibliothckar Dr. Hintzelmann iil Heidelberg, gelangen M lafsen. I
Der Jahresbeitrag beträgt 3 Mark, ein einmaliger Beitrag >
von 60 Mark berechtigt zu lebenslänglicher Mitglicdschaft. i
f Kunstverein. Obgleich gegenlvärtig, hinfichtlich des Be-
suchs wohl die stillste Zeit eingetreteu, so kann ein Gleiches in
Bezug auf die Beschickung der Ausstellung nicht gesagt wevden, '
denn die Räume sind gefüllt und zwar durchweg mit guten
und gedicgencn Arbeiten. Man darf es freudig begrützen, datz
dem Verein stets gute Werke zugesandt werden, wie eben die
drei grotzen Gemälde von Professor Werner Schuch-Berlin,
Kosacken, in einen Hinterhalt fallend", „An der Teufels-
mauer im Harz" mit Staffage und „Sizilianische Landschaft".

Ein Name wie Werner Schuch, der so hoch in der deutschen
Kunstwelt steht, spricht für sich selber. Ferner sind zwei Ge-
mälde von C. Wuttke-München ausgestellt, bon denen das
eine, „Aus San Remo", sehr anziehend uüd einschmeichelnd,
während das andere, „Stahlheim in Rorwegen", einen Blick
in ein felsenzcrklüftetes erustes Thal giebt, beide sehr flott
gcmalt. Das gleiche gilt von Jos Schoyerers Gemälde „Am
Staruberger See". Einige sehr gute Jagdstücke von Moritz
Müller und Corregio-Müncheu sind für Liebhaber sehr zu
empfehlen, uameutlich der „Schlafende Fuchs". Fr. Camilla
Zach-Dorn ist mit zwei Gemäkden: „Jm Park" mit zwei schönen
HuNden und „Kleines Hündchen" sehr gut vertreten. Alle diese
Gemälde sind nebst vielen andern nicht nach der neuesten
Münchener oder Dachauer Richtuug gemalt und es tvird nament-
lich Freunden der älteren Richtung erwünscht sein, alle diese
vortrcfflichen Werke besichtigen zu können, besonders da auch
Neues und Neuestes zum Bergleich genügeNd ausgestellt ist.
Jm Genrc machen wir besonders auf das reizende Gemälde
„Liebeserklärung" (Kinderszene) von C. Lonjot und einige
hübsche Stücke von Hutschcnreiter aufmerksam. Eine Kollek-
tion von sehr guten Originalradierungen von Otto Protzen-
Berlin kommt für morgeu im ersten Teil zur Ausstellung,
welche gewiß alle Anerkennung finden werden. Der Besuch
des Kunstvercins darf bestens empfohlen werden.

Zum Vizepräsidenten des Badischen Militärvercins-Ver-
bandes ist, wie das Vevbandspräsidium bekannt giebt, vom
Großherzog uuterm 6. ds. der Königliche Generalmajor z. D.

Anheuser crnannt worden.

j Kirchweihfest in Edingen und Schriesheim. Anläßlich
der Kirchweihfeste in Edingcn und Schriesheim derkehren auf
der Nebenbahn Mannheim-Heidelberg-Weinheim am Sonntag,
Len 24. August nach dissen Stationen und zurück nach Heidel-
berg mehrere Sonderzüge. Die Wfahrt des letzten Zuges
von Schriesheim und von Edingen nach Heidelberg an diesem
Tage findet 11,26 Uhr, resp. 10,80 Uhr nachts statt. Näheres
im Jnseratenteil dieses Blattes.

-r- Nicht der Küchenchef war es, sondern ein G e h i l f e,
der wegen sciner Zudringlichkeit von einem KLchcnmädchen
einen Stich erhielt, und es hat sich die Sache uicht in der
großen Küche unter den Augen dcs Chefs abgespielt. Es wäre
doch, so schreibt uns dieser, ein wenig zu erniedrigend für einen
Mchenchcf, sich in eine solche Angelegenheit zu verwickeln.

