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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Januar bis Juni)

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https://doi.org/10.11588/diglit.11498#0443
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Mitttmch 4, Miirz 1903.

>rschrint täglich, Sonntags «msgenommen. Pr«iS mit FamilienLlätiern monatlich 60 Pfg. in'S HauS gebracht, bei der Expedition und den Zweiganstalten abgeholt 40 Pfg. Darib

die Post bezogen vierteljährlich 1.85 Mk. ausschlietzlich Zustellgebühr.

>nseigenpreiS:LO Pfg. fur die Ispaltige Petitzeile oder deren Rmim. Reklamezeile 40 Pfg. Für hiesige Geschäfts- und Privatanzeigeü ermätzigt. — Für die Aufnahme von Angeigen
en bestimmtcn Tagen wird keine Verantwortlichkeit übernommen. — Anschlag der Jnserate auf den Plakattafeln der Heidelb. Zeitung und den städt. Anschlagstellen. Fernsprecher 82.

Aur Zröeitsrosigkelt in Kngtand.

In der Londoner Gliildhall trat divser Tage oine n a-
tionale Konferenz zusanimen, deren AufgabL es
!ein soll, tiber Mittel nnd Woge zn boraton, wie dor
lmmer mehr überhand nehmenden A r b e i t s l o s i g -
k e i t im Lande, besonders aber in den großen Ltädten,
gesteuert werden tonnte. Den Vorsitz führte der Parla-
llientsäbgeordnete Rollit, nnd di? Zahl der aMvesenden
Deli-gixi-ten betrug 387, ausschließlich der Rcitglieder der
Stadtverwaltung von London und des „nationakm Ko-
Mitee's der Arbeitslosen", von denen gleichfallS viele den
Verhandlungen beiwohnten. Sir Albert Rollit wies in
!einer Ansprache vor allem darauf hin, daß einer der
öesten Wege zur Lösung des der Versammiung vorlie-
genden Problems der sei, staüt und Land ko-operieren
3U lassen, aber es hat nicht den Anschein, als ob die Ar-
veiter in den großen -städten 'sich bemüßigt fühlen, aufs
Lanü zu gehen, und dort did überreichliche Arbeitsgele-
Senheit wahrzunehmen, denn der Appell, der vor einigen
Monaten, als die „Arbeitslosen-Prozesfionen" in Lon-
?on Mode zu werden begannen, von den län'dlichen Di-
llrikten ausgesandt wurde, ist so gut wie unbeantwortet
Seblieben. Die Arbeiter scheinen der Anficht zu sein,
daß es did Pflicht der Behörden ist, ihnen diejenige Ar-
^eit zn geben, die sie geivöhnt und zu tun willenS sind,
u> womöglich zu dem Preise, den fie dafür beanspruchen.
Auch bie Möglichkeit der AuÄvanderung nach Kanada
land bei der Versamnilung t'eine Gnade, denn als dlw
Vorsitzende diese erwähnte, wurde ihm zugerufen: „Die
Ulittetlosen Ausländer können dahin gehen." Nach lan-
Sen Verhandlungen wurde von Üer Vetsammlnng eine
Resolution angenomiüen, in der enrpfohlen wird, daß
"ie lokalen Autoritäten sich mit der 'Zhntral-Regierung
öur Schäffung von Arbeitsgelegenheit für die Arbeits-
wsen in Verbindung setzen möchten. — Die Versamm-
mng hat gestern ihre Beratungen fortgesetzt.

Zur Lage in Südaftika.

Unter dem Titel „D ie Parteien in Süd -
usrika" äntzert sich in der letzten Nnmmer üer Lon-
"oner „Finanz-Chronik" Dr. Carl Peters iiber die

