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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Fernsprecher Nr. 82 und 183

Freitag, den 30. August 1918

Heidelberger Zeitung

-mng von Vermögenswerten in Rußland unter
ter Voraussetzung anerkannt, dass sie allen Jn-
inv Auslibrcköern gesenWer gleich in ä ß i g
) u rch geführt wird und deck die deutschen Be-
rechtigten sine in jedem einzelnen Kalls sofort
)urch eins unparteiische Instanz festzus-etzende Ent-
chädigung erhalten. Eine allgemeine Be-
schränkung der Bankguthaben zu verfügen, müsste
meifach Lmu führen, das; russisch« Schuldner zur
Erfüllung ihrsrVerbinvlichkeit gegenüber den dWi-
Ichen Gläubigern amsserstande sind. Deshalb wurde
vereinbart, dass eins Beschränkung insoweit nicht
Platz greift, als ein Bankguthaben Mr Be-
friedigung der vor dem 1. Juli 1918 entstandenen
deutschen Forderungen verwendet
Hebung des Erbrechts in Russland M vorgesehen,
tass die deutsch-russische Rechtskonve ntion vom
Jahre 1874 solange in Geltung bleiben soll, als
die erbrechtlick-en Anordnungen der stussischsn f't--
eierung in Kraft bleiben.
Das Privatrechtabkommen
behandelt die Rechtsverhältnisse aus Wechsln und
Schecks. Valutageschäften, gewerblichen Schutzrech-
ten und Verjährungsfristen. Daneben ist für alle
Wichtigen, vor Kriegsausbruch begründeten pri-
vatrechtlichen Verhältnisse zwischen Deutschen und
Russen internationale Gerichtsbar-
keit vereinbart worden, die den Zweck hat,
Streitigkeiten aus diesen Rechtsverhältnissen
möglichst rasch zu entscheiden und zugleich die
dabei auftauchenden schwierigen Fragen des inter-
nationalen Rechts nach einheitlichen
Grundsätzen zu lösen. DiSss Gerichtsbarkeit
soll durch zwei internationale Gerichte
mit dem Sitz in Berlin und Moskau ausge-
übt werden, die sich aus je einem dänischen Präsi-
denten sowie je einem deutschen und einem russi-
schen Richter zusammen setzen und in erster und
letzter Instanz entscheiden.

Eristenz des russischen Reiches. Jedenfalls legt
die Unterzeichnung der Ersänzungsverträgs, auf
dessen Einzelheiten wir noch zurückkommen, ein
weithin wirksames Zeugnis dafür alb. dass Deutsch-
land nach dem Osten hin durchaus in derLage und
gewillt ist, zu wertvollen and erfreulichen Zu-
kunftsentwicklungen zu gelangen.
Der Tag vor» Riga
Am 3. September ist ein Jahr verflossen,
seitdem Riga von den deutschen Truppen be-
freit wurde. Die Wiederkehr dieses Tages soll
festlich besangen toerden. Schon am 22. Juli d. I.
bildet« sich ein Festausschuss, der jetzt einen Aufruf
mit der Bitte um Teilnahme erlässt, rn dem es
u. a. heisst:
„Es jährt sich »um ersten Male der Tas, an
dem die deutschen Truppen im Riga eingezogen, und
man würde fast Bedenken tragen. Feste zu veran-
stalten, solange noch die Geschütze donnern und der
Tod grause Ernte hält. Dieses Tags Gedächt-
nis wollen wir mit stolzer Freude feiern, kn Ju-
bel und heissem Dank. Ist er doch viel mehr als
dis Befreiung Alt-Riaas allein; brach doch an ihm
durch heißes Kriegsgewölk schon ein Strahl der
Friedenssonne, und frohlockend Nairs der Jubel-
ruf in Waffengeklirr und Kampfgetöse, dass Recht
und Wahrheit die Welt regieren. Ohne inneren
Zwiespalt, sückbewusstem Herzens, in Sicherheit
geborgen und vereint mit dem Aüstterlande, wol-
len wir ihn froh und festlich begehen» den Tag
von Nisa".
Geplant ist ein grosses Gartenfest mit Huldi-
gungsansprachen. Reden und Gesängen, vaterländi-
schen Inhalts, unter Anteilnahme der Behörden,
der Studentenschaft, der Gesangvereins, der Pfad-
finder usw. Der Gesamterlös des Festes, das al-
len Nationalitäten zugänglich ist. ist für verwun-
dete deutsche Krieger bestimmt.
* Reichstagsabg. von BsSmar Soz.) hat seine
Mandate zum Reichstag und bayerischen Landtag
wegen seiner fortgesetzten Krankheit niedergelest.
* Die italienische Kammer wird am 25. Septem-
ber wieder zuKammentreten.

