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Heidelberger Zeitung (44) — 1902 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203-228 (01. September 1902 - 30. September 1902)
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https://doi.org/10.11588/diglit.23861#0576
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Badeu.

— Die „Natioiialliberale Korr." schreibt: Jn der
Frage der Zulassung der M ännerklöster im
Grotzherzogtum Baden kann das Zentrum sein Spiel
idiesmal und hoffentlich für absehbare Zeit verloren ge-
ben. Wenn die badische Regierung auch vorläufig keine
strikt ablehnende Antwort auf den durch das Zentrum
herbeigeführten Beschlusz der zweiten Kammer giebt, so
wird sie doch diesen Beschlus; unbeachtet lassen und anf
die Zentrnmsforderung nicht eingehen. Erst beim Wie-
derzusannnentreten der badischen Kammern, das ja noch
eine gute Weile hat, diirfte auf Drängen des Zentrurns
eine Antwort erfolgen, die aber den Entschlus; der Re-
gierung ^aussprechen wird, auf Gruud des bestehenden
Gesetzes die Zulassung von Männerklöftern in Baden ab-
zulehnen. — Die Provokation des Zentrums hat das
ungewollte Gnte für die nationalliberale Partei hervor-
gernsen, daß ihre Reihen sich fester schlossen und viele
der Parteigenossen aus ihrer bisherigen Gleichgiltigkeit
aufgerüttelt wurden.

— Zur Fleischnot schreibt das Zentrums-
blatt „Freib. Bole": Mag die Frage, ob Fleischnot vor-
handen ist oder nicht, entschieden werden wie sie will, die
guten Fleischpreise sollten jedenfalls den Landwirten
üie Prüfung nahelegen, ob sie in der Lage sind, mehr
Wert auf die Aufzucht von Schlachtvieh zu legen. Das;
hier viel geschehen kann und bereits geschehen ist, be-
weist ein Rückblick auf die letzten zehn Jahre des vorigen
Jahrhunderts. Die Zahl der im Großherzogtum Baden
gezüchteten Schlachttiere betrug im Jahre 1890 384 460
Stück, im Jahre 1899 aber schon 514 393 Stück, das ist
eine Zunahme von 129 933 Stück binnen 9 Jahren.
Jn dem gleichen Zeitraum hat sich der Rindviehbestand
in Baden von 008 242 Stück auf 669 341 gehoben und
der Schweinebestand von 300 597 auf 487 381 Stück.
Aus diesen Ziffern ergiebt sich, wie ausdehnungsfähig
die Aufzucht von Schlachtvieh im Lande ist. Nun ist es
aber eine bekannte Thatsackie, das; die Aufzucht im Jn-
lande zur Zeit bei weitem nicht ausreicht, um den Fleisch-
bedarf zu decken, datz deshalb Fleisch und Lebendvieh,in
großen Mengen eingeführt wird. Es liegt daher im
Jnteresse unserer badischen Landwirtschaft, die.einträgliche
und der Ausdehnung nach äußerst fähige Mehzucht viel
intensiver zu betreiben. Man hat in den Versammluncchn
der landwirtschaftlichen Vereins schon wiederholt, aber
leider nur mit wenig Erfolg, darauf hingewiesen. Wenn
man stets betont, daß der Getreideban epistenzfähig zu
erhalten sei und ein Rückgang desselben uns im Kriegsfall
in eine bedenkliche Abhängigkeit vom Auslande bringen
würde, so trifft dies bezüglich der Schaffung' von
Schlachtvieh in noch viel hoherem Maße,zu.

?,L Schwetzingen, 23i Sept. Eine sozialdem. Delegierten-
Versammlnng stellte den Arbeite.rsekretär Müller
als Kandidaten für die im Herbste 1903 stattfindende Land-
tagswahl anf. Der Bezirk Schwetzingen-Ladenburg wird seit
4891 von dem Demokraten Eder vertreten.

Aus der Karlsruher Zeitung.

