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Heidelberger Zeitung (45) — 1903 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 176 (1. Juli 1903 - 31. Juli 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.11499#0212
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— Amtsregistrator Ernst Heinrich in St. Blasien
wurde — unter Zurücknahme seiner Versetzung nach Donau-
eschingen — zum Bezirksamt Ettenheim, Amtsregistrator Ed-
mund Hofmann in Ettenheim zum Bezirksamt Donau-
eschingen versetzt.

Zeichenlehrer-Prüfung. Auf Grund der in der Zeit vom
15. bis 25. d. M. abgehaltenen Prüfung sind folgende Zeichen-
lehreraspiranten unter dic Zcichcnlehramtskandidaten aufge-
nommen wordcn: Richard Bccker von Neuburgweier, Hermann
Ewerbeck von Brake, Oskar Gansloser bon Pforzheim, Paul
Pfeiffer von Stockach und Adolf Strübe von Maulburg.

Ausland.

Frankreich.

Paris, 30. Juli. Der „Temps" meldet vou pein-
lichen Z w i s ch e n f ä l I e n , die bei der Preisver -
teilung im Lyceum von Marsaille vorgekom-
men sind. Der Generalsekretär der Präfektur, Dautresme,
der die Feier leitete, sagte in seiner Ansprache u. a.: „Die
jungen Leute müßten den abergläubischen Vorurteilen
einer vergangenen Zeit entrissen werden, damit sich so eine
moralische Revolution vorbereite." Dann fuhr er fort:
„Dies Werk kann nur durch ausschließlichen Laien -
unterricht vollendet werden, durch einenUnterricht, der
nicht allein von Laien erteilt wird, sondern der auch von
den großen Wahrheiten durchdrungen ist, welche die Ge-
wissen von der christlichen Demut befreien,
die den Menschen erniedrigt, indem sie ihn mit dem Ge-
fühl der Schuld und seiner moralischen Ohnmacht erfüllt
und zum zitternden abergläubischen Sklaven macht." Bei
diesen Worten erhob sich ein Murren im Saale. Die
den Religionsunterricht in der Anstalt erteilenden Geist-
lichen standen mrst und gingen unter dem Beifall zahl-
1-eicher Anwesenden, besonders der Frauen, hinaus. Es
herrschte minutenlanger Lärm und große Ver-
wirrung. Endlich gelang es den Lehrern, die Ruhe
wieder herzustellen und Dautresme setzte seine Rede fort:
„Das moderne Bewußtsein will die Menschen nicht mehr
mit Täuschungen narren, es begnügt sich nicht mit der
Unwissenheit, selbst wenn diese den Einzelnen zuc Er-
gebung in sein.Geschick sühren sollte. Die Zukunft gehört
der Wissenschaft, nicht dem Glauben. Die Entwicklung des
menschlichen Geistes wirb sich außerhalb der Religion und
im Widerspruch mit ihr Vollziehen." Der Lärm wurde
bei diesen Worten so stark, daß de? Redner nickst fortfahren
konnte. Der Rest der Feier verlief dann in,gewöhnlicher
Weise. Kmnzeichnend für die Lage ist auch Jaures'
Rede bei der Preisverteilung in Albi, wo der sozialistische
Führer den Gedanken entwickelte, daß nur die sozia-
listische Partei fähig sei, die sozialen Probleme zu lösen,
die jetzt die Aufmerksamkeit der Demokraten in Anspruch
nähmtzn.

Oestcrreich-Ungarn.

Budapest, 30. Juli. A b g e o r d n e t e n h a u Z.
Zehn Rtinuten vor Mitternacht wurde die össenrliche
Sitznng wieder eröffnet. Wg. PoIonyi erklärte das
Vorgehen der Regiernng für ungesetzlich, damit treibe sie
das Land in die Revolntion. Da übrigens Mitternacht
vorüber sei, so sei auch diese Sitzung ungesetzlich nnd die
Opposition könne daran nicht teilnehmen. Hierauf erhob
sich die gesamte Opposition und verließ unter Absingen
der ungarischen Hymne den Saal, worauf die nächste
Sitzung sür Freitag anberaumt wurde. Vor dem Par-
lament dßmonstrisrten große Menschenmengen.

Budape st, 30. Juli. Auch in der Presse gibt sich
eine vollkommene Vertvirrung in der Ausfassung der
Lage kund. Einzelne Blätter bezeichnen als einzig mög-
liche Lösung die Auflösung des A'bgeordne-
tenhauses. Dieser Ansicht gab auch Ler Vizepräsident
Tanan Ausdruck. Die oppositionellen Blätter eisern die
Obstruktion zur Ausdauer an.