Deutsches Reich
* Rückkehr des Reichskanzlers. Der Reichs«
kanzler Graf Hertling, kehrte mit dem U»
terstaatssekretär v. Radowitz und seiner Veslei
tuns gestern früh aus dem Grossen Hauptquartici
nach Berlin zurück. — Wie die Norddeutsche All-
gemeine Zeitung meldet, empfing Graf Hertling
im Laufe des Vormittags den Stellvertreter des
Reichskanzlers, v. Payer, und den Staatssekre-
tär des Auswärtigen Amtes, von Hintze.
Der Staatsanzeiger meldet die Verleihung des
Raten Adlerordens zweiter Klasse mit Stern und
Eichenlaub an Hintze.
* Die FleischbevorMgung Berlin« «nd die säch-
sische Regierung. Das sächsische Ministerium der
Innern ist erneut Lei dem Kriegsernährungsam!
gegen die Besserstellung Berlins i« der Ernäh
rungsfrage vorstellig geworden.
Berlin. 30. Aua. -Nach einer Meldung des
Berliner Tagebl. aus München werden in der
am Montag zusammen tret enden Sitzung des Bun-
desratsausschusses für auswärtige Ange-
legenheiten vor allem die Ost fragen und die
deutsch - russischen Zusatzverträge de»
Gegenstand der Beratungen bilden.

lange erfolgreich beschossen worden sind, und dass
di« Engländer unter ihren Landsleuten er Leb-
lich aufgeräumt haben.
Zwei amerikanische Transportschiffe
versenkt
Berlin, 29. Aus. Wie der Londoner Gewährs-
mann der B. Z. meldet, sind zwischen dem 12. und
23. August zwei amerikanische Transportschiffe tor-
pediert worden. Auf dem einen kamen 284, auf
dem andern 819 Soldaten ums Leben. Die Damp-
fer fuhren beide in getrenntem Konvoy. woraus
noch ein dritter Dampfer, der mit Muni-
tion und Lebensmitteln beladen war, tor-
pediert wunde. Die Versenkung der Truppendamv-
fer wurde von dem amerikanischen Nachrichtendienst
geheiMgohalten. Der Zensor ließ nur die Angabe
der Opfer unter der Schiffsbemannung durch, die
auf dism einen 9, auf dem andern) 16 Mann betrug.
Die Konvoys kamen am 19. August in Brest an,
wo von einein Dampfer, der Gerettete an Bord
hatte, vier Leichen und sechs Verwundete an Land
gebracht wurden.
U-Boot und amerikanische Znckerraiion
Die Zuckerration in den Vereinigten Staaten ist
nach einem Bericht aus dem Haag am 1. August
auf 2 Pfund für den Kopf und Monat herabgesetzt
worden. Die Regierung nennt als Gründe dieser
Maßregel eine schlechte Ernte, die Notwendigkeit,
die europäischen Alliierten zu unterstützen, und den
Umstand, „dass neulich U - Boot« über 60
Millionen Pfund vor unserer Küste
versenkt haben". Sie weist darauf hin. dass
die entsprechende Nation in England 2 Pfund, in
Frankreich IZb Pfund und in Italien 14 Pfund
beträgt.