** Vom Wochenmarkt. Unter der reichen Fülle von Ge-
müsen und Früchten, die heute früh hier auf dem Markte feil-
geboten wurdeu, fanden sich auch ein kleincs Quanttrm sehr
schöner schwarzblauer Trauben von Dossenheimer Reb-
stöcken.

ttl Schöffengerilbtssitzung vom 21. Aiigust. Franz Ban-
meister von Kornwestheim wurde von der Ankloge wegen Be-
trugs freigesprochen. Wegen Hansfriedensbrnchs erhielt Wil-
helm Viebakm hter 60 Mk. Geldstrafe odcr 10 Tage Haft nnd
20 Mk. Geldstrafe oder 4 Tage Haft. Hoffmeister hier 20 Mk.
Geldstrafe oder 4 Tage Hcift nnd 10 Mk. Geldstrafe oder 2
Tage Haft, Reis hier 20. Mk. Geldstrafe oder 4 Tage Haft und
10 Mk. Geldstrafe oder 2 Tage Haft. Robert Wolf und Ge-
nosse, beide hier, wegen Körperverletznng angeklagt, erhielten
je 6 Wochen Gefängnis. Gottlob Höffer hier erhielt wegen
Körperverletzung 2 Monat Gefängnis, Karl Brehm von Ziegel-
hansen wegen des gleichen Vergebens 30 Mk. Geldstrase, Michael
Höhr von Hilsenhain ebenfalls wegcn Körperverletznng 10 Mk.
Geldstrafe nnd Heinrich Walter hier wegen Körpervcrletznng
40 Mk. Geldstrafe.

Vo. Strandfest. Wir wollen nicht versäumen, nochmals
auf das morgeu stattfindende Strandfest der Grotzen Karne-
Vats-Gesellschafl Neuenheim aufmerksam zu machen. Dasselbe
versprichr uach deu getroffeneu Vorüereitungen großarrig zu
werden.

Polizeibericht. Verhaftet wurdeu zwer Dieustmädcheu
und zwet Kellnerinuen wegen Umherziehens, ein Bürstenmacher
wegen Landstreicherei, ein Schuhmachergeselle uud cin Haus-
burfche wegen Diebstahls und ein Spengler wegen Bettelns.
Zur Anzeige kamen zwei Fuhrleute wegen Tierquälereieu uud
drei weitere Personeii wegen Ruhestörung.

V. Handschuhsheim, 21. Aug. (O b st - A u s st e l l u n g.)
Gcstern Weud beschloß der Vorstand des hiesigen laudwirt-
schaftkichen ^Kousum- und Wsatzvererns, in deu Tagen vom
13.—15. September d. I. im Saale des Gasthaufes zur
„Traube" eiue Ausstellung von Obst, Trauben, Gemüfen unü
Kartoffeln zu veraustalten, welche für Produzenten und Kon-
sumenten gleich interessant wevden wrvd, da dre ersteren Ge-
legenheit haben werden, i'hre Produkte zu zeigen, die letztereu
sich überzeugen köuuen, was in der näheren uud weitercn Um-
gebuiig von Heidelbcrg erzeugt wird, und zugleich Käufe aü-
schließen küunen. Es wäre sehr zu wünscheu, daß diese Aus-
stellung einerseits reichlich beschickt, andererseits auch von aus-
würts, besonders Heidelberg, gui besucht wird. Jndem wrr
gleichzeitig auf das Jnserat in üieser Nummer verweisen, teilen
wir noch im Besouderen mit, daß der Borstand des Konsum-
vereins Handschuhsheim, Herr Itaumer, zu jeder Auskunf gerne
bereit rst.

ff- Waldmichelbnch, 22. August. (D e r 79jährige
Kriegsveteran Joh. Diehm) wurde heute zur Erde
bestattet. Diehm hatte im Jähre 1848 den Feldzug gegen
Dänemark mitgemacht und war däbei, als die hessische Artil-
lerie ein däntsches Krregsschtff in die Luft sprengte. Von
scinen damalrgcn Kriegskameraden dürften uur noch sehr
wenige' am Leben sein.

-ff Berwangen, Amt Epprugen, 22. August. (Braud.)
Gestern Nacht brannte das gemeinschäftliche Wohnhaus der
Landwirte Moser und Stuhlmüller hinter dem Rathause dahier
nieder. Durch Hilfe aus umliegenden Orten wurde das Feuer
auf seineu Herd beschräntt. Dre Ursache des Braädes ist bis
jet unbekannt.

LL Mannheim, 22. August. (Die Strafkammer)
verurteilte einen O-Zug-Dieb namens Henrh Cooks 'vou Brüssel
zu 2 Jahren 6 Monateu Gefängnis. Er hatte kürzlich auf
der Strecke Kavlsruhe-Mainz einem Stuttgarter Kaufmanu
die Brieftasche entwendet uäd war dabei erwischt worden.