Jtalicn.

X Rom, 30. Juli. Ter Pap st hat vor sechs Iahren
den Grafen Soderini auf dessen Wunsch hin be-
austragt, die Geschichte seines Pontifikates
zu schreiben. Tas Werk darf erst ein Iahr nach dem Tode
des Papstes erscheinen und weder kobenden noch polemi-
schen Charakter tragen. Auch darf der Verfasser sich nur
auf solche Dokumente berusen, welche Papst Leo ihm selbst
zur Verfügung gestellt hat. Um Soderini vollständige
Freiheit zu lassen, hat Papst Leo niemals einen bereits
vollendeten Teil des Werkes sehen wollen.

Aus Stadt und Land.

Heidelbsrg. 31. Juli.

s- Durchgcreist. Jhre Majestät die K ö n i g i n - W i t w e
Margherita von Jtalien traf heute Nacht 3.52 Uhr
von Bascl kommend, hier cin und fuhr 4.08 Uhr in der Rich-
tung nach Frankfurt a. M. wciter.

f Todesfall. Gestern ist nach längerem Leidcn ciner der
ältesten praktischen Aerzte unserer Stadt, Herr Fischer sen.,
gestorben. Der Verblichene beteiligte sich auch^am politischen
Leben und nahm längere Zeit eine führende Stellung inner-
halb der hicsigcn Zentrumspartci ein.

— Theosophische Gesellschaft. Morgen, Samstag, kommt
im Lokal des Kaufm. Vereins. Hauptstr. 45, abends halb 9
Uhr das Thema zur Behandlung: „Worin besteht das höchste
Glück?" Jedermann hat freien Zutritt.

-p Vom Bachvcrein. Um allcn denen, welche an den
Jubiläumsfeierlichkeiten nicht teilnehmen können, Gelegenheit
zu geben, die musikalischen Darbietungen anzuhören, wird der
Bach-VereindieHauptprobe in derPeters-
kirche am Mittwoch, den 5. August, abends gegen geringen
Eintrittspreis zugänzlich machen. Des Fackelzuges wegen
wird dieselbe schon um 7 Uhr beginncn. Näheres wird in den
Tagesblättern bckannt gemacht werdcn.

— Aus dcr Studentcnschaft. Uebcr Differcnzen zwischen
dcm Senat dcr Universität und dcr Studcntenschaft wird dcm
„Frankf. G." von hicr untcrm 28. d. geschrieben: Aus hcute
Mittag hat dco Scnat eine Vcrsammlung einbcrufen, um die
unliebsame Angelegenheit nach Möglichkeit beizulegen. Unter
glcichzeitiger Anwesenheit der Mitglieder dcs eng. Ausschusses

wurden dem letzteren folgende Zugeständnisse gemacht: 1. Dem
Festakte in der Aula dürfen außer der Bezlcitung der Grotz-
herzogin keine Damen beiwohnen. 2. Bei dem Kommers in
der Stadthalle darf ebenfalls nur eine beschränkte Anzahl
von Damen zugelassen werdcn und die Studenten werden ihre
Plätze nicht unter den Kolonnaden, sondern im Saale einneh-
men. 3. Wird die Wahl der drei Vertreter der nichtkorpo-
rierten Studenten vom Scnat für ungiltig erklärt. Der
Ausschutz hat sich darauf wieder konstitutiert. Doch erklärte
der derzeitige Prorektor, Herr Geh. Rat Prof. Czerny, datz er
nach den Jubiläumsfeierlichkeiten sein Amt als Prorektor nie-
derlegc.

— Zum Nniversitätsjubiläum. Man schreibt uns: Auf
Anregung Grotzh. Ministeriums der Justiz, des Kultus und
des Unterrichts wird am 6. August, vormittags 9 Uhr, auch in
der hiesigen Shnagoge ein Festgottesdienst mit Festpredizt
und Gebet für den Grotzhcrzog stattfinden.