Amtlich werden jetzt die Vrsänzunssverträge
zum Brester Frieden veröffentlicht. Man darf die-
ses Ergebnis als einen politischen Erfolg buchen,
der dem Vertrags-Verhältnis Deutschlands mit
Russland eine festere Unterlage geben und, da
die Abmachungen auf dem Boden des eigenen
freien Entschlusses erfolgt sind, auch das Verhält-
nis Mischen den Leiden Nachbarstaaten in.freund-
schaftlichem Sinne beeinflussen wird. Durch die
Tatsache, dass zu der Ergänzung des Friedensvex-
tkase» «i« Finanzabkommen und ein Pri-
vatrechts - Abkommen hinzutreten, wessen
sicherlich auch materielle Streitpunkte, die sich hät-
ten entwickeln können, dauernd geschlichtet.
Gerade im diesen, gegenwärtigen Augenblick
besitzt di« Tatsache der Unterzeichnung der Zusatz-
verträge weit über ihre materielle Bedeutung hin-
aus politische Bedeutung. Die Verle-
gung der deutschen Gesandtschaft von Moskau nach
Peskau war im feindlichen Ausland als der Nie-
derbruch der deutsch-russischen Verständigung aus-
gelegt worden. Deutschland sollte im Osten das
ßpiel, das es militärisch gewonnen hatte, politisch
wieder verloren haben. Die Veröffentlichung des
erfolgreichen Abschlusses der politischen Verhand-
lungen zwischen Rußland und Deutschland straft
die feindliche Spekulation Lüsen. Wenn es mög-
lich war, zu einer wertvollen Ergänzung des Brest-
Li towsker Friedens in den deutsch-russischen W-
smachungen zu gelangen, so. spricht diese Verstäirdi-
gung in erster Linie für die Tatsache, dass die Be-
ziehungen zwischen den vertragschliessenden Par-
teien .nicht getrübt sein können, sondern auf lo-
yaler gegenseitiger Anerkennung der Interessen
beruhen müssen. Die deutsche Politik wird auch
tn Zukunft darauf gerichtet bleiben, die Grund-
lage der Verständigung und des Einvernehmens
mit dem russischen Reiche immer mehr zu festigen
und zu erweitern. Um so leichter wird es mög-
lich fein, dis Beziehungen zu Russland zu pflegen,
als längst unsere Feinde auch die Feinde des heu-
tigen Russlands geworden find. Sie stehen auf
russischem Boden und führen den Krieg gegen die

Stresemann über Zelfferichs
Moskauer Ausreise
In der nationalliberalen Wochenschrift Deut-
schs Stimmen macht der Reichstagsabg. Dr. Strese-
mann einige Mitteilungen über den neuen deutsch-
russischen Vertrag und berührt dabei auch Herrn
Helfferichs Rolls in Moskau.
„Der neue deutsch-russische Vertrag eröffnet,"
schreibt er, „weiterhin Ausblicke Kir die Neurege-
lung der deutsch-russischen Beziehungen Diejenigen,
die von diesem Vertrag eine Revision des Frie-
dens von Litauisch-Brest im Sinne der Herstellung
des. Status quo für Rußland wünschten, werden
allerdings enttäuscht sein. Der Vertrag wird das
alte Rußland insofern konsolidieren, als Deutsch-
land sich der Anerkennung neuer Länderstaaten au-
ßer den bisher geschaffenen in Zukunft widersetzt,
lost aber andererseits die baltische Frage und
schafft auf dem Gebiete der privatrechtlichen Ab-
machungen und auf dem Gebiete der wirtschaft-
lichen Beziehungen beider Länder außerordentliche
Entwicklungsmöglichkeitsn. Mancherlei Hindernisse
haben der deutsch-russischen Verständigung bis zu-
letzt entgegengestanden. Daß der deutsche Bot-
schafter in Moskau gerade in einer Zeit, in der
wir den so grundlegenden Vertrag mit der russi-
schen Sowjetregierung schlossen, Moskau nach
zehntägigem Aufenthalt verließ, und dadurch in
der ganzen Welt den Eindruck hervo-rrief. als
Singe es mit dieser Regierung.zu Ende, dürste
wohl geradezu als ein Musterbeispiel un-
geschickter Diplomatie dastehen. Dass die
Verhältnisse in Moskau schwierig waren, so daß
d.r deutsche Botschafter sich gewissermaßen in ei-
nem Schützengraben befand, das wußte man vor-
her. Wollte man das Lehen wertvoller Persön-
lichkeiten Nicht aufs Spiel setzen, so hätte man sie
zu Haus« lassen sollen oder sie hätten zu
Hanfs bleiben sollen. Wer einmal nach
Moskau ging, halte die Pflicht, mindestens bis
zur Verabschiedung dieses Vertrages dort zu
bleiben".
In der Bewertung der plötzlichen Abreise Dr.
Helfferichs aus Moskau sind wir, ganz derselben