e r s ö h n u n g s r e i s e M r. Cha m berlai n s"
f^u isicht sehr optimistischem sinne. Dr. Peters ist der
Ansicht, daß das Feldgeschrei in Südafrika nach wie vor
--Aie Englisch, hie Holländisch" bleiben lvird, und daß
meran hunüert ministerielle Reden nichts ändern kön-
sien.^ Auch über die Taktik des englischen Staatsmannes
lllbst weiß Ler bekannte Kolonialpolitiker diesmal wenig
Aühmendes zu sagen. Es heißt darüber in dem Artikel:
. „Man kann nicht sagen, daß Mr. Chamberlain be-
londers geschickt dort unten vorgegangen ist. Dies
Ztump speech making" einss verantwortlichen Ministers
"sr britifckten Krone, wie er es betrieben hat, ist sicher
^icht geeignet gewesen, den Nimbns dieser Krone in
^u Augen der Siidafrikaner besonüers zu heben. Er
„Mi nach Südsifrika, um sich über die dortige Politische
^hge zu orientieren, — sehr wohl! Das war staatsmän-
Upch und klug. Was er in Wirklichkeit daselbft getan
oat, war, seine Ansichten wie ein Demagog von Dorf zu
?-orf hernm zu tragen . . . Mr. Chamberlain, bei all
llmen großen FähiAeiten, hat stets den Fehler, zu sehr
^ach Volksgunst und momentanem Applaus zu haschen.

Dies hat sicherlich seinem Auftreten in Südafrika ge-
schadet. Hätte er sich darauf beschräukt, in den leiteu-
den Städten Durban, Pretoria, Johannesbnrg, Port
Elizabeth nnd Kapstadt klar und deutlich die Grund-
liisien der imperialistischen Politik Großbritanisiens dar-
zulegen, lvie er sie vertritt, so würde dies sicherlich
einen ganz anderen Eindruck gemacht haben, alS wie
diefes fortwährende Herninredeu nin denselben Gegen-
stand in allen Plätzen unü auf Bahnhöfen, wie er es in
Südafrika tat."

Ueber die g e g e n w ärti g e Lage iu Südafrika
unü die Probleme, die auch nach Mr. Chamberlains An-
wesenheit noch der Lösung durch die englische Regierung
harren, äußert fich Dr. Peters wie folgt:

„Man kann zwei Rassen' nicht dnrch Reden ver-
söhnen, sonüern es entscheiden die reellen unü materiel-
len Jnteresfen. Die landwirtschaftliche Bevölkerung in
Südäfrika ist im wesentlichen Holländisch, die stäütische ist
vorwiegend englisch. Also auch üort hgben wir den Ge-
gensatz zwis-chen den agrikulturellen und den kapitalisti-
schen Elementen, welcher die moüerne Wirtschaftsentwick-
lung auf der Erde von Jahrzehnt zu Jährzehnt mehr be-
wegt. Nun kann Großbritannien nicht wünschen, dau-
ernd in den Ländern zwischen Zambefi und Algoabay
eine kostspielige iisilitärische Verwaltnng aufrecht zu er-
halten, eventuell das Riskko einer neuen Rebellion auf
fich zu nehmen. Es muß demnach versuchen, die beiden
Klassen der Bevölkerung in sich zu balanzieren, womög-
lich zu versöhnen."

Ueber die A nssi ch ten Üieses Versöhnnngspro-
zesses selbst fällt aber Dr. Peters kein abgef'chlossenes
Urteil, sonüern er weist nnr darauf hin, daß nicht Ja-
meson öder Merriman, sondern Hofnieyr der Mann ist,
der eine friedliche Lösung der schwierigen Probleme her-
beiführen könnte.

Deutsches Reich.

—- Ueber die Elitstehungsgeschichte des kaiser -
lichenBriefes über Babel und B i b e l glanbt
der Berliner Korrespondent der „Neuen Züricher Ztg."
Folgendes mitteilen zn können: „Hatte sich nach den
ersten Freunülichkeiten des Kaisers für den bibelungläu-
bigen Professor in orthodoren Kreisen ein leises Miß-
vergnügen kttndgegeben, so begann es nnn regelrecht
zn stürmen, öesoiiders im altjüdischen und im orthoüox-
evangelischen Lager, während die katholische Welt sich
mehr ironisch verhielt. llnd man kann die orthodoxe
Erregung wohl begreifen. Besitzt doch der Lkaiser als
protestantischer König von Preußen gleichzeitig die Eigen-
schaft, der oberste Bischof der preußischen Lanüeskiiche zn
sein! Es wirü erzählt, daß eine unbeschreibliche Hochflut
von Anfragen, erschütternden Briesen, beweglichen Vor-
stellungen auf den Kaiser persönlich einstiirmte und daß
Üie Kaiserin fast noch mehr damit überschüttet wurde, da
sie allerwärts als eine standfeste, bibelgläubige Ehristin
bekannt ist. Äcanche ineinen sogar, die Kaiserin selbft
habe schließlich den fürstlichen Gemahl gebeten, durch
eine öffentliche Kuiidgebiliig Üie schmerzlich aufgeregten
Gemüter zu beruhig>en. Schließlich luü der Kaiser die
Gegenfüßler Delitzsch unü Dryanüer usw. zu einem Er-
örterungsäbend ins Schloß. Des Kaisers eigene Stel-
Innq zu „Babel unü Bibel" ist durch die weiteren Aus-