V Die Schlußfeier der Oberrealschule nahm ihren Anfang
letzten Samstag mit einem Wett-Netzballspiel (Tennis) zwi-
schen Schülern der beiden oberen Klasse, das recht spannend
verlief, und aus dem schlietzlich e i n Schüler der U I (von
Rosen) als Sieger hervorging. Bei sehr günstiger Witterung
und unter sehr reger Beteiligung der Angehörigen der Schü-
ler fanden dann Montaz Nachmittag (5—714) die nun schon
eingebürgerten Wettspiele der Schule (Flaggenlauf, Dreibein-
lauf und Staffettenlauf), sowie die bekannten Ballspiele
(Schlag-, Schleuder-, Faustball) statt. Die letzteren lietzen in
diesem Jahre wiederum eine höhere Fertigkeit der Spieler er-
kennen. Ganz besonders anziehend war das letzte Wettspiel,
ein Hürdenrennen, an dem sich Schüler aus allen Klassen be-
teiligten. Diesen Spielen im Freien schloß sich Dienstag
Nachmittag die Turnprüfung in der Turnhalle an, eine Prü-
fung im eigentlichen Sinn, oder eine Turnschau (zum Teil
unter Musikbegleitung), in welcher die Ausdauer von Lehrer
und Schüler zur vollen Geltung kam. Ein flott ausgeführtes
Keulenschwingen bildete den Abschluß. Als Ueberraschung
folgte dann die Verkündizung der Namen der Sieger in den
vorerwähnten Spielen (einfache Bandschleifen), und die
Uebergabe eincs grotzen Bronzeschildes, welchen Lehrer der
Schule der Anstalt widmeten. Auf diesem Schild, der an
passender Stelle in der Anstalt aufgehängt werden wird,
sollen künftig die Nanien der Sieger im Netzballspiel einge-
zeichnet werden zur Ueberlieferung an die Nachwelt, zur An-
eiferung unserer Jugend zum Spiel im edeln Sinn, und zur
Mahnung, wie Direktor Wittmann in seiner Ansprache her-
vorhebt, daß die Tüchtigkeit der Bürger, die nur durch
Erziehung der Jugend zur Tüchtigkeit möglich ist, der beste
Schild für das Vaterland ist. Am Dienstaz und Mittwoch
Morgen fand im Zeichensaal die eigentliche Prüfung der ein-
zelnen Klassen statt, die bei etwas gekürzter Zeit immerhin
einen guten Einblick in den Unterrichtsbetrieb, in das rege Lc-
ben und Streben innerhalb der Schulräume gestattete. Auch
hier zusehends: Verbesserung der Methode und erfreulicher
Fortschritt bei einheitlichem Zusammenwirken. Der Eindruck
des rastlosen Vorwärtsstrebens drängte sich unwillkürlich auch
beim Anblick der Ausstellung der Zeichnungen und der Ar-
beiten aus der Schülerwerkstätte auf, eine erstaunliche Summe
von Arbeit, in denen die wachsende Sicherheit in der Hand-
habung von Stift und Malerpinsel, von Stichel und Schnitz-
messer, und namentlich die Ausführung immer neuer Motive
recht angenehm überraschten. Als Abschlutz der ganzen Feier-
lichkeit folgte Donnerstag Morgen halb 9 Uhr der Schlußakt
in der Turnhalle des Turnvereins, im Ganzen genommen —-
eine Göthefeier, da in diesem Jahre besonders die Werke Goe-
thes in Ober I behandelt worden waren. Vorträge von
Goetheliedern wechselten ab mit entsprechenden Darbietungen
des Schülerorchesters. Die Rede des Abiturienten Karl
Schröder behandelte den Lebens- und Entwicklungsgang
Goethes bis zu seinem Höhepunkt, und vier Szenen aus
Egmont wurden recht ansprechend auf der Bühne vorge-
führt. Jn seiner Ansprache behandelte Direktor Wittmann
die Berechtigungsfrage, dic für die Oberrealschule immer noch
nicht gelöst ist, und streifte die Frage des Zusammenwirkens
zwischen Schule und Familie. Jn recht herzlicher Weise ver-
abschiedete er dann die 10 Abiturienten, von denen vier mit
dem Prädikat sehr gut die Schule verlassen und f ü n f mit
Preisen bedacht wurden. Die Verteilung der Preise an die
übrigen Schüler nahm alsdann die Aufmerksamkeit der zahl-
reich Anwesenden in Anspruch. Der Raum erwies sich leider
als viel zu klein. Viele mußten während der Feierlichkeit
stehen; andere mußten umkehren und auf die Teilnahme an
der Feier verzichten.