Mrannheim, 22. August. (I u w e l e n d i e b.) Ein von
Chicago aus verfolgter Juwelendieb ist bor kurzem hier festge-
uommen worden. Der Mann, der sich Frank Miller nennt,
war Kutscher bei einer Dame namens Alwine Arnold in
Chicago, die er um Juwelen im Werte von 20 000 Mark be-
stahl. Da man wußte, daß der Dieb aus der Umgegend von
Mauiiheim stamme, so wurden die Nachforschungeu auch nach
'diescr Gegend ausgedehnt. Dem hiesigen Kriminalkommissar
Mcng gelang es, festzustellen, daß der 'Berdächtige mit dem
aus Frankcuthal iu der Pfalz gebürtige Josephl Mayer iden-
tisch ist, woraiif Mayer verhaftet wurde. Mau fand bei ihm
noch einen Teil der gestohlencii Brillanten. Die 'bestohlene
Damc, die eine Be'lohnung von 1000 Mark auf die Ergreifung
ausgesetzt hatte, ist hier eingetroffen, um mit 'dem Diebe kon-
frontiert zu werden.

Bruchsal, 22. August. (tinfall.) Von einem nuf der
Wanderschaft befnidlichen Mann wurde der „Kraichg. Ztg."
üüer folgendes, nach seiner Versicherung auf der Laudstraßc u
Ubstadt passiertes Vorkommnis berichtet: Eincm HaUdwerks-
burfchen, dcr sich mit zwei Kameraden am Straßenrain unter
einem Apfelbaum golagert hattc, sei cin aus der Höhe heraü-
fallender Apfel mit solcher Gewalt auf das linke Auge gesallen,
und dabei der Sttel eingedruugen, daß es sofort auslief.
Zwei Herren, die in einem Automobil vorbeifuhren, hätten dem
Vcrletzten die erste Hilfe geleistet und ihn mit nach Heidel-
berg genommen, um ihn in dic Klinik zu verbringen.

Brettcn, 22. August. (Ein schlimmer Jagd-
unfall) ereignete sich nach der „Landes-Ztg." gestern Nach-
mittag in der Nähe des hiesigen Stadtwaldes, wo ein junger
Mann im Alter von 17 Jähren, der auf dem Fclde arbeitete,
aus dem Walde eine volle Schrotlädung erhielt und dadurch
fchwer verletzt wurde. Der unvorsichtige Jäger hat sich nach
der That um sein Opfer gar nicht gekümmert, sondern unter
dem Schuhe des Waldes davon gemacht und verdient deshalb die
scharfe Kritik, die Mer sein Verhalten geübt wird und Strafe
fordert, weniger wegeu der Fahrlässigkeit beim Jagen, als
wegen der kalten Rücksichtslosigkeit gegen den Verwundeten.

80 Karlsruhe, 22. August. (Üeberfüllung im
Forstfache.) Keine Beamtcnlaufbahn ist so überfüllt, wie
die der badischen Förster. Die Zahl der selbständigen Bcr-
waltungsstellen (Begirks- und Zentralverwaltung) einschließ-
lich der wenigen Stellen im Hofforst-, Gemeinde- und Privat-
dienste und etwa noch jene im lehramtlichen Berufe beziffert
sich auf höchstens 120. Für üiefe 120 Stellen find nun zur
Zeit nicht weniger als 98 Anwärter vorhanden, darunter 16
Assessoren mit ztoar etatmätziger, aber nicht selbständiger An-
stellung. Von diesen 98 Anwürtern mögeu augenblicklich sechs
im Kolonial- oder Privatdienste sein, die übrigcn 92 befinden
sich bei dcr Staatsverwaltung. Der jährliche Wgang an Be-
amten beträgt uach langjährigem Durchschnitte nur vier, eine
Zahl, üie für die nachfolgende Berechnung optimistisch zu 4,5
cmgenommen ivebden mag. Aus obigen Zifferu-geht nun uii-

widerleglich hevbor, datz ein Zeuraum von rund 21,5, bezieh-
uugsweise 20 Iahren verstteichen wird, bis alle 98, bezw. 92
Auwärrer als Oberförster angestellt sind; für ihre etarmäßige
Austellung als Assessoren wird fich diese Wartezeir um je
3—4 Jahre verkürzen. Da nun die Kandidaten dnrchschnitt-
lich im 24. Lebensjahre das Examen machen, so eröffner sia,
den künfrigen neu Zugehenden dte wenig tröstliche Aussichr,
dereinst frühestens im 44. bis 45. Lebensjahr das ersehnre
Ziel zu erreichenl