führungen in seinem Brief nuiimdhr bekannt gsworden.
Leute, die es wissen können, sagen, die Sache habe ihn
anßerordentlich bewegt, bis er schließlich im Geist da-
mit fertig wurde, sich hinsetzte und mehrere Stunüen
hintereinander in emsiger Arbeit seine Meinnngen und
Bekeiintiiisse zu Papier brachte, die dann in Form jenes
Briefes an eine Anzahl ihm Näherftehender geschickt
, wnrüen."

— Aus A m erika werden wieder Nachrichten ver-
brcitet, daß die Aufstellung der t a t u e Fried -
r i ch s des G r o tz e n vertagt worden sei wegen der
Mibstimmniig, die in Amerika über diefe Schenkung
herrsche. Vertagt ist die Anfstellung allerdings, aber,
wie inan der „Ällg. Ztg." berichtet, ans folgenden zwei
Gründen: Erstens ist die Statne uoch nicht fertig: zwei-
tens könnte nur eine proviforische Anfstellung stattfinden,
da die Kriegsschule, vor der die Statue künftig stehen
soll, noch im Bau begriffen ist, der Platz also, der zum
Baugrund gehort, die Statne vorläufig nicht aufnehmen
känn.

Prcnßc».

— Znteressant ist die Tatsache, daß der Etat des
P r e n ß i f ch e n M i n i st e r i u m s für La n d -
wirtschaft auf das Jahr 1903 für ländliche Fort-
bildimgsschulen üie bescheidene Summe von 133 000
Mark verlangt, ivährend der Dispofitionsfond zu Prä-
iiiien bei Pferderennen 231 000 Mark beträgt. Letztere
Summe erfährt 1903 noch eine außerordentliche Zuwen-
dung von 260 000 Mk., die darnit gerechtfertigt wird,
daß die Einnahineii aus dem Totalisator nnd den Ein-
trittsgekdern im Jahre .1902 sehr zurückgegangeii seien,
sodaß die Riennvereine eine solche besondere Gabe not-
wendig gebrauchen. Der Betrag, welcher für ländliche
Fortbildungsschulen in Frage kommt, ist für üas große
Preußen beschämend klein, aber wir fürchten trotzüem,
datz da.s Ncinisterium feine liebe Not haben wird, auch nur
diese Sumnie in geeigneter Weise zu verwenden. Die
Liebe der maßgebenülen Kreife ans dem platten Lanüe
für Hebung der Volksbildüng dnrch Fortbilüiingsschu-
len ift in einzeluen Provinzen Preußens eine sehr geringe,
was schon aus der Tatsache folgt, datz es bekanntlich
Provinzen gibt, die noch gar keine solcher Schuken ha-
ben. Jm Miiiisterium schreibt man sich die Finger
wiiiid — aber geholfen hat es wenig, blutwenig. Helfen
kann nur der Zwang.

Ausland.

England.