V Höhere Mädchenschirle. Den Jahresbericht der Höhercn
Mädchenschule und Lehrerinnenbildungsanstalt hierselbst ist zu
entnehmen, datz die Gesamtanttalt in dem ictzt zu Enoe ge-
henden Schuljahr von 480 Schülerinnen besucht war. Die
Höhere Mädchenschule umfaßt 10 Klassen, von denen mehrere
in zwei parallele Abteilungen zerlcgt sind.' Dazu tritt die
Selekta oder Fortbildungsklasse und das Seminar mit drei
Klassen. Für alle, welche das Seminar besuchen, bemerkt der
Bericht: Die Anforderungen, welche an die künftigen Erzieher-
innnen gestellt werden. haben zugenommen; die Erwartungen,
die man von ihnen in Familie und Schule hcgt, sind grötzere
zeworden; der Anteil, den sie an der Ausbildung der Jugend
iiehmen sollcn, ist gewachsen. Darum sollten sich nur solche
diesem schweren und verantwortungsvollen Berufe zuwenden,
welche bei ernstem Willen zur Arbeit über einen gesunden
Körper und einc gute Vorbildung verfügen; sie sollten sich be-
wutzt bleiben, daß sie die Anstrengungen der Seminarjahre
nur ertragen und mit der freudigen und frohen Stimmunz,
die der Jugend Recht ist, überwinden können, wenn sie in ge-
wissenhaster Weise für eine regelmäßige Erholung durch Be-
wegung in frischer Luft Sorge tragen, ihre Zeit richtig ein-
teilen und sich von allen zerstreuenden und anstrengenden Ver-
gnügungen, besonders dem Besuche von Bällen fernhalten.
Aus diesem Grunde erscheint auch die Teilnahme an sogen.
Tanzkränzchen nicht vereinbar mit den ernsten Anforderungen
der Seminararbeit. Auch zeitraubendes Hin- und Herfahren
zwischen Heidelberg und dem Wohnorte der Eltern ist schon
deshalb nicht zutzuheißcn, weil dadurch, abgesehen von manchen
Unannehmlichkeiten und leichter eintretenden Versäumnissen,
sowohl die Zeit der Arbeit, wie der Erholung in empfindlicher
Weise beeinträchtigt wird. Beigegeben ist dem Bericht als
Gruß der Schule an die ehcmaligen Schülerinncn ein von
Direktor Thorbecke aufgestelltes Verzeichnis sämtlicher Schü-
Icrinnen, die in der Zeit von Oktober 1877 bis Oktober 1902
der Schule angehört haben oder angehören. Danach beträgt
die Zahl der Schülerinnen, welche die Höhere Mädchenschule
besucht haben und noch besuchen 2271; von diesen gehören
1604 (70,61 Proz.) der evangelischen, 407 (17,9 Proz.) der
katholischen, 86 (1.7 Proz.) dcr altkatholischen, 216 (9,5
Proz.) der israelitischen Konfession an, 7 (0,3 Proz.) rech-
neten sich zur freireligiösen Gemeinschaft, je 1 Schülerin
folgte dem armenischen und griechisch-katholischen Bekenntnis.
Die ganze Schule haben durchlaufen und dann verlassen: 223,
rechnet man aber diejenigen hinzu, welche ihre Bildung noch
erweiterten (Selekta) oder sich eine Fachbildung erwarben
(Seminar), nachdem sie die erste Klasse besucht hatten, so er-
hält man 474, also ca. 21 Proz., wenn man von den gezen-
wärtigen Schülerinnen absieht, 27 Proz. Lehrerinnenprüfun-
gen sind bei der früheren Einrichtung einer Prüfung nach
zwei Jahren 28 (einmal 1881 in Heidelberg, sonst in Karls-
ruhe) abgelegt worden; seitdem zwei Prüfungen eingeführt
wurden, also seit dem Jahre 1894, haben 142 die erste, 114
die zweite Prüfung bcstanden; von ihncn haben 92 eine Ver-

wendung als Lehrerinneii^an Schulen oder als Erzieherinnen
in Familie gefunden. Soweit die Kenntnis der Direktion
reicht, haben sich von den chemaligen Schülerinnen der Schule
652 (395 evangelische, 68 katholische, 77 israelitische, 11 alt-
katholische, 1 freireligiöseh verheiratet, also da die gegen-
wärtizen Schülerinnen naturgemätz abzurechnen sind, und auch
ein Teil der ausgetretenen noch nicht in Betracht kommen
kann, weit über 81 Proz. Gestorben find, soweit bekannt, 68,
während der Schulzeit nur 10.