LL Karlsruhe, 22. August. (Der Großherzog
und die G r o tz h e r z o g t n) machten vor ihrer Wreise
nach der Mainau noch einen Besuch im städtischen Krankerchaus,
woselbst sie sich eingehend nach dem Stand und dem Befinden
der Krankcn erkundtgten. Jnsbesondere war es anch der kürz-
lich bei dem Zusammenstoß im Karlsruher Bahnhof schwer
verletzte Schaffner Rvmacker, nach dem sich der Landesfürst
bcfragle. Es konnte die erfreuliche Nachricht gegeben werden,
datz der Znstand Romackers sich so gebessert hat, datz Hofsnnng
auf Erhaltung seines Lebens vorhanden ist.

Karlsruhe, 22. August. (Schenkung.) Prinz Maxi-
milian von Baden hat aus Aiilatz dcr Geburt einer Prinzessin
dem Wöchnertnnenashl in Kavlsruhe dte Summe von drei-
tausend Mark gespendet. Aus dem gleichen erfreulichen An-
laß haben Jhre Königliche Hoheiten der Herzog nnd die
Herzogin von Cumberland rmd zu Brannschweig-Lüneburg der
genannten Anstalt ein Geschenk von eintausend Mark zuge-
wendet.

86 Ettlingen, 22. Angust. (Zum Malscher Bru -
dermord) wird dem „Bad. L'dsm." geschrieben: Die
Atalscher Bevölkerung steht noch immer unter dem Eindruck der
eiitsetzlichen Blutthat. Nach den Feststellungen hat der Mord-
bube nicht im Affekt, sonbern mit Vorsatz gehandelt. Durch
schwere Drohungen wnrde tags zuvor dem Erstochenen sein
nahes Ende verkündct und das Wort wurde gdhalten. Durch
zwei woh'lberechnete Stiche hat ein Bruder dem anderen vom
Le'ben znm Tode befördert und dieses Drama spielte sich vor
den Augen ihres Vaters ab, der längst die Macht Wer seine
Söhne verlorcn hat. Die alsbaldige Verhaftung konnte
für den Mordgesellen und seinen Kompagnon nur erwünscht
fein, denn 'wären sie bis Dienstag Mittag auf freiem Fuß
geblieben, hütte eine Lynchjusttz an ihnen sicher stattgefunden.
Von ciner Reue und Schmerz war bei dem Thäter nichts zu
bemerken. Der Mitschukdige Franz Jüngling hatte mehr
Gefühl für den crmordeten Bruder, er hatte wcnigstens eine
Thräne für denselben übrig. Behördlicherseits ist festgestellt,
daß der Brndcrmörder mindestens 30 Schoppen Bier getrunken
und auch nicht wcnig Schnaps bertilgt hat.

Heidelberger Vereinsanqeleqenbeitcn.

X Ter Bercin baherischcr Staatsangehörigcr veranstaltet
morgen Soinitag Abend im Saale des Hotels Adler eine Ge-
denkfeier für König Ludwig II. Aus dem reichhalrigen Pro-
gramm seien hervorgehoben ein Prolog mit lebenden Bildern,
Theaterrezitationen, ein Doppelquartett, Zithervorttäge, Lie-
'der sür Bariton und Tenor, sowie aus dem humoristischen Teil
cin komisches Terzett, Anftteten des Zauberkünstlers Prosessor
Bellachini mit neuen Triks. Zutritt jedermann gestattet.

Kandet und Merkeyr.

Frankfurt, 22. Auqust. Effektensozietät. Abends 6V Uhr.
Kreditaktien 2l4 90 b., Disconto-Commandit 184.50 b., Dresdner
Bank 143 80 b., Gotthard 171.80 b. G.. Wesisizilianer 40.20 b.
G., Hamburg-Amerik. Packet 107.30 b., 4V,Vroz. Portugiesen
49 b. G., Bochumer 183.70 b , Harpener 162 25 b. G. exkl.
Bezugsr.. BuderuS Eiscnwerke 108 b. G., Bad. Zuckerfabrik
67.40 b. G., Elektriz. Schuckert 87 b. G., Elektriz. Helios 21.20 b G
6'/. bis 6'/-tlhr:

Die Abendbörse war still, Kurse wenig verändert, nur Elektr.
Schuckert notierten 1 "/§ über heute Mittag.