Karlsruhe, 23. Sept. Jhre Königliche Hoheit die
Großherzogin traf am 18. d. M. mit Sr. Königlichen
Hoheit dem Großherzog in Donaueschingen zu einem
Besuch deS Fürsten und der Fürstin zu Fürstenberg zu-
sammen. Jm Laufe des Nachmittags besuchte dieselbe mit
dem Fürsten und der Fürstin das Kindersoolbad in Dürr-
heim. Am 22. d. begab sich die Großherzogin mit dem
Erbgroßherzog zu einem Besuch bei der Prinzessin Wilhelm
und der Prinzessin Max von Baden nach Salem. Am 23.
d. M. besuchte die Großherzogin mit dem Erbgroßherzog
die Großherzogin von Toskana in Lindau. Am 24- d.
M. wird dieselbe der Prüfung der Kreishaushaltungsschule
in Radolfzell anwohnen.

Ausland.

Frankrcich.

— Jaures kritisiert heute m der „Petite Repu-
blique" die Rede des M i n i st e r p r ä s i d en -
ten: Der Zwischenfall Pelletan wird nicht unnütz ge-
wesen sein, wenn die Minister in Zukunft sich solcher
Kundgebungen enthaltM. Jch bin überzsugt, daß Pelle-
tan die Jtaliener nicht verletzen wollte: denn er war einer
der Ersten, welche die W!iederversöhnung> der beiden
Völker wünschte. Pelletan hat nur unter dem Elnftuß
des veralteten traditionellen Phrasentums sich zu solchen
Jniprovisationen verleiten lassen können. Wie konnle
auch ein so gebildeter Mann wie er mit Bezug anf die
Ereignisse von 1870 von der alten „germanischen Barba-
rei" sprechen. Wie, das große Deutfchland,
welches von Luther bis Lessing, von Goethe bis Richard
Wagner und Virchow so glorreich das menschliche Geistes-
leben gesördert hat, soll nur eine rohe barbarische Kraft
ssin? Es heißt Frankreich herabsetzen, zu glauben, seine
Größe beruhe nur auf der Demütigung der anderen
Völler. Es ist groß genng, um nicht nötig zn haben,
den Genius der anderen Nationen zu leugnen oder zu
verdnnkeln.

Zum Hode der Königin KenrietLe.

Brüssel, 23i Sept. Das offiziöse „Journal de
Bruxelles" bringt einen Leitartikel unter der Ueberschrift
„Vater undKönig", darin heißt es: Die überstürzte
Abreise derPrinzessinStephante hat in Spa
nnd mit schnellstem Widerhall in der Hauptstadt cine
Erregung hervorgerufen, die zu leugnen kindisch wäre. Die
Menge, die sich der sorglosen, strahlenden, hübschen, popu-
lären, jungen Prinzessin erinnert, ist von einem Gefühl
tiefen Mitleids ergriffen für diese in Thränen gebadete
Tochter, welche der Wille des Vaters vom Leichenbegäng-
uis der Mutter fernhält. Das Volk sieht in dieser Ver-
bannung eine Härte und Strenge, die Erbarmen weckt und
Unwillen erregt. Die öffentliche Meinung übersehe, datz
in dem Vater gleichzeitig der König wach bleiben müsse,
daß in der Familie auch die Dynastie lcbe und daß in
dieser Tochter, die thre Mutter beweint, eine königliche
Prinzessin lebt, die ihres Rangs und ihrer Titel verloren

gegangen ist. Jn der väterlichen Strenge erkenne das Volk
nicht die königliche Unerbittlichkeit. Grade in den peinvotlsteii
chwersten Angenblicken habe das Königtum die Pfstcht, sich
am festesten zu zeigen. Der Artikel schließt wörtlich: „Es
ist das traurige Los der Könige, nickt als Menschen hanveln
zu dürfen. Als Wächter erhabenster Tradilionen unter-
tehen sie höheren und strengeren Gesetzen als die unseren
ind, auch wenn das Herz dabei tötlich leidet." Ein
bürgerlichcS Blatt glaubt, die belgische Bevölkerurg rühmen
zu müsscn, die der Prinzesstn ihre herzlichste Tcilnahme
zeigte, ohne nach einer anderen Seite feindlich zu manifestieren.

Brüssel, 23. Sept. Nachträglich wird bekannt, daß
der stellvertretende Bürgermeister Depotter gestwn früh
derGräfinLonyay pecsönlich die Teilnahme dcr Brüsseler
Bcvölkeiung ausgedrückt hat. Ebenso wie am Brüsscler Süd-
bahnhof wurden der Gräfia auch auf dcm Bahnhof zu
Tournai von der Menge die herzlichsten Ovationen bercitet;
ie dankte bewegtz.