-si Das Konservatorium der Musik zu Heidelberg vollendet
mit heutigem Tage das neunte Schuljahr. Die Anstalt hat
auch in diesem Jahre ihr Ziel: „Bei den Schülern eine mög-
lichst vollständige Äusbildung in allen theoretischen und prak-
tischen Zweigen der Tonkunst zu erreichen", vollkommen er-
füllt. Bei den regelmätzigen, öffentlich stattfindenden Auf-
führungen hatte man Gelegenheit, sich von der Gesamttätigkeit,
wie von den Leistungen im Einzelnen zu überzeugen, und es
war das allgemeine Urteil über beide ein überaus günstiges.
Wie anerkannt zut der Ruf dieser Anstalt ist, das beweist nicht
bloß die große Anzahl der Schüler und Schülerinnen, sondern
auch der Umstand, datz sich unter diescn folche aus London,
Paris, Dublin, Wimbledon, Edinburg, Reval (Rußland),
Gijon (Spanien), Genf, Berlin und Dresden befinden. Wir
entnehmen dem Jahresbericht des Konservatoriums noch Fol-
gendes: Jn diesem Jahre wurde die Anstalt von 115 Schülcr
und Schülerinnen besucht. Der Unterricht wurde von den
Direktoren Herren O. Seelig und H. Neal, ferner von seckis
Lehrerinnen und sechs Lehrern in 25 Klasfen (110 Wochcn-
stunden) erteilt.

X Ausgestellt. Jm Schaufenster der Firma Aug. Mappes
ist ein auf einer Gritzner-Nähmaschine gesticktes Bild von
Heidelberg ausgestellt, welches bei recht geschmackvoller
Farbenzusammenstellung einen gediegenen Eindruck macht und
Zeugnis von dem Kunstsinn des Anfertigers ablegt.

-j- Ausgesteüt. Eine intercssante Originalzeichnung, dar-
stellcnd das erste Heidelberger Musikfest in der
Schloßruine im Jahre 1834 von Gz. Moller, Großh. hefs.
Hofbaudirektor und Kunstschriststeller in Darmstadt, Erbaucr
des Kgl. Residenzschlosses in Wiesbaden (1784—1852) ist
in dem Antiquariat von Ernst Carlebach hier ausgestcllt.

Mannheim, 30. Juli. (Zum Mainzer Regatta-
Unglück.) Die vorgestern bei Binzen geländete Leiche ist
leider nicht die des bei der Regatta in Mainz ertrunkenen
August Freier von hier, wie durch Herrn Apfel, Vorstands-
mitglied der „Amicitia", der zur Agnocierung der Leiche
gestern nach Bingen gereist war, festgestellt wurde. Es ist
vielmehr die Leiche eines Schiffsjungen.

Cttenheim, 30. Juli. (S ch a d e n f e u e r.) Jn deM
benachbarten Grafenhausen brach gestern Mittag in dem an
Schweineställe anzebauten Tabakschopf des Landwirts Wil-
helm Kinzi Feuer aus, das sich insolge stark wehenden Süd-
windes auf das Oekonomie- und Wohngebäude des Landwirts-
Höbele, das Oekonomiegebäude des Hofstetter, sowie auf die
Schreincrwerkstätte des Seb. Erne ausdehnte und diese Ge-
bäulichkeiten zerstörte. Auch das Wohnhaus des Hofstetter
wurdc stark beschädigt. Die Brandbeschädigten sind mit ihrer
Habe versichert. Der Brand wurde durch einen 5jährigen
Knaben verursacht, der mit Streichhölzern fpielte.

Wettelbrunn, 80. Juli. (V e r u n g l ü ck t.) Gestern
früh befand sich der ledige Maurer Heinrich Boll von Heiters-
heim auf dem Gerüst an einem Schopfneubau des Landwirts
Heitzlcr, als infolge Bruchs eines Hebels alles in die Tiefe
stürzte. Boll fiel so unglücklich auf eine spitze Gartenzaun-
stange, daß er mit der linken Brustseite geradezu aufgespietzt
wurde. Die eiscrne Stange drang vornc in die Brust ein und
kam hinten an der Schultcr wicder heraus, so datz der Ver-
unglückte unter grotzen Schwierigkeiten herausgehoben werden
mußte. Der schnell herbeigerufene Arzt konstatierte, laut
„Staufener Wochenbl.", daß keine edleren inneren Teile ver-
letzt seicn, doch ist die Verletzung der außerhalb des Brust-
korbes licgenden Weichtcile noch erhcblich gcnug, und vor allem
wegen der Jnfektionsgefahr nicht gerinz zu achten. Der Ver-
letzte wurde nnt Notverband ins Spital nach Hcitersheim
verbracht.