Badische Oicscllschnft für Zuckerfabrikation, Mannheim-
Wnghäusel. Bezüglich des Abschlusses der Gesellschaft hört die
"Frks. Ztg.", daß derselbe kein ungünstiger sein werde. Eine
höhere Dividende als im Vorjahre, wo eine Dividende von
4,8 Prozent verteilt wurde, werde voraussichtlich jedoch nicht
zur Auszählung gelangen, da die Zukunsr der deutschen Zucker-
industtie infolge der Brüffeler Zuckerkonvention nach deren
Jnkraftreten in einem so trüben Lichte erscheint, daß es nor-
'wendig sei, sich durch möglichst starke Rücklagen auf die bevor-
stehende uiigünstige Geschäftsperiode vorzu'bereiten.

Hetdelberg, 23. Äugust. (Miarklprcn c.) Hcu oer Zentner
2.50—2.80, Korn-Sttoh der Ztr. nt 2.20—2.50, gew d. Ztr.
1.80—2.00, gelbe Kartoffeln der Zentner 3.20—3.50,
Butter in Ballen 1.05—l.10, in Pfund 1.10-1.20,
Johannisbeeren das Pfd. 12—15 -Z, Zwiebeln 6—7 Knov-
lauch 35 Bohnen das Pfund 6—10 -A Erbsen das Pfund
15—18 Gebund Gelbrüben 2—3 Heidelbeeren das Pfund
20—25 Eicr das Stück 5—6 das Hundert 5.20—5.50
Pfirsiche das Stück 5—6 -Z, Aprikosen das Stück 4—6
Zwetschgen das Pfd. 8—10 -Z, das Hundert 30 -A Mirabellen
das Psund 15—l8 Reineclauden das Pfund 10—12
Blumenkohl das Stück 45—50 -A Rotkraut daS Stück 15—20 A
Weißkraut 16-20 Wirstng 6-8 Kohlrabi 2-3
Sellerie 5—6 -A Lauch 2—3 -Z, Rettich 3-5 Meer-
rettich 20—25 -A Gnrken das Stück 5—8 Einmach-

gurken 100 St. 0.90—1.00 Rote Rüben das Slück 6—8 A
Kopfsalat 3—4 Endtvien 4—6 Aepfel das Stück 2—3 A
das Pfd. 12—15 Birnen das Stück 2—3 -Z, das Psund

Stadtwalde gründlich verleidenl" sagte er bei sich und er sührte
sie mehrere Stunden lang aus dcn schlechteften Wegen krenz
nitd quer im Walde herum, bts sie ihn um des Himmelswillen
Lat, sie doch direkt in eine Wirtschaft zu gcleiten, da thre
Kräfte erschöpft seien. Itun unternahm der Mann mit setiier
Frau den Heimweg auf der sogenannten Himmelsleiter, wobei
die Frcru mehreremale mit dem Erdboden Bekanntschaft machte.

Die Sonne stand bereits tief am wcstlichen Horizonte,
als Beide am Schloß ankamen. Der Bretzeljunge am Schlotz-
eingang, mtt dem das Ehepaar bekcmnt war, hatte nur noch
fünf Bretzeln.

„Die letzten fünf Stück gebe ich um 18 Pfennige her!"
rief er, als ein Trupp Leute vorüeiging. Diese nahmen, nicht
üLcrlcgeiid, daß sie eigentlich mehr als den gc'ivöhnltchen Preis
Lezähltcn, die Bretzeln in Empfang. Der Bretzeljunge wanderte
nnn in Gesellschaft des Ehepaars in jene Wirtschaft, allwo der
Herr Biedermeier sich noch immer aufhielt und sein Wesen trteb.
Biedermeier war nnn allerdings in einem ziemlich desparaten
Zustand. Jm Gefühl, auf seinen Beinen nicht mehr recht sicher
zu setn, blieb er auf semem Stuhl sttzen, schnitt äber mit seinem
Gcsicht cillerlet possierliche Grimassen.

„Siehst du, Alterchen," sagte die Fran zu ihvem Manne,
als sie den Zustand Biedermeiers bemerkt hatte, „so geht es,
wenn man die Männer an den heitzen Sonntagen allein ans-
gchen läßtl"

Der Abend brach herein. Unter den Wirtsgästen besan'd
sich auch ein Kntscher, der mit seinem Fnhrwerk eine Herrschaft
anf den Schloßberg befördert hatte und als Nachbar Bieder-
meiers diesen und seine Wohnnng gut kannte. Der Kutscher,
im Begrtsfe, mit seinem leeren Fu'hrwerk nach Hause zu fahren,
lnd Bicdermeier zur Mitfahrt ein, welche Einladnng dieser
auch annahm. Unier dem Gesang:

O du lieber Augustin,

Alles ist hin l

verließ Biedermeier am Arme des Kntschers die Wirtschaft.