Seite 8
zehn ns. Deutscherseits kann stur gefordert wer-
den, 'dass jede Aus nähme ges-etz g ebun g M
Unsanften Deutschlands aus geschloss en und
saß die
Völlige Schadloshaltung der betroffenen Deutschen
-estchert ist. Demntspvechend wird die Enters-
Mng von Vermögenswerten in Rußland unter
ter Voraussetzung anerkannt, dass sie allen Jn-
Z....Ü....... gesenWer gleichmäßig
)urch geführt wird und deck di« deutschen Be-
rechtigten eine in jedem einzelnen Falls sofort
)urch sing unparteiische Instanz fsstzusetzends E n t-
chädigung erhalten. Eins allgemeine Be-
schränkung der Bankguthaben zu verfügen, müßte
vielfach dazu führen, daß russische Schuldner zur
Erfüllung ihrerBerbindlichkeit gegenüber den dWt-
schen Gläubigern ausserstande sind. Deshalb wurde
vereinbart, daß eine Beschränkung insoweit nicht
sriadigüng der vor dem 1. Juli 1018 entstandenen
Forderungen verwendet
werden soll. Mit Rücksicht^auf dis teilweise^ Auf-'
von Port Vendres ein ungenannter fran-
zösischer Truppen - Transportdam-
pfer versenkt. Besatzung und Truppen seien
gerettet; nur Sachschaden sei angerichtet worden.
Die Versenkung der „Carpathia"
Berlin, 29. Aug. In der Reuter-Meld-ung über
dis am 11- Juni erfolgte Versenkung des engli-
schen Dampfers „Carpathia" (13 603 BRT.)
hieß es. daß die BHatzung von rund 60 Personen
in die Rettungsboote Habs flüchten können und
drei Stunden nach der Torpedierung ausgenom-
men worden fei. Wie sich aus der Meldung des
Unterseebootes, das dis „Larpathia" versenkt hat,
ergibt betrug die Besatzung nicht 80, sondern et-
wa IM Mann, die in SÄm Rettungsbooten zu
flüchten suchte. Auf dich« Rettungsboote eröffnete
das Veggleitschiff der „Earpathia" Feuer in der
Annahme, das Unterseeboot vor sich zu, haben.
Wenn von etwa 150 Mann nach drei Stunden nur
rund 50 geborgen wurden, so folgt hieraus, daß
die Rettungsboots von dem Begleitschiff ziemlich

Asm U-HooLs-Erfolgs
17 SW Tonnen
MTB. Berlin, SS. Aug. (Amtlich.) Auf den
Dampfer wegen zwischen Port Said und dem
westlichen Mittelmeer versenkten unsere
U-Boote neuerdings über 17 VA) BRT. Schiffs-
raum, darunter einen neuen englischen
Dampfer von über 8VVV BRT., de« Reis und an-
dere Landesprchrukte aus Indien für England ge-
laden batte.
Der Chef des Admiralstabs der Marine.
Versenkung eines französischen
Truppentransporters
Vern, 29. Aug. „Journal meldet aus Port
Bendres: Durch ein U-Boot wurde auf der Höhe