Aus Stadt und Land.

Heidelberg, 24. September.

! Garnison. Das Manöver ist aus und unsere braveii
110er kehreu mvrgen Dvnnerstag in aller Frühe kurz nach
3 Uhr mit Extrazug hierher zurück.

— Polizeibericht. Verhaflet wurde ein Taglöhner wegen
Bettelns und ein weiterer Taglöhner, der von einer auswär-
tigen Behörde zur Straferstehung ausgeschrieben war. Wegen
Ruhestörung kamen 4 Personen zur Anzeige.

? Neckarbischofsheim, 23. Sept. Die Einführung dcs
elektrischen Lichts in den Nachbarorten Waiüstadt,
Neidenstein, Eschelbronn, Meckesheim u. s. w. hat auch in
hiesiger Stadt den Wunsch nach verbesserter Beleuchtung wach-
gerufen. Man interessierr sich hier sehr für die elektrische Be-
leuchtung und würde einer Firma, die der Sache näher treten
wollte, geruc entgegcnkommen.

) I ( Neckarbischofsheim, 23. Sept. Unsere neue Bahn
nähert sich ihrer Vollendung. Bis zum 18. Oktober soll der
Betrieü aufgcnommeu werden. Der neue Fahrplau weist keine
großen Verbesserungen für die hiesige Stadt anf, da die Ne-
üenbahn von hier aus nicht mit allen Zügen der Staatsbahn
Verbindung 'hült, was man hier eigentlich erwartet hatte. Be-
sonders bedauerlich ist der Wegfall einer Verüindung auf den
ersten Zug nach Heidelberg und damit auch der Wegfall unse-
res Frühpostabgangs nach Heidclberg und Mannheim, sowie
in das badische Oberland. Die Postberwaltung könnte durch
die B r i e f b e f ö r d er u n g mit dcm lehten Zug in der
Richtung nach Neckavelz den Nachteil wieder ausgleichen, Ivas
auch seitens des Publikums erhofft wird.

Schwetzingen, 22. Sept. Am Samstag Mend berun-
glückte in Ketsch der 14 Jähre alte Kark Schwab, Sohn
des Taglöhners Mathias Schivab dadurch, daß er thörichter-
weise eine in dcn Kohlen gefundene Dynamitpatrone in den
brennenden Ofen steckte, wodurch dieselbe explodierte und deu
Knaben an Hand und Gesicht erheblich verletzte. Jni Akade-
mischen Krankenhaus zu Heidelberg, wohin der Berlctzte ge-
bracht werdcn mußte, wurden ihnr drei Finger der linken Hand
abgenommen. Auch wird derselbe das rechte Auge eiubüßen.

' Mannheim, 28. Sepi. (Berhaftet) wurde gestern rn
Worms auf Ersuchen der hiesigen Staatsanivaltschaft der
Teilhaber einer hiesigen Kohlenfirma, der sich zur Zeit dort
aufhielt, imd welchem betrügerischer Bankerott zur Last ge-
legt wird.

Mnnnhcim, 23. Sept. Die feierliche Enthüllung des
M o lt k e - D e n kma ls, welcher voraussichtlich die Aller-
höchsten Herrschafteii, sowie Mitglieder der Familie Moltke bei-
wobnen werdcn, uud an der sich das hier garnisonierende Jn-
fanterieregiment mit seinen Veteranen beteiligen wird, soll
durch einen Fcstzug verherrlicht werden. Die Feier findet am
19. Oktobcr , voraussichtlich vormittags 11 Uhr, statt.

Mannhcim, 28. Sept. Die Strafkammer verurtcilie den
28 Jahre alteu Kaiifmami Albcrt Troetsch aus^ Bayern wegen
eimer Rcihe von Schwindeleien, die er bei Geschäftsleuten in
Lteidelberg und Mainz, insbcsondcre bei dem hiesigen Wirte
Zosef Müller verübt hatte, zu zwei Jahren Gefängms und
fünf Jähren Ehrverlust. .