„Die Frau Biedermeier wir'd heute Abend eine zweifelhafte
Freude an ihrem Mmine haben, die wtvd ihn sobald nicht
wteder fortlassen, ihre verlaufene Lieblingskatze, die schwarz
und weißgefleckte Lissel zu suchen!" meinte dte Kellnerin, als
die beiden fort waren.

„Uns tst gestsrn ein solches Kützchen zugelaufenl" bemerkte
daraufhin die Frau, welche kurze Zeit vorher in Beglettung
ihres Mannes und des Bretzelträgers die Wirtschast betreten
hatte.

„Das Sehnen der Frau Biedermeier nach ihrer Lissel kann,
wenn die Sache so steht, noch hente gestillt werdenl" metnte
der Bretzelträger. „Wenn ich nachher in die Stadt gehe,
nehme ich das Kätzchen mit. Auf alle Fülle giebt es ein gutes
Trinkgeld, ivenn ich dte Lteblingskatze bringe."

Die beiden Ehelente waren mit seinem Vorhaben einver-
standen.

Der Kutscher fuhr mit Biedermerer gemächlich den Berg
hrnunter. „Je länger ich trinke, desto grötzer wird bei mir
der Dnrstl" klagte dieser. Auf den Genuß des vielen Weins
stellte sich bei Biedermeier erst recht ein Durstgefühl ein, und
er äuherte ein lebhaftes Verlangen nach Bier.

Da die Nacht bereits hereingebrochen war, der Kutscher
also nichts mehr versäumte, jedenfalls selber auch gerne noch
etn Glas Bier trinken mochte, machte er nnterwegs vor einer
Wirtschaft Halt, ließ abcr mit Rüch'icht aus die unsicheren
Füße Bie'dermeiers diesen nicht aussteigen, sondern versprach
ihm, ein Glas Bier in die Droschke reichen zu kassen. Der
Hausbursche brachte alsbald ein Glas Bter heraus und Bieder-
mcier trank es anf einen Zng leer, sttich, indem er ein grimmiges

Gesichr machle, seinen martialischen Barr und murmelre cinige
unverständliche Worte.

„Was ist das für ein Herr, den Sie in Fhrer Droschke
sitzen haveni" frng nachher der Hausbursche den Knrscher.

„Das ist ein Kapholländerl" meinte schelmisch tächelnd det
Äntscher. „Er hat im südafrikanischen Kriege eine Verwuin
dung am Bein erhalren, deswegen tänn er inchl gut aus^
steigen."

„Das glaube ich gerne!" versetzie der Hausbursche, „denü
ich habe gehört, datz er 'holländisch sprichtl"

Die Frau Biedermeier hatte schon längst ihre Abendbroi
verzehrt, als ihr Mann, vom Kutscher üis zur Thür geleitei-
die Wohnstnbe betrat. Sie legte die Zeirung ans der Han!>-
schob die Brille znrück und betrachtete den Eingetretenen, öiesci
aber stammelte:

„Die Katze habe ich nicht-"

„Dafür aber einen koloffälen Affenl" fiel ihm die Frau iN''
Wort. Sie ergreift den Mann am Arm, sührt ihn zuN'
Sopha und war nun gerade im Begriss, mit einer energischc^
Strafpredigt los zu donnern, als jemmid an der Thür aN''
klopste. Auf ihr „Hereinl" betrat der Bretzelträger die Wohn^
stube, stellte sich vor die Frau und öffnete scinen Hängekor'N

„Ach Gottl unsere Lissell" schrie sie mif. Sie nahm dä
Katze auf den Arm und drückte sie an ihre Brust. Dann gr'w
sie in den Gcld'beutel, drückte dem Bretzelträger einen Thalc
in die Hand und leuchtete demselben zum Hmrsflur hinaN^'
Dann wandte fich die Fran wieder an ihren Mann, ihre vorlnb
noch so strengen Gesichtszüge hattcn einen milden AusdrN
angenommen. ,

„Da wir unsere Lissel wioder haben, so soll dir für diefi^
mal der Rausch verziehen seinl" meinte sie. „Aber das nra'ü
du dir für dte Znknnft mcrken, daß heute der letzte Sonntn»
war, in dem ich dich allein ansgehen ließl"
 
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