Nr. 2l^
Meinung wie Dr. Stresemann. Dr. HrlMkD
hätte sich wirklich den amerikanischen GeschäftStA
ger in Moskauzum Vorbild nehmen sollen, iv
heute noch dort weilt.
Die Entscheidung in Warschau
Mus Berlin wird uns geschrieben:
Schlag aujf Schlag sollen die Schicksalsfragen
Osten entschieden werden, damit dort Gewißheit o»
die Völker eintritt, welcher Zukunft sie entgegs»'
gehen. In Marschau haben am Mttwoch die e n»
scheidenden Beratungen begann«^
die mit der Königswahl enden sollen, A
diplomatischen Kreisen Berlins herrscht die fest
Ueborzeugung. daß Erzherzog Karl Stevba"
dis Polsnkrone tragen wird. Die austro-polniM
Lösung gilt als erledigt, weil die polnischen Macht
Haber sich in dieser Beziehung den Wünschen
deutschen Regierung gefügt Laben, die einen KoA
fliktsstoff vermieden wissen will. Auch den ga^
zischen Polen soll die Ueüerzeugumg heigebrE
sein, daß die gebietliche Gestaltung des neuen K"'
nigreiches nur dann in befriedigender Weife vor ge-
nommen werden könne, wenn mit dem Deutsche»
Reiche eine volle Verständigung erzielt werde
Daraus ist zu schließen, daß Deutschland, auf di«
Sicherung seiner Grenzen im Osten verzichte-
und die Rarew-Linie nicht mehr als GreiO«
zwischen Polen und den deutschen Ostländern ge-
fordert wird. Die militärischen Führer im Große»
Hauptquartier, die ihr Gutachten bei den BeratuA
gen abgegeben haben, müssen für uns maßgebend
fein, was für die Schaffung von festen Verhältnisse»
im Osten notwendig ist. Es heißt, daß Deutsch
land, wenn es je wieder notwendig werden sollte,
jenseits von Polen und Litauen verteidigt werde»
würde. Durch den Abschluß politischer, militärischer
wirtschaftlicher und verkehrsmäßiger Verträge mit
Polen erhält das Deutsche Reich die Versicherung,
daß die Polen stets friedliche Pläne verfolge»
werden. Hoffentlich bringt die Zukunft keine Ent-
täuschungen auf deutscher Seite. Sobald die Ver-
träge mit Deutschland unterschrieben sind sollen
in gleicher Form auch der Habsburgischen Monar-
chie unterbreitet werden, damit Polen dann in das
mitteleuropäische Staatensystom eintreten kann.
Es wird angenommen, daß die jetzigen Beratust
gen in Warschau nur von kurzerDauer sei»
werden. Besonders bemerkenswert ist. daß nicht
ein polnischer Landtag die Königswahl'vornehme»
soll, sondern dass Nege-ntschaftsrat und RegierunS
den Wahlakt vollziehen werden. Eine Verständi-
gung mit den Parteiführern .dürfte »oraussehest
Unter den heutigen Verhältnissen wird eine Mühl-
bewegung in Polen nicht für gelegen gehalten, und
die Richtigkeit dieser Meinung muß man wohl zu-
geben. Sobald Polen die eigene Verwaltung er-
hält. werden die Truppen Deutschlands und Oester-
reich-Ungarns dort frei werden, sodaß sie an ande-
ren Fronten Verwendung finden können. Für di«
Beschleunigung der Verhandlungen mag auch dieser
Punkt für -Berlin und Men ins Gewicht gefalle»
sein!

Kunst und Wissenschaft
* Von der Universität Freiburg. Professor
Dr. Franz Doflein, Ordinarius und Direk-
tor des zoologischen Instituts in Freiburg i.
Br. hat «inen Ruf an di« Universität Breslau
als Nachfolger von Geh. Rat Kükenthal erhalten.
Dr. Doflein war früher lange Jahre an der zoolo-
gischen Staatssammlung in München unter Prof.
iHertwig tätige wurde ebenda Kustos. 1902 zweiter
Konservator und erhielt im Sommer 1903 die
venia legndi für Zoologie und vergleichende Ana-
tomie. Im Jahre 1907 wurde Doflein zum a. o.
Professor für Systemathik und Biologie her Tiere
an der Münchener Universität und 1S1O als Nach-
folger Schänd in ns zum zweiten Direktor der zoolo-
gischen Staatssammlung daselbst ernannt. Ostern
79)2 erfolgt« seine Berufung nach Freiburg als
Nachfolger August Wsismanns. Prof. Doflein
hat auf dem Gebiets der ProtozoeuLunde, der Bio-
logie der Tiere und der Tiergeographie zahlreiche
Schriften veröffentlicht. Unter feiner Leitung gibt
die,Münchener Akademie der Wissenschaften Bei-
träge zur Naturgeschichte Ostasiens heraus. — Las
Unterrichtsministerium hat die Professoren Dr.
Trendelenburg und Bibliothekar Eckardt
zur Uobernahme eines Lehrauftrags für Universi-
tät Dorpat vom September ab beurlaubt.
* Hochschulnachrichten. Die Wahl des Profes-
sors der Theologie Geheimen Konsistorialrats Ti
Dr. Reinhold Sseberg Mm Rektor der Frisd-
kich-Wilhelms-Univsrsttät zu Berlin für das
Studienjahr 1918—19 ist Allerhöchst bestätigt wor-
osn. — In München starb der Uniwsrsitäts-
profeffor Dr. med. Korbinian Brod mann. Lei-
ter der topogrgphisch-WtoloM Abteilung der
Deutschen Forschungsanstalt für Psychiatrie, im
Sliter von 50 Jahren. — Mit Ende dieses Som-
merhalbjahres tritt eines der verdienstvollsten
Mitglieder des Lehrkörpers der Technischen Hoch-
schule zu Braunschweig, der o. Professor der
LhiMie, Geh. Hofrat Prof. Dr. Dr.-Jng. R i ch-
Pceyer. nachdem er am 20. Juki in vollster sei-
figer und körperlicher Frische sein 72. Lebensjahr
vollendet und 29 Jahre an der Herzoglichen Tech-
nischen Hocksckule gewirkt hat, in den Ruhestand.
Als sein Nachfolger wurde der a. o. Professor und