Mannheim, 23. Scpt. (Neue Jnnung. — sil-
berne Hochzeit.) Die Restaurateure und Gastwirte
gründeten heute Nachmittag nach einem Vortrage des Bürgsr-
meisters Ritter eine Jnmmg. — Aus Anlaß seiner silbernen
Hochzeit gab gestern der Jnhaber der grotzen Fabrik für Eiscn-
'bahnbedarf, Heinrich Vögcle, seinen Arbeitern und Beamten
cincn freien Tag mit Bezahlung des Tagelohnes nnd einer
Festznlage. Die Beamten machtcn auf Kosten des Hauses einen
Nusflug nach Eberbach. .

ue Bretten, 23. Sept. (D i e Z w a ng s e r zr e h un g s-
anstalt Flehingen) stand bekanntlich früher unter der
Leitimg eines Vereins. Wegen erheblicher Mängel entschlotz
sich die Regierung, die Anstalt zu Wernehmen. Man ging an
die inteiisivc Beivirtschaftung der vorhandenen Güter, richtete
einc Saatschule ein u. s. w. Neuei-dings wnrden auch ca. 68
Morqen Güter gekauft, welche in der Gemarkung Flehmgen
liogcii und dem tzreiherrl. Göler von Raverrsburgsche,n> Stamm-
gntc zugehörtcn. Da der Staat keine Umlagcn zahlt, erwächst
durch' dicsen Kauf der Gemeinde Flehingen ein nicht unerheb-
licher Ausfall. — Kürzlich war, dem „Pf. B." zufolge, ein
großer Skaudäl im Zwaugserziehungshause; es drangen eimge
von dcn dort zu bessernden Gutedeln in den Keller zuni
Mosffasse, bcwaffneten.sich mit Hacken und ähnlichem Werkzeug
und schworen, daß der Erste, der hereinkämc, rnedergeschlagen
würde. Als zwei Aufseher erschienen, drmigen die Burschen
wütcnd auf sie ein, sodatz den Beamten nichts übrig blieb.
als znrückzuweichen, um Waffen zu holen.! Dann kam's zur
Schlacht, wobei die Aufriihrer den Kürzeren zogen und zjvar
so, das; dcr Bezirksarzt zitiert iverden mnßte. Nnn liegen
zwei Verwundete, man sagt mit gebrochenen Armen, rm
Spital.

Karlsruhe, 23. Sept. Jn der Darmstädter Schloßfreiheits-
lotterie fielen nach einer Mitteilmig des Losgeschäftes von
Perlstein anf Nr. 8078 250 000 Mk.. aus Nr. 15 033 50 000
Mark, Nr. 4411 20 000 Mk.. Nr. 1560 imd 19 463 st 10 000
Mark. ^ .

sZO Karlsruhe, 23. Sept. ,(E i n Hochstapler) ge-
fährlichster Sorte, welcher mn 28. v. M. hier in einem Ge-
schäfte eine Brillantnadel im Wert von 400 Mk. gestohlen hat,
ist in Straßburg in der Person des 28 Jahre alten Schrift-
stellers Rud. Mirwald aus Straßburg i. E. von der Polizei
verhaftet uud hierher eingeliefert worden. Mirwald, der
schon wegen Juwelendiebstahls mit Zuchthaus Vorbestvaft ist,
hat den Brillanten aus der Nadel ausgebrochen und schon am
Tage nach dem Diebstahl in einer Pfandleihanstalt in Straß-
Vurg für 160 Mk. versetzt.

Karlsruhe, 23. Sept. Bei der Einweihung der
Vernharduskirche wird, wie der „Beob." mitteilt,
Pater Bonaventura die Festpredigt nicht halten. Die Mel-
dimg des „Mcmuh. Volksbl.", j«ß das Großherzogspaar seine
Teilnahme am Gottesdienst schon zugesagt und sich.der Groß-
herzog mit der Person des Pater Bonaventura als Festpredrg«:

einverstanden erklärt hätte, wird von gleicher Seste als auf
Ersindung beruhend bezeichnet.

Badeii-Badcn, 23. Sepl. (S ch ü tz e n b e ch e r.) Zuc
Eriiineruiig an das 50jährige Regierungsjubiläum dcs Groh-
herzogs crhielt der hiefige Schützenverein oom Großherzog als
Geschenk einen prüchtigen Schützenbecher. Beim Ausschietzen
desselben war Kaufmaiin Karl Kindler der glückliche Ge-
winner.