L o n d o n,, 2. März. Die Verhanülungen des

englischen Parla m e n t s bieten zur Zeit so we-
nig Jnteresse, daß nicht einmal die Mitglieder der beiden
Häiiser selbft es über fich gewinnen können, den Sitzun-
gen beizuwohnen. Jn der gestrigen Sitznng wnrde ein
Redner plötzlich unterbrochen und eiue Zählung der An-
tvesviiüen ergab das Resultat, daß die Sitzung aufgehoben
werüeii nnißte, weil zu viele teure Häupter fehlten —- es
wareu nur sechzehn Mami erschibnen. Das war im lln-
terhause. (Also gehts dem Unierhaus rsicht besser, wie
dem deiltscheii Reichstag.) Selbswerständlich sah es im
Qherhause uoch trostlofer aus. Dort erschien um 3H^
Uhr der Herzog vou Deponshiro mit zwei anderen Peers.
NachÜsm der Herzog seinen Platz als Führer deS Hauses

Um Gkld.

Roman von F. IIex.

(Fortsetzang.)

, Wenn Paul sie wirklich licb hatte, mutzte er ihe, auf das
site Anzeichen, ihr llnrecht einzusehen, sofort entgegenkommcn
-hd Irieden schlieszen! Gewitz wollte fie versprechen, nicht nnr
,ch künftighin mehr zusmnmen zu nehmen, sondern sie wollte
auch redlich bemühen, diefem Vorsatze nachzuleben! Besatz
kf. aber noch die Liebe ihres Gatten? Hatte sie nicht selbst
, getan, dieses zarte Pflänzchen mit der Wurzel auszu-
,^3en>? Der Vater ihres Kindes, mochte sic fcine Werbung
uch urfprünglich mchr inn äutzerer Gründe willen angenom-
haben, lietz fich doch nicht so ohne weiteres aus ihrem
Msen Sein, ja, aus ihrem Hcrzen selbst verdrängenl llttd
^ nre sjx pse Licbe dieses bei aller Pedanterie — wie fie es
^tznnte — doch so zartfühlenden, im schönsten und besten Sinne
denkenden Mannes für immer vcrloren haben? Gab
Mittel, das Verlorene wieder zu gcwinnen? Was sollte
- 2 ihr werden, wenn fie nur noch von fremden, bezahlten

sich umgeben sah? Wie war er stcts aufmerksam um sie
wie duldsam gegen die kleinen Nadelstiche, mit wel-
lic ih„ täglich, ja, stündlich gequält! Wie war er — we-
k Nccns seit ihrem Unglücke —- jedem ihrer Wünsche nachge-
llnd jetzt sollte sic auf das allcs verzichtcn müssen,
Ickerzt durch eigene Schuld!

ein. ^ wahrer Heiszhunger nach Liebe und Zärtlichkeit, nach
„ enr Wesen, dem ne alles ianen nnd i'icki rein beickiten möckite.

Gisela mit unwiderstehlicher Gewalt. Jn der Matz-
ihrer Empfindungen hütte sie jetzt jede Selbstpeinigung
keic Oenommen, um nur damit dic Tiefe niid Anfrichtig-
Reue knnd zu tun. Was aber geschehen sollte,
Niid , ^^^.Pcschehen, wollte sie sich anders Ruhe erkaufcn
lvvllte sic einem neuen Erwachen der in ihrem Bnsen

schlnmmernden Dänionen zuvorkommen! Sie drückte auf den
Knopf der elekirischen Klingel und befahl üem eintretenden
Mädchcn, nachznsehen, „ob Ler Herr zu Hause sei". Da es
erst um die secyste Nachmittagsstunde, war Paul noch nicht vom
Regimentsbureau zurück, was sich Gisela bei ruhiger llebcr-
legung selbst hätte sagen können.