ALteilungsvorsteher am chemischen Institut der
Universität Marburg Dr. Karl Fries zum 1.
Oktober 1918 berufen. — Prof. Dr. Walther
Kolbe in Rostock hat den an ihn ergangenen
Rus auf den Lehrstuhl der alten Geschichte an der
Universität Greifswald als Nachfolger M.
Eelzers angenommen.
s Wanderungen deutscher Galeriewerke. Wie
wir hören, besteht der Plan, die Meisterwerks al-
ter Kunst, die auf Grund dos neuen - Abkommens
mit der Sowjetregievung von der Petersbur-
ger Eremitage wieder der Königlichen Ge-
mäldegalerie in Kassel zurÄckgeseben werden,
zur Ausstellung zu bringen, «he sie wiÄwr nach
Kassel kommen Bei dieser Gelegenheit mag zur
Erwägung gestellt werden, ob nicht dis aus Mün-
chen, Köln, Kolmar, Nürnberg.'Frankfurt, Darm-
stadt, Donaueschingen usw. in die bombensicheren
Keller geflüchteten Kunstwerke zu Wanderaus-
stellungen zusammengestellt weiden könnten.
* Ein Schattenriss Goethes aus Knebels Nach-
laß wird in deni in diesen Tagen an die Mitglie-
der gelangenden neuesten Jahrbuch der Goethe-
Gssellschast durch den Herausgeber. Professor Dr.
H. G. Gr äf, der Goethesemsind« zum ersten Malls
zugängig gemacht. Das Bildnis entstammt einem
für die Goethezeit überaus wertvollen Sil-
houetten - Album aus Ludwig von Kne-
bels Nachlaß, das sich >im Beisitz von dessen Enkelin
Malvina, verw. Frau Dr. Buchholz in Jena
befindet. Wie dieses wertvolle Merk in Knebels
Besitz gekommen ist, kann nicht mehr ermittelt
werden. Auf dem Titelblatt ist zu lesen: „Einige
Schatten Risse. Won gelehrten- und Staats-Män-
nern gesammelt von Johann Friedrich Grafen
und Herrn v. Beust. Anno 1784". Ob Graf Beust
(geb. 1761 in Altenburg, gest. 1821 in Dresden)
d)s Schattenrisse selbst angsfertigt oder hat unfer-
tigen lassen, war bis jetzt nicht festzustellen. Der
Schattenriß Goethes gehört zu den nicht ausge-
schnittenen. sondern gezeichneten und ausgetuschten
Keiner der zahlreichen, in der großen Silhomettsn-
sammlung des Goethe-Nationalmuseums und in
den Werken über die Goethe-Bildnisse vorliegen-
den Schattenrisse deckt sich mit dem fetzigen, wann
und von wem er angefertigt ist, bleibt vorerst un-
bestimmt.