SL Offenburg, 23. Sept. Die vom Abgeordneten Muser
gcgen den Kreisschulrat Bopp im Landtag wegen seines Ver-
haltens den uiitergebenen Lehrern gegenüber erhobenen Be-
ichwerden haben'iich, wie im Bürgerausschuß festgestellt wurde,
ourch die inzwischen statrgehabre Diszipliiiaruntersuchung als
vollkommen gerechtfertigt erwiesen.

Schutterthnl, 23. Sept. (S i l ü e r f u n d.) Seit einiger
Zeit werden hicr, wie dem „Freib. Bme" berichtet wird, mit
Crfolg Grabuiigsversuche auf Silber- imd Bleierze unternom-
men, an der Stelle, wo in früheren Jahrhunderten ein Berg-
werk betrieben wurde — umveit der Singlerschen Mühle.

Emmendingcn, 23. Sept. (F l e i s chpreise.) Nach
einer Bekaimtmachung der hiesigen Metzger sind auch hier die
Flcischpreise erhöht morden. Die Erhöhung ift jedoch nur
gcring, so z. B. für Ochsenfleisch statt 72 Pfg. 74 Psg., Rind-
fleisch statt 68 Pfg. künftig 70 Pfg.

Schouach, 23. Sept. (7. Sohn.) Dcr Uhrmacher Se-
bastian Dold hicr erhielt aus Anlah der Gcburt seines 7. Soh-
nes von dem Großherzog ein Geldgcschenk von 30 Mk.

Bom Manövcr, 23. Sept. Die Korpsmanöber, die gestern
begannen, syielen sich in der Gegend Mebkirch-Tuttlingen ab.
Während der Korpsmanöver findeii noch zwei Mwaks statt.
Au dcnselben ist das ganze 14. Armeekorps beteiligt, d. h.:
12 Jnfanteriercgimentcr, 2 Jägerbataillone, 1 Pionierbataillon,
4 Kavalleriercgimenter, 5 Feldartillerieregimenter (30 Bai-
terien — 180 Geschütze) und 1 Trainbataillon. — Das Regi-
ment 172 führt eineii Arrestanten mit sich, der in Steinhilben
im Rausch semen Quartierherrn mit Gewehr und Seitengewehr
traktiert, sowie d ie zu Hilfe kommenden Leute bedroht hat.
— Dem von Bachheim (Bonndorf) gebürtigen Dragoner Ju-
lius Hugel vom Regiment 22 (Mülhausen) stieß ganz in der
Nähe seincr Heimat ein Unfall zu. Bei den Divisionsübungen
drang ihm, als er sein Pferd besteigen wollte, die Lanze seines
Hintermannes infolge unrichtiger Stellung tief in den Ober-
schenkel. Hugels Verwundung ist erheblich. Er wurde nach
Mülhausen ins Lazarett geschafft. — Am 20. September ver-
urteilte das Kriegsgericht in Stühlingen den Musketier vom
Rcgiment 142 Eduard Müller aus Schopfheim Ivegen Dis-
ziplinvergehens zu 3 Wochen Arrest, ferner den Ddusketier
Adolf Schalk vom Regiment 112, Sohn des ehemaligen Bahn-
warts Josef Schalk aus Weizen, lvegen fünf militärischer
Vergehen, Gehorsamsverweigeruiig, Achtungsverletzung und
Beleidigung eines Vorgesetzten, begangen in Bonirdorf wäh-
rend der Einqnartierimg, zu 4 Mouaten Gefängnis. — Jn
Ueberlingen verunglückte auf bedauermswerte Weise der Ge-
freite Lindemaim von der 2. Eskadron des Dragonerregimenrs
Nr. 21. Er stürzte in der Restauration znm Seegarten aus
seinem Schlafzimmer im 3. Stock in den Hof und erlitt u. a.
einen Schädclüruch. Seine Verletzungen sind lebensgefährlich.

Konstanz, 23. Sept. Diebstahl.) Dem Militär- und
Zivilschneider Brecht in der Wilhelmstraße wurde gestern wäh-
rend er mit seiner Familie ausgegangen war, aus einem
Schrank 2000 Mk. gestohlen. Der Geschädigte hatte das Geld
vor 14 Tagen aus einer Erbschaft erhalten.

Kleine Zeitung.