Jn der Tät kam denn auch das Akädchen nach ein paar
Augenblicken zurück uud mekdete, der Herr fei noch nicht nach
Hause gekommeu. Jn ihrer Aufregung und viellcicht unbewuszt
ihrer selbst nicht ganz ficher, ob die weiche, reumütige Stim-
mung, ihr Bedürfnis nach Verzeihung und Versöhnung von
Dauer sein würde, fühlte Gisela sich durch diese Nachricht wie
durch eine erhaltene Zurückiveisung auf's schmerzlichste be-
rührt und brach — eine Seltenheit bei ihr, wenn nicht Zorn
die Veranlassung toar — in einen Strom von Tränen aus.
Ein Gefiihl der unsäglichsten Leere und des Verlassenfeins,
des Mitleids mit sich selbst, lietz ihren durch die Krankheit
und die Erlebnisse der letzten Tage erschöpften Körper unter
immer neuen heftigen Schauern erzittern. Ein imabweisba-
res Wedürfnis, ein gebieterischer Drang, fich mit dem Gatten
auszusöhnen, ihn von der Aufrichtigkeit ihrer Rene — deim
'das war fie in diesem Augenblick — zu überzeugen, war Lber
sie gekommen. Stets an rasches, dem ersten Anreize folgendes
Handeln gewöhnt, klingelte Gisela erneut dem Mädchen, dem
sie in ungewohnt sanftem Tone den Austrag gab, unverzüglich
nach der Geschäftsstnbe des Regiments zu eilen und dcn Herrn
zu bitten, nach Hause zu k'ommen. Das Mädchen blieb unschlüs-
sig stehen. — „Nim, was haben Sie noch?" war Gisela's et-
was erstaunte Frage. — „Die gnädige Frau werden verzei-
hen, äber da dcr Bursche aus und Frau Meher in der Küche
beschäftigt ist, mühten die gnädige Frau schon den kleinen
Willy zu fich nehmen, und das gehtsidoch nichtl" — „Gewitz
wird es gehenl Wickeln Sie nur die Schnur der Klingel so :
hoch auf, datz der Kleine sie nicht erreichen karin, und stellen
Sie mir die Lampe an's Sopha. Wenn Sie sich beeilen, kön-
nen Sie in zehn Miimten wieder hier sein; im übrigen sagen

Sie Frau Meyer, daß sie mal kommt, nach uns zu sehen."
Der Anblick und die Gegenwart dcs geliebtcn nnd vergötterten
Kindes war ihr zudem ein Trost imd das beste Mittel, die
kurze Zeit bis zu dem Augenblick, wo Paul kommen mutzte,
auszufüllen.

Das Kind, ein kleiner, drolliger Burschc, mit feinem Alter
vorauseilendem schlauen durchtricbenen Ausdrnck in den, trotz
der weichen kindlichen Formen, scharf zugefchnittenen Zügen,
empfand es offenbar sehr angenchm, ohne weitere Aufsicht wie-
der einmal bei der Mama zu sein. Wutzte er doch, dah diese
ihm nichts abschlug 1111!) im äutzersten Falle nichts ernstlich
verwehren konnte, da sie fich — das hatte seine kindliche Be-
vbachtung bereits herausgebracht — nicht von ihrem Lager zu
entfernen vermochte. So fühlte er sich denn sehr bald Herr der
Lage nnd cntwand sich rasch den Armen der Mutter, die den
Widerstrebenden in überströmender Zärtlichkeit immer uird
immer wieder an fich zu ziehen suchte.

Seine nun fofort in's Werk gesetzte Enkdeckungsreise durch
das gerüirmige Krankeuzimmer verlief ziemlich ergebnislos, da
man alles Crreichbare vorher in Sicherheit gebracht haite. Die
elektrische Klingel war dem Bereiche feiner Hände — ver-
hängnisvoller Weise auch denen der Krankcnl — entrückt; an
dcn lcuchtenben Scheiben des amerikanischen Ofens, dcr wegen
der herrscheuden Kälte in Brand gesetzt worden war, hatte er
schon einmal traurige Erfahrungen gemacht, fo datz er ganz
von selbst den gefährlichen Gesellen in weitem Bogen um-
ging; die Tischdeckcn waren sämtlich cntfernt, kurz, die Mög-
lichkeit, Unheil oder Unfug anzuftiften, waren auf ein gering-
stes Mah beschränkt. So kam er denn, nach vergeblicher Er-
kundigungsreise, zum Ruhebett der Mütter zurück, deren Arme
sich ihm bereits wieder zärtlich entgegengestrcckt hatten, als
seine Aufmerksamkeit durch einen ncuen Lichtdämpfer, der an
der Gisela zugekehrten Seite des Lampenschirms hing, ange-
Zogen wurdc.

'Ehe sich die Krank klar wevden konnte, nm was es sich
handelte, hatte der klcine Unverstand einen Sinhl an den Tisch
 
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