Neues aus aller Welt
* Die Titeländerungssucht tn Preußen beginnt
epidemisch zu werden. Nachdem uns dieses Jahr
schon den Studienreferendar. Studienassessor und
Studrrnrat gebracht hat. sollen nunmehr auch diJ
Titel der höheren Baubeamten in entsprechender
Weife geändert werden. Es heisst, dass Ermitte-
lungen im Gang« sind, ob auch die höheren Bau-
beamten in eins Titeländevung ein,zureihen sein
möchten, so daß etwa di« Rsgierungsbauführer in
einen Baureferendar und der Rsgierungs-
baumeister bis zur planmäßigen Anstellung in ei-
nen Bauassessor umgewandelt wird. — In
den beteiligten Kreisen selbst wird man von die-
sem Plane kaum sehr eingenommen sein und man
kann uur hoffen, daß er nicht zur Ausführung
gelangt. An den bisherigen Titeln gibt es nichts
zu beanstanden. Es ist daher nicht einMsehm-
warum sie durch die Assessoritis beseitigt werden
sollen. Jetzt fehlt nur noch der „Kanzelreferen-
dar" und her „Altarassessor".
* Wenn das nicht Hilst! In einer kleinen meck-
lenburgischen StrM. so wird der ..Tägl. Rl'nUä)."
geschrieben, ließ der Bürgermeister die folgende
furchterwecksnde Drohung ausrufen: ..Um Glock
drei soll der Dreck von den Straßen sein, sonst le g i
sich -der Magistrat dazwischen!"
* Einen merkwürdigen Diebstahl verübte in
Sa ul gen in Baden ein Mann, der einem spie-
lenden 5jährigen Mädchen den HutvomKopfe
nahm und ibn einem in seiner Wegleitung be-
findlichen Mädchen gab. Dem beraubten Kinds gab
der Mann 10 Psg. mit den Worten: „Da kauf dir
wieder einen andern".
* Des Kindes Engel- Während des Flieger-
angriffes auf Frankfurt in der Nacht auf
Montag traf der Blindgänger eines Abwehrge-
schützes ein Haus, durchschlug das Dach, mehrere
Decken, fuhr im ersten Stockwerk durch ein Vett-
chen, in dem ein kleines Kind schlief, und Me-b
schließlich im unteren Stockwerk liegen, ohne M
explodieren. Das Kindchen erlitt nickt die gering-
sten Beschädigungen, auch andere Personen, die in
dem Zimmer sich aushielten. kamen unverletzt da-,
von. D«? Blindgänger hat lediglich Sachschaden
verursacht.

* Eins untaugliche Drohung. Die Bochum«1
Stadtverwaltung gibt bekannt, dass die
Erholung nach dem Osten gesandten Kinder, D
die das Reisegeld für dis Heimkehr nicht Lis M
1. September bezahlt ist- von der Rückreis«
ausgeschlossen seien. Ob Eltern und Kind«»
darüber böse sein werden, wenn die DaohunS
wahr gemacht wird? Wir glauben kaum.
* Die Einheitszigarre in Holland, wird ii»
Sept Ruber zur Ausgabe konvinsn. Die HersteM
müssen dieselben für 38 Gulden die 1000 Stück a»
das Zigarre'nsyndikat liefern. Dieses berechnet
Gulden Verwaltungskoftea, so dass der Zigarren-
händler 40 Gulden zu zahlen hat. Der Verkaufs-
preis ist 5 Cents das Stück. Feste Kunden erhalten
drei Stück für den Tag Die „A. S. S.-Mgarre-
wie sie in Holland genannt wird- ist aus reinemTw
bak, ohne Zusatz von jSurosaten. verfertigt un»
hat einen höheren Mert als der Verkaufspreis, i'^
Laden. Djie Fabrikanten müssen ihren Gewinn
finden in den viel höheren Preisen Air diese und
anders Zigarren, die sie noch ins Ausland ausfü«'
ren können.

* Ehrenrettung eines Toten. Vor einige»
Tagen hat in Dermbach bei Weimar der Majo«
und Bezirkso-ffizier Müller Selbstmord res-
übt. An diesem traurigen Fall haben sich ansMs
nend überflüssige und unnötige Redereien geknüE
denn der Arzt des Verstorbenen. Dr. med. sStaPu
sieht sich veranlaßt, sich in einem längeren Auf-
satz des Toten anzunehmen, in dem er folgend»)
auch in anderen Fällen giltige Feststellungen triste
„Niemand,, auch der Frömmste nicht, M daiE
sicher, daß er einmal durch Selbstmord infolge E«-
mütskrankheit endet. Die Melancholie-Krank«»
haben Qualen auszustehen, wie sie nur Vis all«^
wenigsten körperlichen Krankheiten mit sich brin-
gen, und ihr Tod durch Selbstmord M keine schuM°
bars Handlung, sondern eine Krankheitsfolge. E»
sollte in unserer aufgeklärten Zeit nicht Vorkom-
men. daß ein achtbarer Bürger, der im DerbM
seines Nervenleidens Hand an sich logt, wie ei»
Verbrecher ohne Sang und Klang verschalt
Leute, die infolge von .Gemütskrankbeit dur«
Selbstmord endigen, haben hinsichtlich dieser T«''
Lesart genau dieselbe Achtung zu beanspruch«»
wie jede Person, die aus anderer Ursache stirbt -

Nr, 202

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