— Hochschulnachrichten. Den 70. Geburtstag begeht
heute der Historiker Prof. Dr. Karl Heinrich Lohmeyer
zu Königsberg i. P. 1832 zu Gumbinnen geboreki, har
er trotz eines körperlichen Mangels (Lohmey.r ist ohne
Arme geboren) nicht nur eine angesehene akademifche
Stellung crrungen, sondern auch eine reiche litierarische
Thätigkeit entfaltet. Seit 29 Jahren ist er a.o. Profeffor
an der Albertina zu Königsberg.

BenSheim, 21. Sept. Von herbem Schicksalsschlag
ivurde gestern Nachniittag eine brave htesige Familie ereilt.
Der 32 Jahre alte Schreinermeister Heinrich Korb half seinen
Schwicgereltern beim Obstbrechen auf der Schönbergerstraße in
der Nähe der Kvrkfabrik. Die Leiter, auf welcher Korb stand,
jvar auf der Stratze aufgestellt. Ein von Schönberg kommen-
des Wormser Bierfuhrwerk riß mit dem Sielscheit beim Vor-
üeifahren die Leiter nm, wobei Korb so unglücklich zu Falle
kam, datz er schwewecletzt nach dem hiesigen Spital verbracht
werden muhte. Gestern Abei.td ist er infolge schtverer innerer
Verletzungen verschieden. Er hinterläßt eine Witwe mit zwei
kleinen Kindern.

— Aus dcn Alpen, 20. Sept. Aus dem Vorarlberg wird
ein neuer Absturz Wiener Blättern gemeldet. Danach ist auf
der Salzfluh bei Bludenz 'Ernst Lionnet, cand. med. an der
Kaiser Wilhelmsakadcmie in Berlin, 2314 Jahre alt, abgestürzt
und fnrchtbar verstümmelt sofort tot geblieben. Er hatte be-
äbsichtigt, von der Spitze zur Tilisuna-Hütte äbzusteigerr,^
geriet beim Einstieg ins Klarfeld bei starkem Nebel zu tief
und kam in die Felswände, wo er noch, ohne gesehen zu werden,
von einem Touristen angerufen wnrde, welcher ihm möglichst
schnelle Hilfe von der Liirdauer Hütte zu senden versprach, die
jcdoch zu spät kam. Liomiet war, ntcht gut ausgerüstet, füh-
rerlos gegangen. Der Absturz war in die sogenannten Bänke
gegen Gauen, beztv. Tramosa, erfolgt, ungefähr 150—200
Meter tief. Die Schädeldecke des Verunglückten war zer-
trümmert; von Gehirn ivar keine Spur mehr vorhanden. —
Aus Bozeu in Südtirol wird dem „N. Wiener Tagebl."
telegraphiert: Die Leiche des seit dem 7. Juli vermißten Jnge-
nieurs Cloß jvurde von Bergführern in den Wäiüden der Pala
di San Martino entdeckt und wird nach Sau Martino di
Castrozza gebracht iverden.

Weater- mrd Kunstnachrichten.

Mannheim, 24. Sept. Für die im Winterhalbjahr 1902-03
im Großh. Hoftheater abzuhaltenden acht musikal. Akademien
des Großh. Hoftheater-Orchesters unter Leitung des Herrn
Hofkapellmeisters W. Kähler sind folgende Künstler allerersten
Ranges als Solisten zur Mitwirkung gewonnen worden: Diens-
tag, den 7. Oktober 1902: Solistin Frl. Emmy Destinn,
Kgl. Hofopernsängerin, Berlin (Sopran). Dienstag, 28. Okt.L
Solist Herr Bronislav Hubermann aus Moskau (Vio-
line). Dienstag, 18. Nov.: Solist Herr Ludtvig Strakosch,
Kouzertsänger aus Wiesbaden (Baryton). Dienstag, 16. Dez.:
Solist Herr Alfred Reisenauer aus Leipzig (Klavier).
Dirigent eigener Kompositionen: Herr Hofkapellmeister Felix
Weingartner. Dienstag, 13. Jan. 1903: Soliftin Frl.
Mary Garnier von der Opera Comique, Paris (Soprmr).
.Dienstag, 3. Febr.: Solist Herr Prof. Eugene Dsahe auS
Brüssel (Violine). Dienstag, 3. März: Solistin Frl. SophiL
Menter (Klavier). Dienstag, 31. März: Solist Herr Jos.
Mödlinger, Kgl. Hofopernsänger, Berlin (Baß). Der
Kartenverkanf findet an der Tageskaffe des Grotzh. Hoftheaters
statt.
 
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