Waibstadt, 30. Juli. (Der Schaden), den das Hagel-
wetter in hiesigcr Gemarkung am 13. d. -M. verursachte, wurde
von Sachverftändigen wie folgt festgestellt: Betroffen wurden
ca. 300 Hektar mit einem Schaden von ca. 9329 Mk. an
Geldwcrt.

Konftanz, 30. Juli. (Zum Mordprozeß Bren-
n e r.) Das von Brenner s. Zt. abgelcgte, später aber wider-
rufene Geständnis besagte im wescntlichen: „Etwa 3 bis 4
Wochen vor der Tat kam er angetrunken nach Hause und
stellte seiner Tochter Agathe unsittliche Anträge, die jedoch
zurückgewiesen wurden, worauf Gottfried von seinem Bcgchren
abstand. Nüchtern geworden, sagte er sich, datz er im Fall einer
Anzcige 1 bis 2 Jahre zu erwartcn hättc, obgleich cr ja nichts
getan habe. Daher reifte in ihm der Entschluß, die Agathe zn
beseitizen. Er teilte diesen Entschluß dem Fridolin mit, vcr-
fchwieg ihm jedoch den Grund. Fridolin ließ sich zur Mit-
hilfe bereit finden gegen das Versprechen des Vaters, ihm
später den Schopf zu einer Schuhmacherwerkstatt einrichten zu
lassen. Als nun an Fronleichnam der Sohn wieder mit Ur-
laub zum Holzmachen von Niederhof nach Rippolingen kam,
nahm ihn dcr Vater beiseite, um dic Ausführung des Mord-
plans zu besprechen. Das war am Nachmittag des 30. Mai.
Fridolin riet, die Ausführung, da es für heute zu spät sei, auf
morgcn zu verschieben, und so wurde die Tat dann Samstag
den 81. Mai früh begangcn, als Gottfried, Fridolin unk»
Agathe allcin zu Hause waren. Tcr Vater betrat die Schlaf-
kammcr der Tochter, wo diese die Bctten machte, fordertc sie
auf, sich zu eilen, faßte sic, als sie erwiderte: „Du hast gar
nichts zu fagen", mit den Worten: „Jetzt will ich dir's sagen!"
mit der rechten Hand vorn, mit der linken Hand hinten uM
den Hals und warf sie zur Erdc. Rechts neben ihr kniend,
drückte er ihr mit bciden Händen den Hals zu, worauf dann,
als das Opfer mit den Beinen strampelte, der in der Kammer-
tür stchende Fridolin hereinkam, auf die Beinc Agathes knietr
und ihr den linken Arm festhielt. Es ging alles so schnell,
daß Azathe nur stammeln konnte: „Latz mich doch gehen" uno
wohl nicht zum Bewußtsein des Ernstcs der Lage kam. Alv
der Tod eingetreten war, wurde die Leiche zugedeckt und Vater
und Sohn verliehen die Kammer. Der weitere Hergang ist
aus dcm Geständnis Fridolins bckannt, nur soll dicser deM
Vater nach dem Absägen der Beine gesagt haben, er wolle alle-
andere beforgen, also das Blut beseitigen, die guten Kleider
Agathes verbrennen und die Leichenteile vergraben. Um alles
dieses habe sich Gottfried nicht mehr gekümmcrt." — Wenn
Brenner scin Gestündnis auch zurückgczogen hat, so ist docy
zweifellos, datz cs der Wahrhcit entspricht, sein Sohn hat es
überdies bestätigt. Der Vorsitzende schlotz nach Fällung dcs
Todesurteils die Verhandlunz mit dcm Wunsche, datz nie
mehr ein Verbrechen von ähnlicher Gräßlichkeit im Konstanze-
Schwurgerichtssaal abzuurteilcn sein und daß der Wahrsprucy
der Geschworenen abschrcckend wirken möge.

Zur bevorstehenden Papstwahl.

8 Rom, 30. Juli. Die sirtinifche Kapelle ist bereits
für das Konklave fertig Hergestellt. Man hat 64 ThroN'
sitze errichtet, die eine violette Farbe tragen mit AusnahM
des Sitzes für Oreglia, der grün ist.

Rom, 30. Jnli. Alle T e l e p h o n l e i t u n g e ^
 
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